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Statt Führerschein „Ade!“ nur drei Monate Fahrverbot

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Wir hatten vor einiger Zeit über Entscheidungen des AG Leer und eine des AG Gmünden berichtet, die beide bei einer Verurteilung nach § 316 StGB bzw. nach § 315c StGB von der an sich fälligen (Regel)Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen haben.

In die Reihe „passt“ dann auch das schon etwas ältere AG Düsseldorf, Urt. v. 20.07.2011 – 125 Cs 51 Js 128/11-99/11, auf das ich erst jetzt gestoßen bin. Auch in ihm ist das AG – sicherlich ein wenig überraschend – von der Regelentziehung des § 69 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB abgewichen und hat nur ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt.

Leitsatz der Entscheidung:

„Von der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB kann auch bei Vorliegen eines Regelfalls abgesehen werden, wenn sich zum Zeitpunkt der Entscheidung sich der Führerschein bereits länger sich in amtlicher Verwahrung befindet (hier 6 ½ Monate), lediglich relative Fahruntüchtigkeit mit einem BAK Wert von 0,59 ‰ vorliegt und die Angeklagte ein entsprechendes Seminar für im Verkehr durch Alkohol aufgefallene Verkehrsteilnehmer besucht hat. In Betracht kommt dann jedoch die Verhängung eines Fahrverbotes gemäß § 44 StGB .“

Da auf das Fahrverbot die Zeit der vorläufigen Entziehung angerechnet wird (§ 51 Abs. 5 StGB) bleibt in diesen Fällen meist nichts mehr zu vollstrecken. Wegen des „überschießenden Teils“ besteht an sich grds. ein Anspruch nach dem StrEG, – so auch hier. Auf den wird dann aber ebenso häufig auch verzichtet.

Drogenfahrt: Wie wird die Fahruntüchtigkeit festgestellt?

In BGH, Beschl. v. 21. 12. 2011 – 4 StR 477/11 hat der für Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat nun noch einmal bestätigt, dass bei der sog. Drogenfahrt i.S. der §§ 316, 315c StGB der Nachweis rauschmittelbedingter Fahruntüchtigkeit auch weiterhin nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden könne. Das ist schon seit Anfang der 90er Jahre Rechtsprechung des BGH gewesen. Zwischenzeitlich sah es m.E. so aus, als ob der BGH davon abrücken könnte. Das ist nun wohl nicht Fall.

Der 4. Strafsenat weist ausdrücklich darauf hin, dass es neben einem positiven Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen bedürfe, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen sei, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (vgl. dazu z.B. BGH VRR 2008 313 = NZV 2008, 528, 529).

Wie besoffen darf ich in einem Krankenfahrstuhl sein?

Die Antwort: An sich gar nicht :-), aber ab 1,1 Promille wird es richtig gefährlich. Denn das OLG Nürnberg hat in seinem Beschl. v. 13.12.2010 – 2 St OLG Ss 230/10 festgestellt: Der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von Fahrern motorisierter Krankenfahrstühle (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV), die nach dem Pflichtversicherungsgesetz zu versichern und mit einem Versicherungskennzeichen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV – in der Fassung vom 16.7.2009) zu versehen sind, beträgt 1,1 Promille.

Darüber wird/ist es dann – auch ohne Fahrfehler – ein § 316 StGB. Muss man im Alter dran denken. 🙂

Spricht die weisungswidrige Weiterfahrt bei einer Verkehrskontrolle für relative Fahruntüchtigkeit des Fahrers?

Im Rahmen der Verteidigung gegen den Vorwurf der Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) ist eine Möglichkeit, bei der sog. Ausfallerscheinung anzusetzen.

So auch der Verteidiger in dem vom Beschl. des OLG Köln v. 03.08.2010  1 RVs 142/10. Dort hatte der Angeklagte bei einer Verkehrskontrolle das (Ein)Weisungszeichen des kontrollierenden Polizeibeamten missachtet und war „unbeirrt“ weitergefahren. Das AG hatte das als Ausfallerscheinung gewertet. Das OLG Köln sagt: Die Annahme relativer Fahruntüchtigkeit kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Kraftfahrzeugführer den Zeichen der Polizei zum Einfahren in eine Verkehrskontrollstelle nicht Folge leistet und weiterfährt. Das OLG hat dann die Beweiswürdigung des AG zu den Umständen, die im Zusammenhang mit der festgestellten BAK von 0,67 ‰ eine alkoholbedingte (relative) Fahruntüchtigkeit des Angeklagten belegen sollten, als rechtsfehlerhaft beanstandet. Das AG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob der Angeklagte die Kontrollstelle nicht ganz bewusst „umfahren“ wollte, um dadurch etwaigen Fragen und Tests der Polizeibeamten hinsichtlich einer Alkoholisierung zu entgehen. Hätte das AG diese Fragestellung verneint, dann hätte es näherer Erörterungen dazu bedurft, ob die gesamte – sich aus den Feststellungen ergebende -Verkehrssituation nicht so komplex war, dass sie vom Angeklagten auch im nüchternen Zustand nicht gemeistert worden wäre. Darauf hätte dann die Annahme relativer Fahruntüchtigkeit gestützt werden können (vgl. dazu schon OLG Köln VRS 100, 123 m.w.N., Fischer, StGB, 57. Aufl., § 316 Rn. 34).