Neuigkeiten zum CanG/KCanG I: Verfahrensrecht, oder: Wirksamkeit einer „alten“ Berufungsbeschränkung

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te gibt es hier dann „Neuigkeiten“ zum KCanG, also neue Entscheidungen. Da haben sich ein paar angesammelt, so dass es für einen ganzen Tag reicht.

Ich beginne mit einer verfahrensrechtlichen Problematik, nämlich der Frage nach der Wirksamkeit der Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch und Schuldspruchänderung  bei Delikten mit Cannabis nach Inkrafttreten des CanG. Dazu gibt es zwei unterschiedliche OLG-Entscheidungen, von denen ich hier nur die Leitsätze vorstelle, und zwar.

1. Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch kann dann keinen Bestand haben, wenn es sich bei dem angewendeten Gesetz um eine nichtige oder – wie seit Inkrafttreten des CanG für Delikte mit Cannabis – nicht mehr geltende Strafvorschrift handelt. Das Revisionsgericht trifft gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Verpflichtung und Befugnis, bei seiner Prüfung das erst im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getretene (mildere) Recht anzuwenden. Dies führt dazu, dass die eingetretene Rechtskraft des Schuldspruchs zu durchbrechen ist.

2. Stellt das Revisionsgericht fest, dass die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, kann es den Schuldspruch selbst ändern, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Berufungsgericht denselben Sachverhalt wie das Amtsgericht festgestellt hätte. Das ist vorliegend der Fall, denn die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen die Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen sowohl des damals maßgeblichen § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch des nun anzuwendenden § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG lückenlos erkennen.

1. Beim Handeltreiben mit Cannabis steht der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf den Strafausspruch nicht das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Cannabisgesetzes entgegen, wenn die Tat auch nach neuem Recht strafbar ist (entgegen BayObLG).

2. Bei der rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht findet jedoch § 354a StPO entsprechende Anwendung.

3. Bezüglich des Handeltreibens mit Cannabis sind die Regelungen im Konsumcannabisgesetz gegenüber den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes regelmäßig das mildere Gesetz im Sinn des § 2 Abs. 3 StGB.

 

News: Rechtsanwaltsgebühren werden erhöht, oder: Die RVG-Änderungen kommen

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Und dann außerhalb des „normalen“ Programms. ich bekomme gerade die Nachricht über die nachfolgende PM des BMJ

Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren werden erhöht

Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts veröffentlicht.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind tragende Säulen unseres Rechtsstaats. Denn sie sind es, die die rechtlichen Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vertreten und ihnen so zu ihrem Recht verhelfen. Die Rechtsanwaltsgebühren sind seit Anfang 2021 nicht mehr erhöht worden – genauso wenig wie die der Sachverständigen bei Gericht und der Sprachmittler. Das ist im Hinblick auf die inflationäre Entwicklung in den letzten Jahren und die gestiegenen Personal- und Sachkosten nicht hinnehmbar. Deshalb werden wir die gesetzlichen Honorarsätze nun anpassen. Damit wollen wir sicherstellen, dass unsere Anwältinnen und Anwälte gut aufgestellt sind, um auch weiterhin zur hohen Qualität der Rechtspflege in Deutschland beizutragen.“ 

Der heute veröffentlichte Referentenentwurf sieht zum einen eine Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren an die gestiegenen Kosten für den Kanzleibetrieb vor. Damit den Gerichten und Staatsanwaltschaften auch künftig qualifizierte Sachverständige, Sprachmittlerinnen und Sprachmittler in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, sollen zudem die einschlägigen Vergütungssätze des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Der Referentenentwurf sieht insbesondere vor:

  • Im Bereich der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung wird eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen sowie einer linearen Erhöhung der Gebühren vorgeschlagen. Dabei sollen die Betragsrahmen- sowie die Festgebühren um 9 Prozent und die Wertgebühren um 6 Prozent steigen.
  • Die Gerichtsgebühren sollen ebenfalls linear um 9 beziehungsweise 6 Prozent angehoben werden, die Gerichtsvollziehergebühren um 9 Prozent. Darüber hinaus sind einzelne weitere strukturelle Änderungen in den Justizkostengesetzen vorgesehen.
  • Die Honorarsätze der Sachverständigen und der Sprachmittlerinnen und Sprachmittler sollen um 9 Prozent erhöht werden.
  • Die Entschädigungstatbestände für die Telekommunikationsüberwachung sollen an die geänderten technischen Rahmenbedingungen und die Entschädigungssätze an die veränderten Personal- und Sachkosten angepasst werden.

Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 8. Juli 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

Den Referentenentwurf finden sie hier.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit den Gebühren für den Vergleich beim TOA?

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Und dann die Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit den Gebühren für den Vergleich beim TOA?. Es war dann eine wenig hin und her gegangen zwischen mir und dem Fragesteller. Ich habe dann schließlich Folgendes geantwortet:

„Moin,

so jetzt habe ich mal etwas gesucht.

Schauen Sie bitte mal in OLG Jena, AGS 2009, 587 = RVGreport 2010, 106 = StRR 2010, 114 = NJW 2010, 455; ähnlich OLG Hamm, Beschl. v. 7.3.2022 – 1 Ws 579/21, AGS 2022, 554; OLG Nürnberg, RVGreport 2014, 72 = AGS 2014, 18 m. abl. Anm. N. Schneider = StraFo 2014, 37 und die Kommentierung in unseren Kommentar bei der Nr. 4143 VV RVG. Ich denke, dass es nicht so gut aussieht.

Das gilt m.E. auch für die nachträgliche Erweiterung. Die wird man eine einer potentiellen Erstreckung auf den Vergleich erst recht ablehnen.

Aber wie immer: Nur ein Versuch macht kluch. Einfach mal die Erweiterung beantragen und schauen, was passiert. Wäre nett, wenn Sie mir vom Ausgang berichten würden, ggf. mit der Entscheidung.“

Bewährung II: 2/3-Aussetzung ohne Einwilligung?, oder: Ohne Einwilligung des Verurteilten geht es nicht

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Und als zweite Entscheidung dann etwas aus dem Verfahren zur Reststrafenaussetzung, nämlich Aussetzung der Reststrafe ohne Einwilligung des Verurteilten. Das OLG Hamm sagt im OLG Hamm, Beschl. v. 02.05.2024 – 3 Ws 174/24: Ohne Einwilligung geht es nicht:

„Mit Beschluss vom 27. Februar 2024 hat die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests zur Bewährung und Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe angeordnet sowie weitere Regelungen für die Bewährung getroffen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde. Nach Mitteilung der JVA X ist der Verurteilte mit einer Bewährungsaussetzung nicht einverstanden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und eine Bewährungsaussetzung abzulehnen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Sie ist gem. §§ 454 Abs. 1, Abs. 3 StPO, 57 Abs. 1 StGB statthaft. Sie ist auch rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist gem. § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden. Nach Auskunft der JVA X ist die angefochtene Entscheidung dem Verurteilten am 11. März 2024 zum Zweck der Zustellung ausgehändigt worden; an selben Tag ist seine Beschwerdeschrift beim Landgericht eingegangen.

Der Verurteilte ist durch die angefochtene Entscheidung auch beschwert. Gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB setzt eine Aussetzung des Strafrests die Einwilligung des Verurteilten voraus. Deshalb ist anerkannt, dass eine Aussetzung ohne Einwilligung die verurteilte Person beschwert (OLG Celle, Beschluss vom 22. August 1977, 3 Ws 234/77, JR 1977, S. 337 f. mit zust. Anmerkung Stree; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Auflage 2023, § 454, Rn. 44; Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 57, Rn. 20e). So verhält es sich im hier zu entscheidenden Fall: Mit Fax vom 11. März 2024 hat die JVA X eine schriftliche Erklärung des Verurteilten vom 7. Februar 2024 vorgelegt, nach der er auf seine vorzeitige Entlassung „verzichte“.

2. Aus den genannten Gründen hat das Rechtsmittel auch in der Sache Erfolg. Nachdem der Verurteilte mit einer bedingten Entlassung nicht einverstanden ist, sind die Voraussetzungen für eine Bewährungsaussetzung nicht erfüllt. Dies ist nach Auskunft der JVA Grund für die Rechtsmitteleinlegung des Verurteilten. Hinweise darauf, dass er es sich inzwischen anders überlegt hat, bestehen nicht.“

Auch nichts Neues, sonder nur Bestätigung der bekannten Rechtsprechung.

Bewährung I: Erstverbüßer-2/3-Drittel-Aussetzung, oder: Regelfall, wenn alle ok

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Heute geht es dann auf in die 25. KW des Jahres 2024. Zum Wochenauftakt gibt es zwei Entscheidungen zu Bewährungsfragen, beide kommen aus dem Vollstreckungsbereich.

Zunächst kommt hier der OLG Naumburg, Beschl. v. 27.05.2024 – 1 Ws 214/24 B-Sonst. Der Verurteilte verbüßt seit dem 24.11.2023 eine Strafe wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung Freiheitsstrafe von acht Monaten. Zwei Drittel der Strafe waren am 03.05.2024 verbüßt. Das Strafende ist auf den 23.07.2024 notiert. Die Strafvollstreckungskammer hat die Aussetzung der Restfreiheitsstrafe nach Verbüßung von zwei Dritteln abgelehnt. Dagegen die soofortige Beschwerde, die beim OLG Erfolg hatte:

„Die nach § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte, form- und fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung der Strafreste zur Bewährung und eine bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft nach § 57 Abs. 1 StGB liegen vor.

1. Die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe ist – nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Strafe und bei Einwilligung der verurteilten Person, so wie hier – zur Bewährung auszusetzen, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Bei dieser Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes, das Verhalten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 57 Abs. 1 S. 2 StGB). Entscheidend für die Prognose nach § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB ist eine Abwägung zwischen den zu erwartenden Wirkungen des erlittenen Strafvollzugs für das künftige Leben der Verurteilten in Freiheit einerseits und den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit andererseits. Isolierte Aussagen über die Wahrscheinlichkeit künftiger Straflosigkeit der Verurteilten sind wenig hilfreich. Vielmehr muss stets der Bezug zu den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit im Auge behalten werden. Dies bedeutet, dass je nach der Schwere der Straftaten, die von dem Verurteilten nach Erlangung der Freiheit im Falle eines Bewährungsbruchs zu erwarten sind, unterschiedliche Anforderungen an das Maß der Wahrscheinlichkeit für ein künftiges strafloses Leben der Verurteilten zu stellen sind. Das Gewicht der bei einem Rückfall drohenden Rechtsgutsverletzung wird im Regelfall wiederum nach Art und Schwere der Straftaten zu beurteilen sein, die der Verurteilte bereits begangen hat (BGH, Beschluss vom 25. April 2003, StB 4/03, Rn 5 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 10. März 2020, 3 Ws 67/20, Rn 8 m. w. N.; jeweils zitiert nach juris).

Verbüßt der Verurteilte – wie vorliegend – erstmals eine Freiheitsstrafe und gibt seine Führung während des Vollzugs keinen Anlass zu gewichtigen Beanstandungen, so kann allerdings im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die Strafe ihre spezialpräventiven Wirkungen entfaltet hat und es verantwortbar ist, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2003, StB 4/03, Rn 4, zitiert nach juris; Fischer, StGB, 71. Auflage, § 57 Rn. 14). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern erfährt wegen der vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine Einschränkung, wenn besondere Umstände – in Form von gewichtigen negativen Prognoseindizien – vorliegen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18. Februar 2022 – 1 Ws 19/22 –, Rn. 5, KG Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 5 Ws 88/21 –, Rn. 15, 16 m. w.N., zitiert nach juris). So kann eine Strafrestaussetzung trotz Erstverbüßung im Einzelfall ausscheiden, wenn die Umstände der Tatbegehung sowie das Umfeld des Verurteilten auf dessen nachhaltige Verstrickung in ein kriminogenes Milieu schließen lassen (beispielsweise beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln oder bei Taten der organisierten Kriminalität), in seiner Persönlichkeitsstruktur und seinen Lebensverhältnissen nach wie vor ernstzunehmende Rückfallrisiken angelegt sind (beispielsweise bei der wiederholten Begehung einschlägiger Straftaten, bei einer gravierenden, für wiederholte, erhebliche Straftaten ursächlichen Suchtproblematik oder mehrfachem Bewährungsversagen in Verbindung mit weiteren Umständen) oder wenn bei einem Rückfall Rechtsgüter von besonderem Gewicht bedroht sind, etwa bei schweren Gewalttaten oder bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (KG a. a. O.).

Die Vermutung, dass der erstmalige Strafvollzug bei dem Verurteilten einen deutlichen Eindruck hinterlassen hat und seine Entlassung verantwortet werden kann, ist in der Gesamtschau aller zu berücksichtigenden Umstände nicht entkräftet. Ihre gegenteilige Einschätzung, trotz des Status des Verurteilten als Erstverbüßer, seiner Mitarbeitsbereitschaft und seines beanstandungslosen Verhaltens im Vollzug sei der Strafzweck sei noch nicht erfüllt, hat die Leiterin der Jugendanstalt Raßnitz in ihrer Stellungnahme vom 14. März 2024 nicht weiter begründet. Die Vermutung ist insbesondere nicht schon allein deswegen widerlegt, weil der Verurteilte Bewährungsversager ist (siehe BGH a. a. O.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 1. Juni 2023 – 2 Ws 62/23 (S) –, Rn. 7; OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Januar 2021 – 1 Ws 32/21 –, Rn. 11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. November 2007 – 2 Ws 308/07 –, Rn. 11; jeweils zitiert nach juris). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte ausschließlich die der Ausgangsverurteilung zugrundeliegende Tat innerhalb der Bewährungszeit nach der Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Wittenberg vom 10. November 2020 begangen hat. Alle weiteren Straftaten, aufgrund derer er verurteilt wurde, lagen vor dieser Verurteilung. Auch stand er zum Zeitpunkt der der Ausgangsverurteilung zugrundeliegenden Tat entgegen der Annahme der Generalstaatsanwaltschaft nicht zweifach unter Bewährung, sondern lediglich aufgrund des genannten Urteils des Amtsgericht Wittenberg vom 10. November 2020. Auch wenn der Verurteilte wegen einer schwerwiegenden Tat unter Bewährung stand, lässt sich doch aus dem – auch nicht mit einer hohen Rückfallgeschwindigkeit verbundenen – einmaligen Bewährungsbruch mit einer nicht einschlägigen Straftat keine besondere Unbelehrbarkeit des Verurteilten ableiten, die ausnahmsweise zu der Annahme berechtigt, dass die erstmalige Verbüßung von Strafhaft den Verurteilten nicht ausreichend beeindruckt hätte. Dies gilt nach Ansicht des Senats hier auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Verurteilte sich in dem Verfahren, das zu dem Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 10. November 2020 geführt hat, von Oktober 2019 bis Februar 2020 für etwa drei Monate in Untersuchungshaft befunden hat. Denn diese erfolgte noch deutlich vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Wittenberg vom 10. November 2020 und mehr als anderthalb Jahre vor Begehung der nicht einschlägigen Anlasstat und kann im Hinblick auf die nachhaltige und spezialpräventive Wirkung auf den Gefangenen auch nicht mit Strafhaft verglichen werden (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 1. Juni 2023 – 2 Ws 62/23 (S) –, Rn. 5, zitiert nach juris). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte nach einer Haftentlassung voraussichtlich keine Position als Geschäftsführer oder in ähnlicher Verantwortung innehaben wird, die zuvor zu der dem Freiheitsentzug zugrundeliegenden Tat geführt hat. Vielmehr strebt er ausweislich der bei der mündlichen Anhörung vorgelegten Bescheinigung eine Anstellung als Servicetechniker an. Berücksichtigt man ferner, dass der Verurteilte nach der Haftentlassung in ein stabiles soziales Umfeld zurückkehrt und bei einem Rückfall in Ansehung der Anlasstat kein besonders schwerwiegendes Rechtsgut bedroht ist, lässt sich die vorzeitige Entlassung des Verurteilten auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantworten.“

Nichts weltbewegend Neues, aber immerhin…. 🙂 .