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Änderungen/Neuerungen in StPO/StGB/StVG, oder: Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Verteidiger

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Ich hatte ja bereits am Donnerstag über das Inkrafttreten vom „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ v. 17.08.2017 (im BGBl. verkündet worden hier BGBl I. S. 3202. ) berichtet. Ist ein etwas sperriger Titel, einfacher wäre und ist es mit „StPO u.a. 2017“. Das war allerdings – räume ich ein 🙂 – ein reiner Werbebeitrag für das von mir zu den durch das Gesetz erfolgten Änderungen/Erweiterungen der StPO verfasste Ebook „Effektivere und praxistauglichere Ausgestaltung des Strafverfahrens? Die Änderungen in der StPO 2017 – ein erster Überblick„. Auch ein ein wenig sperriger Titel. Aber wenn das Gesetz so heißt 🙂 .

Offen geblieben ist in dem Beitrag dann, was denn nun eigentlich alles neu in der StPO ist. Darauf will ich jetzt mit der nachfolgenden Zusammenstellung kurz in einem Überblick noch hinweisen:

  • Ermittlungsverfahren
    • Abschaffung des Richtervorbehalts (§ 81a Abs. 2 StPO) für bestimmte Delikte aus dem Bereich der §§ 315a, 315c, 316 StGB, im neuen § 46
    • Präzisierung der Vorschriften über Molekulargenetische Untersuchungen (§ 81e StPO)
    • Gesetzliche Erweiterung von Reihenuntersuchungen (§ 81h StPO) auf nahe Angehörige
    • Einführung der Quellen-TKÜ/Staatstrojaner (§ 100a), was m.E. verfassungsrechtlich bedenklich ist
    • Einführung der sog. Online-Durchsuchung (§ 100b StPO), was m.E. ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich ist – George Orwell lässt grüßen,
    • eine zusätzliche Belehrung des Beschuldigten über die Kostenfolge der Beiordnung eines Pflichtverteidigers (§ 136 Abs. 1 Satz 3 StPO), eine nicht nur alberne, sondern auch gefährliche Neuregelung,
    • Pflicht/Möglichkeit zur audiovisuelle Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen (§ 136 Abs. 4 StPO)
    • Erfordernis der Pflichtverteidigung bei richterlichen Vernehmungen (§ 141 Abs. 3 Satz 4 StPO), ein Schritt in die richtige Richtung, aber leider nur ein „Schrittchen“, denn das eigene Antragsrecht des Beschuldigten fehlt noch immer,
    • Konzentration der Zuständigkeit für Pflichtverteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren (§ 141 Abs. 4 StPO),
    • Einführung der (unsäglichen) Erscheinenspflicht für Zeugen bei der Polizei (§ 163 StPO), die Verteidigern noch viel Freude bereiten wird,
    • Erweiterung der Privatklagedelikte (§ 397 StPO) um die Nötigung
  • Hauptverhandlung
    • Änderungen im Ablehnungsverfahren (§§ 26, 26a, 29 StPO) mit der Möglichkeit der Fristsetzung zur Begründung und Änderungen im Ablauf der Hauptverhandlung
    • Einführung eines „Abstimmungsgesprächs“ in umfangreichen Verfahren (§ 213 Abs. 2 StPO)
    • Gesetzliche Verankerung des „Opening Statement“ (§ 243 Abs. 5 Satz 3 StPO)
    • die lange angekündigte Möglichkeit zur Fristsetzung bei Beweisanträgen (§ 244 Abs. 6 Satz 2 und 3 StPO)
    • Erweiterung des Urkundenbeweises durch Verlesung von Protokollen (§ 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO)
    • Möglichkeit der Vorführung einer Bild-Ton-Aufnahme nach § 254 StPO
    • Erweiterung der Verlesung von ärztlichen Attesten (§ 256 StPO)
    • Erweiterung/Anpassung der Hinweispflichten (§ 265 StPO)
  • Rechtsmittelverfahren
    • Möglichkeit der Einstellung nach § 153a StPO auch im Revisionsverfahren
    • Gesetzliche Verankerung der Stellungnahmepflicht der Staatsanwaltschaft (§ 347 StPO)
    • Fristanpassung/-verlängerung bei der Kostenbeschwerde (§ 464b StPO)

Das Gesetz hat dann noch weitere Änderungen gebracht, und zwar u.a.:

  • Die Erweiterung/Änderung des § 44 StGB – Fahrverbot als Nebenstrafe – jetzt bei allen Delikten zulässig/möglich und nicht mehr nur bei solchen mit verkehrsrechtlichem Einschlag
  • Und dann die Änderung im StVG
    • Zunächst Einfügung eines § 25 Abs. 2b StVG mit einer klaren Regelung der Vollstreckung von Fahrverboten nach § 25 StVG, in dem es jetzt heißt:

„(2b) Werden gegen den Betroffenen mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.“

  • Und schließlich noch die Änderung des § 46 OWiG, mit der Übernahme der Abschaffung des Richtervorbehalts in Abs. 4 Satz 2 für die Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 24a, 24c StVG.

So, das waren die wesentlichen Änderungen, es gibt noch ein paar Änderungen im (StPO)Vollstreckungsverfahren, aber die mag der Leser selbst nachlesen.

Ich weise dann auch hier noch einmal auf mein Ebook hin, also <<Werbemodus an >>: In dem sind die o.a. Änderungen der StPO dargestellt, natürlich mit ersten Hinweisen und Tipps, wie man mit den neuen Vorschriften umgehen muss. Hier der Bestelllink. Denn eins ist m.E. sicher. Die Änderungen sind mehr oder weniger auch eine Arbeitsbeschaffsungsmaßnahme für Verteidiger/Rechtsanwälte. ? Jedes Ding hat eben zwei Seiten. >>Werbemodus aus>>.

Heute in Kraft getreten: Änderungen im Berufungsrecht und im RVG

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Ich habe bereits mehrfach über zwei Gesetzesänderungen berichtet, über die der Bundestag noch vor der Sommerpause am 18.06.2015 entschieden hat. Nämlich die

  • Änderungen bei der Berufungsverwerfung (§ 329 Abs. 1 StPO) und die insoweit überfällige Umsetzung der EGMR-Rechtsprechung
  • Änderungen im RVG mit der Änderung der „Eingangsgebührenstufe“ in Teil 5 VV RVG – die Anpassung an die Punktereform 2014 . und eine Klarstellung in § 53 RVG.

Diese sind nun heute (25.07.2015) in Kraft getreten, nachdem das „Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe“ (BT-Drs. 18/3562) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 18/5254) gestern im BGBl veröffentlicht worden ist (vgl. BGBl I, S. 1332).

Das bedeutet:

  • Bislang wurde eine Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache verworfen , wenn der Angeklagte zu Beginn der Berufungshauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint, selbst wenn für ihn ein Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht erschienen war (§ 329 Abs. 1 StPO). Künftig muss das Berufungsgericht stets prüfen, ob die Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung erforderlich ist. Die Anwesenheit ist für eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts immer dann erforderlich, wenn eine solche Entscheidung allein aufgrund der vom anwesenden Verteidiger für den Angeklagten abgegebenen Erklärungen nicht möglich ist (vgl. auch Umdenken bei der Berufungsverwerfung ist angesagt – Neziraj lässt grüßen).
  • Im RVG sind in den Nrn. 5101, 5103, 5107, 5109 VV RVG  die Gebührensätze von 40,00 € auf 60,00 € angehoben worden. Das ist die Anpassung an die Punktereform 2014. Außerdem ist in § 53 RVG eine Klarstellung beim bestellten Beistand erfolgt.

Ab heute gilt also neues Recht. Das ist übrigens auch schon in Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 8. Aufl., die Ende September erscheinen wird, enthalten. Im RVG gilt die Übergangsregelung des § 60 Abs. 1 RVG. Also: In allen Verfahren, in denen der unbedingte Auftrag ab heute erteilt worden ist, gelten die neuen Sätze.

RVG-Reform: Was haben die Eisheiligen mit den Änderungen im RVG zu tun?; oder: Der D-Day naht

Zum Mai gibt es ja viele Sprüche: Von „Der Mai ist gekommen….“ über „Alles neu macht der Mai“ bis hin zu Goethes „Mai“ („Leichte Silberwolken schweben durch die erst erwärmten Lüfte. Mild, von Schimmer sanft umgeben, blickt die Sonne durch die Düfte.).

Der Monat Mai hat aber auch den 1. Mai – den Tag der Arbeit – und die Eisheiligen. Die liegen zwischen dem 11. Mai (Mamertus) und dem 15. Mai (sog. kalte Sofie). Und der 15. Mai, der könnte in diesem Jahr zu einem „D-Day“ werden; nun ja, vielleicht nicht ganz so militärisch, aber ggf. ein Tag der Entscheidung.

Und zwar für das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz und die darin enthaltenen Änderungen im RVG (vgl. dazu hier: Gestern im Bundestag – auch das neue RVG? und hier: (Sondermeldung: Mehr Geld für (Straf)Verteidiger – Referentenentwurf zum 2. KostRMoG bringt Neuerungen.

Ich habe mich nämlich inzwischen ein wenig umgehört und man kann wohl von folgendem weiteren Fahrplan ausgehen:

  • am 15.05.2013 (endgültige) Beratung der Neuregelungen im Rechtsausschuss des Bundestages mit Beschlussvorlage,
  • am 16.05.2013 dann die 2. und 3. Lesung im Bundestag und
  • am 07.06.2013 Beratung und Beschlussfassung im Bundesrat.

Zwar soll ja nach dem „Geheimtreffen“ im BMJ alles geklärt sein (vgl. hier: Gute, nicht nur scheinbar gute, Nachrichten für alle, die nach dem RVG abrechnen), aber man weiß ja nie, was alles doch noch passiert. Wenn also alles glatt geht, dann könnte an sich das Gesetz zum 01.07.2013 – wie geplant – in Kraft treten. Ich rechne damit aber nicht, sondern gehe vom 01.08.2013, ja ggf. sogar vom 01.09.2013 oder 01.10.2013 aus. Denn es muss ja bei den Ländern wegen der Änderungen, u.a. auch bei den Gerichtskosten die EDV, umgestellt werden.

Jedenfalls, wenn es glatt geht, dann kann man zurückgreifen auf zwei weitere Sprüche zum Mai, die im übertragenen Sinn auf die für die Anwaltschaft günstigen Änderungen im RVG ganz gut passen; nämlich:

Mairegen auf Saaten – dann regnet es Dukaten.“
und
„Gehen die Eisheiligen ohne Frost vorbei, singen Bauer und Winzer Juchhei!

oder auch

 

 

Warnschussarrest – jetzt kommt er – und: Höchststrafe im JGG: Jetzt 15 Jahre

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Der sog. Warnschussarrest für jugendliche Straftäter, über den ja bereits mehrfach berichtet worden ist, ist vom Bundestag beschlossen worden.

Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 14.06.2012 den sog. Warnschussarrest von bis zu vier Wochen für jugendliche Straftäter eingeführt. Auf Empfehlung des Rechtsausschusses hat er einen Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten (BT-Drs. 17/9389) in geänderter Fassung angenommen. Damit wird den Jugendgerichten ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe einen Jugendarrest („Warnschussarrest“) zu verhängen.

Außerdem ist das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende, die wegen Mordes verurteilt werden, auf 15 Jahre erhöht worden.

Weitere Beiträge zum Gesetzgebungsverfahren:
08.05.2012 Koalitionsfraktionen fordern „Warnschussarrest“ für jugendliche Straftäter
18.04.2012 Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten – Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe zur Vorlage eines Gesetzentwurfes