Werbung, Werbung – drei Handbücher neu, oder: Rechtsmittel, Ermittlungsverfahren, Hauptverhandlung

So und hier dann erst mal den <<Werbemodus an>>, denn dieses Posting ist ein reines Werbeposting. Wer das also nicht mag oder meint, er braucht die Info nicht: Einfach weiter gehen :-). Aber: Später nicht meckern. Denn der Beitrag enthält wichtige Informationen zu den nächsten Neuerscheinungen 2024.

Denn jetzt ist es (endlich) soweit: Die drei Handbücher zum Rechtsmittel, zum Ermittlungsverfahren und zur Hauptverhandlung kommen, wie ich ja schon mitgeteilt hatte, in diesem Jahr neu, und zwar:

Es ist also mal wieder vollbracht – es kommen rund 5.500 Seiten Verfahrensrecht, alles natürlich aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht – wie immer jetzt schon seit fast 30 Jahren. Ja, lang lang ist es her, dass die 1. Auflage der „Hauptverhandlung“ erschienen ist.

Und mit den drei Handbüchern gibt es dann auch das „Burhoff-Paket„, das aus dem „Ermittlungsverfahren“ und der „Hauptverhandlung“ besteht, und eine „Burhoff-Trilogie“ bestehend aus „Ermittlungsverfahren“, „Hauptverhandlung“ und Rechtsmittel neu.

Die Handbücher kosten im Einzelbezug 129,00 EUR, das Paket 209,00 EUR und die Trilogie 269,00 EUR. Da stecken also ganz schöne Preisnachlässe drin.

Und die Bücher kann man dann, wenn man noch nicht vorbestellt hat, dann auf der Bestellseite meiner HP vorbestellen. Sie kommen dann nach dem Erscheinen automatisch. Die Bücher kommen vom Verlag, die Rechnung für die Lieferung von mir.

Und dann jetzt: <<Werbemodus aus>>

OWi III: Nochmals Urteilgründe beim Fahrverbot, oder: Einlassung, Härtefall, wirtschaftliche Verhältnisse

entnommen openclipart.org

Und im dritten Posting dann nochmals etwas zu den Urteilsgründen beim Fahrverbot. Es handelt sich um den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.08.2024 – 2 ORbs 83/24.

Das AG hatte den Betroffenen – nach zuvor erfolgter Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgenentscheidung – zu einer Geldbuße von 445 EUR sowie zu einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Dagegen die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die Erfolg hatte:

“ 2. Der aufgrund der wirksamen Beschränkung allein zu überprüfende Rechtsfolgenausspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Urteil leidet hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen, insbesondere mit Blick auf seine wirtschafltichen Einkommensverhältnissen, an einem Darstellungsmangel.

Auch in Bußgeldverfahren müssen die schriftlichen Urteilsgründe in aller Regel nicht nur die erwiesenen Tatsachen angeben, sondern neben anderem auch erkennen lassen, ob und gegebenenfalls wie sich der Betroffene zur Sache eingelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2019 – KRB 10/18; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2023 – 4 Orbs 31 SsBs 17/23; KG, Beschluss vom 12. Januar 2022 – 3 Ws (B) 8/22; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 4 RBs 42/20; OLG Hamm, Beschluss vom 9. Mai 2007 – 3 Ss OWi 263/07). Ohne diese Angaben kann das Rechtsbeschwerdegericht regelmäßig nicht überprüfen, ob das Tatgericht die Bedeutung der Angaben des Betroffenen zutreffend erkannt und bewertet hat und damit den Feststellungen eine erschöpfende Würdigung des Sachverhalts zugrundeliegt (vgl. BGH, a.a.O.). Hat sich der Betroffene zur Sache eingelassen, so bedarf es in aller Regel einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge seiner Einlassung, damit das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfen kann, ob sich das Tatgericht unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewandt hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Februar 2017 – 2 (10) SsBs 740/16-AK 265/16; OLG Koblenz, a.a.O.). Nur in sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann unter Umständen ohne Verstoß gegen die sachlichrechtliche Begründungspflicht auf die Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen verzichtet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Januar 1985 – 5 Ss (Owi) 6/85-8/85; OLG Koblenz, Beschluss vom 22. November 2021 – 2 OWi 32 SsBs 240/21). Dies ist indes dann nicht der Fall, wenn – wie hier – ein Fahrverbot verhängt worden ist (OLG Koblenz, a.a.O.).

Den schriftlichen Gründen des angefochtenen Urteils ist unter Ziffer IV. im Rahmen der Prüfung der Verhängung eines Fahrverbots zu entnehmen, dass der Betroffene vorgetragen habe, er sei schwerbehindert und müsse verschiedene Ärzte aufsuchen. Darüber hinaus lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, ob der Betroffene weitere Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht oder dazu geschwiegen hat. Mangels hinreichender Angaben in den Urteilsgründen ist weder die Möglichkeit auszuschließen, dass der Betroffene in der Hauptverhandlung weitere Erklärungen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen abgegeben hat, die für den Rechtsfolgenausspruch relevant sind, noch vermag der Senat zu überprüfen, ob sich das Tatgericht unter vollständiger Berücksichtigung einer solchen (etwaigen) Einlassung des Betroffenen eine tragfähige Grundlage für seine Rechtsfolgenentscheidung verschafft hat. Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, ob das Tatgericht eine etwaige weitergehende Einlassung des Betroffenen in ihrer Bedeutung richtig eingeschätzt und rechtsfehlerfrei gewürdigt hat.

Zu einer entsprechenden Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätte hier auch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG Anlass bestanden. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG ist Grundlage für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeiten und der Vorwurf, der den Täter trifft; dabei sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG). Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt. Bei Geldbußen von jedenfalls mehr als 250 Euro sind jedoch wegen Überschreitens dieser Geringfügigkeitsgrenze in der Regel nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich (vgl. Göhler, OWiG, 19. Auflage, § 17 Rn 24). Wenn auch die Anforderungen an die Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht überspannt werden dürfen, so müssen durch das Tatgericht doch zumindest derart hinreichende Angaben zum Einkommen gemacht werden, dass dem Rechtsmittelgericht die Überprüfung möglich ist, ob die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG beachtet worden ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Mai 2018 – 2 RBs 61/18). Unabhängig davon, ob Einschränkung dieses Grundsatzes bei Geldbußen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten anzuerkennen sind, die den Regelsätzen der Bußgeldkatalogverordnung entsprechen (vgl. dazu (vgl. Göhler, OWiG, 19. Auflage, § 17, Rn 24; KK-OWiG/Mitsch, 5. Auflage 2018, OWiG § 17 Rn 92), sind Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen jedenfalls dann zu treffen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Verhältnisse außerordentlich gut oder schlecht sind (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 – 2 Ss (Owi) 278/14; OLG Hamm, Beschluss vom Beschluss vom 20. März 2012 – 3 RBs 441/11; KK-OWIG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, OWiG § 17 Rn 92 m. w. N.). Vor dem Hintergrund des Vortrags des Betroffenen, er sei schwerbehindert, bestehen Anhaltspunkte für das Vorliegen von schlechten Einommensverhältnissen. Auch hätte die Möglichkeit der Prüfung von Zahlungserleichterungen gemäß § 18 OWiG berücksichtigt werden müssen.

Das angefochtene Urteil, welches infolge der wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nur diesen betrifft, ist mithin schon auf die Sachrüge gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1, Abs. 6 OWiG in Verbindung mit den §§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht zurückzuverweisen, sodass die vom Betroffenen erhobene Verfahrensrüge keiner Erörterung mehr bedarf.

Wegen der Lückenhaftigkeit der Feststellungen kam eine eigene abschließende Prüfung und Entscheidung des Senats nicht in Betracht, da nicht auszuschließen ist, dass-in-einer-neuen-Hauptverhandlung weitere-Feststellungen getroffen werden können, die für die Bemessung der Höhe der Geldbuße von Bedeutung sind. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot betrifft die Aufhebung das gesamte Urteil.“

OWi II: Urteilsgründe beim Absehen vom Fahrverbot, oder: Augenblicksversagen, Härtefall, höhere Geldbuße

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Und im zweiten Posting dann eine weitere Entscheidung des OLG Brandenburg zurm Fahrverbot, und zwar der OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.07.2024 – 2 ORbs 107/24 -, in dem das OLG zu den Anforderungen an die Urteilsgründe Stellung nimmt.

Gegen den Betroffenen ist wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 640 EUR verhängt worden. Von der Anordnung eines Fahrverbots hat das AG abgesehen, weil eine außergewöhnliche Härte vorliege. Der Betroffene und sein Verteidiger hätten in der Hauptverhandlung erklärt, dass der Betroffene die Geschwindigkeit aufgrund eines Augenblickversagens überschritten habe. Er habe mit seiner Familie im Fahrzeug gesessen und das geschwindigkeitsbegrenzende Schild schlicht übersehen. Auch seine Familie habe das Schild nicht wahrgenommen. Darüber hinaus sei er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Kundenberater im Außendienst für die gesamte Region O. auf seinen Pkw angewiesen. Bei seinem Tätigkeitsbereich handelt es sich um eine ländliche Region, die ein Ausweichen auf öffentliche Verkehrsmittel nicht ermögliche. Weder aus dem familiären noch dem beruflichen Umfeld stehe jemand als Fahrer zur Verfügung. Er sei in seiner Filiale der einzige Außendienstmitarbeiter. Seine Ehefrau sei beruflich selbst „stark eingeschränkt“ und fahre außerdem wegen eines tödlichen Verkehrsunfalls des gemeinsamen Sohnes nur in notwendigen Situationen selbst Auto. Darüber hinaus fahre der Betroffene seine minderjährigen Kinder in ländlicher Region täglich zur Schule oder jedenfalls zum nächstgelegenen Bahnhof. Das Fahreignungsregister des Betroffenen weise keine Eintragungen auf, was den Schluss zulasse, dass er „üblicherweise ein ordentlicher und vorschriftsmäßiger Fahrzeugführer“ sei.

Dagegen (natürlich) die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die (ebenso natürlich) beim OLG Erfolg hatte. Dem OLG gefallen die Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht:

„2. Die Entscheidung des Amtsgerichts, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Nach den Vorgaben des Verordnungsgebers ist grundsätzlich – soweit wie hier der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV erfüllt ist – das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG indiziert, so dass es in diesen Fällen regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf. Das Tatgericht ist in diesen Fällen – auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung – gehalten, die Maßnahme anzuordnen und darf hiervon nur in besonderen Ausnahmefällen absehen, wenn der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erheblich von dem normierten Regelfall abweicht, dass er als Ausnahme zu werten ist und auf ihn das Regelbeispiel gemäß dem Bußgeldkatalog nicht mehr zutrifft, oder wenn die Maßnahme für den Betroffenen eine außergewöhnliche Härte darstellt; dem tatgerichtlichen Beurteilungsspielraum sind insoweit enge Grenzen gesetzt sind; das Absehen vom Fahrverbot muss auf einer eingehenden und nachvollziehbaren, auf Tatsachen gestützten Begründung beruhen (vgl. KG, Beschl. v. 15. Dezember 2020 – 3 Ws [B] 289 – 290/20 m.w.N.).

Diesen Begründungsanforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Dass das Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass der Verkehrsverstoß nicht auf einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, sondern lediglich auf einer augenblicklichen, auf lediglich einfache Fahrlässigkeit zurückzuführenden Unaufmerksamkeit beruhte, lässt sich den Urteilsgründen nicht in hinreichendem Maße entnehmen. Diese verweisen lediglich auf die nicht näher gewürdigte Einlassung des Betroffenen, er habe „das geschwindigkeitsbegrenzende Schild schlicht übersehen“.

b) Auch im Übrigen beschränken sich die Urteilsausführungen weitgehend auf eine nicht näher gewürdigte Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen zu vorliegenden Härtegründen. Von einem Fahrverbot darf insoweit nur abgesehen werden, wenn unter Anlegung strenger Maßstäbe das Fahrverbot eine Härte ganz ungewöhnlicher Art darstellt. Dass der Betroffene im Straßenverkehr noch nicht auffällig geworden ist, genügt hierfür nicht.

Eine „besondere Härte“ in diesem Sinne liegt entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht schon dann vor, wenn der Betroffene bei seiner beruflichen Tätigkeit und im privaten Bereich „in einem exorbitanten Maß auf seine Fahrerlaubnis angewiesen“ ist. Berufliche Nachteile, auch schwerwiegender Art, sind mit einem Fahrverbot nicht nur in Ausnahmefällen, sondern häufig verbunden. Der Umstand, beruflich besonders auf die Fahrerlaubnis angewiesen zu sein, muss für den Betroffenen ein besonderer Grund sein, sich verantwortungsbewusst zu verhalten (vgl. OLG Bamberg DAR 2010, 332). Nur wenn das Fahrverbot zu einer Härte ganz außergewöhnlicher Art, beispielsweise zum Verlust des Arbeitsplatzes oder dem Existenzverlust eines Selbstständigen, führen würde, kann von der Verhängung des Fahrverbotes unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden (std. Rspr. der Senate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. Senat, Beschluss vom 19. November 2008 – 2 Ss (OWi) 194 B/08 – m.w.N.). Es ist einem Betroffenen auch grundsätzlich zuzumuten, durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen die Zeit des Fahrverbots zu überbrücken, wie z.B. durch Inanspruchnahme von – gegebenenfalls unbezahlten – Urlaub, die Anstellung eines bezahlten Fahrers oder die Hinzuziehung von Fahrdiensten. Die hierdurch auftretenden finanziellen Belastungen hat der Betroffene hinzunehmen, notfalls durch Aufnahme eines Kredits, zumal sich im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Dauer des Fahrverbots eventuelle finanzielle Einbußen ohnehin regelmäßig in einem überschaubaren und grundsätzlich zumutbaren Rahmen bewegen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Januar 2009 – 2 Ss OWiG 39/09, zit. nach Juris).

Insoweit fehlt es abgesehen von der nicht hinreichend gewürdigten Einlassung des Betroffenen an ausreichenden Feststellungen, die eine derartige besondere Härte für ihn, seine Familienangehörigen oder seinen Arbeitgeber begründen könnten. Die Urteilsgründe verhalten sich weder zu den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen und den Möglichkeiten, die Zeit des Fahrverbotes jedenfalls teilweise durch Urlaub zu überbrücken, noch zur Berufstätigkeit der Ehefrau und dem genauen Schulweg der Kinder.

3. Da zwischen der Festsetzung der Geldbuße und dem Absehen von der Anordnung eines Fahrverbotes ein innerer Zusammenhang besteht, unterliegt das angefochtene Urteil, dessen Gegenstand wegen der Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid allein die Rechtsfolgenentscheidung ist, insgesamt der Aufhebung.

Das Amtsgericht wird bei der erneut zu treffenden Entscheidung u.a. einen – dann kompensationslosen, eine Erhöhung der Geldbuße regelmäßig nicht rechtfertigenden – Wegfall des Fahrverbotes im Hinblick auf einen lediglich einfach fahrlässigen Pflichtenverstoß näher zu prüfen haben. Insoweit gilt, dass für die Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers auch bei einer die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung dann kein Raum ist, wenn diese darauf beruht, dass der Betroffene infolge lediglich einfacher Fahrlässigkeit das die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste (vgl. BGHSt 43, 241ff.).

Einem Kraftfahrzeugführer kann das für ein Fahrverbot erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn der Grund für die von ihm begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung darin liegt, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen nicht wahrgenommen hat, es sei denn, gerade diese Fehlleistung beruhe ihrerseits auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit; für die Bewertung seines Verschuldens ist es, solange er die ohne das Vorschriftszeichen geltende Höchstgeschwindigkeit einhält, unerheblich, ob er die durch das Vorschriftszeichen angeordnete Geschwindigkeit weniger oder mehr überschreitet. Das Maß der Pflichtverletzung hängt nur davon ab, wie sehr ihm das Übersehen des Schildes zum Vorwurf gereicht; das erhebliche Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, auf das die Regelbeispielsfälle abstellen, lässt insofern keinen Schluss darauf zu, dass der Fahrzeugführer das Vorschriftszeichen wahrgenommen oder grob pflichtwidrig nicht wahrgenommen hat (BGH, aaO.).

Mit Rücksicht darauf bedarf es zunächst einer näheren tatgerichtlichen Würdigung, ob die Einlassung des Betroffenen, er habe die – nach den Feststellungen beidseits der Fahrbahn auf 100 km/h angeordnete – Geschwindigkeitsbeschränkung nicht wahrgenommen, als glaubhaft zu bewerten ist. Gegebenenfalls ist sodann zu prüfen, ob diese Fehlleistung aufgrund der konkreten Umstände wie der Anordnung der Beschilderung und der Tatsituation (vgl. hierzu BGH, aaO.) die Annahme einer lediglich augenblicklichen Unaufmerksamkeit gebietet, die für sich genommen noch nicht als grob fahrlässig zu bewerten ist, sondern jedem sorgfältigen und pflichtbewussten Verkehrsteilnehmer einmal unterlaufen kann.“

OWi I: Absehen vom Fahrverbot wegen langer Dauer, oder: Zweijahresfrist

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Und heute dann ein „OWi-Donnerstag“.

Ich starte mit einem Beschluss des OLG Brandenburg zum Fahrverbot: Das OLG hat im OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.07.2024 – 1 ORbs 134/24 – zum Absehen vom Fahrverbot bei langer Verfahrensdauer Stellung genommen, und zwar:

„b) Die auf die Sachrüge vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Urteils hat Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht ergeben.

Insbesondere ist das Erkenntnis des Bußgeldgerichts, von der Verhängung des nach BKatV bei der hier vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung um 49 km/h indizierten Fahrverbots vermittels Kompensation durch eine Verdoppelung der Geldbuße abzusehen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Der Verhängung des Fahrverbots steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Ordnungswidrigkeit bereits 22,5 Monate vor der angefochtenen Entscheidung des Bußgeldgerichts begangen worden war. Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 S. 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (vgl. BT-Drucks. V/1319, S. 90; BVerfGE 27, 36, 42). Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn seit dem Verkehrsverstoß ein erheblicher Zeitraum vergangen ist (vgl. KG StraFo 2007, 518 m. w. N.). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom nach der BKatV indizierten Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die dem Tatrichter einen Beurteilungsspielraum eröffnet.

Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung ist der Sinn des Fahrverbots in Frage zu stellen, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt (vgl. OLG Hamm DAR 2012, 340; OLG Celle VRS 108, 118; OLG Karlsruhe DAR 2005, 168; OLG Bamberg DAR 2008, 651 m. w. N.; ständige Senatsrspr., vgl. statt vieler: Beschluss vom 05. Februar 2021 – 1 OLG 53 Ss-OWi 6/21; s. a. König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage, zu § 25 StVG, Rz. 24 m. zahlr. N.). Hinsichtlich dieser Zweijahresfrist kommt es auf den Zeitraum zwischen Tatbegehung und letzter tatrichterliche Verhandlung an, da der Tatrichter den sich anschließenden Zeitraum zwischen seiner Entscheidung und deren Rechtskraft nicht berücksichtigen kann und das Rechtsbeschwerdegericht lediglich zu prüfen hat, ob das Urteil des Bußgeldgerichts auch den Rechtsfolgenausspruch, insbesondere die Verhängung und Begründung des Fahrverbots, betreffend Rechtsfehler aufweist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2011- 3 RBs 70/10;OLG Oldenburg, Beschluss vom 03. August 2011- 2 BsSs 172/11; jeweils zitiert nach juris).Selbst ein Zeitablauf von zwei Jahren zwischen Tatbegehung und tatrichterlichem Urteil führt nicht automatisch zu einem Absehen von einem Fahrverbot. Er beinhaltet lediglich einen Anhaltspunkt dafür, dass eine tatrichterliche Prüfung dazu, ob das Fahrverbot seinen erzieherischen Zweck noch erfüllen kann, geboten ist. Bei einem Zeitablauf von mehr als zwei Jahren zwischen Tat und Urteil bedarf es nach Auffassung des Senats besonderer Umstände für die Annahme, dass ein Fahrverbot noch unbedingt notwendig ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2000, 829; s. zum Ganzen auch: König in: Hentschel/Dauer/König a. a. O.).

Im vorliegenden Fall war die Zweijahresfrist bei der Entscheidung des Amtsgerichts noch nicht abgelaufen. Die Kompensation seines Wegfalls durch eine Verdoppelung der Geldbuße ist deshalb nicht zu beanstanden.“

Nichts Neues, sondern nur ein Reminder. Zum Fahrverbot kann man übrigens eine Menge erfahren in <<Werbemodus ein> Burhoff (Hrsg), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024. Dort hat der Kollege Deutscher sehr schon – vielfach kopiert, aber nicht erreicht – ausgeführt. Bestellen kann man das Werk hier. <<Werbemodus aus>>

Verkehrsrecht III: Ladungssicherung und VDI-Richtlinie, oder: Anerkannte Regeln der Technik

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Und dann als dritte Entscheidung das AG Dortmund, Urt. v. 11.07.2024 – 729 OWi-257 Js 630/24 -58/24 – zu Fragen der Ladungssicherung. Ich beschränke mich aber auf die Leitsätze, die lauten:

    1. Auch wenn die Ladungssicherungsmittel nicht ordnungsgemäß (VDI-richtlinienkonform) eingesetzt sind, stellt dies keine Ordnungswidrigkeit nach §§ 49, 22 StVO dar, wenn die Ladung gleichwohl ausreichend hierdurch gesichert ist (konkret: ablegereife Sicherungsgurte und möglicherweise ablegereife Sicherungsketten).
    2. Die Formulierung des § 22 Abs. 1 S. 2 StVO dahin, dass die anerkannten Regeln der Technik bei der Ladungssicherung zu beachten sind (hier also der VDI-Richtlinie 2700) hat keinen eigenständigen Regelungsgehalt, der durch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand abgesichert wird. Vielmehr bezieht sich die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 21 StVO nur auf die „Ladung nach § 22“. Eine eigenständige Ahndung von Verstößen gegen VDI-Richtlinien und § 22 Abs. 1 S. 2 StVO, die sich nicht auf die Sicherheit der Ladung auswirken, ist damit nicht möglich.O, 46 OWiG.