KCanG: Entziehung der FE wegen Cannabiskonsums?, oder: Folgen des KCanG für das Fahrererlaubnisrecht

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Im zweiten Posting habe ich dann hier den OVG Saarland, Beschl. v. 07.08.2024 – 1 B 80/24 – zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsum nach neuem Recht. Ja, an sich ist das „Kessel Buntes“, aber wegen des Sachzusammenhangs dann heute hier

Folgender Sachverhalt: Gestritten wird im Verfahren wegen vorläufigen Rechtsschutzes um die Entziehung der Fahrerlaubnis. Der Antragsteller ist angestellter Fahrlehrer. Während einer praktischen Fahrstunde, die der Antragsteller einem Fahrschüler als Beifahrer erteilte, erfolgte eine Verkehrskontrolle. Ausweislich des Polizeiberichts gab der Antragsteller auf entsprechende Nachfrage an, Betäubungsmittel zu konsumieren. Es wurden verschiedene in einem Bericht aufgeführte Auffälligkeiten und Ausfallerscheinungen festgestellt; der Antragsteller händigte den Beamten eine Blechdose mit Konsumutensilien und ca. 0,7 g Marihuana aus, die er im Handschuhfach des Fahrzeugs deponiert hatte. Eine auf freiwilliger Basis um 11.30 Uhr durchgeführte Blutentnahme ergab 11 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum, 5,6 ng/ml Hydroxy-Tetrahydrocannabinol (THC-OH) und ca. 200 ng/ml Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure (THC-COOH). Nach der Beurteilung des Instituts für Rechtsmedizin spricht das THC-Ergebnis dafür, dass der Antragsteller in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang mit der Blutentnahme Cannabis konsumiert hatte, und lag die festgestellte Konzentration von THC-Carbonsäure deutlich in dem Bereich, der üblicherweise bei regelmäßigem bzw. chronischem Konsum vorgefunden wird. Aus forensisch toxikologischer und rechtsmedizinischer Sicht sei von drogenbedingter Fahruntüchtigkeit zum Vorfallzeitpunkt auszugehen.

Mit Verfügung vom 04.03.2024 hat der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis wegen regelmäßigen Cannabiskonsums unter Anordnung der sofortigen Vollziehung entzogen. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch erhoben, Den zugleich gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das VG zurückgewiesen. Die Beschwerde beim OVG ist erfolglos geblieben.

Das OVG macht in seinem Beschluss allgemeine Ausführungen zu den Auswirkungen des KCanG auf die Praxis der Entziehung der Fahrerlaubnis, und zwar;

„Die zulässige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung ist unbegründet.

1. Der streitgegenständliche Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass die angegriffene Verfügung vom 4.3.2024 auf der Grundlage des bis zum 1.3.2024 geltenden (alten) Fahrerlaubnisrechts ergangen ist, der Widerspruch und der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unter dem Datum 4.4.2024, also nach Inkrafttreten der teilweise, nämlich in Bezug auf den Umgang mit Cannabis, geänderten Fahrerlaubnisverordnung1 datieren und die Widerspruchsentscheidung – soweit ersichtlich – noch aussteht.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung durch den Senat ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.2 Dies ist derzeit die behördliche Entziehungsverfügung, die Widerspruchsbehörde wird ihrer Entscheidung das am 1.4.2024 in Kraft getretene neue Recht zugrunde legen müssen. Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat sie, da kein Fall des § 8 Abs. 2 AGVwGO SL (Beschränkung der Nachprüfung auf die Rechtmäßigkeit) vorliegt, die Recht- und Zweckmäßigkeit der Entziehungsverfügung zu überprüfen. Ihr steht, da sie insoweit an die Stelle der Ausgangsbehörde tritt, dieselbe Prüfungskompetenz (mit der damit einhergehenden Prüfungspflicht) wie der Ausgangsbehörde zu. Ausgehend von dem Zweck des Widerspruchsverfahrens, der Verwaltung eine Selbstkontrolle zu ermöglichen, hat die Widerspruchsbehörde den angefochtenen Verwaltungsakt, soweit – wie hier – gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einer uneingeschränkten Überprüfung zu unterziehen, welche mit der durch den Devolutiveffekt der Nichtabhilfeentscheidung nach § 72 VwGO begründeten umfassenden Sachentscheidungsbefugnis verbunden ist, den Ursprungsbescheid zu ändern, zu ergänzen, aufzuheben oder zu ersetzen. Ihre Entscheidung bildet den nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für eine spätere verwaltungsgerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren maßgeblichen Abschluss des Verfahrens der Exekutive. Aus alldem ergibt sich zwingend, dass die Widerspruchsbehörde eigenständig zu prüfen hat, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die im angefochtenen Ausgangsbescheid ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen, und dass sie – bei bestehenden Unklarheiten – eine für die Entscheidung hierüber noch erforderliche Sachverhaltsaufklärung betreiben muss.3

Diese abschließende Entscheidung der Exekutive darüber, ob der verfahrensgegenständliche Sach- und Streitstand gemessen an dem seit dem 1.4.2024 geltenden Fahrerlaubnisrecht in Anwendung von § 13 a Nr. 1 oder Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV n.F. Veranlassung zur Anordnung der Beibringung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens gibt, gegebenenfalls ob eine solche Anordnung ausnahmsweise – so der Antragsgegner – mangels Aussicht auf eine erfolgreiche Untersuchung unterbleiben kann, oder etwa ob – so das Verwaltungsgericht – gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Nichteignung ohne vorherige Untersuchungsanordnung als feststehend anzusehen ist, steht vorliegend noch aus.

Der Antragsgegner hat sich im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren dahin positioniert, dass seine Verfügung mit anderer – an der neuen Konzeption der Fahrerlaubnisverordnung ausgerichteter – Begründung (Cannabismissbrauch) keinen Rechtmäßigkeitsbedenken unterliege. Er ist als Ausgangsbehörde gemäß § 72 VwGO zur Selbstkontrolle verpflichtet und von daher zu einer Nachbesserung der Begründung seiner Verfügung befugt4; nach Eintritt des Devolutiveffekts5 wird die Widerspruchsbehörde – das behördliche Verfahren abschließend – über das Vorliegen der Voraussetzungen der geänderten Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts zu entscheiden haben.6

Da die Einführung neuen Rechts typischerweise mit Auslegungs- und Anwendungsproblemen einhergeht, erscheint an dieser Stelle ein Blick auf die Rechts-änderung und das neue Normgefüge angezeigt.

Nach alter Rechtslage war die Fahrerlaubnis bei regelmäßigem Cannabiskonsum zu entziehen und bei gelegentlichem Konsum war entscheidend, ob ein hinlängliches Trennungsvermögen besteht, was nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV a.F. durch Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung abgeklärt werden konnte. Das neue Recht unterscheidet zwischen Cannabisabhängigkeit, Cannabismissbrauch und einem fahrerlaubnisrechtlich unbedenklichen Cannabiskonsum, der nach Vorstellung des Normgebers gelegentlich oder regelmäßig erfolgen kann. Der Normgeber hat damit Neuland betreten, was sich für die Fahrerlaubnisbehörden, die Gerichte und die Begutachtungsstellen durchaus als Herausforderung darstellt7, zumal eine Anpassung der Beurteilungsleitlinien an die neuen Vorgaben (noch) nicht erfolgt ist.8

Mit der Neuregelung hat der Normgeber seine bisherige Annahme, dass mit einem regelmäßigen Konsum im Regelfall mangelnde Kraftfahreignung einhergeht, aufgegeben. Der bisherigen Regelvermutung der Ungeeignetheit gemäß Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien ist damit jedenfalls in ihrer bisherigen Ausgestaltung die Grundlage entzogen. Zutreffend stellt das Verwaltungsgericht fest, dass aus der Gesetzesbegründung nicht hervorgeht, unter welchen Voraussetzungen der Betroffene nicht hinreichend sicher zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum trennt. Insoweit drängt sich auf, dass bei regelmäßigem Konsum nunmehr die Umstände des Einzelfalls von zentraler Bedeutung sind und anhand ihrer zu beurteilen ist, ob der Tatbestand des Missbrauchs bzw. der Abhängigkeit erfüllt ist oder ein fahrerlaubnisrechtlich unbedenkliches Konsumverhalten vorliegt. Das auf die alten Beurteilungsleitlinien gestützte Argument, bei regelmäßigem Cannabiskonsum liege im Regelfall Cannabismissbrauch vor, hat demgegenüber das Potential, den Willen des Normgebers zu konterkarieren.

Bei alldem ist zudem zu sehen, dass die Beibringung eines Gutachtens nach alter wie nach neuer Rechtslage nicht auferlegt werden durfte bzw. darf, wenn ohnehin bereits feststeht, dass Kraftfahrungeeignetheit gegeben ist, um den Betroffenen nicht zusätzlich in seinem Persönlichkeitsrecht zu belasten, es ihn aber andererseits in seinen Rechten verletzen würde, wenn die Fahrerlaubnis zu Unrecht entzogen wird, weil die Behörde ihre Überzeugung aufgrund unzutreffender Maßstäbe getroffen hat.

Hieraus ist zu schlussfolgern, dass die Überzeugung mangelnden Trennungsvermögens anhand objektiv nachvollziehbarer und wissenschaftlich gesicherter Kriterien gewonnen werden muss. Es bedarf handhabbarer Kriterien für die erforderliche Abschichtung und die Prognose künftig bestehenden oder fehlenden Trennungsvermögens; die Erarbeitung dieser Kriterien und Leitlinien setzt die Auswertung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und entsprechenden Sachverstand, insbesondere medizinisches und psychologisches Wissen, voraus und insoweit kommen die Behörden und Gerichte schwerlich als Vorreiter in Frage. Unter welchen Voraussetzungen die Fahrerlaubnisbehörde im Sinne des § 11 Abs. 7 FeV zu der Überzeugung gelangen kann, dass die Nichteignung ohne vorherige Begutachtung feststeht, kann nicht losgelöst von alldem beurteilt werden.“

Rest dann bitte ggf. selbst lesen. Ich habe zudem davon abgesehen, die in o.a. Auszug enthaltenen Fußnoten aufzulösen. Wer die Belegstellen braucht: Bitte im Volltext nachlesen.

KCan I: Neufestsetzung von Strafe und Bewährung, oder: Verwertung von „alten“ ANOM-Daten

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In die 35 KW. geht es dann mit KCanG-Entscheidungen. Allerdings habe ich heute nicht ganz so viel wie sonst. Das verwundert sicherlich, wenn man die Homepage des BGH im Auge hat und verfolgt, was sich dort zu den Fragen tut. Derzeit gibt es reichlich Entscheidungen des BGH, allerdings letztlich immer zu denselben Fragen, wie vor allem: Milderes Gesetz und Neufestsetzung der Strafe. Die kann man nicht alle vorstellen. Ich stelle hier heute allerdings auch einige Entscheidungen zur Neufestsetzung der Strafe vor.

Im Einzelnen:

Der OLG Schleswig, Beschl. v. 01.08.2024 – 1 Ws 123/24 äußert sich noch einmal zur Zuständigkeit für die Neufestsetzung einer Strafe oder die Neufestsetzung einer Gesamtstrafe nach Art. 316p, Art. 313 Abs. 3 und Abs. 4 EGStGB mit folgendem Leitsatz:

1. Für die Neufestsetzung einer Strafe oder die Neufestsetzung einer Gesamtstrafe nach Art. 316p, Art. 313 Abs. 3 und Abs. 4 EGStGB ist das erkennende Gericht zuständig.
2. Eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammern folgt nicht aus der Verweisung in Art. 313 Abs. 5 EGStGB, da § 462a StPO auch nach der Einführung des Konsumcannabisgesetzes von dieser Verweisung nicht erfasst wird.

Auch der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 08.08.2024 – 1 Ws 101/24 – nimmt zur Frage der Neufestsetzung der Strafe Stellung, und zwar im Hinblick auf Strafaussetzung zur Bewährung:

Eine nach Art. 316p i.V.m. Art. 313 Abs. 4 Satz 1 EGStGB veranlasste Neufestsetzung der Strafe erfordert bei Festsetzung einer aussetzungsfähigen Strafe auch eine neue Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung.

Und dann habe ich den AG Mannheim, Beschl. v. 06.08.2024 – 2 Ls 302 Js 14819/21 -, auch zur Neufestsetzung mit folgendem Leitsatz:

Mit der Formulierung „zugleich“ in Art. 313 Abs. 3 Satz 1 EGStGB ist (lediglich) Tateinheit, nicht aber Handlungseinheit gemeint.

Und dann noch etwas Verfahrensrechtliches, und zwar mal wieder Verwertbarkeit von Daten, die durch die Überwachung von Messengerdiensten vor dem 01.04.2024 gewonnenen worden sind, nach dem 01.04.2024 – Stichwort: Katalogtat. Dazu äußert sich der OLG Saarbrücken, Beschl. v.  13.08.2024 – 1 Ws 152/24:

    1. Die Verwertbarkeit von Daten, die über den Kryptomessengerdienst ANOM gewonnen wurden, richtet sich nach denselben Grundsätzen (BGHSt 67, 29) wie die Verwertbarkeit von Daten des Anbieters EncroChat.
    2. Die Daten dürfen in einem Strafverfahren ohne Einwilligung der überwachten Person nur zur Aufklärung einer Straftat, aufgrund derer eine Maßnahme nach § 100b StPO hätte angeordnet werden können, oder zur Ermittlung des Aufenthalts der einer solchen Straftat beschuldigten Person verwendet werden. Die Straftat muss auch im Einzelfall besonders schwer wiegen und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein.
    3. Für die Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen ist auf den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Verwertung der Beweisergebnisse abzustellen. Liegt demnach aufgrund der zum 1.4.2024 durch das Cannabisgesetz in Kraft getretenen Neuregelungen zum Verwertungszeitpunkt keine Katalogtat nach § 100b Abs. 2 StPO mehr vor, scheidet die Verwertbarkeit der ANOM-Chatprotokolle aus und dürfen diese zur Begründung eines dringenden Tatverdachts nicht herangezogen werden.

Sonntagswitz: Aus gegebenem Anlass Geburtstage

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Für den Sonntagswitz standen heute zwei Themen zur Auswahl: Fußvall – im Hinbkich auf die wieder begonnene Bundesliga – oder Geburtstag – aus gegebenem Anlass. Ich habe mich für die Geburtstage entschieden. Sport hatte wir in der letzten Zeit so oft.

Hier kommen dann:

Der Bürgermeister besucht die älteste Dorfbewohnerin und wünscht der alten Dame zu ihrem 98. Geburtstag alles Gute.

Zum Abschied sagt der Bürgermeister: „Ich hoffe, ich kann Ihnen an Ihrem 100. Geburtstag auch wieder gratulieren.“

Darauf die alte Frau: „Warum denn nicht, Sie sehen doch noch ganz gesund aus!“


Die Ehefrau zu ihrem Gatten: „Zum Geburtstag wünsche ich mir von dir etwas Schönes für den Hals, die Hände oder für die Ohren.“

„Mein Schatz, aber sage mir bitte auch, welche Seife du am liebsten magst.“


Fritzchen kommt zur Tante und sagt: „Vielen Dank für das schöne Geburtstagsgeschenk!“

„Das ist doch nicht der Rede wert.“

„Ja, finde ich auch, aber Mutti sagt, dass ich mich trotzdem bedanken muss.“


Lieber 40 und würzig, als 20 und ranzig!


Und zu ranzig habe ich dann noch dieses Bild:

 

Wochenspiegel für die 34. KW., das war EuGH, Spam, Volksverhetzung, Herr Transfrau und das arme BVerfG

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Und heute läuft dann die 34. KW. ab, aber vorher gibt es hier noch den Wochenspiegel, und zwar mit folgenden Hinweisen:

  1. EuGH: Zugriff von Behörden auf mit IP-Adressen verknüpfte Identitätsdaten zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet als ultima ratio zulässig
  2. Führerscheinkontrolle Arbeitgeber: Das ist zu beachten

  3. Aufsichtsbehörde zum Tätigwerden verurteilt

  4. Volksverhetzung im Brief ans Finanzamt?

  5. Kokain sollte Ehe verbessern

  6. „Herr Transfrau“ geht nicht, wenn im Ausweis weiblich steht

  7. Datenpanne bei Flightware

  8. Auch Duschen kann Arbeitszeit sein

  9. und dann aus meinem Blog: StPO I: BVerfG nochmals zur „Umgrenzungsfunktion“, oder: Wie oft muss sich das BVerfG dazu noch äußern?

beA: Übereinstimmung von Versender und Urheber, oder: Wenn der Urheber nicht über sein beA versendet

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Und dann kommen hier die beA-Entscheidungen, auch Zivil- und/oder Strafverfahren, und zwar:

Den Anforderungen der §§ 32a Abs. 3, 32d Satz 2 StPO ist nicht Genüge getan, wenn die Revisionseinlegungsschrift den bestellten Verteidiger des Angeklagten  maschinenschriftlich als Urheber ausweist, der Schriftsatz aber von einem Kanzleikollegen qualifiziert signiert und über dessen Postfach versandt worden. Etwas anderes kann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Versender als Vertreter des Pflichtverteidigers gemäß § 53 BRAO oder als sonstiger Bevollmächtigter des Angeklagten tätig geworden ist. Diese ergeben sich im Zweifel auch  nicht aus einer etwaigen vormaligen Verteidigerstellung, da die Vollmacht des Wahlverteidigers mit Niederlegung des Wahlmandats bei Bestellung zum Pflichtverteidiger erloschen ist.

Die sog. Kongruenz von Versender und Urheber des elektronischen Dokuments ist nicht erforderlich, wenn der Schriftsatz nach § 32a Abs. 3 Var. 1 StPO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des verantwortenden Rechtsanwalts versehen und das elektronische Anwaltspostfach eines anderen Anwalts gleichsam nur zur technischen Übermittlung genutzt wird.

Reicht ein Rechtsanwalt über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach einen Schriftsatz, den ein anderer Rechtsanwalt verfasst, aber nicht qualifiziert elektronisch signiert hat, bei Gericht ein, ist dies nicht wirksam (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 28.02.2024 – IX ZB 30/23NJW 2024, 1660).