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Dauerbehandlung mit Amphetamin-Arzneimittel, oder: Fahreignung

entnommen wikimedia.org
Author Orlan

Und dann zum Wochenschluss der Kessel Buntes. Heute hier zunächst eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung, und zwar der VG Koblenz, Beschl. v. 19.05.2022 – 4 L 455/22.KO. Das VG nimmt Stellung zur Frage der Fahreignung in den Fällen einer Dauerbehandlung mit einem Arzneimittel, das als Wirkstoff Amphetamin enthält.

Das VG meint:

„Bei der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln enthält die Anlage 4 FeV in Nr. 9.6.2 eine vorrangige Sondervorschrift. Danach scheidet eine Fahreignung aus, sofern eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliegt.

Damit ist nach der Anlage 4 FeV die Fahreignung jedenfalls dann zu verneinen, wenn im Rahmen einer Dauerbehandlung Arzneimittel eingenommen werden, die als Wirkstoff Amphetamin enthalten und – wie hier – drogentypische Ausfallerscheinungen beim Fahrerlaubnisinhaber festgestellt werden.

b) Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV scheidet eine Fahreignung des Antragstellers aus. Er hat Amphetamin, eine im Betäubungsmittelgesetz (Anlage III (zu § 1 Abs. 1)) genannte – harte – Droge konsumiert. Dies ergibt sich aus dem toxikologischen Befund des Instituts für Rechtsmedizin in A. vom 22. Februar 2022. Danach wurde durch die Untersuchung der bei dem Antragsteller am 20. Januar 2022 entnommenen Blutprobe die Aufnahme von Amphetamin belegt. Schon der einmalige Konsum dieser Droge genügt für den Eignungsausschluss unabhängig davon, ob ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss des Betäubungsmittels geführt wurde (vgl. VGH BW, Beschluss vom 7. April 2014 – 10 S 404/14 –, juris, Rn. 5; OVG RP, Beschluss vom 16. Dezember 2021 – 10 B 11303/21.OVG –, n.v., BA S. 2 f.). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Nr. 9.1 Anlage 4 FeV. Das Wort „Einnahme“ erfasst auch ein erstes bzw. einmaliges Konsumieren eines Rauschmittels. Ferner spricht die in Nr. 9 Anlage 4 FeV verwendete Systematik dafür, von einem einmaligen Konsum harter Drogen auf eine mangelnde Fahreignung zu schließen. Der Verordnungsgeber differenziert dort nach der Art der Drogen (Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, Cannabis, andere psychoaktiv wirkende Stoffe) und dem Konsumverhalten (Einnahme, regelmäßig, gelegentlich, Abhängigkeit). Demnach genügt regelmäßig schon die einmalige Einnahme von Amphetamin zum Ausschluss der Fahreignung (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 16. Dezember 2021 – 10 B 11303/21.OVG –, n.v., BA S. 2 m.w.N.; und 25. Juli 2008 – 10 B 10646/08.OVG –, juris, Rn. 4), sofern keine Umstände vorliegen, welche ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Solche Umstände sind im Fall des Antragstellers nicht gegeben.

c) Die auf die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln abstellende Regelung in Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie rechtfertigt nicht den Schluss, dass die Fahreignung des Antragstellers trotz der Einnahme des amphetaminhaltigen Arzneimittels „Elvanse“ gegeben ist. Denn ihre Voraussetzungen liegen nicht vor.

Bei einer Dauerbehandlung mit einem betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel i.S.v. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV ist zu prüfen, ob dessen Einnahme indiziert und ärztlich verordnet ist, es zuverlässig nach ärztlicher Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, und ob zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch die Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (vgl. für „Medizinal-Cannabis“ BayVGH, Beschluss vom 30. März 2021 – 11 ZB 20.1138 –, juris, Rn. 19, m.w.N.; Beschluss der Kammer von 2. September 2021 – 4 L 784/21.KO –, n.v., BA S. 4).

Bei einer Dauerbehandlung mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln sind diese Voraussetzungen noch enger zu fassen. Der Gesetzgeber geht – wie bereits dargelegt – bei der Einnahme „harter“ Drogen davon aus, dass wegen der Gefahr des Kontrollverlustes eine Fahreignung unabhängig davon auszuschließen ist, ob unter dem Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt wurde. Dass gerade Amphetamin im vorbezeichneten Sinne gefährlich ist, ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. B. bei der vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren 7 A 10667/05.OVG durchgeführten Beweisaufnahme (Beschluss vom 4. Oktober 2005, juris, Rn. 3). Der in der mündlichen Verhandlung angehörte Gutachter vom Institut für Rechtsmedizin der C.-Universität A. hat im Einzelnen erläutert, dass Amphetamin eine erheblich stimulierende Wirkung habe. Es vermittele subjektiv den Eindruck besonderer Leistungs- und hoher Konzentrationsfähigkeit. Dieses subjektive Leistungsempfinden weiche aber erheblich von der objektiven Leistungsfähigkeit ab. Die Antriebssteigerung führe zudem zu einem ichbezogenen Denken, aufgrund dessen eigene Wünsche unabhängig von den Gegebenheiten der Umgebung durchgesetzt würden. Die gesteigerte Wachheit und der stimulierte Antrieb führten zu einer Inanspruchnahme von Leistungsreserven, die später nicht mehr zur Verfügung stünden. Dem schließe sich ein plötzlicher Leistungsabfall an, der nicht absehbar sei, so dass sich der Konsument auf ihn nicht einstellen könne.

Stellt eine Medikation mit amphetaminhaltigen Medikamenten nicht sicher, dass beim Patienten Ausfallerscheinungen in der genannten Art und Weise ausgeschlossen werden, führt dies aufgrund der damit verbundenen Gefahr des Kontrollverlustes zur Ungeeignetheit des Betreffenden zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Solche Ausfallerscheinungen lagen beim Antragsteller vor. Er hat ausweislich des Berichts der Polizeiinspektion D. im Zeitpunkt des Polizeieinsatzes am 20. Januar 2022 drogentypische Ausfallerscheinungen gezeigt. Die Polizeibeamten konnten gerötete/wässrige Augen und lichtstarre, geweitete Pupille feststellen. Der Antragsteller habe gezittert und sei unruhig gewesen. Damit lagen beim Antragsteller offensichtlich auf den Wirkstoff Amphetamin zurückzuführende drogentypische Beeinträchtigungen vor. Dies lässt den Schluss zu, dass sich der Antragsteller entweder nicht an die ärztlich verordnete Dosis gehalten hat – bereits dies würde nach den dargelegten Grundsätzen die Annahme von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV ausschließen – oder die Verordnung nicht sicherstellt, dass die Einnahme des amphetaminhaltigen Medikaments zu Ausfallerscheinungen führt, welche die Gefahr der Teilnahme am Straßenverkehr durch den Antragsteller begründen.

Darüber hinaus spricht nach Aktenlage vieles dafür, dass der Antragsteller in dem dargelegten Zustand, also trotz der festgestellten Ausfallerscheinungen, einen Pkw geführt hat. Nach dem Polizeibericht trug er den Schlüssel für den Pkw, mit dem der Antragsteller und seine Begleitperson von der Polizei angetroffen worden waren, bei sich.

Zudem entspricht nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung die vom Antragsteller im Eilverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung den genannten Anforderungen nicht. Dieser ist schon nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Erkrankung das Medikament „Elvanse“ verschrieben wird, sodass eine Indikation der Einnahme nicht dargelegt ist. Zudem fehlt es an Angaben dazu, wann das Medikament verschrieben worden ist und für welchen Zeitraum.

beA II: Diverses zum beA, oder: eigenhändiger Versand, Eingang mit „Ü“, Glaubhaftmachung, Behördennutzung

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Und im zweiten „beA-Posting“ eine kleine Zusammenstellung von Entscheidungen. Alles, was sich so in den letzten Tagen angesammelt hat. Das sind:

Ein über das beA bei Gericht eingereichter Schriftsatz ist mit der Speicherung auf dem Intermediär-Server des Gerichts eingegangen, auch wenn die Weiterleitungsfähigkeit gerichtsintern am Umlaut „ü“ im Dateinamen scheitert. Zwar muss ein eingereichtes elektronisches Dokument nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Diese Frage bestimmt sich aber allein nach den Regelungen, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffen hat. § 2 ERVV sieht aber ein  Verbot von Umlauten nicht vor.

1. Ein mittels beA gestellter Antrag zur Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familienstreitsache muss von dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen eingereicht werden.

2. §§ 130a Abs. 3, 4 Nr. 2, 130d ZPO erfordert, dass ein elektronisches Dokument eigenhändig vom Verfahrensbevollmächtigten versandt wird.

1. Zur Glaubhaftmachung gemäß § 55d Satz 4 Halbsatz 1 VwGO, dass die Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments auf technischen Gründen im Sinn von § 55d Satz 3 VwGO beruhte, gehört die belastbare Angabe, dass die formgerechte (elektronische) Übermittlung aus technischen Gründen nur vorübergehend nicht möglich war.

2. Eine solche Unmöglichkeit ist nicht glaubhaft gemacht, wenn die Angaben auch den Schluss zulassen, dass der Verwender generell versäumt hat, sich rechtzeitig und mit der gebotenen Sorgfalt um die Herstellung der erforderlichen technischen Voraussetzungen zu bemühen.

Die durch § 55d VwGO vorgesehene aktive Nutzungspflicht der elektronischen Form für professionelle Prozessteilnehmer gilt auch für Behörden.

beA II: Rechtsanwalt in eigener Sache „Rechtsanwalt“, oder: Es gilt die „aktive Nutzungspflicht“

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Im zweiten beA-Posting dann eine Entscheidung zum „Nutzungsverpflichteten“, und zwar der VG Berlin, Beschl. v. 05.05.22 – VG 12 L 25/22. Gestritten worden ist dort um die Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das hatte der antragstellende Rechtsanwalt in einem vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin betriebenen Zwangsvollstreckungsverfahren beantragt. Das VG hat den Antrag als unzulässig angesehen, da der Antragsteller § 55d Satz 1 VwGO nicht beachtet habe:

„1. Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, da der Antragsteller ihn entgegen § 55d Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – nicht als elektronisches Dokument eingereicht hat.

Nach § 55d Satz 1 VwGO haben u.a. Rechtsanwälte vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.

a) Der zeitliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet. Sie ist nach Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) am 1. Januar 2022 in Kraft getreten, der hiesige Antrag ist am 24. Januar 2022 bei Gericht eingegangen.

b) Auch der personelle Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet, weil der Antragsteller Rechtsanwalt ist. Der Behandlung des Antragstellers als Rechtsanwalt steht nicht entgegen, dass er vorliegend nicht als Prozessvertreter für einen Dritten, sondern in eigener Angelegenheit auftritt.

Dem Wortlaut von § 55d VwGO ist nicht zu entnehmen, ob der Begriff des Rechtsanwalts status- oder rollenbezogen verwandt wird, ob also der Status als Rechtsanwalt genügt, um den Pflichten des § 55d VwGO zu unterliegen oder ob darüber hinaus zu fordern ist, dass der Rechtsanwalt im konkreten Fall auch tatsächlich als solcher auftritt. Letzteres Verständnis hätte zur Folge, dass eine Person dann nicht als Rechtsanwalt zu behandeln wäre, wenn sie zwar als solcher zugelassen ist, jedoch in einer eigenen Angelegenheit nicht als solcher, sondern als Privatperson auftritt. Eine solche Auslegung könnte im Lichte der Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -) und Justizgewährung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) geboten sein, da es zweifelhaft erscheint, ob es sich rechtfertigen lässt, dass einem Rechtsanwalt wegen der Verletzung beruflicher Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr auch in privaten Angelegenheiten der Zugang zu den Gerichten verwehrt bleibt.

Vorliegend kann jedoch dahinstehen, welches Begriffsverständnis § 55d VwGO zugrunde liegt. Selbst wenn § 55d VwGO verlangt, dass ein Rechtsanwalt als solcher vor Gericht auftritt, so ist auch diese Voraussetzung vorliegend erfüllt. Der Antragsteller ist ausweislich des Briefkopfes seiner Schriftsätze stets als „Rechtsanwalt O. T.“ aufgetreten und hat daher bewusst diese Rolle angenommen. Es ist daher – ohne dass der Antragsteller dies gesondert hervorheben müsste – davon auszugehen, dass er sich im hiesigen Verfahren als Rechtsanwalt selbst vertritt, was bei seinem Obsiegen gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 3 Zivilprozessordnung – ZPO – zur Folge hätte, dass er vom Antragsgegner seine Gebühren und Auslagen erstattet verlangen könnte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 19. Februar 2018 – 17 W 198/17BeckRS 2018, 6561, Rn. 10). Auch der sich selbst vertretende Rechtsanwalt ist als Rechtsanwalt zu behandeln, da die Personenverschiedenheit von Anwalt und Mandant kein kennzeichnendes Merkmal einer anwaltlichen Tätigkeit ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2010 – IV ZR 188/08NJW 2011, 232, 234, Rn. 21; Toussaint in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 78 Rn. 29).

c) § 55d VwGO ist schließlich auch sachlich anwendbar. Bei dem Antrag nach § 123 VwGO handelt es sich um einen schriftlichen Antrag, der nunmehr nach § 55d VwGO durch einen Rechtsanwalt elektronisch einzureichen ist (zum Schriftlichkeitserfordernis siehe Puttler in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, VwGO § 123 Rn. 65).

d) Eine schriftliche Antragstellung war auch nicht ausnahmsweise nach § 55d Satz 3 VwGO möglich. Nach dieser Vorschrift bleibt eine Übermittlung nach allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist nach § 55d Satz 4 VwGO glaubhaft zu machen. Dies hat der Antragsteller nicht getan. Er hat vielmehr lediglich pauschal behauptet, dass es bei der Nutzung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches zu Zugangsstörungen komme. Art und Häufigkeit der Zugangsstörungen hat der Antragsteller ebenso wenig dargelegt und glaubhaft gemacht wie etwaige Bemühungen, diese Störungen zu beseitigen.

Dass der Antragsteller die bisherigen Schriftsätze einscannen müsste, um sie elektronisch einreichen zu können, begründet entgegen seiner Ansicht keine technische Unmöglichkeit i.S.v. § 55d Satz 3 VwGO.

e) Der Formmangel nach § 55d VwGO führt zur Unwirksamkeit der Antragstellung und somit zur Unzulässigkeit des Antrags (vgl. die Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 130d ZPO BT-Drs. 17126/24, S. 27).“

 

 

beA I: Sog. „vorübergehende Unmöglichkeit“ hilft ggf., oder: Aber nicht mehr nach mehr als vier Jahren

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Im Kessel Buntes heute dann noch einmal ein wenig beA bzw. aktive Nutzungspflicht. Das gibt es ja inzwischen immer wieder Entscheidungen.

Hier dann zunächst das ArbG Frankfurt a. M., Urt. v. 01.04.2022 – 24 Ca 7293/21. Das ArbG hat  einen durch einen Rechtsanwalt eingelegten Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, der auf dem normalen Postweg übermittelt worden war, als unzulässig verworfen:

„Der Einspruch der Klägerin vom 20. Februar 2022 gegen Versäumnisurteil vom 21. Januar 2022 war nach Gewährung rechtlichen Gehörs als unzulässig zu verwerfen, da er innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist gemäß § 59 Satz 1 ArbGG seit Zustellung des Versäumnisurteils nicht in der gesetzlichen Form eingelegt worden ist (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Klägerin hat ihren Einspruch nicht in der gesetzlichen Form eingelegt.

1. Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind gemäß § 46g Satz 1 ArbGG seit dem 1. Januar 2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (Satz 3). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (Satz 4 Halbs. 1).

Bestimmende Schriftsätze, Anträge und Erklärungen, die nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, sind unwirksam. Die Einreichung ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten. Der Gegner kann auf die Einhaltung weder verzichten noch sich rügelos einlassen (BT-Drs. 17/12634, 27 zu § 130d ZPO; BeckOK ArbR/Hamacher, 63. Ed. 1.3.2022, ArbGG § 46g Rn. 4, mwN.).

2. Hiernach war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Unabhängig von der Frage einer ausreichenden unverzüglichen Glaubhaftmachung fehlt es bereits an einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen – hierunter fällt etwa ein Serverausfall (BT-Drs. 17/12634, 27) – als elektronisches Dokument. Das beA wurde bereits im Jahr 2016 in Betrieb genommen. Die passive Nutzungspflicht für Rechtsanwälte gemäß § 31a Abs. 6 BRAO besteht bereits seit dem 1. Januar 2018. Durch die Einschränkung „aus technischen Gründen“ und „vorübergehend“ wird klargestellt, dass professionelle Einreicher hierdurch nicht von der Notwendigkeit entbunden sind,‘ die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen (BR-Drs. 812/12, 36). Die pauschale Darlegung des Klägervertreters, der Einspruch erfolge nicht per beA, da er, obwohl rechtzeitig beantragt, bis heute nicht von der Zertifizierungsstelle freigeschaltet worden sei, genügt diesen Voraussetzungen offenkundig nicht. Ihr lässt sich überdies bereits nicht entnehmen, wann die „rechtzeitige“ Beantragung erfolgt sein soll.“

Fahrerlaubnis auf Probe nach Entziehung der FE, oder: Auffälligkeiten in der Probezeit

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Im „Kessel Buntes“ an diesem Samstag mal wieder zwei verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Zunächst hier – kurz – der VG Düsseldorf, Beschl. v. 05.04.2022 – 6 L 55/22 –, also in Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis auf Probe. Es geht in dem umfangreich _ VG eben 🙂 – um den § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG. Danach muss die Behörde in den Fällen der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Entziehung in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen, sobald der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der neuen Probezeit erneut eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Dazu das VG in dem entschiedenen Fall mit folgendem Leitsatz:

§ 2a Abs. 5 Satz 5 StVG ist nicht auf eine einmalige Anwendung beschränkt. Er greift vielmehr auch dann ein, wenn zuvor bereits ein positives MPU-Gutachten vorgelegt wurde und der Fahrerlaubnisinhaber danach während der laufenden verlängerten Probezeit eine bzw. zwei Zuwiderhandlungen im Sinne des § 2a Abs. 2 Satz 1 StVG begangen hat.

Rest bitte selbst lesen. Ist aber eine ganze Menge 🙂 .