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Berichterstattung der StA über Anklageerhebung, oder: Richtiger Zeitpunkt und Wiederholungsgefahr

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Die zweite Entscheidung, die ich heute vorstelle, das VG Saarland, Urt. v. 12.05.2022 – 1 K 966/20 – hat nichts mit Verkehrsrecht zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Entscheidung im Nachgang zu einem Strafverfahren. Es geht nämlich um den Zeitpunkt von staatsanwaltlichen Pressemitteilungen, hier zu einer Anklageschrift, und zur Frage der Wiederholungsgefahr.

Gegenstand des Klageverfahrens ist die Beantwortung einer Presseanfrage durch eine Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem gegen den Kläger geführten Strafverfahren. Am 06.12.2019 erhob die Staatsanwaltschaft u. a. gegen den Kläger Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts A-Stadt wegen gemeinschaftlicher wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit besonders schwerer Bestechung (Az. 8 KLs 5 Js 135/14 (29/19)). Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft.

Am 04.12.2019 war dem Verteidiger/Klägervertreter umfassend (elektronisch) Einsicht in die mehrere tausend Blatt umfassenden Strafakten gewährt worden. Mit E-Mail vom 09.12.2019, einem Montag, um 12.28 Uhr fragte ein Journalist des Saarländischen Rundfunks beim  Pressedezernenten der Staatsanwaltschaft nach dem aktuellen Sachstand des gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahrens, so insbesondere, ob Anklage erhoben wurde, welche konkreten Vorwürfe gemacht werden und ob zwischenzeitlich eine Schadenssumme ermittelt werden konnte.

Mit E-Mail vom 09.12.2019 um 14.16 Uhr informierte der Pressedezernent die Verteidiger des Klägers – u. a. den hiesigen Klägervertreter – wie folgt:

„[…] aufgrund einer vorliegenden Presseanfrage darf ich Sie gemäß Nr. 23 RiStBV darüber unterrichten, dass in der Sache 05 Js 135/14 – wie aus der Anlage ersichtlich – gegen Ihre Mandanten Anklage zum Landgericht A-Stadt erhoben wurde. Ich beabsichtige die vorliegende Presseanfrage in Kürze zu beantworten.“

Der E-Mail angefügt war die 51-seitige Anklageschrift als PDF, die dem Kläger oder seiner Verteidigung bis dato noch nicht zugegangen war.

Mit E-Mail vom 09.12.2019 um 14.30 Uhr erklärte der vormalige Mitverteidiger des Klägers – dessen zweiter Sohn am Abend des 08.12.2019 geboren worden war und der sich am Nachmittag des 09.12.2019 im Stationszimmer seiner Ehefrau im Krankenhaus aufhielt – gegenüber dem Pressedezernenten, dem die vorgenannten Umstände nicht bekannt waren, dass er beabsichtige, im Laufe des Tages Stellung zu nehmen, und beantragte, bis dahin zuzuwarten.

Mit E-Mail vom 09.12.2019 um 15.04 Uhr antwortete der Pressedezernent dem vormaligen Mitverteidiger, dass er die Presseanfrage um 15.30 Uhr beantworten werde. Mit E-Mail vom 09.12.2019 um 15.45 Uhr antwortete der Pressedezernent dem Journalisten des Saarländischen Rundfunks u. a. wie folgt:

„[…] Mit Anklage vom 06.12.2019 wurden der 67-jährige deutsch-französische Staatsangehörige S., der 61-jährige französische Staatsangehörige L. sowie der 68-jährige deutsche Staatsangehörige H. wegen gemeinschaftlichen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit besonders schwerer Bestechung (S.) bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (L. und H.) zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts A-Stadt angeklagt. […]“

Am 09.12.2019 um 19.34 Uhr teilte der Verteidiger dem Pressedezernenten per E-Mail Folgendes mit:

„[…] haben Sie verbindlichen Dank für die Mitteilung. Umgekehrt bin ich Ihnen dankbar für die Information, welche Presseanfrage auf welcher Grundlage Ihnen vorliegt. Meine Pflicht tue ich, darauf hinzuweisen, dass aus sicher gut nachvollziehbaren Gründen unser Mandant an einer identifizierenden Berichterstattung nicht interessiert ist […].“

Am 09.12.2019 um 19.54 Uhr war ein entsprechender Bericht auf der Homepage der „Saarbrücker Zeitung“ online. Um 20.00 Uhr antwortete der Pressedezernent dem Klägervertreter per E-Mail: „[…] ich bedaure Ihnen mitteilen zu müssen, dass eine Übersendung der Presseanfrage nicht der geübten Praxis der Staatsanwaltschaft A-Stadt entspricht. Die Beauskunftung erfolgte auf Grundlage des saarländischen Mediengesetzes. Gleichwohl kann ich Ihnen versichern, dass hiesige Behörde stets darauf achtet, eine angemessene Anonymisierung zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte vorzunehmen.“

Der Kläger/Angeklagte hat in Bezug auf die vorgenannte Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Feststellungsklage erhoben. Die hatte keinen Erfolg:

„Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist bereits unzulässig.

Sie ist zwar als Feststellungsklage statthaft i. S. d. § 43 Abs. 1 Halbsatz 1 VwGO, dem Kläger fehlt jedoch das erforderliche (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis. Er möchte – wie sich insbesondere aus seinem Antrag unzweifelhaft ergibt – festgestellt wissen, dass die Staatsanwaltschaft nicht berechtigt war, die benannte Presseerklärung vom 09.12.2019 zum streitgegenständlichen Zeitpunkt abzugeben. Das diesbezügliche Rechtsschutzbedürfnis ist jedoch entfallen, nachdem der Beklagte dem Begehren des Klägers insofern Rechnung getragen hat, als dass er jedenfalls mit Schriftsatz vom 03.05.2022 ausdrücklich zugestanden hat, „dass die Frist zwischen der Bekanntgabe der beabsichtigten proaktiven Presseerklärung an den Klägervertreter und deren anschließende Veröffentlichung, auch im Hinblick auf die Komplexität des Sachverhalts und den Inhalt und Umfang der Anklageschrift, zu knapp bemessen“ war. Nachdem der Beklagte damit selbst – und vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 06.05.2022 noch einmal ausdrücklich begrüßend – eingeräumt hat, dass die zeitliche Ausgestaltung der streitgegenständlichen Pressearbeit der Staatsanwalt rechtswidrig war, besteht für eine entsprechende gerichtliche Entscheidung kein Bedürfnis. Durch eine solche könnte die Rechtsstellung des Klägers nicht (mehr) verbessert werden (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.12.2021, 2 A 178/21, juris Rn. 39).

2. Darüber hinaus verfügt der Kläger auch nicht über das von § 43 Abs. 1 Halbsatz 2 VwGO vorausgesetzte berechtigte Interesse an einer baldigen Feststellung.

Für Rechtsverhältnisse, die sich – wie das vorliegend zu prüfende – auf einen vergangenen Zeitpunkt beziehen, bestimmt sich dieses berechtigte Feststellungsinteresse anhand der zur Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Fallgruppen (BeckOK VwGO/Möstl, 59. Ed. (Stand: 01.10.2021), VwGO § 43 Rn. 25). Danach können insbesondere eine Wiederholungsgefahr, ein tiefgreifender Grundrechtseingriff, ein Rehabilitationsinteresse und eine Präjudizwirkung für Staatshaftungsprozesse ein solches Interesse begründen (VG Regensburg, Urteil vom 23.07.2019, RO 4 K 17.1570, juris Rn. 27). Die gerichtliche Entscheidung muss dabei geeignet sein, die Position des Klägers zu verbessern; als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Übrigen (noch) vorliegen (siehe BVerwG, Urteil vom 16.05.2013, 8 C 14/12, juris Rn. 20, und Urteil vom 20.06.2013, 8 C 39/12, juris Rn. 19, zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Vorliegend lässt sich für den benannten Zeitpunkt jedoch mit keiner der benannten und fallbezogen allein in Betracht kommenden Fallgruppen ein berechtigtes Feststellungsinteresse begründen.

a) Der Kläger hat zunächst nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass er aufgrund bestehender Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat. Wiederholungsgefahr setzt die konkrete Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten rechtlichen und tatsächlichen Umständen eine vergleichbare Verwaltungsmaßnahme getroffen wird (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013, 8 C 14/12, juris Rn. 21, und Urteil vom 20.06.2013, 8 C 39/12, juris Rn. 19 f.). Eine solche ist vorliegend nicht anzunehmen.

Zwar ist das der streitgegenständlichen Presseerklärung vom 09.12.2019 zugrundeliegende Strafverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, auch führt die Staatsanwaltschaft noch weitere Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und ist damit weiterhin potentiellen Presseanfragen ausgesetzt. Dennoch geht das Gericht nicht von einer konkreten Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Pressearbeit aus. Denn der Beklagte hat nachvollziehbar vorgetragen, die Staatsanwaltschaft habe den vorliegenden Fall zum Anlass genommen, ihre zuvor geübte Praxis zu ändern. Bereits seit etwa März 2020 würden Presseinformationen im Zusammenhang mit der Erhebung von Anklagen – sei es in Form der Beantwortung von Presseanfragen, sei es in Form proaktiver Presseerklärungen – frühestens vorgenommen, nachdem diese dem Beschuldigten bzw. seinem Verteidiger – anders als im vorliegenden Fall – seit mindestens einem Werktag vorliegen. Hierüber werde der Verteidiger in Fällen, in denen die Übermittlung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft vor der gerichtlich angeordneten Zustellung erfolgt, mit dieser Übermittlung hingewiesen, so dass er in der Lage sei, Umstände geltend zu machen, die ein längeres Zuwarten erforderlich erscheinen lassen könnten. Diese geänderten Vorgaben stehen im Einklang mit Nr. 23 RiStBV i. V. m. § 5 SMG und sind nicht zu beanstanden – was auch der Kläger nicht in Abrede stellt.

Es bestehen des Weiteren keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsanwaltschaft sich nicht an diese geänderten Vorgaben halten würde. Soweit der Kläger anführt, die Staatsanwaltschaft (oder Polizei) habe auch in anderen Strafverfahren und auch in einem früheren Stadium des der streitgegenständlichen Presseerklärung zugrundeliegenden, gegen ihn geführten Verfahrens gegen presserechtliche Vorgaben verstoßen, so betreffen diese Vorwürfe – unabhängig davon, ob sie zutreffen oder nicht – entweder nicht gänzlich den Kläger, stehen nicht im Zusammenhang mit einer Anklageerhebung oder liegen bereits länger als März 2020 zurück. Entgegen der Ansicht des Klägers lassen diese – von ihm angeführten – Einzelfälle jedenfalls nicht darauf schließen, die Staatsanwaltschaft würde (in vergleichbaren Fällen) presserechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht hinreichend beachten, so dass auch hinsichtlich des Klägers eine Wiederholung der beanstandeten Pressearbeit konkret drohen würde. Soweit der Kläger im Übrigen behauptet, es ergäben sich – auch im Zusammenhang mit einem nichtöffentlichen Haftprüfungstermin des Klägers im Juli 2020 – Anhaltspunkte dafür, dass Informationen durch die Staatsanwaltschaft unzulässigerweise an die Presse „durchgestochen“ worden seien, so sind diese diesseits nicht ersichtlich. Die im durch den Kläger benannten Artikel der „Saarbrücker Zeitung“ über den Hauptverhandlungstermin vom 09.10.2020 zitierten Äußerungen der Staatsanwaltschaft gehen offensichtlich nicht auf eine entsprechende Presseauskunft zurück, sondern beruhen auf einer Schilderung der öffentlichen Hauptverhandlung. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem durch den Kläger vorgetragenen Umstand, dass der Generalbundesanwalt die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft noch im Rahmen des Revisionsverfahrens verteidigt haben soll. Denn dessen Einschätzung ist für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren ohne Belang.

b) Der Kläger hat durch die streitgegenständliche Pressearbeit der Staatsanwaltschaft auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff i. S. d. § 432 Halbsatz 2 VwGO erlitten. In Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkender Grundrechtseingriffe gebietet es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, auch dann die Rechtmäßigkeit des Eingriffs gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Ursprünglich wurde diese Fallgruppe zwar entwickelt, um Grundrechtseingriffe durch Anordnungen zu erfassen, die unter Richtervorbehalt stehen – worauf der Beklagte zu Recht hinweist -, sie ist aber nicht hierauf beschränkt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.12.1998, 1 BvR 831/89, juris Rn. 25, und Beschluss vom 30.04.1997, 2 BvR 817/90 u. a., juris Rn. 49 ff.).

Hinsichtlich des Klägers ist eine solche Situation dennoch nicht gegeben. Zwar mag er durch das staatsanwaltschaftliche Vorgehen im Zusammenhang mit der Presseerklärung vom 09.12.2019 in seinen Grundrechten – namentlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und in seinem Recht auf ein faires Verfahren gem. Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 1 Abs. 1 GG – betroffen worden sein. Die vom Kläger erlittene Beeinträchtigung ist aber nicht derart schwerwiegend, dass eine Klärung der Rechtslage auch noch nach Ende der unmittelbaren Belastung durch das hoheitliche Vorgehen – hier das Informationshandeln der Staatsanwaltschaft – erforderlich wäre……“

Ist es/war es nur gelegentlicher Konsum von Cannabis?, oder: Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis

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Heute am Samstag dann der „Kessel Buntes“. In dem „köchelt“ zunächst etwas verkehrsverwaltungsrechtliches, nämlich der BayVGH, Beschl. v. 01.07.2022 – 11 CS 22.860.

Der befasst sich mal wieder mit der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis. Im Juli 2021 war dem Landratsamt Ostallgäu bekannt geworden, dass der Antragsteller am Dienstag, den 25.05.2021 gegen 17 Uhr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis geführt hatte. Der polizeilichen Mitteilung zufolge zeigte der Antragsteller bei einer verdachtsunabhängigen Fahndungskontrolle drogentypische Auffälligkeiten. In der entnommenen Blutprobe wurden 6,4 ng/ml THC sowie 19,3 ng/ml THC-Carbonsäure festgestellt. Mit Schreiben vom 21.07.2021 wird der Antragsteller gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und unter näherer Begründung seiner Ermessensentscheidung – Stichwort: gelegentlicher Konsum – aufgefordert, bis zum 05.10.2021 ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Als das nicht kommt, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen erhebt der Antragsteller Klage und stellt zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Den hat das VG abgelehnt.

Die Beschwerde dagegen hatte beim BayVGH keinen Erfolg. Das hat – wie immer – recht umfangreich begründet:

„2. Daran gemessen begegnet die vom Landratsamt verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Der Schluss aus der Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, denn die auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützte Gutachtensanordnung war rechtmäßig.

a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte das Landratsamt im grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016, a.O. Rn. 14; BayVGH, B.v. 14.9.2021 – 11 CS 21.1965 – juris Rn. 17; OVG Berlin-Bbg, B.v. 30.10.2012 – OVG 1 B 9.12NJW 2013, 1548 = juris Rn. 20 f.; SächsOVG, B.v. 18.5.2020 – 6 B 346/19 – ZfSch 2020, 416 = juris Rn. 4 f.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 55a) davon ausgehen, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert oder konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17BVerwGE 165, 215 = juris Rn. 14).

aa) Bei der Wertung, dass der Antragsteller mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Zwar ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde die materielle Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Allerdings liegt ein einmaliger Konsum nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat. Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen. Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, ist im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2022 – 11 CS 22.362 – juris Rn. 15; B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 = juris Rn. 14 f.; OVG NW, U.v. 15.3.2017 – 16 A 432/16 – Blutalkohol 54, 328 = juris Rn. 47 ff. m.w.N.).

bb) Hiervon ausgehend ist die Annahme eines mehrfachen und damit gelegentlichen Cannabiskonsums gerechtfertigt. Der Antragsteller hat nicht plausibel dargelegt, am 25. Mai 2021 aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis probiert zu haben. Im Rahmen der Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung hat er erstmals vorgetragen, er habe sich an jenem Tag mit seinen Freunden getroffen. Davon habe einer einen Joint dabeigehabt und diesen in der Runde kursieren lassen. Der Antragsteller habe sich zunächst geweigert mitzumachen, sei sodann aber dem Gruppenzwang erlegen und habe mehrere Züge genommen. Nach Ablauf von ca. vier Stunden hätten die Freunde gemeint, er könne nun problemlos wieder Auto fahren. Da der Antragsteller mit dem Konsum von Cannabis völlig unerfahren sei und die Abbauzeiten nicht kenne, habe er darauf vertraut. Dieses Vorbringen verfehlt die vorgenannten Anforderungen. Es lässt bereits (nachprüfbare) Einzelheiten zu dem behaupteten äußeren Geschehen vermissen. Ferner ist das gezeichnete Szenario, dass dem Antragsteller bei einem Treffen mit seinen Freunden überraschend angesonnen wird, Cannabis zu konsumieren, und er sich dem Gruppenzwang nicht entziehen kann, nicht plausibel. Nach der Schilderung des Antragstellers haben seine Freunde bei einem Treffen mitten an einem gewöhnlichen Werktag allesamt bedenkenlos Cannabis konsumiert, was auf eine gewisse Gewohnheit schließen lässt. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller in diesem Freundeskreis mit Mitte 20 erstmalig und überraschend mit der Aufforderung, Cannabis zu probieren, konfrontiert worden sein will. Auch lässt sich die Konzentration von 6 ng/ml THC kaum mit der Darstellung des Antragstellers vereinbaren, er habe etwa vier Stunden vor der Fahrt mit dem Pkw „ein paar Züge“ an einem Joint gezogen. Selbst bei einem hohen Wirkstoffgehalt wäre bei dieser Konsumform nach vier Stunden ein niedrigerer THC-Wert zu erwarten gewesen. In der ersten Maastricht-Studie wurde nach dem Verbrauch eines kompletten Joints mit hoher THC-Dosis in der mittleren Konzentration ein Wert von 1,8 ng/ml THC festgestellt (vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Blutalkohol 2006, 361/363 ff. sowie Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, Betäubungsmittelgesetz, 10. Aufl. 2022, vor §§ 29 BtMG, Rn. 397: bei Aufnahme von 36 mg THC nach 240 Minuten 1,8 ng/ml und nach 300 Minuten 1,2 ng/ml; bei Aufnahme von 17 mg THC nach 240 Minuten 0,9 ng/ml und nach 300 Minuten 0,6 ng/ml; zur wirksamen Einzeldosis bei Aufnahme durch Rauchen vgl. auch Möller in Hettenbach/Kalus/Möller/Pießkalla/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 3. Aufl. 2016, § 3 Rn. 123).

cc) Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht gelegentlichen Konsum zutreffend aus einer Zusammenschau des unbestrittenen Konsums am 25. Mai 2021 und des Auffindens von Haschisch beim Antragsteller im September 2018 abgeleitet. Das nunmehrige Vorbringen, es habe sich damals um Cannabis eines Freundes gehandelt, ist mit der Einlassung in der Beschuldigtenvernehmung vom 8. September 2018, er habe das bei ihm sichergestellte Cannabis vor kurzem erworben, nicht in Einklang zu bringen. Ferner lassen auch die Konsumutensilien in seiner Wohnung darauf schließen, dass er 2018 Cannabis konsumiert hat (vgl. BayVGH, U.v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 = juris Rn. 26; B.v. 27.6.2019 – 11 CS 19.961 – juris Rn. 13).

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht zu Grunde gelegt, dass die Konsumakte im Jahr 2018 sowie am 25. Mai 2021 den notwendigen zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Inwieweit in der Vergangenheit liegende Konsumakte, die keine Eintragung im Fahreignungsregister nach sich gezogen haben, noch als Grundlage für die Annahme eines gelegentlichen Konsums herangezogen werden können, beurteilt sich nach einer Einzelfallbetrachtung. Maßgeblich ist zum einen, ob bei Einbeziehung aller relevanten Umstände, insbesondere Art und Ausmaß des früheren Drogenkonsums, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Gefahrenverdachts besteht, dass der Betroffene noch Cannabis einnimmt oder jedenfalls rückfallgefährdet ist. Zum anderen müsste sich, da das Merkmal der „Gelegentlichkeit“ insoweit der Abgrenzung zum einmaligen (experimentellen) Probierkonsum dient, ein erneuter Konsum auch nach innerem Zusammenhang sowie unter zeitlichen Gesichtspunkten als Fortsetzung des früheren Konsummusters darstellen. Eine schematische Festlegung von Zeiträumen – wie sie der Antragsteller hier mit einer Grenze von einem Jahr in den Raum stellt – verbietet sich dabei (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25.04DAR 2005, 581 = juris Rn. 22 ff.; U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13NJW 2015, 2439 = juris Rn. 21 ff.; BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 24; B.v. 24.9.2020 – 11 CS 20.1234 – juris Rn. 20; B.v. 20.11.2006 – 11 CS 06.118 – juris Rn. 20 f.; B.v. 15.9.2009 – 11 CS 09.1166 – juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 22.11.2012 – 10 S 3174/11VRS 124, 168 = juris Rn. 28; B.v. 8.7. 2021 – 13 S 1800/21 – ZfSch 2021, 534 = juris Rn. 15; B.v. 3.12.2021 – 13 S 3408/21DAR 2022, 166 = juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 4.12.2008 – 12 ME 298/08 – juris Rn. 10; B.v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12SVR 2012, 437 = juris Rn. 7).

Nach diesen Grundsätzen setzt der zeitliche Abstand zwischen dem Konsum im September 2018 und dem im Mai 2021 hier bei einer Gesamtbetrachtung keine relevante Zäsur. Das Bestellen von Cannabis für 100 Euro im Dezember 2017 sowie das Auffinden von 2 Gramm Haschisch sowie Konsumutensilien bei ihm im September 2018 legen nahe, dass der Antragsteller 2018 nicht nur ein einziges Mal Cannabis konsumiert hat, sondern über einige bzw. längere Zeit. Dass er sich nach 2018 völlig vom Cannabiskonsum gelöst hätte, ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller bereits nicht substantiiert behauptet worden. Daraus, dass er in der Zwischenzeit nicht nochmals als Cannnabiskonsument aufgefallen war, ergeben sich schon angesichts der hohen Dunkelziffer keine belastbaren Rückschlüsse (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 = juris Rn. 15; VGH BW, U.v. 22.11.2012 – 10 S 3174/11VRS 124, 168 = juris Rn. 28). Schließlich folgte – bei unterstellter Abstinenz – aber auch nicht allein aus der verstrichenen Zeit von nahezu drei Jahren ohne Weiteres, dass die gebotene hinreichend stabile Änderung des damaligen problematischen Konsum- und Fahrverhaltens des Antragstellers vorläge (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 27 unter Verweis auf Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Aufl. 2018, S. 304 f.).

b) Anders als der Antragsteller meint, ist die Fahrerlaubnisentziehung nicht mit Blick auf die ärztliche Verordnung von Medizinalcannabis (Cannabisblüten) ab dem 23. Oktober 2021 zu beanstanden. Soweit damit der Sache nach im Raum steht, ob der Antragsteller den bisherigen Cannabiskonsum durch einen ärztlich verordneten Konsum ersetzt hat, der den für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln geltenden Grundsätzen unterfällt, läge diese Entwicklung nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Begutachtungsanordnung. Sie könnte daher allenfalls dann im Entziehungsverfahren zu berücksichtigen sein, wenn die ursprünglich zu Recht bestehenden Bedenken dadurch eindeutig ausgeräumt würden und keinerlei Restzweifel hinsichtlich der Fahreignung mehr verblieben (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2016 – 11 ZB 16.1535 – juris Rn. 11; ThürOVG, B.v. 27.10.2021 – 2 EO 64/21 – Blutalkohol 59, 64 = juris Rn. 20). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Soll eine Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis im Sinne von Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV, wie sie hier geltend gemacht wird, nicht zum Verlust der Fahreignung führen, setzt dies voraus, dass die Einnahme von Cannabis indiziert und ärztlich verordnet ist (Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O. S. 303), ferner, dass das Medizinal-Cannabis zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt, und nicht zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien [StAB] zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, aktualisierte Fassung vom August 2018, abgedruckt in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 443; vgl. auch BayVGH, B.v. 16.1.2020 – 11 CS 19.1535 – Blutalkohol 57, 133 = juris Rn. 22; B.v. 31.3.2022 – 11 CS 22.158 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 5.7.2019 – 16 B 1544/18 – Blutalkohol 56, 342 = juris Rn. 4 ff.; VGH BW, B.v. 31.1.2017 – 10 S 1503/16VRS 131, 207 = juris Rn. 8 f.; OVG Saarl, B.v. 8.11.2021 – 1 B 180/21 – ZfSch 2022, 57 = juris Rn. 14; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn. 62a ff.). Eine missbräuchliche Einnahme, die z.B. bei einer Einnahme des Medikaments in zu hoher Dosis oder entgegen der ärztlichen Verschreibung angenommen werden kann, beurteilt sich nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV und schließt danach die Fahreignung aus (BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 25).

Danach erscheint es zwar in besonders gelagerten Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die durch vorherigen Cannabiskonsum nach Nr. 9.2.1 oder 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV entstandenen Fahreignungszweifel durch eine ärztliche Verordnung von medizinischem Cannabis ausgeräumt werden können oder die ggf. entfallene Fahreignung dadurch wiederhergestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 B 18.2482 – Blutakohol 56, 273 = juris Rn. 34). Allein die Behauptung, einen nicht ärztlich verordneten Cannabiskonsum durch einen ärztlichen Konsum ersetzt zu haben, genügt dazu jedoch grundsätzlich nicht (vgl. Koehl, DAR 2021, 5/7; BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 22; OVG NW, B.v. 5.7.2019, a.a.O. Rn. 4). Ob bei Dauermedikation mit Medizinalcannabis regelmäßig Anlass für eine medizinisch-psychologische Untersuchung besteht (in diese Richtung Koehl, DAR 2017, 313/315 f., DAR 2020, 74/77; DAR 2022, 6/9; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O. S. 318 f.; Borgmann, Blutalkohol 55, 105/120 f.; einschränkend Mußhoff/Graw, Blutalkohol 56, 73/82), bedarf dabei keiner Erörterung. Abgesehen davon, dass dem Landratsamt vor Bescheiderlass keinerlei ärztliche Äußerung zur Cannabismedikation vorgelegt wurde, ist hier bereits nicht nachvollziehbar, dass die Einnahme von Cannabis medizinisch indiziert ist. Dies setzt insbesondere voraus, dass der beabsichtigte Zweck auf andere Weise, wie eine Änderung der Lebensweise, physiotherapeutische Behandlung, eine Psycho- oder Verhaltenstherapie oder die Anwendung nicht den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegender Arzneimittel, nicht erreicht werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 23; Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, a.a.O. S. 441). Das vorgelegte „ärztliche Gutachten zur Vorlage bei der Führerscheinstelle“ vom 2. Dezember 2021 benennt als Haupterkrankung eine nicht näher bezeichnete Depression (ICD-10: F32.9) sowie als weitere Erkrankung unter Verweis auf die Schlüsselnummer M54.5 nach der ICD „Schmerzen in der Lumbalregion“. Unter der Rubrik „Therapieerfolge“ wird hingegen vom Verlauf einer „Lumboischialgie“, der in der ICD der Kode F54.4 zugeordnet ist, sowie einer „Insomnie“ (Schlafstörung), der in der ICD der Schlüssel G47.0 oder F51.0 zugewiesen ist (vgl. Pschyrembel Online), berichtet. Damit ist die Äußerung bereits unklar. Zum Schweregrad der Erkrankung finden sich keine konkreten Angaben. Zu alternativen, konventionellen Behandlungsoptionen enthält das Gutachten einen – textbausteinmäßig erscheinenden – Hinweis darauf, dass sich zur Verfügung stehende Behandlungsoptionen als unzureichend erwiesen hätten, teilweise mit unerwünschten Nebenwirkungen einhergegangen seien und der Patient im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts weitere Therapieversuche mit chemischen Arzneimitteln ablehne. Dass eine konventionelle Behandlung keinen Erfolg verspricht, wird damit bereits nicht schlüssig behauptet; Vorbefunde oder Dokumente zu vorhergehender Therapie wurden nicht vorgelegt. Ferner stellt sich bei dem Antragsteller angesichts seiner Drogenvorgeschichte ohne Weiteres die Frage der zuverlässigen Einnahme der medizinischen Cannabis-Blüten nach der ärztlichen Verordnung im Sinne einer Compliance bzw. Adhärenz (vgl. dazu Mußhoff/Graw, Blutalkohol 56, 73; Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, a.a.O. S. 443 f.). Wenn es in dem ärztlichen Gutachten heißt, „bei Einhaltung der verschriebenen Tagesdosis, des Zeitintervalls und durch die regelmäßige Rücksprache in den Folgesprechstunden bezüglich Verträglichkeit und eventuell unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen“ bestünden aus ärztlicher Sicht keine grundsätzlichen Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, kommt dem von vornherein kein relevanter Erkenntniswert zu…..“

OWi III: In der Umweltzone wird ohne Plakette geparkt, oder: Halterhaftung?

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Urheber Jojo659

Und zum Schluss des Tages habe ich dann noch eine Entscheidung des AG Marburg, die ich mir beim Kollegen Gratz vom VerkehrsRechtsBlog „geklaut“ habe.

Es handelt sich um den AG Marburg, Beschl. v. 24.01.2022 – 52 OWi 45/21 – zur Frage der Kostentragungspflicht des Halters nach § 25a Abs. 1 StVG im Falle des Fehlens einer Umweltplakette an einem geparkten Fahrzeug. Das AG Marburg geht in dem Beschluss jetzt davon aus, dass den Halter die Kostentragungspflicht trifft:

„Die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 StVG, wonach dem Fahrzeughalter die Kosten des wegen eines Halt- oder Parkverstoßes eingeleiteten Bußgeldverfahrens aufzuerlegen sind, sofern der Fahrzeugführer nicht mit angemessenem Aufwand vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ermittelt werden kann, liegen vor. Angesichts der untergeordneten Bedeutung des Parkverstoßes hat die Verwaltungsbehörde mit der Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen den gebotenen Aufwand zur Ermittlung des Fahrers betrieben. In Ansehung seiner Antwort auf dieses hat es der Versendung eines Erinnerungsschreibens nicht mehr bedurft. Weitere Nachforschungen wären unangemessen
gewesen.

Die von dem Betroffenen gegenüber der Verwaltungsbehörde sowie im Rahmen der Antragsbegründung erhobenen Einwände verfangen nicht. Namentlich gilt dies auch mit Blick auf den von ihm angeführten – nicht von dem jetzt zur Entscheidung berufenen Richter erlassenen – Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 25.02.2018 – 52 OWi 2/18. Das Oberlandesgericht Düsseldorf, dessen Beurteilung sich das Gericht uneingeschränkt anschließt, hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 26.02.2020 – IV-2 RBs 1/20, DAR 2020, 468 – judiziert, dass eine verbotene Teilnahme am Verkehr auch dann gegeben ist, wenn ein Kraftfahrzeug ohne (gültige) Plakette im Sinne von § 3 der 35. BImSchV (“Umweltplakette”) in einer Umweltzone lediglich abgestellt war, und die damit gegenüber dem Kraftfahrzeugführer gemäß §§ 24 StVG, 41 Abs. 1 Anl. 2 (VZ 270.1 u. 270.2), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, Nr. 153 BKat bußgeldbewehrte Zuwiderhandlung gegenüber dem Fahrzeughalter als Halte- bzw. Parkverstoß eine der Kostentragungsregelung des § 25a Abs. 1 S. 1 StVG unterfallende Anlassordnungswidrigkeit darstellt (ebenso zuletzt etwa AG Hannover, Beschluss vom 30.04.2020 – 210 OWi 194/20, NZV 2020, 373; AG Köln, Beschluss vom 02.05.2019 – 813 OWi 5/19 [b], NZV 2019, 651 Ls.). Gegensätzliche obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht ersichtlich (s. zuvor bereits OLG Hamm, Beschluss vom 24.09.2013 – III-1 RBs 135/13, NZV 2014, 52).“

Dauerbehandlung mit Medical-Cannabis-Mittel, oder: Fahreignung

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Und als zweite Entscheidung des Tages das VG Koblenz, Urt. v. 19.05.2022 – 4 K 66/22.KO –, das zu dem VG Koblenz, Beschl. v. 19.05.2022 – 4 L 455/22.KO – passt, den ich vorhin vorgestellt habe. Auch in dieser Entscheidung geht es um die Fahreignung. Dieses mal spielt aber eine eine Dauerbehandlung mir Medical-Cannabis eine Rolle:

„Bei der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln enthält die Anlage 4 FeV in Nr. 9.6.2 eine vorrangige Sondervorschrift. Danach scheidet eine Fahreignung aus, sofern eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliegt.

a) Der Cannabiskonsum des Beigeladenen führt zur Annahme seiner Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Er konsumiert – was auch von ihm nicht bestritten wird – regelmäßig Cannabis. Dies begründet einen Eignungsausschluss nach Nr. 9.2.1 Anlage 4 FeV.

b) Die auf die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln abstellende Regelung in Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie rechtfertigt nicht den Schluss, dass die Fahreignung des Beigeladenen trotz der Einnahme von „Medizinal-Cannabis“ gegeben ist. Denn ihre Voraussetzungen liegen nicht vor.

Bei einer Dauerbehandlung mit einem solchen betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel i.S.v. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV ist zu prüfen, ob dessen Einnahme indiziert und ärztlich verordnet ist, es zuverlässig nach ärztlicher Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, und ob zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch die Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. März 2021 – 11 ZB 20.1138 –, juris, Rn. 19, m.w.N.; Beschluss der Kammer von 2. September 2021 – 4 L 784/21.KO –, n.v., BA S. 4).

Beim Beigeladenen kann nicht angenommen werden, dass er Cannabis zuverlässig ausschließlich nach ärztlicher Verordnung einnimmt. Dagegen spricht, dass er sowohl im Rahmen des im Jahr 2021 durchgeführten Ermittlungsverfahrens als auch im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mitgeteilt hat, er konsumiere – wenn auch nur in Ausnahmefällen zur Überbrückung von Lieferungsverzögerungen – Haschisch, welches er von Dritten erwerbe. Bei der Einnahme anderer, illegal beschaffter Cannabinoide ist eine Kontrolle über die Menge des Konsums, deren Wirkstoffgehalt und somit die Sicherstellung einer gleichbleibenden Dosierung nicht möglich (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2016 – 3 K 3375/15 –, juris, Rn. 31; OVG BW, Beschluss vom 31. Januar 2017 – 10 S 1503/16 –, juris, Rn. 9 f. m.w.N.). Mit Blick auf die überragende Bedeutung des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer vor den Folgen des Verhaltens suchtbedingt Fahruntüchtiger kann es nicht hingenommen werden, wenn die Vorgaben für eine medizinische Behandlung mit Cannabis nicht eingehalten und eigenständig abgewandelt werden.

Ferner konsumiert der Beigeladene selbst das medizinisch verordnete Cannabis nicht entsprechend der ärztlichen Verordnung. So hat er bei seiner Befragung durch die Strafermittlungsbehörden ausgesagt, er konsumiere täglich 0,5 g Cannabis. Ärztlich verordnet wurde ihm jedoch nur eine 20 % geringere tägliche Dosis von 0,4 g. Damit liegt eine beträchtliche Abweichung von der ärztlich verordneten Tagesdosis vor. Sofern der Widerspruchsbescheid von einer ärztlich verordneten Dosierung von 0,5 g ausgeht, entspricht diese Annahme nicht der Verordnung im Rezept vom 21. Oktober 2020. Ohne Bedeutung ist, dass die ärztlich verordnete Tagesdosis nach der Aussage des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung zu einem späteren Zeitpunkt erhöht worden ist. Nachweise hierfür hat er im Übrigen nicht vorgelegt.

c) An dieser Bewertung ändert auch der Einwand des Beigeladenen nichts, er überbrücke mit dem Konsum von Haschisch lediglich Lieferengpässe. An diesem Vortrag sind schon deshalb Zweifel angebracht, weil bei der Hausdurchsuchung in der Küche des Beigeladenen 3,43 g medizinisches Cannabis, auf seinem Esszimmertisch jedoch über 10 g Haschisch aufgefunden wurde. Es ist nicht plausibel, warum der Beigeladenen im Besitz einer derart großen Menge Haschisch gewesen ist, obwohl das ärztlich verordnete Cannabis in einer Menge vorhanden war, die mehr als acht Tagesdosen entsprach. Überdies hat der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, weitere Mengen an „Medizinal-Cannabis“, die von den Ermittlungsbehörden bei der Hausdurchsuchung nicht aufgefunden worden seien, in einer Tiefkühltruhe verstaut zu haben.

Nichts anderes ergibt sich, wenn man vom Konsum des Haschischs lediglich zur Überbrückung von Lieferengpässen ausgehen wollte. Es bliebe dabei, dass dieser Konsum nach den bereits dargelegten Erwägungen nicht von der ärztlichen Verordnung gedeckt und damit nicht medizinisch indiziert ist. Die Gefahren, die von einem ärztlich nicht geprüften „Konsum“ ausgehen, sind den anderen Verkehrsteilnehmern nicht zuzumuten.

Rechtlich ohne Bedeutung ist der Einwand des Beigeladenen, er trenne zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen von Kraftfahrzeugen. Denn auf eine solche Trennung kommt es beim regelmäßigen Konsum von Cannabis nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 FeV – im Gegensatz zum gelegentlichen Konsum (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV) – nicht an.“

Dauerbehandlung mit Amphetamin-Arzneimittel, oder: Fahreignung

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Author Orlan

Und dann zum Wochenschluss der Kessel Buntes. Heute hier zunächst eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung, und zwar der VG Koblenz, Beschl. v. 19.05.2022 – 4 L 455/22.KO. Das VG nimmt Stellung zur Frage der Fahreignung in den Fällen einer Dauerbehandlung mit einem Arzneimittel, das als Wirkstoff Amphetamin enthält.

Das VG meint:

„Bei der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln enthält die Anlage 4 FeV in Nr. 9.6.2 eine vorrangige Sondervorschrift. Danach scheidet eine Fahreignung aus, sofern eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliegt.

Damit ist nach der Anlage 4 FeV die Fahreignung jedenfalls dann zu verneinen, wenn im Rahmen einer Dauerbehandlung Arzneimittel eingenommen werden, die als Wirkstoff Amphetamin enthalten und – wie hier – drogentypische Ausfallerscheinungen beim Fahrerlaubnisinhaber festgestellt werden.

b) Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV scheidet eine Fahreignung des Antragstellers aus. Er hat Amphetamin, eine im Betäubungsmittelgesetz (Anlage III (zu § 1 Abs. 1)) genannte – harte – Droge konsumiert. Dies ergibt sich aus dem toxikologischen Befund des Instituts für Rechtsmedizin in A. vom 22. Februar 2022. Danach wurde durch die Untersuchung der bei dem Antragsteller am 20. Januar 2022 entnommenen Blutprobe die Aufnahme von Amphetamin belegt. Schon der einmalige Konsum dieser Droge genügt für den Eignungsausschluss unabhängig davon, ob ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss des Betäubungsmittels geführt wurde (vgl. VGH BW, Beschluss vom 7. April 2014 – 10 S 404/14 –, juris, Rn. 5; OVG RP, Beschluss vom 16. Dezember 2021 – 10 B 11303/21.OVG –, n.v., BA S. 2 f.). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Nr. 9.1 Anlage 4 FeV. Das Wort „Einnahme“ erfasst auch ein erstes bzw. einmaliges Konsumieren eines Rauschmittels. Ferner spricht die in Nr. 9 Anlage 4 FeV verwendete Systematik dafür, von einem einmaligen Konsum harter Drogen auf eine mangelnde Fahreignung zu schließen. Der Verordnungsgeber differenziert dort nach der Art der Drogen (Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, Cannabis, andere psychoaktiv wirkende Stoffe) und dem Konsumverhalten (Einnahme, regelmäßig, gelegentlich, Abhängigkeit). Demnach genügt regelmäßig schon die einmalige Einnahme von Amphetamin zum Ausschluss der Fahreignung (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 16. Dezember 2021 – 10 B 11303/21.OVG –, n.v., BA S. 2 m.w.N.; und 25. Juli 2008 – 10 B 10646/08.OVG –, juris, Rn. 4), sofern keine Umstände vorliegen, welche ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Solche Umstände sind im Fall des Antragstellers nicht gegeben.

c) Die auf die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln abstellende Regelung in Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie rechtfertigt nicht den Schluss, dass die Fahreignung des Antragstellers trotz der Einnahme des amphetaminhaltigen Arzneimittels „Elvanse“ gegeben ist. Denn ihre Voraussetzungen liegen nicht vor.

Bei einer Dauerbehandlung mit einem betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel i.S.v. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV ist zu prüfen, ob dessen Einnahme indiziert und ärztlich verordnet ist, es zuverlässig nach ärztlicher Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, und ob zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch die Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (vgl. für „Medizinal-Cannabis“ BayVGH, Beschluss vom 30. März 2021 – 11 ZB 20.1138 –, juris, Rn. 19, m.w.N.; Beschluss der Kammer von 2. September 2021 – 4 L 784/21.KO –, n.v., BA S. 4).

Bei einer Dauerbehandlung mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln sind diese Voraussetzungen noch enger zu fassen. Der Gesetzgeber geht – wie bereits dargelegt – bei der Einnahme „harter“ Drogen davon aus, dass wegen der Gefahr des Kontrollverlustes eine Fahreignung unabhängig davon auszuschließen ist, ob unter dem Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt wurde. Dass gerade Amphetamin im vorbezeichneten Sinne gefährlich ist, ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. B. bei der vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren 7 A 10667/05.OVG durchgeführten Beweisaufnahme (Beschluss vom 4. Oktober 2005, juris, Rn. 3). Der in der mündlichen Verhandlung angehörte Gutachter vom Institut für Rechtsmedizin der C.-Universität A. hat im Einzelnen erläutert, dass Amphetamin eine erheblich stimulierende Wirkung habe. Es vermittele subjektiv den Eindruck besonderer Leistungs- und hoher Konzentrationsfähigkeit. Dieses subjektive Leistungsempfinden weiche aber erheblich von der objektiven Leistungsfähigkeit ab. Die Antriebssteigerung führe zudem zu einem ichbezogenen Denken, aufgrund dessen eigene Wünsche unabhängig von den Gegebenheiten der Umgebung durchgesetzt würden. Die gesteigerte Wachheit und der stimulierte Antrieb führten zu einer Inanspruchnahme von Leistungsreserven, die später nicht mehr zur Verfügung stünden. Dem schließe sich ein plötzlicher Leistungsabfall an, der nicht absehbar sei, so dass sich der Konsument auf ihn nicht einstellen könne.

Stellt eine Medikation mit amphetaminhaltigen Medikamenten nicht sicher, dass beim Patienten Ausfallerscheinungen in der genannten Art und Weise ausgeschlossen werden, führt dies aufgrund der damit verbundenen Gefahr des Kontrollverlustes zur Ungeeignetheit des Betreffenden zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Solche Ausfallerscheinungen lagen beim Antragsteller vor. Er hat ausweislich des Berichts der Polizeiinspektion D. im Zeitpunkt des Polizeieinsatzes am 20. Januar 2022 drogentypische Ausfallerscheinungen gezeigt. Die Polizeibeamten konnten gerötete/wässrige Augen und lichtstarre, geweitete Pupille feststellen. Der Antragsteller habe gezittert und sei unruhig gewesen. Damit lagen beim Antragsteller offensichtlich auf den Wirkstoff Amphetamin zurückzuführende drogentypische Beeinträchtigungen vor. Dies lässt den Schluss zu, dass sich der Antragsteller entweder nicht an die ärztlich verordnete Dosis gehalten hat – bereits dies würde nach den dargelegten Grundsätzen die Annahme von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV ausschließen – oder die Verordnung nicht sicherstellt, dass die Einnahme des amphetaminhaltigen Medikaments zu Ausfallerscheinungen führt, welche die Gefahr der Teilnahme am Straßenverkehr durch den Antragsteller begründen.

Darüber hinaus spricht nach Aktenlage vieles dafür, dass der Antragsteller in dem dargelegten Zustand, also trotz der festgestellten Ausfallerscheinungen, einen Pkw geführt hat. Nach dem Polizeibericht trug er den Schlüssel für den Pkw, mit dem der Antragsteller und seine Begleitperson von der Polizei angetroffen worden waren, bei sich.

Zudem entspricht nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung die vom Antragsteller im Eilverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung den genannten Anforderungen nicht. Dieser ist schon nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Erkrankung das Medikament „Elvanse“ verschrieben wird, sodass eine Indikation der Einnahme nicht dargelegt ist. Zudem fehlt es an Angaben dazu, wann das Medikament verschrieben worden ist und für welchen Zeitraum.