Auszugehen ist von folgenden vom LG getroffenen Feststellungen: Der Angeklagte nahm im Oktober 2018 Kontakt zu der Zeugin P. auf. Die schwangere Zeugin hatte wegen einer Ehekrise kurz zuvor die Ehewohnung verlassen müssen und bemühte sich, von ihrem Ehemann verschiedene Gegenstände zu erlangen, die in der Wohnung verblieben waren. Der Angeklagte stellte sich der Zeugin als Rechtsanwalt und Mediator vor und bot an, zwischen ihr und ihrem Ehemann als „allseitiger“, „unabhängiger“ Mediator einen konstruktiven Dialog zwischen ihr und ihrem Ehemann in die Wege zu leiten. Dabei erklärte er, dass sich der Ehemann um die finanzielle Seite der Mediation kümmern wolle. Die Zeugin P. führte daraufhin ein etwa eineinhalb Stunden dauerndes Gespräch mit dem Angeklagten, in dem sie ihm detailliert ihre Sicht der Eheprobleme und ihren dringenden Bedarf an den Gegenständen schilderte. In der Folgezeit tauschte sich der Angeklagte mit ihr und ihrem Ehemann aus und berichtete ihr schließlich, dass ihr Ehemann „eine Gesamtlösung“ wolle und ein von der Zeugin angestrebter Termin zur Abholung der Gegenstände nicht stattfinde. Eine Einigung kam nicht zustande.
Im späteren Scheidungsverfahren zeigte der Angeklagte im Januar 2021 gegenüber dem AG an, dass er die rechtlichen Interessen des Zeugen P. vertrete, versicherte seine anwaltliche Bevollmächtigung und beantragte Akteneinsicht. Nach einer Rüge durch die Rechtsanwaltskammer legte er sein Mandat nieder.
Das AG hat den Angeklagten wegen Parteiverrats schuldig gesprochen, ihn verwarnt und eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 130 Euro vorbehalten. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das LG verworfen. Die Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg:
„b) Das Landgericht hat es zu Recht als pflichtwidrig im Sinne des § 356 StGB gewertet, dass der Angeklagte nach dem Scheitern der Mediation den Ehemann der Zeugin P. anwaltlich vertreten hat. Diese Bewertung entspricht der ausdrücklichen Tätigkeitsbeschränkung aus § 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG, der bereits vor Inkrafttreten des Mediationsgesetzes ergangenen Rechtsprechung und der ganz überwiegenden straf- und berufsrechtlichen Literatur (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2001 – 2 U 1/00 –, Rn. 2, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. September 2002 – 3 Ss 143/01 –, Rn. 19, juris [mit Abgrenzung zur erfolgreichen einvernehmlichen Scheidung]; Wolter / Hoyer, SK-StGB – Kommentar, 10. Auflage 2023, § 356 StGB, Rn. 40; BeckOK StGB/Heuchemer/von Heintschel-Heinegg, 66. Ed. 1.8.2025, StGB § 356 Rn. 30; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 69; Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 36; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 22; Matt/Renzikowski/Matt, 2. Aufl. 2020, StGB § 356 Rn. 36; Weyland/Bauckmann, 11. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 70; BeckRA-HdB/Hamm, 12. Aufl. 2022, § 53. Rn. 47; Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 251). Der Senat schließt sich dem an und teilt die Auffassung der Gesetzesbegründung zu § MediationsG, dass es dem Gebot der Unabhängigkeit und Neutralität in besonderem Maße widerspricht, wenn eine Mediatorin bzw. ein Mediator vor, während oder nach einer Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig wird (BT-Drs. 17/5335, S. 16).
c) Auch im Übrigen tragen die Feststellungen des Landgerichts zum objektiven Tatbestand die Verurteilung wegen Parteiverrats gemäß § 356 Abs. 1 StGB.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte für die Zeugin P. anwaltlich tätig geworden ist. Denn die Tätigkeit als Mediator ist, wenn sie von einem Rechts-anwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit anzusehen; schlichten und vermitteln gehört seit jeher zum klassischen Aufgabenbereich des Rechtsanwalts (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2002 – AnwZ (B) 52/01 –, juris, m. w. N.). § 18 BORA gibt diese klarstellend wieder (Henssler/Prütting/Busse, 6. Aufl. 2024, BORA § 18 Rn. 20; Kleine-Cosack/Kleine-Cosack, 9. Aufl. 2022, BORA § 18 Rn. 1). Entgegen der Revisionsbegründung stehen § 2 Abs. 3 RDG und § 45 BRAO dem nicht entgegen. Sie betreffen Fragen der nicht-anwaltlichen Mediation, die hier nicht in Rede steht.
Aufgrund der Feststellungen hat das Landgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Zeugin P. dem Angeklagten in der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann die Vertretung ihrer Interessen anvertraut hat. Denn dem Tatbestand des § 356 StGB unterfällt es auch, wenn dem Rechtsanwalt das Interesse an einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts anvertraut wird (vgl. Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 36). Die Kammer hat hierzu rechts-fehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte es übernommen hat, sowohl für sie als auch für ihren Ehemann tätig zu werden, um ihre gegensätzlichen Interessen „zu koordinieren“ und zwischen ihren widerstreitenden Interessen zu vermitteln.
Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich ferner, dass die Zeugin den Angeklagten zumindest faktisch mit der Vermittlung betraut hat, was für die Tatbestandserfüllung ausreicht (Wolter / Hoyer, SK-StGB – Kommentar, 10. Auflage 2023, § 356 StGB, Rn. 15; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 8; OLG Köln, Beschluss vom 11.03.2002, 2 Ws 146/02, StraFo 2002, 205). Dass der ursprüngliche Auftrag an den Angeklagten den Feststellungen zufolge vom Ehemann und nicht von der Zeugin P. selbst erteilt worden ist, ist dabei unerheblich (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1964 – 1 StR 226/64 –, BGHSt 20, 41-44, Rn. 3, juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 27.05.1994 – 1 Ss 12/94, beck-online). Auf das – teilweise ohnehin urteilsfremde – Revisionsvorbringen zu einem persönlichen Verhältnis des Angeklagten zum Ehemann kommt es ebenfalls nicht an, weil dies die anwaltlichen Pflichten des Angeklagten im Verhältnis zur Zeugin P. nicht berührt.
Soweit die Revision darauf abstellt, dass der Angeklagte nach der Formulierung des Landgerichts lediglich einen Mediationsversuch unternommen habe, ist damit ersichtlich der Versuch einer Einigung gemeint und nicht der Versuch, die Vermittlungen überhaupt zu beginnen. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte nach dem langen Gespräch mit der Zeugin P. tatsächlich Handlungen mit dem Ziel der Vermittlung entfaltet und Kontakt zu ihrem Ehemann aufgenommen hat. Er handelte demnach bereits in Ausführung seines Auftrages. Der Begriff der Mediation schließt derartige Einzelgespräche ein (vgl. Greger/Unberath/Steffek/Greger, 2. Aufl. 2016, MediationsG § 2 Rn. 156).
Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass die einseitige Tätigkeit des Angeklagten im Scheidungsverfahren dieselbe Rechtssache wie seine vermittelnde Tätigkeit für beide Ehegatten betraf. Das Vorliegen desselben Rechtsstreits beurteilt sich nicht nach den geltend gemachten Ansprüchen, sondern nach der zumindest teilweisen Identität des Lebenssachverhalts (Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 109). Die häuslichen und ehelichen Beziehungen zwischen den Eheleuten begründen deshalb in Ehesachen dieselbe Rechtssache im Sinne des § 356 StGB, auch wenn aus ihnen verschiedenartige Ansprüche entspringen (MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 51, beck-online; OLG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 1 Rev 49/14 –, Rn. 15, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 2. 1958 – 2 Ss 14/58; RG, Urteil vom 05. Juli 1926 – III 357/26 –, RGSt 60, 298). Die dazu getroffenen Feststellungen des Landgerichts, wonach der Interessengegensatz bezüglich der Haushaltsgegenstände noch bis zur streitigen Scheidung andauere, tragen deshalb seine rechtliche Bewertung.
Zu Recht hat das Landgericht außerdem in der Vertretungsanzeige, der Vorlage der Vollmacht und dem Akteneinsichtsantrag im Scheidungsverfahren eine tatbestandsmäßige Dienstleistung des Angeklagten für den Ehemann der Zeugin P. erblickt (OLG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 1 Rev 49/14 –, Rn. 19, juris, m. w. N.).
d) Die Feststellungen des Landgerichts zum subjektiven Tatbestand halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung ebenfalls stand…..“