Archiv der Kategorie: Nebengebiete

BtM I: Größe der „geringen Menge“ ADB-BUTINACA, oder: „Cannabinoide JWH-122 und JWH-210“

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Heute dann ein BtM-Tag.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 3 StR 236/25. Das LG hat in seinem Urteil den im Rahmen der Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 52 StGB zu bestimmenden Grenzwert der nicht geringen Menge des Betäubungsmittels ADB-BUTINACA auf ein Gramm der Wirkstoffmenge festgesetzt. Das hat der BGH nicht beanstandet:

„Die Strafkammer hat unter Zugrundelegung der Ausführungen zweier Sachverständiger des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen festgestellt, dass das Betäubungsmittel ADB-BUTINACA ein potentes synthetisches Cannabinoid ist, für das eine äußerst gefährliche Dosis und eine übliche Konsumeinheit nicht bekannt sind. Es sei allerdings in Struktur und Wirkungsweise vergleichbar mit den synthetischen Cannabinoiden JWH-122 und JWH-210. Der dort geltende Grenzwert von einem Gramm der Wirkstoffmenge (s. BGH, Beschluss vom 8. März 2022 – 3 StR 136/21, juris Rn. 39 ff.) sei deshalb auch für ADB-BUTINACA angemessen.“

StGB III: Parteivertreter nach erfolgloser Mediation, oder: Mediation als Teil anwaltlicher Berufstätigkeit

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Und dann noch der OLG Celle, Beschl. v. 26.08.2025 – 2 ORs 96/25 – zum Parteiverrat durch anwaltliche Vertretung nach erfolgloser Mediation.

Auszugehen ist von folgenden vom LG getroffenen Feststellungen: Der Angeklagte nahm im Oktober 2018 Kontakt zu der Zeugin P. auf. Die schwangere Zeugin hatte wegen einer Ehekrise kurz zuvor die Ehewohnung verlassen müssen und bemühte sich, von ihrem Ehemann verschiedene Gegenstände zu erlangen, die in der Wohnung verblieben waren. Der Angeklagte stellte sich der Zeugin als Rechtsanwalt und Mediator vor und bot an, zwischen ihr und ihrem Ehemann als „allseitiger“, „unabhängiger“ Mediator einen konstruktiven Dialog zwischen ihr und ihrem Ehemann in die Wege zu leiten. Dabei erklärte er, dass sich der Ehemann um die finanzielle Seite der Mediation kümmern wolle. Die Zeugin P. führte daraufhin ein etwa eineinhalb Stunden dauerndes Gespräch mit dem Angeklagten, in dem sie ihm detailliert ihre Sicht der Eheprobleme und ihren dringenden Bedarf an den Gegenständen schilderte. In der Folgezeit tauschte sich der Angeklagte mit ihr und ihrem Ehemann aus und berichtete ihr schließlich, dass ihr Ehemann „eine Gesamtlösung“ wolle und ein von der Zeugin angestrebter Termin zur Abholung der Gegenstände nicht stattfinde. Eine Einigung kam nicht zustande.

Im späteren Scheidungsverfahren zeigte der Angeklagte im Januar 2021 gegenüber dem AG an, dass er die rechtlichen Interessen des Zeugen P. vertrete, versicherte seine anwaltliche Bevollmächtigung und beantragte Akteneinsicht. Nach einer Rüge durch die Rechtsanwaltskammer legte er sein Mandat nieder.

Das AG hat den Angeklagten wegen Parteiverrats schuldig gesprochen, ihn verwarnt und eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 130 Euro vorbehalten. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das LG verworfen. Die Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg:

„b) Das Landgericht hat es zu Recht als pflichtwidrig im Sinne des § 356 StGB gewertet, dass der Angeklagte nach dem Scheitern der Mediation den Ehemann der Zeugin P. anwaltlich vertreten hat. Diese Bewertung entspricht der ausdrücklichen Tätigkeitsbeschränkung aus § 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG, der bereits vor Inkrafttreten des Mediationsgesetzes ergangenen Rechtsprechung und der ganz überwiegenden straf- und berufsrechtlichen Literatur (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2001 – 2 U 1/00 –, Rn. 2, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. September 2002 – 3 Ss 143/01 –, Rn. 19, juris [mit Abgrenzung zur erfolgreichen einvernehmlichen Scheidung]; Wolter / Hoyer, SK-StGB – Kommentar, 10. Auflage 2023, § 356 StGB, Rn. 40; BeckOK StGB/Heuchemer/von Heintschel-Heinegg, 66. Ed. 1.8.2025, StGB § 356 Rn. 30; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 69; Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 36; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 22; Matt/Renzikowski/Matt, 2. Aufl. 2020, StGB § 356 Rn. 36; Weyland/Bauckmann, 11. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 70; BeckRA-HdB/Hamm, 12. Aufl. 2022, § 53. Rn. 47; Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 251). Der Senat schließt sich dem an und teilt die Auffassung der Gesetzesbegründung zu § MediationsG, dass es dem Gebot der Unabhängigkeit und Neutralität in besonderem Maße widerspricht, wenn eine Mediatorin bzw. ein Mediator vor, während oder nach einer Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig wird (BT-Drs. 17/5335, S. 16).

c) Auch im Übrigen tragen die Feststellungen des Landgerichts zum objektiven Tatbestand die Verurteilung wegen Parteiverrats gemäß § 356 Abs. 1 StGB.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte für die Zeugin P. anwaltlich tätig geworden ist. Denn die Tätigkeit als Mediator ist, wenn sie von einem Rechts-anwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit anzusehen; schlichten und vermitteln gehört seit jeher zum klassischen Aufgabenbereich des Rechtsanwalts (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2002 – AnwZ (B) 52/01 –, juris, m. w. N.). § 18 BORA gibt diese klarstellend wieder (Henssler/Prütting/Busse, 6. Aufl. 2024, BORA § 18 Rn. 20; Kleine-Cosack/Kleine-Cosack, 9. Aufl. 2022, BORA § 18 Rn. 1). Entgegen der Revisionsbegründung stehen § 2 Abs. 3 RDG und § 45 BRAO dem nicht entgegen. Sie betreffen Fragen der nicht-anwaltlichen Mediation, die hier nicht in Rede steht.

Aufgrund der Feststellungen hat das Landgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Zeugin P. dem Angeklagten in der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann die Vertretung ihrer Interessen anvertraut hat. Denn dem Tatbestand des § 356 StGB unterfällt es auch, wenn dem Rechtsanwalt das Interesse an einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts anvertraut wird (vgl. Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 36). Die Kammer hat hierzu rechts-fehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte es übernommen hat, sowohl für sie als auch für ihren Ehemann tätig zu werden, um ihre gegensätzlichen Interessen „zu koordinieren“ und zwischen ihren widerstreitenden Interessen zu vermitteln.

Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich ferner, dass die Zeugin den Angeklagten zumindest faktisch mit der Vermittlung betraut hat, was für die Tatbestandserfüllung ausreicht (Wolter / Hoyer, SK-StGB – Kommentar, 10. Auflage 2023, § 356 StGB, Rn. 15; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 8; OLG Köln, Beschluss vom 11.03.2002, 2 Ws 146/02, StraFo 2002, 205). Dass der ursprüngliche Auftrag an den Angeklagten den Feststellungen zufolge vom Ehemann und nicht von der Zeugin P. selbst erteilt worden ist, ist dabei unerheblich (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1964 – 1 StR 226/64 –, BGHSt 20, 41-44, Rn. 3, juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 27.05.1994 – 1 Ss 12/94, beck-online). Auf das – teilweise ohnehin urteilsfremde – Revisionsvorbringen zu einem persönlichen Verhältnis des Angeklagten zum Ehemann kommt es ebenfalls nicht an, weil dies die anwaltlichen Pflichten des Angeklagten im Verhältnis zur Zeugin P. nicht berührt.

Soweit die Revision darauf abstellt, dass der Angeklagte nach der Formulierung des Landgerichts lediglich einen Mediationsversuch unternommen habe, ist damit ersichtlich der Versuch einer Einigung gemeint und nicht der Versuch, die Vermittlungen überhaupt zu beginnen. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte nach dem langen Gespräch mit der Zeugin P. tatsächlich Handlungen mit dem Ziel der Vermittlung entfaltet und Kontakt zu ihrem Ehemann aufgenommen hat. Er handelte demnach bereits in Ausführung seines Auftrages. Der Begriff der Mediation schließt derartige Einzelgespräche ein (vgl. Greger/Unberath/Steffek/Greger, 2. Aufl. 2016, MediationsG § 2 Rn. 156).

Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass die einseitige Tätigkeit des Angeklagten im Scheidungsverfahren dieselbe Rechtssache wie seine vermittelnde Tätigkeit für beide Ehegatten betraf. Das Vorliegen desselben Rechtsstreits beurteilt sich nicht nach den geltend gemachten Ansprüchen, sondern nach der zumindest teilweisen Identität des Lebenssachverhalts (Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 109). Die häuslichen und ehelichen Beziehungen zwischen den Eheleuten begründen deshalb in Ehesachen dieselbe Rechtssache im Sinne des § 356 StGB, auch wenn aus ihnen verschiedenartige Ansprüche entspringen (MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 51, beck-online; OLG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 1 Rev 49/14 –, Rn. 15, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 2. 1958 – 2 Ss 14/58; RG, Urteil vom 05. Juli 1926 – III 357/26 –, RGSt 60, 298). Die dazu getroffenen Feststellungen des Landgerichts, wonach der Interessengegensatz bezüglich der Haushaltsgegenstände noch bis zur streitigen Scheidung andauere, tragen deshalb seine rechtliche Bewertung.

Zu Recht hat das Landgericht außerdem in der Vertretungsanzeige, der Vorlage der Vollmacht und dem Akteneinsichtsantrag im Scheidungsverfahren eine tatbestandsmäßige Dienstleistung des Angeklagten für den Ehemann der Zeugin P. erblickt (OLG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 1 Rev 49/14 –, Rn. 19, juris, m. w. N.).

d) Die Feststellungen des Landgerichts zum subjektiven Tatbestand halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung ebenfalls stand…..“

BtM I: Luftdruckwaffen und Messer gefunden, oder: Wofür wurden die Messer verwendet?

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Es folgt heute eine BtM-Tag, wozu ich auch Entscheidungen zum (neuen) KCanG zähle.

Den Tag eröffne ich mit dem BGH, Urt. v. 23.04.2025 – 2 StR 585/24. Das LG hat den Angeklagten (nur) u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt und erstrebt damit eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.

Im Kern geht es um folgenden Sachverhalt: Bei er am 24.01.2024 erfolgten Durchsuchung wurden in den Räumlichkeiten des Angeklagten u.a. eine Tasche aufgefunden, in der sich u.a. Bargeld, Amphetamin, Ecstasy-Tabletten, Kokain, Haschisch, Streckmittel, eine Feinwaage, fünf Messer (ein Springmesser, ein Teppichmesser, drei Klappmesser) sowie Schuldnerlisten befanden. Die Messer wiesen zum Teil bräunliche Verfärbungen auf und dienten der Portionierung von Betäubungsmitteln. Das Springmesser war in der Funktion eingeschränkt, da die Klinge nicht vollständig heraussprang und arretierte. In einem Turnbeutel fand sich weiteres Bargeld, in einer Rewe-Tüte u.a. 1.090 Xanax-Tabletten  sowie 121,99 Gramm Marihuana. Auf dem Nachttisch wurden auch weitere Betäubungsmittek sicher gestellt.

Verteilt an verschiedenen Stellen in der Wohnung verwahrte der Angeklagte drei Luftdruckpistolen und -revolver, getrennt davon zugehörige Luftdruckwaffenmunition und für den Betrieb erforderliche Gaskartuschen. Um die Luftdruckwaffen schussbereit zu machen, hätte ein in der Waffenhandhabung geübter Schütze etwa eine Minute benötigt.

Das aufgefundene Bargeld von insgesamt 26.890 Euro, auf dessen Rückzahlung der Angeklagte verzichtet hat, stammte weit überwiegend aus vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften, die der Angeklagte bereits seit mehreren Jahren betrieb. Daneben hatte er noch offene Forderungen gegen seine Abnehmer in Höhe von ca. 10.000 Euro.

Auf dem Mobiltelefon des Angeklagten fand man selbst erstellte „Werbevideos“, in denen dieser Betäubungsmittel und Arzneimittel anpreist und auf denen einzelne der aufgefundenen CO2-Waffen nebst Munition und Geldbündel zu sehen sind. Die Übergabe der von Abnehmern bestellten Betäubungs- und Arzneimittel erfolgte stets im öffentlichen Raum, wobei der Angeklagte keine der Luftdruckwaffen und keines der Messer mit sich führte.

Das LG hat die Voraussetzungen eines bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verneint. Die Luftdruckpistole und die Luftdruckrevolver hätten nur mit erheblichem Zeitaufwand von mindestens einer Minute schussbereit gemacht werden können und seien damit nicht verwendungsfähig gewesen. Die in der Tasche mit den Betäubungsmitteln aufgefundenen fünf Messer seien zwar zur Verletzung von Personen geeignet, aber nicht dazu bestimmt gewesen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg:

„1. Der Schuldspruch enthält Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten. Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft und lässt die gebotene Gesamtwürdigung aller beweisrelevanten Umstände vermissen. Zum einen fehlt es an einer geschlossenen Darstellung der Einlassung des Angeklagten, zum anderen hat sich das Landgericht nicht hinreichend mit der Zweckbestimmung der zusammen mit den Drogen in einer Tasche verwahrten fünf Messer auseinandergesetzt.

a) Die Beweiswürdigung ist lückenhaft, weil es an einer geschlossenen Darstellung dazu fehlt, was genau der Angeklagte hinsichtlich der Verwendung der Messer ausgesagt hat, insbesondere warum er eine Vielzahl von Messern in der Tasche mit den Drogen bereithielt.

b) Zudem ist die Beweiswürdigung auch deshalb lückenhaft, weil sich das Landgericht nicht im erforderlichen Umfang damit auseinandergesetzt hat, ob die bereitgehaltenen fünf Messer – zumindest auch – Verteidigungszwecken dienten. So wäre eine Gesamtschau hinsichtlich aller Waffen (Schusswaffen und Messer) und hinsichtlich des Verhaltens des Angeklagten bei der Durchsuchung seiner Wohnung vorzunehmen gewesen.

aa) Zwar hat das Landgericht – sachverständig beraten – rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die drei bereitgehaltenen Luftdruckwaffen nicht ohne erheblichen Zeitaufwand schussbereit hätten gemacht werden können, so dass insoweit mangels Verwendungsbereitschaft der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erfüllt war (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2020 – 3 StR 433/19, NStZ 2020, 554 Rn. 17 ff.).

bb) Zu den Messern führt die Strafkammer aus, diese seien zwar zur Verletzung von Personen geeignet, aber von dem Angeklagten nicht zur Verletzung von Personen, sondern lediglich zum Portionieren der Betäubungsmittel bestimmt gewesen. Entgegenstehende Feststellungen hätten sich nicht treffen lassen, zumal die Klingen des Springmessers und eines Klappmessers bräunliche Verfärbungen aufgewiesen hätten.

Dabei lässt das Landgericht außer Acht, dass nur an zwei von fünf Messern entsprechende Anhaftungen gefunden wurden, und erörtert nicht, warum für das Portionieren gleich fünf Messer notwendig gewesen sein sollen. Im Übrigen stünde einer Verwendungsabsicht nicht entgegen, dass ein Teil der Messer unter anderem dem Schneiden von Haschischplatten diente, zumal das Springmesser – weil funktionseingeschränkt – zwar nicht unter das Waffengesetz fällt, es sich aber nach dessen Anl. 1 zu § 1 Abs. 4, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, Nr. 2.1.1 grundsätzlich um eine gekorene Waffe handelt, die – sofern gebrauchsbereit im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG – regelmäßig zur Verletzung von Personen geeignet und vom Täter auch dazu bestimmt ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 WaffG 2 Rn. 21 mwN).

Hinsichtlich der Absicht zur Verwendung der Messer hätte das Landgericht auch das hochaggressive Verhalten des Angeklagten bei der Durchsuchung seiner Wohnung in den Blick nehmen müssen. Zwar bezeichnet sich der Angeklagte selbst als „der freundliche Dealer von nebenan.“ Allerdings mussten ihm bei der Durchsuchung wegen seines bedrohlichen Auftretens gegenüber den Polizeibeamten Handfesseln angelegt werden. So äußerte er gegenüber den Beamten mehrfach, „dass er durch die geschlossene Badezimmertür geschossen hätte, wenn er seine Waffen zur Hand gehabt hätte. … Wenn man ihn in seinem Bett angetroffen hätte, hätte er sofort Zugriff auf seine Waffe gehabt und ohne zu zögern auf die Polizei geschossen.“

Zusätzlich zu dieser hochaggressiven Grundeinstellung hat das Landgericht auch nicht in seine Überlegungen einbezogen, dass der Angeklagte in seiner Wohnung zusammen mit den Drogen Bargeld aus dem Betäubungsmittelhandel in Höhe von insgesamt 26.890 Euro aufbewahrte, was einen eigenständigen und zusätzlichen Anreiz beinhaltete, seine Interessen auch unter Zugriff auf vorhandene gefährliche Gegenstände durchzusetzen (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714 Rn. 17).

c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfasst auch die Verurteilung nach dem Konsumcannabisgesetz und die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung nach dem Arzneimittelgesetz, da sämtliche Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.

2. Damit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.

Der Senat weist daraufhin, dass gegebenenfalls auch eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis in Betracht kommt, wobei dem Umstand, dass Cannabis eine weiche Droge ist, aus gesetzessystematischen Gründen keine strafmildernde Wirkung mehr beigemessen werden darf, weil das Konsumcannabisgesetz Regelungen allein zu dieser Droge enthält (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2024 – 6 StR 73/24, StV 2024, 598 Rn. 8).“

BtMG/KCanG III: Handel mit und Besitz von Teilmengen, oder: Begriff des Handeltreibens nach dem KCanG

Und dann habe ich hier noch zwei BGH-Entscheidungen zum KCanG.

Dabei handelt es sich zunächst um den BGH, Beschl. v. 03.02.2025 – GSSt 1/24 -, schon älter, aber erst jetzt veröffentlich zur Frage der Bewertung des (gleichzeitigen) Handels mit und Besitz von Teilmengen; die Frage war ja zwischen den BGH-Senaten nicht eindeutig geklärt. Dazu hat dann der Große Senat für Strafsachen entschieden, und zwar mit folgenden Leitsätzen:

1. Hat der Täter vorrätig gehaltenes Cannabis teilweise zur gewinnbringenden Veräußerung und teilweise für den Eigenkonsum bestimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis neben dem Handelsdelikt unter konkurrenzrechtlichen Gesichtspunkten aus, wenn die Eigenkonsummenge für sich gesehen keine der die Strafbarkeit regelnden Grenzen überschreitet.

2. Bei der Einziehung von Cannabis als Tatobjekt muss eine dem Eigenkonsum des Täters oder Teilnehmers dienende Teilmenge, die für sich betrachtet die straffreien oder erlaubten Besitzmengen wahrt, nicht ausgenommen werden.

Und dann ist noch hinzuweisen auf den BGH, Beschl. v. 04.06.2025 – 2 StR 640/24 -, der sich noch einmal zum Begriff des Handeltreibens nach dem KCanG geäußert hat, und zwar wie folgt::

Die Bezeichnung der strafbar bleibenden Handlungsformen im Konsumcannabisgesetz orientieren sich an den Begrifflichkeiten des BtMG. Daher ist für die Auslegung des Begriffs des Handeltreibens in § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG die zu dem gleichlautenden Tatbestandsmerkmal in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergangene Rechtsprechung entsprechend heranzuziehen. Danach setzt Handeltreiben eine eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit voraus. Es handelt derjenige eigennützig, der von einem Streben nach Gewinn geleitet wird oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird. In einem Weiterverkauf von Marihuana zum Einkaufspreis ist ein eigennütziges Umsatzgeschäft regelmäßig nicht zu erblicken.

BtMG/KCanG II: Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz, oder: Festlegung genauer Grenzwerte/geringe Menge

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In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 20.05.2025 – 5 StR 178/25 – geht es u.a. um gewerbsmäßiges Handeltreiben mit neuen psychoaktiven Stoffen. Nach den Feststellungen des LG hat der Angeklagte aus einem Kiosk zum Konsum mittels E-Zigaretten bestimmte „Liquids“, die mit synthetischen Cannabinoiden versetzt waren, vertriebem. um sich hierdurch eine dauerhafte Einnahmequelle zu erschließen. Am 12.05.2022 hielt er zu diesem Zweck verschiedene Mischungen mit insgesamt 15 Gramm JWH-210, 90 Gramm ADB-BUTINACA, 34 Gramm ADB-4en-PINACA, 30 Gramm ADB-HEXINACA und 35 Gramm Cumyl-CH-Megaclon vor und führte zur Absicherung der Handelsvorräte ein Messer mit sich.

Das LG hat das hinsichtlich des Umgangs mit JWH-210 als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG und hinsichtlich der übrigen Stoffe als gewerbsmäßiges Handeltreiben mit neuen psychoaktiven Stoffen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a NpSG bewertet. Es hat dabei berücksichtigt, dass ADB-BUTINACA zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gemäß § 1 Abs. 1 BtMG iVm Anlage II dem Anwendungsbereich des BtMG unterfiel, jedoch das Tatzeitrecht als im konkreten Fall milder bewertet und daher nach § 2 Abs. 3 StGB zur Anwendung gebracht. Das LG hat einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen und seiner Strafzumessung gemäß § 52 Abs. 2 StGB den Regelstrafrahmen des § 4 Abs. 3 NpSG zugrunde gelegt. Sowohl bei der Prüfung eines minder schweren Falles nach § 4 Abs. 4 NpSG als auch bei der konkreten Strafzumessung hat es auch darauf abgestellt, dass die unter das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz fallenden Wirkstoffe mit sachverständiger Hilfe bestimmte Grenzwerte zur nicht geringen Menge um ein Vielfaches überstiegen.

Der BGH hat die Strafzumessung des LG nicht beanstandet:

„1. Das Landgericht war aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, für seine Strafzumessung Grenzwerte zu nicht geringen Mengen der dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz unterfallenden Substanzen zu beziffern und das Maß ihrer Überschreitung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2025 – 3 StR 5/25 Rn. 6; anders, indes insoweit nicht tragend BGH, Beschluss vom 11. Januar 2022 – 6 StR 461/21 Rn. 7, BGHSt 67, 1 mit kritischer Anmerkung Patzak NStZ 2022, 369, 370).

a) Der Wortlaut der Strafvorschriften des § 4 NpSG differenziert weder für die tatbestandliche Einordnung noch für die Bemessung der Strafe nach dem Vorliegen von nicht geringen Mengen. Dies entspricht der Entscheidung des Gesetzgebers, die Strafvorschriften des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes gerade nicht dem Betäubungsmittelgesetz nachzubilden, sondern eine eigenständige Regelung zu schaffen, die der Vielzahl von erfassten Einzelsubstanzen mit sehr unterschiedlichem Gefahrenpotential gerecht wird (vgl. BT-Drucks. 18/8964, S. 4).

b) Selbst im Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes besteht die Notwendigkeit zur Festlegung genauer Grenzwerte deshalb, weil der Begriff der nicht geringen Menge seit dem Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981 (BGBl. I S. 681) als Tatbestandsmerkmal einzelner Strafvorschriften Verwendung findet, sodass das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) eine präzise Grenzziehung gebietet (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 3 StR 183/84, BGHSt 33, 8, 9). Unter Geltung der vorherigen Strafvorschrift des § 11 BtMG in der Fassung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln vom 10. Januar 1972 (BGBl. I S. 1), die den Begriff lediglich in § 11 Abs. 4 Satz 3 Nr. 5 und 6 Buchst. a BtMG aF als Regelbeispiel für besonders schwere Fälle verwendete, war hingegen anerkannt, dass es für die Strafzumessung einer zahlenmäßigen Festlegung der nicht geringen Menge nicht bedurfte, sondern das Vorliegen einer solchen Menge der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall überlassen war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1976, BGHSt 26, 355, 357 f.).

c) Auch sonst sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum dem Maß der Überschreitung eines im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz nicht vorausgesetzten Grenzwerts für die Strafzumessung überragende Bedeutung zukommen sollte (so indes BGH, Beschluss vom 11. Januar 2022 – 6 StR 461/21 Rn. 7, BGHSt 67, 1). Die Höhe des Grenzwertes eines Stoffes bildet dessen Toxizität und Gefährlichkeit ab (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13 Rn. 35, BGHSt 60, 134), das Maß seiner Überschreitung drückt die Stoffmenge im konkreten Fall aus. Einen notwendigen Orientierungspunkt für die Strafzumessung kann das Maß der Grenzwertüberschreitung aber nur dann bilden, wenn das Gesetz für den Umgang mit nicht geringen Mengen einen anderen Strafrahmen vorsieht. Nur dann kann das Tatgericht aus dem Vergleich beider Strafrahmen und dem Maß der Überschreitung des Grenzwertes zwischen ihnen im konkreten Fall Schlüsse für seine Zumessungsentscheidung ziehen (vgl. auch zu möglichen Wechselwirkungen zwischen Gefährlichkeit und Maß der Grenzwertüberschreitung BGH, Beschluss vom 25. Juni 2019 – 1 StR 181/19 Rn. 5, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 45). Dies ist im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz aber gerade nicht der Fall. Hier können beide Aspekte – Stoffmenge und Gefährlichkeit – daher auch ohne Umrechnung in das Maß einer Grenzwertüberschreitung unmittelbar nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB in die Strafzumessung einfließen.

2. Die Strafzumessung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei. Die Berücksichtigung der Gefährlichkeit und der Mengen der vom Angeklagten vorgehaltenen Stoffe – hier überobligatorisch ausgedrückt als Maß der Überschreitung eines Grenzwertes zur nicht geringen Menge – liegt im Rahmen einer zulässigen tatgerichtlichen Bestimmung der schuldangemessenen Strafe (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2025 – 3 StR 5/25 Rn. 6).

3. Auch in der Sache erweisen sich die Ausführungen des Landgerichts hierzu als zutreffend. Es hat anhand eines Vergleichs mit verwandten Wirkstoffen (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Beschluss vom 27. Januar 2022 – 3 StR 155/21 Rn. 9, BGHSt 67, 2 mwN) den Grenzwert der nicht geringen Menge für das durch die 23. Verordnung zur Änderung von Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes vom 1. Juni 2023 (BGBl. I Nr. 143) in die Anlage II des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommene ADB-BUTINACA (andere Trivialnamen ADB-BINACA oder ADMB-BINACA) auf eine Wirkstoffmenge von einem Gramm festgesetzt. Auf der Grundlage des in den Urteilsgründen umfassend wiedergegebenen und überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen A.- Laborleiter Forensische Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums F. und Mitglied des Sachverständigenausschusses nach § 1 Abs. 2 BtMG – teilt der Senat die Einschätzung, dass ADB-BUTINACA mindestens doppelt so potent einzuschätzen ist wie JWH-018, bei dem der Grenzwert bei zwei Gramm liegt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13 Rn. 34, BGHSt 60, 134). Für einen Grenzwert von einem Gramm spricht aufgrund der vergleichbaren basispharmakologischen Daten zudem, dass dieser auch für das strukturverwandte JWH-210 festgelegt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2022 – 3 StR 136/21 Rn. 48).“