Archiv der Kategorie: Strafvollzug

Auch frühere Landtagsabgeordnete müssen in Strafhaft…

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Der 1. Strafsenat des OLG Saarbrücken hat mit Beschluss v. 23.08.2012 – 1 ws 204/12 – den Eilantrag eines wegen Betruges pp. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilten früheren Landtagsabgeordneten und Facharztes zurückgewiesen, ihm kurzfristig – bis zur Entscheidung des OLG über ein Rechtsmittel – Vollstreckungsaufschub zu gewähren.

Der Beschwerdeführer hat gegen seine Verurteilung durch das LG Saarbrücken das Bundesverfassungsgericht angerufen. Zugleich hat er bei der Staatsanwaltschaft erfolglos beantragt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Annahme der Verfassungsbeschwerde aufzuschieben. Gegen die Ablehnung seines Antrags hat der Verurteilte Rechtsmittel eingelegt, über welches der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts nach Einholung einer Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft entscheiden wird.

Den hiermit verbundenen Eilantrag des Verurteilten, mit dem dieser einen Haftaufschub zumindest bis zur Entscheidung des OLG über sein Rechtsmittel erreichen wollte, hat der Strafsenat mit folgender Begründung zurückgewiesen: Das Rechtsmittel des Verurteilten habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Erhebliche Nachteile familiärer oder sonstiger Art, die über den Charakter des Strafvollzugs selbst hinausgingen, habe der Verurteilte nicht darlegen können. Deshalb verdiene das öffentliche Interesse an der Vollstreckung der Freiheitsstrafe den Vorzug. Die Entscheidung des Senats ist nicht anfechtbar.

Quelle:Pressemitteilung des OLG Saarland vom 24.08.2012

Kein Lohnwucher im Strafvollzug

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Mit einer für den Strafvollzug nicht unerheblichen Frage befasst sich der OLG Dresden, Beschl. v. 27.06.2012 – 2 Ws 132/12. Im Verfahren ging es nämlich um die für die Strafgefangenen häufig wichtige Frage der Voraussetzungen für ein Verbot der Aufnahme eines freien Beschäftigungsverhältnisses durch einen Strafgefangenen (§§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. StVollzG). Im Raum stand die Frage der Arbeitsaufnahme bei möglicherweise vorliegendem Lohnwucher.

Dazu das OLG:

Einem Strafgefangenen darf die Aufnahme eines freien Beschäftigungsverhältnisses (§§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 StVollzG) nicht gestattet werden, wenn bereits der Abschluss des Arbeitsvertrages möglicherweise ein strafbares Verhalten begründen würde.

Und das gilt auch für Gefangene im Renten- und Pensionsalter.

Weisungen bei der Führungsaufsicht – bestimmt müssen sie sein

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Ich hatte ja neulich schon auf den OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03.2012 – 1 Ws 138/12 – hingewiesen, und zwar im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer „elektronischen Fußfessel (vgl. hier). Der Beschluss des OLG behandelt aber nicht nur die Frage, sondern nimmt auch im Übrigen zu den Anforderungen an Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht Stellung. Das kann man hier nicht alles im Einzelnen darstellen, sondern muss man lesen. Hier müssen die Leitsätze genügen, die man dahin zusammenfassen kann: Bestimmt und verhältnismäßig müssen die Weisungen sein:

1. Auch im Rahmen der Führungsaufsicht ist die Weisung, wonach ein Wohnsitzwechsel des Verurteilten vom (vorherigen) Einverständnis seines Bewährungshelfers oder der Führungsaufsichtsstelle abhängig gemacht wird, unzulässig.

 2. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 7 StGB erteilte Weisung an den Verurteilten, sich mindestens einmal wöchentlich bei seinem Bewährungshelfer zu melden, verstößt gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgebot, wenn nicht gleichzeitig die Art und Weise der Meldung näher konkretisiert ist (u.a. Anschluss an OLG Jena StV 2008, 88). Die Angabe einer Mindestfrequenz vorgeschriebenen Meldungen ist nicht ausreichend, wenn nicht zugleich eine Höchstfrequenz festgelegt wird.

 3. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Weisung, Anordnungen des Bewährungshelfers „gewissenhaft zu befolgen“, verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des § 68 b I 2 StGB und ist auch deshalb unzulässig, weil sie infolge ihrer weiten Fassung geeignet ist, die Lebensführung des Verurteilten in unzumutbarer Weise einzuschränken.

Wie wird das Ermessen bei der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtmG richtig ausgeübt?

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Für diejenigen, die häufig(er) in Btm-Sachen verteidigen, ist die Vorschrift des § 35 BtMG keine „unbekannte Größe“. Aber auch die haben sicherlich an dem OLG Naumburg, Beschl. v. 11.07.2012 – 1 VAs 433/12, den mir der Kollege Siebers übersandt hat (vgl. der Kollege dazu selbst auch hier). Das OLG macht noch mal Ausführungen zur Ausübung des der StA eingeräumten Ermessens.

Daraus folgt, dass bei der Ermessensausübung die Tatschuld nicht herangezogen werden darf. Ebenso wenig darf die Zurückstellung grundsätzlich wegen einer ungünstigen Sozialprognose versagt werden, da die Bestimmung des §. 35 BtMG gerade dann zur Anwendung kommen soll, wenn die Voraussetzungen für eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht vorliegen und auch „Risikopatienten(vgl. OLG Hamburg StV 1998,390 f. ; OLG Zweibrücken StV 2000, 157f.) eine Therapiechance eröffnen soll. Auch die Anforderungen an die Therapiefähigkeit dürfen nichtüberspannt. werden (vgl. OLG Hamm NStZ 1982 485), denn der Gefahr, dass ein Therapieversuch scheitert, war sich der Gesetzgeber bewusst. Ihr soll mit der Möglichkeit der raschen. Fortsetzung der Vollstreckung (§ 35 Abs.5. BtMG.). und. Inhaftnahme (§ 35 Abs. 7.BtMG) begegnet werden. Eine Zurückstellung. kann daher allein dann nicht verantwortet werden, wenn im Einzelfall Erkenntnisse vorliegen, welche die Therapie von vornherein als völlig oder nahezu aussichtslos erscheinen lassen, namentlich wenn ein vernünftiger Zweifel. an der fehlenden Therapieaussicht ausgeschlossen ist. Dann müssen aber die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Erwägungen und Tatsachen im Ablehnungsbescheid mitgeteilt werden (vgl. OLG Karlsruhe StV 1983, 112f.). Hierzu genügen die wesentlichen Faktoren und typischen Erscheinungsformen der Betäubungsmittelabhängigkeit, insbesondere die charakterliche. Labilität, die Drogenkarriere, Häufigkeit der Vorstrafen und zunehmende Rückfallgeschwindigkeit nicht (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., § 35 Rn. 154f.).

Diesen Vorgaben wird der Ablehnungsbescheid nicht gerecht: Insbesondere. steht die Erwägung, der Antragsteller sei nach einer bereits im Jahr 2004 erfolgten Zurückstellung nach § 35 BtMG hinsichtlich der mit Urteil des Landgerichts Halle vom 03. Februar 2003 (28 KLs 502 19529/02 (26/02)) verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und der nach der durchgeführten Therapie gewährten Reststrafenaussetzung zur Be­währung erneut und mehrfach straffällig geworden, dem Zweck des § 35 BtMG entgegen. Diese Begründung der Ablehnung berücksichtigt nicht, dass der Weg aus der Drogensucht regelmäßig mit gescheiterten Therapieversuchen und Rückfällen in kriminelle Verhaltensweisen verbunden ist, weshalb diese einer erneuten Zurückstellung nicht entgegenstehen (vgl. OLG Hamm StV 2010, 147f.; OLG Karlsruhe StraFo 2008, 42ff.). Der Weg aus der Sucht verläuft nicht gradlinig nach einem festen Therapieplan, sondern ist ein langes prozesshaftes Geschehen, in dem es darum geht, Rückfälle therapeutisch zu verarbeiten, drogenfreie Intervalle zu vergrößern und Erfolge in kleineren Schritten anzustreben (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, a.a.O., Rn. 207).

Die Erwägung vor-dem Hintergrund, dass der Antragsteller „seit 1994 wiederholt und regel­mäßig massiv straffällig geworden [ist], er sich weder durch Verurteilungen von weiterem strafbarem Verhalten abhalten lassen [hat], noch das in ihn gesetzte Vertrauen durch Strafaussetzungen zur Bewährung jemals [hat] rechtfertigen können“, müsse seine Zusage, sich erneut einer Therapie unterziehen zu wollen, als reines Zweckverhalten gewertet werden; dies umso mehr, da „die dem Vollstreckungsverfahren zugrundeliegende Verurteilung erneut auf szenetypischer Beschaffungskriminalität beruht“, lässt zum einer die Tatsachen für den aktuelle Schluss auf die fehlende Therapiebereitschaft vermissen und berücksichtigt zum anderen die vom-Antragsteller gezeigten. Bemühungen zur Überwindung seiner Drogensucht nicht, wie sie etwa in der Bescheinigung der Suchtgruppenteilnahme der Justizvoll­zugsanstaltBurg .vom 07. Dezember 201.1 erkennbar werden.Sie stellt vielmehr ermessensfehlerhaft auf die nach Ansieht des Generalstaatsanwalts fehlende positive Sozialprognose ab.

Lieber in Haft als zurück zur Freundin

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Aus der Abteilung Kurioses stammt die Meldung, auf die ich gerade in der Tagespresse gestoßen bin (vgl. auch hier). Ein 22-Jähriger bittet die Polizei ihn lieber in die JVA zu bringen als zurück zu Freundin, mit der es offenbar Beziehungsstress gibt. Da gegen Bewährungsauflagen verstoßen worden ist – also offenbar bereits widerrufen ist – kann man seiner Bitte nachkommen.

Also neuer Haftgrund: Abwendung von weiterem Beziehungsstress :-)?