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Pflichtverteidigerbestellung „für den heutigen Termin“, oder: Echternacher Springprozession beim OLG Koblenz

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Ich hatte Mitte Juni über den LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 12.05.2024 – 2 Qs 14/24 – berichtet, in dem über den Gebührenanspruch eines Pflichtverteidigers entschieden worden ist, der nur für einen Vorführtermin bestellt worden ist (vgl. Pflichtverteidigerbestellung „für den heutigen Termin“, oder: Alle Gebühren, auch die Nr. 4142 VV RVG). In dem Posting hatte ich darauf hingewiesen, dass ich, da das LG die weitere Beschwerde zum OLG zugelassen hatte, gespannt bin, was das OLG Koblenz dazu sagt. Und inzwischen hat das OLG Koblenz sich geäußert, und zwar so, dass ich angenehm überrascht bin (was bei Entscheidungen vom OLG Koblenz nicht so häufig der Fall ist 🙂 . Denn das OLG hat die weitere Beschwerde, die die Bezirksrevisorin natürlich nicht eingelegt hat – „es kann doch nicht sein, dass …..“ 🙂 – mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 04.07.2024 – 2 Ws 412/24 – als unbegründet zurückgewiesen:

„a) Im Ansatz zutreffend geht die Bezirksrevisorin davon aus, dass maßgebend für das Kosten-festsetzungsverfahren der insofern bindende Beiordnungsbeschluss ist (BGH, Beschluss vom 11. April 2018 – Az. XII ZB 487/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Mai 2018 – Az. III – 1 Ws 274/17; OLG Koblenz, Beschluss vom 26. Januar 2015 – Az. 13 WF 67/15 – alle zitiert nach juris). Für die Abgrenzung zwischen einem „Vollverteidiger“ und einem mit einer Einzeltätigkeit beauftragten Rechtsanwalt ist gemäß § 48 Abs. 1 RVG der Wortlaut der Verfügung des Vorsitzenden oder des Gerichtsbeschlusses maßgebend, durch den die Bestellung zum Pflichtverteidiger erfolgt ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 23. Januar 2023, Az. 4 Ws 13/23 – zitiert nach juris). Dem Wortlaut des hier vorliegenden Beiordnungsbeschlusses vom 21. Dezember 2022 ist eine Bei-ordnung „für den heutigen Termin“, mithin die Vorführung vor den Haftrichter gemäß § 115 StPO, zu entnehmen. Damit enthält der Beschluss eine zeitliche Beschränkung auf den Termin der Vorführung. Ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf § 143 StPO zulässig ist, kann auf Grund der Bindungswirkung des Beiordnungsbeschlusses für das Kostenfestsetzungsverfahren dahinstehen. Eine inhaltliche Beschränkung auf die Haftfrage ist dem Beschluss dagegen nicht zu entnehmen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2023 – Az. 2 Ws 13/23 – zitiert nach juris; aA für den – hier nicht vorliegenden – Fall eines schon beauftragten Wahlverteidigers: OLG Stuttgart, aaO).

Demzufolge ist bei der Festsetzung der Gebühren von der für den Termin der Vorführung erforderlichen, tatsächlich angefallenen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen, soweit sie sich im Rahmen dieses Beiordnungsbeschlusses hält. Dies ist jedenfalls dann, wenn wie vorliegend noch kein anderer Verteidiger bestellt ist, sondern ein solcher bloß die Bereitschaft zur Übernahme der Verteidigung erklärt hat, beim Vorführungstermin jedoch verhindert ist, nicht allein die Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG. Nach Absatz 1 der Vorbemerkung 4.3 VV RVG entstehen die Gebühren für einzelne Tätigkeiten, ohne dass dem Rechtsanwalt sonst die Verteidigung oder Vertretung übertragen ist. Der Verteidiger war hier jedoch nicht nur „für den Termin“ mit einer einzelnen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 der Vorbemerkung zu 4.3 beauftragt, sondern ihm wurde vielmehr eine Vollverteidigung übertragen. Die Tätigkeit im Rahmen des Vorführtermins erschöpft sich nämlich nicht alleine in der insofern in Betracht zu ziehenden Betätigung nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG (Beistandsleistung für den Beschuldigten im Rahmen einer richterlichen Vernehmung). Die richterliche Vernehmung ist zwar gemäß § 115 Abs. 2 StPO Teil einer Eröffnung eines Haftbefehls, diese geht jedoch darüber hinaus. Vorliegend war eine Erstberatung noch nicht erfolgt. Daher war – unabhängig von der später erfolgten Beiordnung eines anderen Verteidigers – eine umfassende Beratung zur Verteidigungsstrategie im Termin zur Vorführung nach § 115 StPO zwingend geboten. So war beispielsweise bereits zu diesem Zeitpunkt zu entscheiden, ob sich durch eine Einlassung ein dringender Tatverdacht ausräumen lässt oder sich eine (geständige) Einlassung auf die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls auswirken kann. Die gewählte Vorgehensweise kann sich gegebenenfalls bestimmend für das Verteidigungsverhalten im weiteren Verfahrensverlauf auswirken. Dies gilt ebenso für die Frage der Beratung zu einer drohenden Einziehung.

Diesen Gegebenheiten wird bei bislang noch nicht erfolgter Erstberatung trotz zeitlicher Beschränkung der Aufgabenwahrnehmung nur durch eine volle Pflichtverteidigung Rechnung getragen (vgl. auch K. Sommerfeldt/T. Sommerfeldt in: BeckOK RVG, 64. Ed. § 48 Rdn. 121). Durch die Beiordnung eines Verteidigers für die Wahrnehmung eines Termins wird daher ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat.

b) Daraus folgt, wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat: die Grundgebühr nebst Haftzuschlag (Vorbemerkung 4 Ziffer 4 VV RVG) gemäß Nummer 4101 VV RVG deckt die erforderliche Einarbeitung in den Fall ab, daneben fällt die Verfahrensgebühr gemäß Nummer 4105 VV RVG an. Der Vorführungstermin zur Verkündung des Haftbefehls gemäß § 115 StPO erfüllt ohne weiteres die Voraussetzungen von Nummern 4102 Ziffer 3, 4103 VV RVG, wonach die Terminsgebühr mit Zuschlag für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung anfällt, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft verhandelt wird. Gleiches gilt – im Hinblick auf die drohende Einziehung – gemäß Nummer 4142 VV RVG.

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Gebührentatbestand der Nummer 4301 Ziff. 4 VV RVG herleiten. Dieser regelt die Vergütung für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen Vernehmung im Rahmen einer Einzeltätigkeit. Die Einzeltätigkeit setzt voraus, dass dem Rechtsanwalt nicht die Verteidigung übertragen worden ist. Dies ist hier aber gerade nicht der Fall (vgl. oben 2. a)).

Hiergegen kann auch nicht angeführt werden, dass der Gebührentatbestand Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG ins Leere laufe, da als Anwendungsfall zumindest die Tätigkeit im Rahmen des § 140 Abs. 1 Nr. 10 StPO verbleibt.“

Anzumerken ist: Eine weitere (obergerichtliche) Entscheidung in der Frage, welche Gebühren für den nur für einen Vorführtermin bestellten Pflichtverteidiger anfallen. Allmählich kann man die Auffassung, die in diesen Fällen nicht nur von einer Einzeltätigkeit ausgeht, sondern den Pflichtverteidiger als „vollen Verteidiger“ ansieht, der nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG alle (Verteidiger)Gebühren abrechnen kann, als herrschende Meinung ansehen.

Mit der Begründung des OLG Koblenz kann ich mich allerdings nicht so richtig anfreunden, da das OLG das gefundene Ergebnis offenbar sogleich wieder einschränken will. Denn das OLG will – so ist es m.E. zu verstehen – von Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG und damit vom Anfall aller Gebühren wohl nur dann ausgehen, „wenn wie vorliegend noch kein anderer Verteidiger bestellt ist, sondern ein solcher bloß die Bereitschaft zur Übernahme der Verteidigung erklärt hat.“ Diese Sicht der Dinge ist m.E. falsch. Denn auch, wenn bereits ein Verteidiger bestellt ist oder sich bestellt hat, muss der Verteidiger im/für den Vorführtermin die vom OLG beschriebenen Verteidigertätigkeiten erbringen. Das ist/wäre aber originäre volle Verteidigertätigkeit und geht weit über das hinaus, was über eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG abzurechnen wäre. Von daher ist die Entscheidung „unschön“ und mutet ein wenig wie die Echternacher Springprozession: Zwei Schritte vor, einer zurück.

OWI II: Verletzung des rechtlichen Gehörs bei „OWis“, oder: Hilfsbeweis, (rechtzeitiger) Entbindungsantrag

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Im zweiten Posting habe ich hier dann vier Entscheidungen zur Verletzung des rechtlichen Gehörs, darunter (natürlich) auch drei, die sich mit „Entbindungsfragen“ (§§ 73, 74 OWiG) befassen. Ich stelle hier dann aber nur die Leitsätze vor, und zwar.

Von einer Versagung des rechtlichen Gehörs kann regelmäßig nur ausgegangen werden, wenn der Betroffene erfolglos alle ihm nach der konkreten Verfahrenslage zu Gebote stehenden prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich Gehör zu verschaffen. Hierzu gehört namentlich auch die Stellung von (Hilfs-)Beweisanträgen.

Bleibt der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung fern und wird daraufhin sein Einspruch durch Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, kann die Einspruchsverwerfung das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzen, wenn rechtzeitig vorgebrachte und hinreichende Entschuldigungsgründe von dem erkennenden Gericht nicht berücksichtigt worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich der Betroffene genügend entschuldigt hat. Vielmehr genügt es, dass eine beim Vorhandensein von Anhaltspunkten von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ergibt, dass das Fernbleiben des Betroffenen genügend entschuldigt ist.

    1. Zur Fortgeltung eines noch nicht beschiedenen Entbindungsantrages bei Verlegung der Hauptverhandlung (Fortführung von BGH StraFo 2024, 110)
    2. Zu rechtsmissbräuchlichem Verteidigerhandeln im Zusammenhang mit dem (Nicht-)Stellen eines Entbindungsantrages.
    3. Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung des BGH StraFo 2024, 110 so zu verstehen ist, dass auch ein nicht beschiedener Entbindungsantrag bei einer Terminverlegung fortwirkt.

Befindet sich der drei Tage vor einem Hauptverhandlungstermin per beA übermittelten Entbindungsantrag zwar erst am Ende eines mehrseitigen Schriftsatzes, wird aber auf der ersten Seite des Schriftsatzes auf den Gerichtstermin mit dem Zusatz „EILT SEHR !“ hingewiesen, kann der Betroffene von der Berücksichtigung seines Antrags ausgehen.

Und zu den Fragen steht dann eine ganze Menge in <<Werbemodus an>> Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024, das jetzt gerade neu erschienen ist und hier bestellt werden kann. <<Werbemodus aus>>.

OWi I: Streifenwagen, blaues Blinklicht, Martinshorn, oder: Wie war die konkrete Verkehrssituation?

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Ich stelle heute dann mal wieder OWi-Entscheidungen vor. Davon gibt es im Moment nicht so ganz viel. Ein paar habe ich aber inzwischen, über die ich hier berichten kann.

Ich beginne mit einem Beschluss des OLG Hamm, und zwar dem OLG Hamm, Beschl. v. 02.07.2024 – 5 ORbs 132/24 – zum freie Bahn Schaffen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 StVO).

Das AG hate den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflicht, einem Einsatzfahrzeug mit Blinklicht und Einsatzhorn sofort freie Bahn zu schaffen, zu einer Geldbuße in Höhe von 240 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dazu hat es festgestellt, dass der Betroffene am 07.06.2023 auf der A N01 in Richtung R. als Führer eines Lastkraftwagens zunächst den rechten Fahrstreifen befahren habe. Ein Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn habe sich hinter dem Betroffenen befunden. Er sei dann auf den linken Fahrstreifen gewechselt, um ein anderes Fahrzeug zu überholen. Daraufhin habe der nach ihm fahrende Streifenwagen stark abbremsen müssen und sei insoweit an seiner uneingeschränkten Weiterfahrt gehindert gewesen, was der Betroffene bei der Durchführung des Überholmanövers habe absehen müssen.

Dagegen die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte. Dem OLG genügen die Feststellungen des AG nicht:

„Das angefochtene Urteil leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel. Die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung ermöglichen dem Rechtsbeschwerdegericht keine ausreichende Prüfung dahingehend, ob hier ein sorgfaltswidriger Verkehrsverstoß gegen § 38 Abs 1 S. 2 StVO vorliegt. Die Pflicht der übrigen Verkehrsteilnehmer nach § 38 Abs 1 S. 2 StVO richtet sich im Einzelfall nach der jeweiligen konkreten Verkehrslage, zu der das Tatgericht ausreichende Feststellungen treffen muss (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 13.01.1984 – 1 Ss 905/83 = BeckRS 1984, 497). Daran fehlt es hier.

Das Amtsgericht hat es in den Urteilsgründen (UA S. 2 f.) unterlassen, Feststellungen im Hinblick auf die Geschwindigkeit des vom Betroffenen gesteuerten Lastkraftwagens zu treffen. Außerdem fehlen Angaben dazu, in welchem Abstand sich das Polizeifahrzeug hinter dem Fahrzeug des Betroffenen befand. Ohne diese Angaben ist es dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt, eine eigene Prüfung des etwaigen Sorgfaltspflichtverstoßes vorzunehmen. Denn ohne eine Vorstellung von der gefahrenen Geschwindigkeit des Lastkraftwagens und dessen Abstand zum – mit ca. 180 km/h fahrenden – dahinter befindlichen Streifenwagen lässt sich nicht ausreichend beurteilen, ob es dem Betroffenen vor dem Überholvorgang bei aufmerksamer Beobachtung der Verkehrslage überhaupt möglich gewesen wäre, das mit Sonderrechten ausgestattete Polizeifahrzeug wahrzunehmen.

Diese unterlassenen Sachverhaltsfeststellungen haben zudem für die Beurteilung des Vorliegens des Regelfahrverbots eine gewisse Relevanz, da nur unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrslage eine etwaige Abweichung vom Regelfall tragfähig beurteilt werden kann.

Im Übrigen sei angemerkt, ohne dass dies entscheidungserheblich ist, dass sich ein Fahrverbot grundsätzlich auch auf das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen bezieht (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.04.2002, Az. Ss (B) 13/02 (18/02) = BeckRS 2002, 30252577).“

Pflichti II: Bestellung eines Sicherungsverteidigers, oder: Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung

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Und im zweiten Posting dann „Diverses“ zur Pflichtverteidigung, allerdings auch wieder nur die Leitsätze, da die entschiedenen Fragen schon häufiger entschieden worden sind. Hier sind dann also:

1. Die Beiordnung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers als Sicherungsverteidiger kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht.

2. Ein derartiger Fall ist nur anzunehmen, wenn hierfür – etwa wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache – ein „unabweisbares Bedürfnis“ besteht, um eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte des Angeklagten und einen ordnungsgemäßen Verfahrensverlauf zu gewährleisten.

1. Zu den Voraussetzungen der Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung.

2. Die Aufhebung der Bestellung nach § 143 Abs. 2 Satz 1 StPO steht im Ermessen des Gerichts. Den Beschlussgründen muss zu entnehmen sein, dass sich das Gericht des ihm eröffneten Ermessensspielraums bewusst war und dass es sein Ermessen unter Berücksichtigung der im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte ausgeübt hat.

 

 

Pflichti I: 5 x etwas zu den Beiordnungsgründen, oder: Höhe der Strafe, Berufung der StA, Betreuer, KiPo

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Und heute ist dann mal ein „Pflichti-Tag“ mit einigen Entscheidungen zu Pflichtverteidigungsfragen. Da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt.

Ich starte hier mit Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, und zwar – wie gehabt – nur mit den Leitsätzen, da es sonst zu viel wird:

Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist in der Regel erst bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu bejahen.

Im Berufungsverfahren ist dem Angeklagten in der Regel ein Verteidiger beizuordnen, wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes Urteil Berufung eingelegt hat und eine Verurteilung aufgrund abweichender Beweiswürdigung oder sonst unterschiedlicher Beurteilung der Sach- oder Rechtslage erstrebt.

Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen Unfähigkeit der Selbstverteidigung, wenn dem Beschuldigten ein Betreuer bestellt ist.

Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge im Sinne des § 68 Nr. 1 JGG i.V.m. § 140 Abs. 2 StPO gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Ausreichend ist, wenn einem Angeklagten in mehreren Parallelverfahren Strafen, die letztlich gesamtstrafenfähig sind und deren Summe voraussichtlich eine Höhe erreicht, drohen.

1. Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers in einem sog. KiPo-Verfahren.
2. Die Sachlage ist unter anderem dann im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO schwierig, wenn die Staatsanwaltschaft in Ermittlungsverfahren wegen Verdachts von Straftaten nach § 184b StGB ggf. externe Sachverständige mit der Auswertung und Begutachtung sichergestellter Datenträger beauftragt. Die zu erwartende Auseinandersetzung mit technischen Untersuchungsberichten begründet eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Sachlage, für die auch nur dem Verteidiger zu gewährende Aktenkenntnis erforderlich ist.