Und heute dann ein Tag mit neuen Entscheidungen zum KCanG.
Ich beginne hier zunächst mit zwei Entscheidungen zum materiellen Recht, und zwar einmal BGH und einmal OLG Hamm.
Im BGH, Beschl. v. 23.10.2024 – 2 StR 411/24 – nimmt der BGH zum Begriff des Herstellens von Cannabis Stellung. Nach den Feststellungen des LG hatte sich der Angeklagte gegenüber unbekannten Hintermännern bereit erklärt, für zehn Tage als Erntehelfer gegen eine Entlohnung von 100 Euro pro Tag auf einer von diesen in einem Reihenhaus betriebenen Marihuanaplantage tätig zu werden. Er begann am 24.06.2023 nach Anleitung und Weisung eines Tatgenossen mit der Ernte in einem Raum im Erdgeschoss des Hauses, wobei er wusste, dass das Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Er wurde am 27.06. 2023 in der Nähe des Objekts verhaftet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er 254 Pflanzen mit einer Gesamtmenge von 8.417,20 g Marihuana und einem Wirkstoffgehalt von 1.508 g THC abgeerntet und die Marihuanablüten auf drei Trockennetzen mit jeweils acht Etagen in der Mitte des Erdgeschossraumes ausgelegt. Aufgrund der Verhaftung unterblieb die Ernte von weiteren 588 Pflanzen in drei weiteren Räumen mit einem Gewicht von 26.390,8 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 3.200 g THC.
Das LG hatte „nur“ wegen Beihilfe zum Handeltreiben verurteilt, der BGH ändert den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte des Herstellens von Cannabis in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist:
„a) Der Angeklagte hat durch die Ernte und durch das anschließende Auslegen zur Trocknung der Marihuanapflanzen (vgl. § 1 Nr. 8 KCanG) nicht nur die unbekannt gebliebenen Hintermänner der Plantage bei deren Handeltreiben unterstützt, sondern darüber hinaus, vom Landgericht nicht gewürdigt, täterschaftlich Cannabis hergestellt. Das Herstellen umfasst in Anlehnung an die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 4 BtMG das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln (vgl. Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 119). Der Begriff umfasst damit eine Palette von Tätigkeiten. Gewinnen ist die Entnahme von Pflanzen, Pflanzenteilen oder Pflanzenerzeugnissen aus ihrer natürlichen (wildwachsenden) oder künstlich angelegten Umgebung (MüKo-StGB/O?lakc?o?lu, 4. Aufl., BtMG, § 2 Rn. 32). Die Ernte von Marihuanablättern stellt ein Gewinnen im Sinne der Vorschrift und damit eine Form des Herstellens dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2024 – 3 StR 98/24, Rn. 9, vom 31. Juli 2024 – 2 StR 204/24, Rn. 13 und vom 7. August 2024 – 3 StR 278/24, Rn. 10). Da der Angeklagte damit sämtliche Tatbestandsmerkmale der Straftat in eigener Person verwirklicht hat, steht hier sein fehlender Täterwille im Hinblick auf den gesamten Produktionsprozess seiner (unmittelbaren) Täterschaft bei der Entnahme der Pflanzen nicht entgegen (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 26. November 1986 – 3 StR 107/86, NStZ 1987, 224, 225 und vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14, Rn. 56; vom 21. Oktober 2020 – 2 StR 72/20, NStZ 2022, 170, Rn. 14).
b) Das (täterschaftliche) Herstellen von Cannabis steht in Tateinheit zur Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (vgl. MüKo-StGB/O?lakc?o?lu, 4. Aufl., BtMG, § 29 Rn. 511; vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. März 2022 – 5 StR 340/21, Rn. 1). Insofern hat sich die konkurrenzrechtliche Bewertung gegenüber den bisherigen Grundsätzen im Betäubungsmittelrecht nicht geändert (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2024 – 4 StR 187/24, Rn. 9 mwN).“
Und dann das OLG Hamm mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 14.01.2025 – III-4 ORs 172/24 – kurz und zackig zur „nicht geringen Menge“:
„Der Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG steht ersichtlich bereits entgegen, dass sich die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auch auf Kokain, also eine harte Droge bezog und dass hinsichtlich des Cannabis der Grenzwert zur nicht geringen Menge von 7,5 g Tetrahydrocannabinol – (vgl. nur BGH, Beschluss vorn 18. April 2024 — 1 StR 106/24 – juris) vorliegend um mehr als das Dreifache überschritten worden ist.“
Wie gesagt: Kurz und zackig. Ob richtig, ist eine ganz andere Frage.