Eine Tür, die sich öffnet, darf man nicht selbst wieder zuschlagen….

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Die Frage der Zulässigkeit der nachträglichen Beiordnung/Bestellung eines Rechtsanwalts nach Rechtskraft zum Beistand/Pflichtverteidiger ist ein Problem, über das in Praxis heftig gestritten wird. Die wohl überwiegende Meinung der Obergerichte sieht das als unzulässig an und lehnt entsprechende Anträge immer wieder ab bzw. weist Beschwerde zurück, die sich gegen entsprechende negative landgerichtliche Entscheidungen richten. Argument an der Stelle dann immer: Es gehe um eine ordnungsgemäße Verteidigung/Vertretung. Die müsse/könne aber nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr gewährleistet werden. Die Beiordnung/Bestellung erfolge nicht im Kosteninteresse des Rechtsanwalts/Nebenklägers/Beschuldigten. So weit – ob so gut, ist eine andere Frage. Jedenfalls muss man die Rechtsprechung im Auge haben.

Und man muss auch im Auge haben, dass von dieser (strengen) Rechtsprechung Ausnahmen gemacht werden. Auf jeden Fall von den LG – dazu gibt es eine große Zahl von Entscheidungen, die z.T. in meinem Handbuch für das Strafrechtliche Ermittlungsverfahren, angeführt sind. Aber z.T. auch von den OLG. Zuletzt jetzt gerade vom OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 04.08.2015 – 2 Ws 111/15. Das hat sich zwar grundsätzlich auch der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen, führt aber aus:

„Soweit eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer rückwirkenden Beiordnung eines anwaltlichen Beistandes oder der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach der Rechtsprechung dann in Betracht kommt, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (vgl. BVerfGE v. 11.10.1996, 2 BvR 1777/95; BGH aaO; OLG Köln Beschl. v. 01.10.1999, 2 Ws 528/99; KK-Senge aaO), …“

So weit, so gut. Und das stimmt hoffnungsfroh, dass sich die Tür zur nachträglichen Beiordnung hier (ein wenig) öffnet. Nur: Der Rechtsanwalt muss auch etas dafür tun, dass die Tür weit aufgeht und darf nicht selbst dafür sorgen, dass sie sich wieder schließt. Und das hat sie sich in dem vom OLG Celle entschiedenen Fall. Denn das OLG führt weiter aus:

„……führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor. Der Antrag der Nebenklägerin vom 16.03.2015 ist durch Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 21.05.2015 beschieden worden. Diese Bescheidung war auch rechtzeitig, sie erging mehr als 5 Wochen vor der für den 29.06.2015 anberaumten Hauptverhandlung. Hätte die Nebenklägerin nicht erst mit Schriftsatz vom 15.06.2015 Beschwerde eingelegt, wäre aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine Beschwerdeentscheidung noch vor der anstehenden Hauptverhandlung ergangen.“

Also: Man muss agieren, um dem Einwand der Ununzulässigkeit zu entgehen. Ggf.muss man erinnern, wenn man merkt oder es den Anschein hat, dass das „Bewilligungsgericht“ bewusst untätig bleibt – soll es ja auch geben.

Kleines Trostpflaster (?) im OLG Celle-Beschluss:

„Ergänzend bemerkt der Senat, dass der Beschwerde – auch im Falle ihrer Zulässigkeit – aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses in der Sache der Erfolg versagt geblieben wäre.“

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