Archiv für den Monat: März 2015

Belehrt werden muss vor der Zustimmung – das ist klar.

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Aus dem „Verständigungs-Rechtsprechungs-Marathon“ heute zunächst mal eine Entscheidung, die sich nicht mit der Frage der Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 StPO) und/oder dem Verständigungsinhalt (§ 257c StPO) befasst, sondern mit der Frage der Belehrung des Angeklagten nach § 257c Abs. 5 StPO und dem Zeitpunkt dieser Belehrung. Dazu hat der BGH im BGH, Beschl. v. 10.02.2015 – 4 StR 595/14 – Stellung genommen und festgestellt, was an sich selbstverständlich ist: Belehrt werden muss vor der Zustimmung:

„c) Die Rüge der unterbliebenen (rechtzeitigen) Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO ist auch begründet.

aa) Der Beschwerdeführer ist vor Abgabe seiner Zustimmung zu der Verständigung entgegen § 257c Abs. 5 StPO nicht belehrt worden. Dies steht aufgrund der formellen Beweiskraft des ursprünglichen Protokolls, das keine Belehrung ausweist, fest (§ 274 Satz 1 StPO; s. dazu oben 1. b) aa). Eine Ver-ständigung ist aber nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht nach § 257c Abs. 4 StPO belehrt worden ist. Die Belehrungspflicht verliert nicht deshalb an Bedeutung oder wird gar obsolet, weil eine Lösung des Gerichts von der Verständigung nach § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO das infolge der Verständigung abgegebene Geständnis unverwertbar macht. Denn die Belehrung hat sicherzustellen, dass der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Ver-ständigung informiert ist (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/12310, S. 15; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 237; Beschluss vom 25. August 2014 – 2 BvR 2048/13, StV 2015, 73; BGH, Beschluss vom 19. August 2010 – 3 StR 226/10, StV 2011, 76; Urteil vom 7. August 2013 – 5 StR 253/13, StV 2013, 682, 683).“

Der Beschluss ist auch ganz interessant wegen der formellen Seite der Verfahrensrüge. Da ist es ein wenig hin und her gegangen, letztlich war die Rüge dann aber zulässig begründet.

Middelhoff bleibt drin – auch 900.000 € Kaution reichen nicht

HaftDas OLG Hamm hat gestern über eine (weitere) Haftbeschwerde von Thomas Middelhoff entschieden. Und: Es hat die Aufhebung des Haftbefehls gegen Middelhoff abgelehnt (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 17.03.2015 – 5 Ws 81/15, zu dem es bisher nur eine PM gibt). Fazit: Middelhoff „bleibt drin“. Es besteht weiterhin Fluchtgefahr und die angebotenen 900.000 € Kaution reichen für eine Außervollzugsetzung nicht aus. Aus der PM:

„Die im Fall des Angeklagten fortbestehende Straferwartung von derzeit immer noch 20 Monaten Freiheitsstrafe begründe einen erheblichen Fluchtanreiz. Der Angeklagte mache weiterhin geltend, dass er gegenwärtig weder über privates Vermögen verfüge noch eine realistische Chance habe, aufgrund eigener Arbeitstätigkeit in Deutschland bzw. dem benachbarten europäischen Ausland Einkommen zu erzielen, mit dem er den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen könne. Der Angeklagte werde sich deshalb schnellstmöglich eine neue wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen müssen. Dies begründe einen Fluchtanreiz. Der Senat gehe nach wie vor davon aus, dass der Angeklagte nach seinen früheren umfangreichen Auslandskontakten im außereuropäischen Ausland weiterhin geschäftlichen Perspektiven habe.

……..

Der Zweck der Untersuchungshaft lasse sich nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreichen. Eine vom Angeklagten angeboteneSicherheitsleistung in Höhe von nahezu 900.000 Euro, die von Dritten erbracht werden solle, sei nicht ausreichend. Dabei könne offen bleiben, ob die angebotene Sicherheitsleistung im Fall des wegen Untreue in 27 Fällen verurteilten Angeklagten überhaupt ein geeignetes Haftsurrogat sei. Die Höhe der angebotenen Kaution sei nicht geeignet, einen derartigen Druck auf den Angeklagten auszuüben, dass er den Verfall der Kaution nicht riskieren werde. Man könne zwar in der angebotenen Sicherheitsleistung durch Familienmitglieder und enge Freunde ein stabilisierendes Element sehen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass der Angeklagte über viele Jahre hinweg ein jährliches Einkommen erzielt habe, dass die angebotene Kaution um ein Vielfaches übersteige. Für den Fall, dass es ihm auch nur annähernd gelingen sollte, mit dem Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz an frühere Verdienstmöglichkeiten anzuknüpfen, könne er alle Sicherungsgeber binnen kürzester Zeit schadlos stellen.“

Das hat das OLG früher auch schon mal anders gesehen. Noch 20 Monate Straferwartung = noch nicht einmal 2 Jahre reichen zur Begründung der Fluchtgefahr aus? Und der kann ich dann nicht mit einer Kaution von 900.000 € begegnen. Ich habe Zweifel, ob das richtig ist.

Nachtrag: Danke für den Hinweis eines Lesers auf Facebook: Da war in der Überschrift eine „0“ zu viel. Es war keine Kaution von 9.000.000 € angeboten 🙂 . Sorry.

Lichtbild mit Beifahrerin?, oder: Da braucht man ggf. auch einen FA für Familienrecht…

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Eine im Bußgeldverfahren sicherlich immer mal wieder auftauchende Frage hat das OLG Oldenburg im OLG Oldenburg, Beschl. v. 09.02.2015 – 2 Ss (OWi) 20/15 entschieden. Nämlich: Unterliegt ein Lichtbild, das im Rahmen einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme von einem Verkehrsverstoß gefertigt worden ist, auf dem nicht nur der Fahrer, sondern auch der Beifahrer erkennbar ist, einem Verwertungsverbot, wenn dieses Foto ohne Unkenntlichmachung des Beifahrers in die Gerichtsakte gelangt und darf/kann das Amtsgericht aus der Person des Beifahrers Schlüsse auf die Identität des Fahrzeugführers ziehen? Das AG hatte ein solches Lichtbild verwertet, in dem es seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen u. a. auch damit begründet hatte, dass die auf dem Lichtbild erkennbare Beifahrerin „mit großer Wahrscheinlichkeit die Tochter des Betroffenen“ sei.

Das OLG Oldenburg lässt offen, ob es zulässig ist, das Lichtbild ohne Unkenntlichmachung der Person des Beifahrers in die Akte der Verwaltungsbehörde und später des Gerichtes zu übernehmen , hat aber gegen die Beweiswürdigung des AG keine Bedenken:

„Der Betroffene hat insoweit gerügt, dass ein Beweisverwertungsverbot bestehe, da das Persönlichkeitsrecht der Beifahrerin tangiert sei.

Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2010, 2717 f) hat es als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden angesehen, dass die Gerichte als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO angesehen haben. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, dass bei einer Bildaufnahme, bei der Fahrer und Kennzeichen identifizierbar seien, allerdings ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliege. Die Maßnahme ziele aber nicht auf Unbeteiligte, sondern ausschließlich auf Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben hätten, da der Verdacht eines bußgeldbewehrten Verkehrsverstoßes bestehe.

Zwar bestand hier kein Verdacht gegen die Beifahrerin. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat aber auf § 100h Abs. 3 StPO verwiesen, wonach andere Personen nur betroffen sein dürfen, wenn dies unvermeidbar sei.

Da es nach Auffassung des Senates unvermeidbar ist, dass bei Anfertigung eines Fotos im Rahmen einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme auch der Beifahrer mit abgebildet wird, sieht er die Anfertigung des Lichtbildes als durch § 100h Abs. 3 StPO gedeckt an (so auch bereits Amtsgericht Herford, DAR 2010, 592 f).

Der Senat lässt offen, ob es zulässig ist, das so gefertigte Lichtbild ohne Unkenntlichmachung der Person des Beifahrers in die Akte der Verwaltungsbehörde und später des Gerichtes zu übernehmen. Geschieht dies, führt dieses zumindest nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn das Amtsgericht Schlüsse von der Person des Beifahrers auf den Fahrer zieht.

Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2009, 3293 f) hatte bei einem Sachverhalt, in dem von einem Fahrzeugführer eine verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung gefertigt worden war und die Fachgerichte als Rechtsgrundlage einen Ministerialerlass herangezogen hatten, es (nur) als zumindest möglich angesehen, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annähmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe.

Im Beschluss vom 07.12.2011 (2 BvR 2500/09) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass ein Beweisverwertungsverbot eine begründungsbedürftige Ausnahme darstelle und insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden seien, geboten sein könne (juris Rn. 117).

Von einer derartigen Eingriffsintensität ist die Vorgehensweise des Amtsgerichts weit entfernt.

Das Lichtbild ist zunächst aufgrund einer ausreichenden Rechtsgrundlage gefertigt worden. Es ist dann im Rahmen des Verfahrens, das sich gegen die Person richtete, von der verdachtsabhängig ein Lichtbild gefertigt worden ist, verwertet worden. Die Rechtsbeschwerde macht auch (lediglich) geltend, dass das Persönlichkeitsrecht der Beifahrerin tangiert sei. Demgegenüber ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen durch die Auswertung des Lichtbildes der Beifahrerin nicht in einem Maße berührt, dass insofern von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen werden müsste.

Der BGH (St 11, 213 ff) hatte in einem Fall, in dem ein Zeuge nicht über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt worden war, darauf abgestellt, dass diese Vorschrift ausschließlich auf der Achtung vor der Persönlichkeit des Zeugen beruhe. Durch den Konflikt des Zeugen werde der Rechtskreis des Beschuldigten nicht so berührt, dass ihm wegen unterbliebener Belehrung ein Revisionsrügerecht zugestanden werden könne.

So liegt es auch hier: Dass der Rechtskreis des Betroffenen hier dadurch berührt wäre, dass durch Bekanntwerden der Person der Beifahrerin seine Interessen verletzt sein könnten, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Darüber hinaus gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass „planmäßig oder systematisch“ (BVerfG vom 7.12.2011, s.o.), Fotos der Beifahrer, auf denen diese erkennbar sind, zum Zwecke der indirekten Identifizierbarkeit des Fahrers zum Gegenstand der Bußgeldakten gemacht werden.“

Aufgehoben hat das OLG dann aus einem ganz anderen Grund: Das Lichtbild war nämlich nicht Gegenstand der Hauptverhandlung (§ 261 StPO).

Im Übrigen: In einer solchen Sache braucht man – je nachdem, wer auf dem Lichtbild abgebildet ist – hier war es zum Glück 🙂 ja die Tochter – ggf. nicht nur einen Fachanwalt für Verkehrsrecht, sondern möglicherweise auch einen für Familienrecht. 🙂

Trunkenheitsfahrt: Vorsatz – ja oder nein?

© monticellllo - Fotolia.com

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Die Frage, ob eine Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) vorsätzlich begangen wurde oder nicht, kann in verschiedener Hinsicht Auswirkungen im Verfahren haben. So kann ggf. eine höhere Strafe festgesetzt werden die Sperrfrist (§ 69a StGB) kann länger werden und auch bei der Rechtsschutzversicherung kann es Probleme geben. Daher wird um „Vorsatz – ja oder nein“ häufig auch bei „Allerweltstrunkenheitsfahrten“ gekämpft. Als Verteidiger wird man in den Fällen dem Mandanten im Zweifel raten, den Mund zu halten, und sich dann mehr oder weniger entspannt zurücklehnen, um zu schauen, wie das Gericht „nun die Enden zusammen bekommt“ = welche Umstände festgestellt werden, um den Vorsatz begründen zu können. Mit diesen Umständen setzt sich der KG, Urt. v. 24.11.2014 –   (3) 121 Ss 155/14 (115/14) – auseinander. Da war der Angeklagte vom LG wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (BAK 1,8 o/oo) verurteilt worden. Er hatte in Berlin öffentliche Straßen befahren und war dann an einer Lichtzeichenanlage bei Rotlicht eingeschlafen und erst nach einigen Schaltphasen durch andere Verkehrsteilnehmer geweckt worden. Den Vorsatz hatte das AG u.a. auf eine Vorverurteilung des Angeklagten wegen Trunkenheitsfahrt im Jahr 2009 gestützt. Das KG hatte insoweit keine Bedenken:

„Das Urteil teilt mit, dass der Angeklagte sich nicht eingelassen hat, so dass die Kammer keine Feststellungen zu den Umständen, namentlich dem Zeitpunkt und der Menge des Alkoholkonsums, treffen konnte. Auch die Täterpersönlichkeit konnte das Landgericht nur bedingt aufklären. Das Landgericht hat auf den Vorsatz unter anderem jedoch daraus geschlossen, dass der Angeklagte bereits im Juli 2009 und damit weniger als vier Jahre vor der neuerlichen Tat wegen – fahrlässiger – Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war, wobei ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine achtmonatige Sperrfrist angeordnet worden war. Die Kammer hat aus diesem Umstand gefolgert, dass dem Angeklagten „bekannt und bewusst war, dass die konsumierte – den Grenzwert erheblich übersteigende – Alkoholmenge zur Fahruntüchtigkeit führt, so dass er die Auswirkungen seines Trinkens und die daraus resultierende von ihm ausgehende Gefährdung der Sicherheit des öffentlichen Verkehrs zumindest billigend in Kauf genommen hat“ (UA S. 8, 9). Die von der Strafkammer gezogene Schlussfolgerung, die Vorverurteilung habe den Angeklagten über die Wirkung des Alkohols aufgeklärt und ihn zugleich nachdrücklich und gewissermaßen anhaltend gewarnt, ist möglich und nachvollziehbar (vgl. auch Fischer, StGB 61. Aufl., § 316 Rn. 45 mwN); zwingend braucht sie, wie dargelegt, nicht zu sein (vgl. BGH NStZ 2014, 451).

Es bedurfte auch nicht der Darlegung der genauen Umstände der einschlägigen Vorverurteilung. Als Grundlage für den von der Strafkammer gezogenen Schluss reicht es aus, dass der Angeklagte bereits einmal strafgerichtlich verurteilt werden musste, weil er ein Kraftfahrzeug in alkoholbedingt fahrunsichern Zustand geführt hatte. Ebendies ergibt sich aus der Mitteilung des verwirklichten Tatbestands (UA S. 3: § 316 Abs. 2 StGB). Dem widerspricht auch nicht die Entscheidung des OLG Celle (NZV 1998, 123). Zwar tritt darin die Auffassung zutage, das Urteil müsse den der Vorverurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt feststellen, wenn daraus Schlussfolgerungen gezogen werden sollen. Dies betraf indes eine Vorverurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB, und für das Revisionsgericht war – nachvollziehbar – unklar, ob dem Urteil überhaupt eine alkoholbedingte Fahrunsicherheit (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB) zugrunde gelegen hatte. Diese Unklarheit besteht hier nicht.

Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht. Ich hätte vielleicht doch ein wenig über die Vortat wissen wollen – zumal die ja „nur“ fahrlässig begangen worden ist. Eine ganz andere Frage ist, ob nicht auch die übrigen Tatumstände für die Annahme von Vorsatz ausgereicht hätten. Einschlafen vor der Ampel und Wachwerden erst nach mehreren Schaltphasen…..

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit den Gebühren im Klageerzwingungsverfahren?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Am vergangenen Freitag hatte ich das Posting: Wie ist das mit den Gebühren im Klageerzwingungsverfahren? veröffentlicht, das mit der Frage abgeschlossen hat, ob die Abrechnung/Ansicht der Staatskasse in dem Sache richtig war. Nun, dazu gibt es einen Beschluss, nämlich den OLG Koblenz, Beschl. v. 08.08.2014 – 1 Ws 56/14. Und: M.E. nur zum Teil richtig,w as das OLG da gemacht hat. Dazu kurz:

  • Zutreffend ist der Ansatz des OLG, dass es sich bei den „durch das Verfahren über den Antrag veranlassten Kosten“ i.S. des § 177 StPO, die von einer Kostenentscheidung des OLG nach § 177 StPO erfasst werden, immer nur um die im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung/Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO entstandenen Kosten handeln kann. Die demgegenüber vom Kollegen in der Frage und auch gegenüber dem OLG vertretene andere Auffassung, dass sich nämlich die Kostenentscheidung des OLG nicht lediglich auf das Klageerzwingungsverfahren, sondern auf das gesamte Strafverfahren beziehe, würde dem Wortlaut der Vorschrift des § 177 StPO widersprechen.
  • Zutreffend ist die Entscheidung des OLG auch noch insoweit, wenn ihr (inzidenter) die Annahme zugrunde liegt, dass auch der Verteidiger des Beschuldigten im Klageerzwingungsverfahren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnet und für ihn grds. die Gebühren Nr. 4100, 4104 VV RVG entstehen. Zutreffend ist es auch, wenn das OLG davon ausgeht, dass dann, wenn der Rechtsanwalt den Beschuldigten zuvor auch schon im Ermittlungsverfahren verteidigt hat, für dessen Tätigkeiten im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht zusätzliche Gebühren entstehen. Vielmehr werden diese Tätigkeiten – ebenso wie z.B. Tätigkeiten des Verteidigers in einem Beschwerdeverfahren durch die allgemeinen Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG mitabgegolten.
  • Unzutreffend ist die Entscheidung des OLG aber, wenn einfach festgestellt wird, dass „keine durch das Klageerzwingungsverfahren veranlassten erstattungsfähigen Gebühren angefallen“ seien. Richtig ist, dass keine besonderen Gebühren(tatbestände) angefallen sind und die Tätigkeit des Verteidigers im Klageerzwingungsverfahren durch die für seine Tätigkeiten im (Ermittlungs)Verfahren entstandene (Verfahrens)Gebühr Nr. 4100 VV RVG abgegolten wird. Das OLG übersieht aber, dass die Tätigkeit im Klageerzwingungsverfahren zu einem Mehraufwand des Verteidigers geführt hat, der im Zweifel zur Folge hat, dass deshalb die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG höher innerhalb des Rahmens zu bemessen ist als sie ohne diese Tätigkeiten zu bemessen wäre. Insoweit gilt dasselbe wie für die Abrechnung von Beschwerden im Bereich von Teil 4 VV RVG. Das OLG hätte also die sog. Differenztheorie anwenden und einmal die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG mit Klageerzwingungsverfahren und einmal ohne Klageerzwingungsverfahren ermitteln müssen Der Unterschiedsbetrag wären durch das Klageerzwingungsverfahren veranlasste erstattungsfähige Gebühren i.S. des § 177 StPO gewesen und würden durch die Kostenentscheidung des OLG erfasst und wären damit von der Antragstellerin zu erstatten.