Archiv für den Monat: Januar 2015

Wochenspiegel für die 3. KW, das war Charlie Hebdo, Knast für den Rotlichtverstoß und ganz ohne Sex

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Die letzte Woche war sicherlich noch von den Nachwirkungen des Anschlags auf Charlie Hebdo geprägt und von dem, was damit zusammenhing/-hängt. Aber irgendwie merkt man auch: Das Leben geht weiter und irgendwie gehen wir sehr schnell zur „Tagesordnung“ über, was manchmal schon ein wenig erschreckt. Das führt dann zu folgenden Hinweisen auf Blogbeiträge aus der vergangenen Woche:

  1. „Terroristische Anschläge haben nichts mit dem Islam zu tun“
  2. Der Islam und die Freiheit des Wortes: Vollstreckung einer martialischen Strafe gegen Raif Badawi hat begonnen. Steht auf, friedliebende Muslime!
  3. Aufrufe von Amtsträgern gegen Pegida-Demos sind grundrechtswidrig! bzw.Update: Präsident des VG Düsseldorf: OB Geisel gefährdet den Rechtsfrieden!,
  4. eine Chronik zu islamistischen Terroranschlägen,
  5. Vorratsdatenspeicherung: How long must we sing this song?,
  6. Kann man auf den neuen gesetzlichen Mindestlohn verzichten?,
  7. Rotlichtverstoß? Knast !
  8. Gericht kassiert Apples Garantieklauseln,
  9. und dann war da noch die Kollegin Braun, die gerne Schuldige verteidigt,
  10. und dann waren da auch noch: Juristen im Stress: Die besten Lebensmittel in der Klausurenphase.

Was fällt auf? Ganz ohne Sex. Geht also 🙂

Der “Badenweiler Marsch” – kein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation…

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Eine Demonstration in Münster im Jahr 2013 hat jetzt noch das VG Münster beschäftigt und zum VG Münster, Urt. v. 28.11.2014 – 1 K 2698/13 – geführt. Vorstellen möchte ich es hier nur wegen eines Aspekts, nämlich der Frage, ob die Polizeibeamten das Abspielen des “Badenweiler Marsches”, der Lieblingsmarsches von Adolf Hitler, untersagen durften. Es ging um die Demonstration vom 15.08.2013 zu dem Thema “Asylflut und Eurowahn stoppen – NPD in den Bundestag”. Vor Beginn der Versammlung der Klägerin sagte ein Beamter der Polizei ihrem Versammlungsleiter, ein Abspielen des “Badenweiler Marschs” würde nicht hingenommen, sondern als eine Störung der öffentlichen Ordnung unterbunden. Das VG hat diese Anordnung als rechtswidrig angesehen. Ich versuche mal das – wie immer – ein wenig lange VG, Urteil in dem Punkt zusammen zu fassen::

  • Das Verbot des Abspielens des Marsches bedurfte einer gesetzlichen Grundlage. Es beschränkte die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) der Klägerin.
  • Die für eine Auflage im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG erforderliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung lag nicht vor. Eine solche setzt voraus, dass auf Grund einer konkreten Gefahrenprognose mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintritt.
  • Das Abspielen des Badenweiler Marsches in der öffentlichen Versammlung hätte weder die öffentliche Sicherheit noch die öffentliche Ordnung gestört.
  • Ein Abspielen des Badenweiler Marsches hätte den Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) nicht erfüllt. Dieser Marsch stellt kein Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB dar.
  • Dem aus der Zeit des Ersten Weltkriegs stammenden (textlosen) Badenweiler Marsch ist durch die Nationalsozialisten nicht eine hymnische Funktion für die eigene Propaganda gegeben worden. Er ist damit kein NS-Symbol.
  • Das Abspielen des Marsches ist auch kein Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 Abs. 1 und 2 StGB.
  • Schließlich hätte ein Abspielen des Badenweiler Marsches in der öffentlichen Versammlung der Klägerin auch nicht den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 4 StGB) erfüllt. Die Begrenzung des rechtmäßigen Abspielens des Marsches in der NS-Zeit auf Veranstaltungen, an denen Hitler teilnahm, durch die Polizeiverordnung vom 17. Mai 1939 lässt nicht den Schluss zu, dass nunmehr ein öffentliches Abspielen die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. Hierdurch würde der Straftatbestand überdehnt. Vgl. auch VG Bremen, Urteil vom 4. September 2014 – 5 K 1145/13 -, […], Rn. 27.
  • Auch ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung war nicht (mit hoher Wahrscheinlichkeit) zu befürchten.

Rest/Einzelheiten bitte selber lesen.

1, 33 o/oo BAK – kein Schadensersatz, also „teures Kölsch“.

© roostler - Fotolia.com

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Vielleicht gar nicht so selten ist der Sachverhalt, der dem AG Köln, Urt. v. 20.05.2014 – 272 C 20/14 – zugrunde gelegen hat. Nach einem Verkehrsunfall in Köln wurde Schadensersatz verlangt. Grundlage war folgendes Verkehrsgeschehen:

„Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs befuhr mit Abblendlicht gegen 23.55 Uhr die Heinrichstraße. Das Beklagtenfahrzeug stand in Höhe der Hausnummer 13 entgegen der Fahrtrichtung und ohne Beleuchtung am – aus Sicht des Klägerfahrzeugs – rechten Straßenrand im absoluten Halteverbot, und zwar halb auf dem Gehweg und halb auf einem mit einer unterbrochenen Leitlinie von der Fahrbahn getrennten, sich auf der Straße befindlichen Radweg. Das Klägerfahrzeug fuhr ungebremst mit der vorderen rechten Seite gegen die vordere rechte Seite des Beklagtenfahrzeugs. Eine der Fahrerin des Klägerfahrzeugs um 01.33 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille.“

Für den Kläger hat es aber keinen Schadensersatz gegeben, ihm schlägt die Alkoholisierung des Fahrers seines Pkw „auf die Butterseite“, denn:

„Nach einer solchen Abwägung der Verursachungsanteile ist eine Alleinhaftung des Klägers gegeben. Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs tritt hinter das erhebliche Verschulden der Fahrerin des Klägerfahrzeugs zurück.

Auf Beklagtenseite ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass das Beklagtenfahrzeug nicht ordnungsgemäß geparkt war. Zum einen befand sich der Bereich, in dem das Beklagtenfahrzeug stand, das Verkehrszeichen Nr. 283 (absolutes Halteverbot). Zum anderen folgt aus Anlage 3, Abschnitt 8, lfd. Nummer 22, lit. 3 zu § 42 Abs. 2 StVO, dass, wer ein Fahrzeug führt, auf durch Leitlinien markierten Schutzstreifen für den Radverkehr nicht parken darf. Ferner stand das Beklagtenfahrzeug entgegen § 12 Abs. 4 StVO am linken Fahrbahnrand.

Auf Klägerseite ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille (um 01.33) im Unfallzeitpunkt absolut fahruntauglich war, und dennoch ein Fahrzeug im Straßenverkehr in Betrieb gesetzt hat.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs den Fahrradschutzstreifen jenseits der unterbrochenen Leitlinie am rechten Fahrbahnrand befahren hat. Hierdurch hat sie gegen Anlage 3, Abschnitt 8, lfd. Nummer 22, lit. 2 Satz 1 zu § 42 Abs. 2 StVO verstoßen. Hiernach darf, wer ein Fahrzeug führt, auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierte Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf überfahren. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass nachts um 23.55 Uhr ein solcher Bedarf bestand. Das Klägerfahrzeug hätte deshalb die unterbrochene Leitlinie als rechte Fahrbahnbegrenzung einhalten müssen.

Bei einer Abwägung dieser Umstände treten die einfache Betriebsgefahr und der Parkverstoß der Beklagten zu 1) hinter die groben Verkehrsverstöße der Fahrerin des Klägerfahrzeugs und dessen Betriebsgefahr zurück.

Maßgeblich in die Abwägung einzustellen ist, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs mit einer erheblichen Blutalkoholkonzentration von (um 01.33 noch) 1,33 Promille ohne überhaupt zu bremsen innerorts über einen Fahrradschutzstreifen und ohne jede Reaktion frontal gegen das dort stehende Beklagtenfahrzeug gefahren ist. Die erhebliche Alkoholisierung der Fahrerin des Klägerfahrzeugs hat sich auch im streitgegenständlichen Unfall niedergeschlagen. Dafür, dass eine zum Unfallzeitpunkt vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit unfallursächlich ist, spricht ein Anscheinsbeweis, wenn sich der Unfall unter Umständen und in einer Verkehrslage ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (statt aller BGH, Urt. v. 10.01.1995 – VI ZR 247/94) Die bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit umschreibt einen Zustand, in dem jeder Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen (BGH, Beschl. v. 28.06.1990 – 4 StR 297/90). Deshalb kann insoweit von der feststehenden Ursache einer solch erheblichen Alkoholisierung unter den soeben genannten Voraussetzungen auf ihre Unfallursächlichkeit geschlossen werden. Es handelt sich um einen typischen Geschehensablauf (OLG Hamm, Urt. v. 28.01.2010 – 6 U 159/09).

Der Unfall geschah in einer Situation, die ein nüchterner Fahrer ohne Weiteres hätte meistern können. Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hatte selbst das Abblendlicht eingeschaltet und hätte das innerorts stehende Beklagtenfahrzeug sehen müssen. Das Beklagtenfahrzeug hatte seine Scheinwerfer nicht eingeschaltet und blendete die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hierdurch auch nicht. Selbst die reine Reflektion ausgeschalteter Scheinwerfer (unterstellt, dass diese die Fahrerin des Klägerfahrzeugs geblendet hätten), ist für einen nüchternen Verkehrsteilnehmer kein Grund, über den Fahrbahnverlauf einer – wie hier – innerorts gelegenen Straße zu zweifeln und nicht einmal durch einen Bremsvorgang zu versuchen, eine Kollision zu verhindern.“

Teures Kölsch, wenn es denn Kölsch war, das zu der Alkoholisierung geführt hat.

Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich im Adhäsionsverfahren auch eine Terminsgebühr?

Fotolia © AllebaziB

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Das Adhäsionsverfahren, also die Erledigung von zivilrechtlichen Ansprüchen/Fragen gleich im Strafverfahren und damit die Erledigung des einen „Streitfalls“ in nur einem Verfahren ist vom Gesetzgeber gewollt. Und vor allem deshalb sind in den Nrn. 4143, 4144 VV RVG die Gebühren recht hoch angesetzt, und dann auch als Wertgebühr, was für das Strafverfahren eine Ausnahme ist. Ob das Adhäsionsverfahren nun allerdings der Königsweg ist, um Straf- und Zivilverfahren gleich in einem Verfahren zu erledigen, kann man diskutieren. Eins kann man m.E. aber feststellen. Das Adhäsionsverfahren setzt sich mehr und mehr durch. Das zeigen auch die doch recht häufigen Fragen, die mich zu der Problematik erreichen. In der letzten Woche waren es zwei, von denen es dann erst mal eine „ins Rätsel schafft“ – wie der Kollege es so schön angemerkt hatte. Er hat gefragt:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich hätte eine gebührenrechtliche Frage, die sich auch für ein Freitagsrätsel vielleicht eignen könnte:

Nach Vorb. 4.3 Abs. 2 VV RVG  bekommt der Anwalt, der nur Adhäsionsklagevertreter ist, die Gebühren nach Nrn. 4143 bis 4145 VV RVG. Der Adhäsionsklägervertreter ist jedoch auch unter bestimmten Umständen zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet, weil der Inhalt der Beweisaufnahme ja einen Einfluss auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche haben könnte. Die verwiesenen 4143 bis 4145 regeln jedoch nur die Verfahrensgebühr. Kann der Adhäsionsklagevertreter eine Terminsgebühr analog Nr. 4108 etc. VV RVG geltend machen oder ist diese Verweisung als abschließend zu betrachten?…“

 

Der BGH und der Täter-Opfer-Ausgleich beim „opferlosen Delikt“.

© freshidea - Fotolia.com

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Und wieder eine Entscheidung für BGHSt, nämlich das BGH, Urt. v. 04.12.2014 –  4 StR 213/14 – betreffend eine verkehrsstrafrechtliche Konstellation, die m.E. aber auch über das Verkehrsstrafrecht hinaus Bedeutung hat. Das LG hatte den Angeklagten u.a.- wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der Angeklagte hat mit seiner Strafmaßrevision u.a. geltend gemacht, dass bei der Bestimmung der Einzelstrafe für die als vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung u.a. bewertete Tat der Strafmilderungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB nicht in Betracht gezogen worden sei. Der BGH hat die Revision verworfen, obwohl er sich Win der Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang bei der von ihm verletzten Polizeibeamtin W. entschuldigt und das bereits im ersten Rechtsgang anerkannte Schmerzensgeld an sie bezahlt.

Der BGH führt zur Begründung seiner Auffassung, dass § 46a Nr. 1 StGB nicht anwendbar ist, aus: Für die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB müsse das Bemühen des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein und das Opfer müsse die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren. Das und der Wortlaut des § 46a Nr. 1 StGB schlössen „eine Anwendung dieser Vorschrift auf „opferlose“ Delikte aus….“. Und:

„bb) Danach ist eine Anwendung von § 46a Nr. 1 StGB bei einem vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB grundsätzlich ausgeschlossen.

(1) § 315b StGB schützt die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2004 – 4 StR 160/04, NStZ 2004, 625; Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 123; Beschluss vom 23. Mai 1989 – 4 StR 190/89, NJW 1989, 2550; Urteil vom 21. Mai 1981 – 4 StR 240/81, VRS 61, 122, 123; König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 315b Rn. 3 und § 315 Rn. 4 mwN). Die in der Norm aufgezählten Individualrechtsgüter (Leben, Gesundheit und bedeutende Sachwerte der durch den Eingriff betroffenen Verkehrsteilnehmer) werden dabei lediglich faktisch mit geschützt (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 123; Beschluss vom 14. Mai 1970 – 4 StR 131/69, BGHSt 23, 261, 264 zu § 315c StGB; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 1; König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 315b Rn. 3 und § 315 Rn. 5). Auch wenn § 315b StGB voraussetzt, dass sich die durch die tatbestandliche Handlung begründete abstrakte Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs zu einer konkreten Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verdichtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 5) und der Täter bei Eingriffen innerhalb des fließenden Verkehrs mit einem zumindest bedingten Schädigungsvorsatz gehandelt haben muss (BGH, Beschluss vom 5. November 2013 – 4 StR 454/13, NStZ 2014, 86, 87; Beschluss vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13, VRR 2013, 387, 388; Urteil vom 20. Februar 2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, 237 f.), werden die betroffenen Verkehrsteilnehmer dadurch nicht zum Träger des bestimmenden Rechtsguts. Ein zwischen ihnen und dem Täter durchgeführter dialogischer Ausgleichsprozess kann daher grundsätzlich weder zu einem friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat veranlassten Folgen, noch – wie dies von § 46a Nr. 1 StGB vorausgesetzt wird – zu einer Lösung des der Tat zugrunde liegenden Gesamtkonflikts führen (im Ergebnis wie hier Theune in LK-StGB, 12. Aufl., § 46a Rn. 21; MüKoStGB/Maier, 2. Aufl., § 46a Rn. 3; NK-StGB/Streng, 4. Aufl., § 46a Rn. 10; Schönke/Schröder-Stree/ Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46a Rn. 4a; a.A. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46a Rn. 8; SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 46a Rn. 20; Kaspar/Weiler/Schlickum, Der Täter-Opfer-Ausgleich, 2014, S. 26 jeweils zu § 315c StGB; Maiwald, GA 2005, 339, 345; Pielsticker, § 46a StGB – Revisionsfalle oder sinnvolle Bereicherung des Sanktionenrechts?, 2004, S. 118; Kasperek, Zur Auslegung und Anwen-dung des § 46a StGB, 2002, S. 65 f.; Schöch, 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. IV, 2000, S. 309, 333 f.). Hiermit steht in Einklang, dass der Bundesgerichtshof einen Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB sowohl bei der Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB (Urteil vom 4. April 2001 – 5 StR 68/01, BGHR StGB § 339 DDR-Richter 2, nicht tragend entschieden), als auch bei Steuerdelikten (Beschluss vom 25. Oktober 2000 – 5 StR 399/00, NStZ 2001, 200, 201; Beschluss vom 18. Mai 2011 – 1 StR 209/11, wistra 2011, 346) für ausgeschlossen erachtet hat, weil diese Delikte nur Gemeinschaftsrechtsgüter schützen und – im Fall der Rechtsbeugung – Individualinteressen allenfalls mittelbar geschützt werden.

(2) Dem steht nicht entgegen, dass nach § 46a Nr. 1 StGB ein gelungener Täter-Opfer-Ausgleich auch schon anzunehmen sein kann, wenn der Täter eine Wiedergutmachung seiner Tat nur zum überwiegenden Teil erreicht oder lediglich ernsthaft erstrebt hat (so aber Pielsticker, § 46a StGB – Revisionsfalle oder sinnvolle Bereicherung des Sanktionenrechts?, 2004, S. 118; Kaspar/ Weiler/Schlickum, Der Täter-Opfer-Ausgleich, 2014, S. 26). Eine nur zum über-wiegenden Teil erreichte oder lediglich erstrebte Wiedergutmachung vermag die Annahme eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46a Nr. 1 StGB nur dann zu rechtfertigen, wenn sie auf der Grundlage umfassender Aus-gleichsbemühungen geleistet worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2002 – 2 StR 336/02, BGHR StGB § 46a Anwendungsbereich 2). Hier-an fehlt es aber, wenn der Geschädigte nicht Träger des bestimmenden Rechtsguts ist, sondern nur faktisch in den Schutzbereich der verletzten Norm einbezogen wird. Auch kann die gegenüber einem einzelnen Geschädigten ge-leistete Wiedergutmachung grundsätzlich nicht als eine Teilwiedergutmachung oder ein Wiedergutmachungsbemühen in Bezug auf andere verletzte Rechtsgü-ter gedeutet werden, deren Träger nicht in den Ausgleichsprozess einbezogen wurden oder für die es – wie hier in Bezug auf das Rechtsgut der Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr – keine individualisierbaren Opfer gibt…..“

Vom Ansatz des BGH her m.E. zutreffend. Es bleibt natürlich die Wiedergutmachung als allgemeiner Strafzumessungsgesichtspunkt. Aber das ist etwas anderes als der „vertypte Strafmilderungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB“. Die Frage dürfte im Übrigen bei allen „opferlosen Delikten“ eine Rolle spielen.