Archiv für den Monat: Januar 2014

Nachschlag: Wer trägt die Kosten einer forensischen Therapie?

© vege - Fotolia.com

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Ich hatte am 14.01.2014 unter Wer trägt eigentlich die Kosten für Urinkontrollen? über den KG, Beschl. v. 01.10.2013 – 2 Ws 476/13 berichtet, der zu der Frage Stellung genommen hat, wer die Kosten für Urinkontrollen (Alkohol- und Drogenscreening) trägt, die dem Verurteilten im Rahmen von Weisungen zur Führungsaufsicht auferlegt worden sind.

Dazu passt dann als „Nachschlag“ der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.09.2013 – 3 Ws 277/13. In ihm ging es u.a. um die Kosten einer Therapie, deren Durchführung dem Verurteilten in Zusammenhang mit einer Strafaussetzung zur Bewährung aufgegeben worden ist. Das OLG Karlsruhe entscheidet wie das KG zu den Urinkontrollen:

Die notwendigen Kosten der Therapie werden, sofern der Verurteilte zur Kostentragung wirtschaftlich nicht in der Lage ist, von der Staatskasse getragen. Der Senat wendet insoweit die von der obergerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen der Führungsaufsicht entwickelten Grundsätze zur Möglichkeit der Kostenübernahme auf die Staatskasse bei unverschuldeter Leistungsunfähigkeit des Verurteilten (OLG Bremen, NStZ 2011, 216 [OLG Bremen 17.09.2010 – Ws 96/10]; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2011, 30; OLG Nürnberg, OLGSt StPO § 453 Nr. 11; OLG Jena, NStZ-RR 2011, 296 [OLG Jena 16.05.2011 – 1 Ws 74/11]) entsprechend an und stützt sich auf eine Annexkompetenz zu § 56c Abs. 1 StGB (vgl. hierzu OLG Stuttgart, B. v. 13.8.2012 – 4a Ws 33/12).

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Klassiker II: Das Zufahren auf eine Polizeisperre

© Martin Fally - Fotolia.com

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Und hier dann der zweite Klassiker aus dem  OLG Hamm, Beschl. v. 06.09.2013 – 5 RVs 80/13, nämlich das Zufahren auf eine Polizeisperre (zum ersten Klassiker: Klassiker I: Die Vollendung des Einbruchdiebstahls). Dazu sagt das OLG Hamm – in Übereinstimmung mit der BGH und der h.M. in der obergerichtlichen Rechtsprechung:

„Fährt der Täter auf eine Polizeisperre zu, liegt eine bewusste Zweckentfremdung des Fahrzeugs zu verkehrsfeindlichen Zwecken dann vor, wenn das Fahrzeug mit Nötigungsabsicht eingesetzt worden ist. Eine Zweckentfremdung ist dann nicht gegeben, wenn der Täter sein Fahrzeug nur als Fluchtmittel zur Umgehung einer Polizeikontrolle oder Festnahme eingesetzt hat und dabei von Anfang an nicht auf den Polizeibeamten bzw. sein Fahrzeug zufahren, sondern an ihm vorbeifahren wollte.“

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Klassiker I: Die Vollendung des Einbruchdiebstahls

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Schon etwas länger hängt in meinem „Blog-Ordner“ der OLG Hamm, Beschl. v. 06.09.2013 – 5 RVs 80/13. In doppelter Hinsicht ein „Klassiker“.  Hier zunächst der diebstahlsrechtliche Teil der Entscheidung, nämlich die Frage der Vollendung eines Einbruchsdiebstahls:

Das Landgericht ist mit Recht von einem vollendeten gemeinschaftlichen Diebstahl gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 3 StGB ausgegangen.

Die Wegnahme ist dann vollendet, wenn der fremde Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist (vgl. BGH, NStZ 1981, 435; NJW 1981, 997). Die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Dieb die dazu erforderliche tatsächliche Herrschaft über die gestohlene Sache ausübt, ist eine im Einzelfall nach den Anschauungen des täglichen Lebens zu beantwortende Tatfrage (vgl. BGHSt 16, 271, 273; 20, 194, 195 f.; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rdnr. 17). Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere oder sperrige Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht (vgl. BGHSt 16, 271, 273; 23, 254, 255 f.). Das Verladen des Diebesgutes auf ein Transportfahrzeug kann daher je nach den Umständen des Einzelfalls für eine Tatvollendung ausreichen oder nicht (vgl. BGH, NJW 1981, 977).

Hieran gemessen war die Sachherrschaft des Inhabers der Maschinenbaufirma bereits gebrochen und eigene Sachherrschaft des Angeklagten und seiner Mittäter begründet.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die entwendeten Edelstahlteile (im Gesamtwert von etwa 70.000,- €) bereits über den Zaun des Firmengeländes gereicht und in eines der Täterfahrzeuge eingeladen worden waren. Alle Täter, soweit sie über den Zaun geklettert waren, hatten das Firmengelände wieder verlassen und befanden sich abfahrbereit außerhalb des Zauns, um sich mit der Beute vom Tatort zu entfernen. Erst zu diesem Zeitpunkt erschienen die Polizeibeamten, die durch Firmenmitarbeiter – welche das Tatgeschehen aus der Nähe beobachtet hatten – herbeigerufen worden waren.

Entscheidend ist, dass die Edelstahlteile bereits von dem Firmengelände entfernt und trotz ihrer Unhandlichkeit bzw. Größe vollständig in ein Transportfahrzeug verbracht worden waren, so dass der Angeklagte und seine Mittäter sofort losfahren konnten. Damit hatten sie den Herrschafts- bzw. Gewahrsamsbereich des Firmeninhabers gänzlich verlassen. Der Firmeninhaber bzw. seine Mitarbeiter konnten nicht mehr ungehindert auf die bereits in Täterfahrzeuge verladene Ware zugreifen. Hinzu kommt, dass der Abtransport selbst zu diesem Zeitpunkt mit keinen Mühen mehr verbunden war. Das Firmengelände ist ausweislich der getroffenen Feststellungen an das öffentliche Straßennetz angebunden und liegt in Essen in unmittelbarer Nähe zur Bundesstraße B 224, d. h. es bestanden sehr gute Fluchtmöglichkeiten. Zwar waren die Täter während des Tatgeschehens von Firmenmitarbeitern beobachtet worden, jedoch waren diese selbst nicht eingeschritten, weshalb die Täter insoweit keine Hindernisse zu überwinden hatten. Die Beobachtung als solche schließt die Gewahrsamserlangung ohnehin nicht aus (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; Fischer, a. a. O., § 242 Rdnr. 21). Soweit die herbeigerufenen Polizeibeamten mit ihrem Einsatzfahrzeug auf der Fahrbahn angehalten hatten, ergibt sich aus den Feststellungen, dass hierdurch den flüchtenden Fahrzeugen die Durchfahrt „zumindest erheblich erschwert“ werden sollte. Dass ein Durchkommen gleichwohl möglich gewesen ist, zeigt indes die nachfolgende Flucht des Angeklagten wie auch die seiner Mittäter.

Sicherlich hatten der Angeklagte und seine Mittäter im Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei noch keinen endgültigen und gesicherten Gewahrsam erlangt. Letzteres ist aber nur Voraussetzung für die Beendigung des Diebstahls, nicht für seine Vollendung (vgl. BGHSt 23, 254, 255; 26, 24, 26).“

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Sonntagswitz: Dämliche Diebe XXVIII

© Teamarbeit – Fotolia.com

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Irgendwie sind durch Advent(switze), Weihnachtswitze und Jahreswechsel die dämlichen/dummen Diebe aus dem Focus geraten. Daher heute mal wieder ein paar „Meldungen“ aus der Rubrik:

In Rage geriet Richter Eduard Blaimont während einer Gerichtsverhandlung in Pau, Frankreich, weil ihm zum 17. Mal in seiner siebenjährigen Amtszeit der Einbrecher George Bruelle gegenüberstand. Diesmal hatte ein Handlungsreisender, in dessen Wohnung George eingestiegen war, den Halunken schnarchend auf dem Kanapee erwischt. George hatte sich am Cognac des Wohnungsinhabers bedient und war eingeschlafen.

Der Kommentar des Richters: „Einen unfähigeren Einbrecher als Sie kann ich mir gar nicht vorstellen. Das nächste Mal weigere ich mich, ein Verfahren gegen sie zu eröffnen. Dann können sie selbst sehen, wer Sie verurteilt, Sie Null!“

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Ein Bundeswehrsoldat überfiel mit Strumpfmaske und Uniform eine Bank.
Trotz seiner Maskierung konnte er schnell identifiziert werden: Auf seiner Uniform prangte sein Namensschild…

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Und schon etwas älter:

Ein Brandenburger erbeutete 5 Tage nach dem Anschlussder Währungsunion bei seinem ersten Überfall auf eine kleine Sparkasse in Herzfelde bei Berlin 2 200 Mark – Ost.

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Und schön ist dann noch die Meldung:

Vor dem Duisburger Amtsgericht musste sich ein Libanese verantworten, der ein Kaufhaus um 33 Armbanduhren erleichtert hatte.

Als der Richter ein Protokoll verlas, in dem der Name eines zweiten Tatbeteiligten genannt wurde, erhob sich plötzlich ein junger Mann im Zuhörersaal und winkte höflich: „ja, hier.“ 🙂

Eine Minute später saß er zwei Reihen weiter vorn – auf der Anklagebank. (nun, ja, so schnell geht es dann wohl doch nicht).

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Wochenspiegel für die 3. KW, das war(en) gierige Anwälte, ein herzliches LG und ein Kamel

© Aleksandar Jocic – Fotolia.com

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Na, das ist/war für mich ein fulminanter Wochenabschluss am vergangenen Freitag. Den Aktenkoffer mit einem Notebook nur einen ganz kurzen Moment auf dem Düsseldorfer HBF aus den Augen gelassen – ich weiß, ich weiß – und weg ist/war er 🙁 :-(. Mit dem fast neuen Ultrabook. So muss es in 2014 nicht weitergehen. Aber dennoch dann ein Wochenrückblick, in dem wir berichten über:

  1. über NSU mit:  Peymann: Wohl kein Praktikum für Zschäpe
  2. Auch Unschuldige brauchen einen Rechtsanwalt,
  3. eine Dienstaufsichtsbeschwerde und die drei F,
  4. Die dumpfe Seite des BILD-Journalismus – Primitive Berichterstattung über ein NS-Verfahren ohne rechtsstaatliches Augenmaß,
  5. Uneinheitliche Rechtsprechung zum Filesharing,
  6. 9 Richter, 7 Fotokopien, 3 Instanzen – ein Beschluss
  7. „Gierige Anwälte“,
  8. den Strafbefehl und die später bereute Einspruchsrücknahme,
  9. und dann war da noch: Herzlichkeit am Landgericht
  10. und ganz zum Schluss dann noch: Das Kamel als Reisemangel.

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