Archiv für den Monat: September 2013

Mund auf, sonst wird die Geldbuße teuerer/zu hoch

© Gina Sanders – Fotolia.com

Bunt durcheinander geht es in der Frage, wie und ab wann müssen Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen getroffen werden, wenn eine Regelgeldbuße festgesetzt wird. Dazu hatte sich im vergangenen Jahr bereits der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm zu Wort gemeldet (vgl. hier: Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse: Arbeitsloser: Ja, Rentner. Nein?) und in meinen Augen recht großzügig entschieden, dass selbst bei einer Geldbuße von 1.000 € keine besonderen Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich sein sollen, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese außergewöhnlich gut oder schlecht sind. In die Diskussion hat sich jetzt auch der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 13.06.2013, 1 RBs 72/13 – eingeschaltet. Er sieht die Dinge moderater und reduziert die Grenze auf 500 €. Für mich übrigens immer noch zu hoch.

Allerdings: Entscheidend ist immer, dass der Betroffene zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen überhaupt Angaben macht. Lässt er sich zu seinem wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ein, ist nach der Rechtsprechung von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen. Von daher ist es Sache des Betroffenen, sich jedenfalls zu diesem Punkt einzulassen, um die Regelwirkung zu durchbrechen, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnis deutlich unterdurchschnittlich sind. Wegen der Regelwirkung liegt hierin, wie das OLG Hamm wohl zu Recht ausführt, wie bei der Frage der Unverhältnismäßigkeit eines Regelfahrverbots wegen beruflicher Folgen kein Verstoß gegen den „nemo tenetur“ – Grundsatz vor.

Also: Mund auf, sonst wird es teuerer.

 

 

Auch so ein Dauerbrenner: Das Sachverständigengutachten in den Urteilsgründen – hier bei DNA

© Dmitry – Fotolia.com

Mit zu den verfahrensrechtlichen Dauerbrennern im Hinblick auf die Anforderungen an die Urteilsgründe gehört die Frage, welche Ausführungen dazu gemacht werden müssen. Dazu schreibt der BGH in seinen Textbausteinen auch immer wieder dasselbe bzw. muss dasselbe schreiben, weil die Vorgaben seiner Rechtsprechung nicht immer beachtet werden. Dazu dann im BGH, Beschl. v. 31.07.2013 – 4 StR 270/13, der ein landgerichtliches Urteil, durch das der Angeklagte wegen Raubes verurteilt war, zum teil aufhebt:

1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit es sich gegen die Verurteilung wegen Raubes (Überfall vom 17. September 2010) richtet.

a) Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausfüh-rungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage be-ruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 – 3 StR 333/04, NStZ 2005,  326). Dabei dürfen die Anforderungen, welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92, aaO, 297 f.; zum Ganzen: BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12).

In den Fällen einer DNA-Untersuchung reicht es für das Revisionsgericht zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination zu erwarten ist; sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zu-dem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12 mwN; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 – 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).

b) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen genügen die Darlegungen in dem landgerichtlichen Urteil nicht.

Denn die Strafkammer stützt die Überzeugung von der (Mit-)Täterschaft des Angeklagten K. wesentlich auf das Ergebnis der Untersuchung von DNA in einer Mischspur, die an dem bei der Tat von einem der Täter getrage-nen Einmal-Overall gesichert worden war. Hierzu teilt das Landgericht (ledig-lich) mit, dass „beim Vergleich der in der Analysedatei erfassten Vergleichswerte … die Spur der Person A mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 53 Mrd. bei der in der Bundesrepublik lebenden Bevölkerung als Vergleichspopulation vom Angeklagten“ stamme (UA S. 16).“

Und bei solchen Fehlern reicht die Sachrüge.

Pflichtverteidiger gibt es nicht, der Rechtspfleger wird es schon richten…

© frank peters – Fotolia.com

(Zulässige) Revisionsbegründungen sind nicht immer einfach zu erstellen, manchmal ist es sogar richtig schwierig, insbesondere dann, wenn es um Verfahrensrügen geht. Da stellt sich dann nicht selten die Frage, ob deshalb ggf. dem Angeklagten ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden muss, damit dieser das für ihn übernimmt (was allerdings angesichts der doch recht zahlreichen unzulässigen Revisionen, obwohl sie die von Verteidigern begründet worden sind, keine Garantie für die Zulässigkeit ist). Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers wird von der Rechtsprechung in diesen Fällen allerdings dann nicht als erforderlich angesehen, wenn es auch ein Rechtspfleger machen kann. Begründet wird das mit dem Hinweis auf § 345 Abs. 2 StPO. So auch der LG Gießen, Beschl. v. 08.07.2013 – 7 Qs 108/13:

„Die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigerbestellung liegen nicht vor. Eine solche kommt vorliegend nur unter den Voraussetzungen des § 140 Absatz 2 StPO in Betracht. Maßgeblich ist, ob die Revisionsbegründung besondere Schwierigkeiten bereitet (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 140 Rdnr. 29). Allein die Annahme, das Revisionsrecht sei zu komplex und kompliziert, führt nicht dazu, in jedem Fall einen Verteidiger für das Revisionsverfahren beizuordnen. Denn die in § 345 Absatz 2 StPO vorgesehene Möglichkeit, die Revisionsanträge und ihre Begründung zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären, wird vom Gesetz als gleichwertig erachtet (vgl. OLG Karlsruhe StraFo 2006, 497). Die Beiordnung ist aber immer dann geboten, wenn zu besorgen ist, dass der als Urkundsbeamte tätige Rechtspfleger mit der Abfassung einer besonders schwierigen Revisionsbegründung überfordert sein könnte (OLG Koblenz StraFo 2007, 117). So liegt der Fall hier jedoch nicht. In der Revisionsbegründung, mit der er gleichzeitig um Beiordnung ersucht, macht der Verteidiger u. a. geltend, dem Angeklagten sei im Erkenntnisverfahren zu Unrecht kein Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Der Angeklagte erhebt also Verfahrensrügen. Zwar sind an Verfahrensrügen hohe formelle Anforderungen zu stellen. Jedoch war die zulässige Erhebung vorliegend ohne Einsichtnahme in die Verfahrensakten möglich. Die Akte ist nicht umfangreich und den für die Anbringung der Rüge notwendigen Akteninhalt hatte der Angeklagte größtenteils selbst in der Hand. Lediglich auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung hatte er insoweit mangels eigenen Akteneinsichtsrechts zunächst keinen Zugriff. Mittels einer Abschrift aus der Akte (§ 147 Absatz 7 StPO) lässt sich dies ohne weiteres beheben. Damit ist es in diesem Falle ausreichend, den Angeklagten auf die Möglichkeit der Begründung einer Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle zu verweisen.“

Na ja. Also Abschrift aus der Akte? Das muss dann aber schnell gehen, was leider – wenn überhaupt – häufig nicht der Fall ist. Und:  „Die Akte ist nicht umfangreich und den für die Anbringung der Rüge notwendigen Akteninhalt hatte der Angeklagte größtenteils selbst in der Hand.“ Das kann der Angeklagte kaum wissen. Aber der Rechtspfleger wird/soll es dann richten.

Ein lachendes und ein weinendes Auge….

© lassedesignen – Fotolia.com

Ein lachendes, ein weinendes Auge hatte der Verteidiger, der mir den von ihm erstrittenen OLG Celle, Beschl. v. 31.07.2013 – 322 SsBs 65/13 übersandt hat.

Das lachende Auge bezieht sich auf die Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung wegen nicht ausreichender Feststellungen. Insoweit aber auch nichts Besonderes, denn es ist ständige Rechtsprechung der Obergerichte, dass dass bei Verurteilungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen es, da die Zuverlässigkeit der verschiedenen Messmethoden und ihr vom Tatrichter zu beurteilender Beweiswert naturgemäß voneinander abweichen, grundsätzlich nicht mit der Wiedergabe der als erwiesen erachteten Geschwindigkeit sein Bewenden haben kann. Vielmehr muss der Tatrichter, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, neben dem angewandten Messverfahren jeweils auch den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen (so schon BGHSt 39, 291 ff. und im Anschluss daran alles OLG). Insoweit war das AG-Urteil zu knapp begründet, denn:

Diesen Anforderungen genügen die Urteilsfeststellungen nicht. Das Urteil teilt zur festgestellten Geschwindigkeit lediglich mit, der Betroffene habe die Messstelle mit einer Geschwindigkeit von 163 km/h passiert und damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 63 km/h überschritten. Hieraus ist für den Senat nicht erkennbar, ob es sich bei den 163 km/h um die von der Geschwindigkeitsmessanlage gemessene Bruttogeschwindigkeit des Pkws des Betroffenen oder um die – nach Toleranzabzug ermittelte – vorwerfbare Geschwindigkeit handelt. Zudem kann der Senat nicht überprüfen, ob das Amtsgericht den zutreffenden Toleranzabzug zugrunde gelegt hat. Da der Senat die Berücksichtigung des Toleranzabzuges auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Urteiles entnehmen kann und zudem an keiner Stelle des Urteiles deutlich wird, dass es sich bei der zugrunde gelegten Geschwindigkeit von 163 km/h um diejenige nach Abzug des Toleranzwertes handelt, konnte das Urteil aufgrund des aufgezeigten Mangels keinen Bestand haben.

Das weinende Auge des Kollegen bezog sich auf die Segelanweisung des OLG:

„Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das in den Urteilsgründen ordnungsgemäß in Bezug genommene und damit für den Senat zugängliche Foto (BI. 1 Bd. I d. A.) jedenfalls generell zur Identifizierung von Personen geeignet ist.“

Damit ist die Frage der Täteridentifizierung, die auch streitig war, gleich inzidenter mitentschieden und das AG weiß, wie es mit dem Lichtbild umgehen muss. Das hat den Kollegen weniger gefreut. 🙁

Logbucheintrag VII vom 18.09.2013: Heute St. Johns/Kanada – mal wieder laufen

Logbucheintrag VII vom 18.09.2013 – St. Johns/Kanada. Allmählich nähern wir uns wieder dem Festland. Station in: St. Johns/Kanada. Dazu heißt es bei Wikipedia:

„St. John’s ist eine Stadt auf Neufundland in Kanada und die älteste Nordamerikas. St. John’s ist die Provinzhauptstadt der kanadischen Provinz Neufundland und Labrador und zählt rund 100.000 Einwohner. Sie liegt an der Südostküste der Insel Neufundland auf der Halbinsel Avalon. In St. John’s beginnt der Trans-Canada Highway No. 1, der quer durch Kanada bis an die Westküste führt. Die Stadt liegt an einem durch vorgelagerte Berge gut geschützten Naturhafen, in dem im Sommer viele Kreuzfahrtschiffe Station machen. Ein Wahrzeichen der Stadt ist der Cabot Tower, der fast von jedem Punkt der Stadt auf dem Signal Hill zu sehen ist.“

Da brauchen wir keinen Taxifahrer (mehr), sondern hier heißt es: So weit die Füße tragen…

Und wer sehen will, wie das Wetter in St. Johns ist: Hier geht es zu den Wetterkameras :-).