Archiv für den Monat: Januar 2011

Deutsch sollte ein Schöffe schon sprechen können

Manchmal ist man dann ja doch erstaunt, was da so vom BGH kommt. So die gestrige Pressemitteilung über ein Urteil des 2. Strafsenats v. 26.01.2011 – 2 StR 338/10, die da lautet:

Verfahren unter Mitwirkung einer nicht deutsch sprechenden Schöffin muss neu verhandelt werden

Das Landgericht hat die Angeklagten G. und K. wegen besonders schweren Raubs jeweils zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten A. wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten G. und K. zusammen mit dem gesondert Verfolgten F. am 15. April 2009 den Penny-Markt in Köln-Sürth. Sie bedrohten die Kassiererinnen mit einem Gasrevolver und erbeuteten 1.445 €. Der Angeklagte A. wartete zusammen mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten C. im Fluchtfahrzeug.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revisionen der Angeklagten aufgehoben, da die Strafkammer mit einer der deutschen Sprache kaum mächtigen Schöffin nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen war (§ 338 Nr. 1 StPO). Die Heranziehung einer nicht sprachkundigen Schöffin verstößt gegen den Grundsatz, dass die Gerichtssprache deutsch ist (§ 184 S.1 GVG) und verletzt zudem den im Strafprozess geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit (§ 261 StPO). Eine sprachunkundige Schöffin ist – ebenso wie ein tauber oder blinder Richter – jedenfalls partiell unfähig, der Verhandlung selbst zu folgen. Das GVG hat die insoweit bisher bestehende Regelungslücke durch Einfügung des seit dem 30. Juli 2010 geltenden § 33 Nr. 5 GVG geschlossen. Danach sollen Personen ohne hinreichende Sprachkenntnis nicht zu Schöffen berufen werden und sind von der Schöffenliste zu streichen. Die Teilnahme einer für die Schöffin herangezogenen Dolmetscherin für die russische Sprache an allen Beratungen der Strafkammer begründet überdies einen Verstoß gegen das Beratungsgeheimnis des § 193 GVG.“

Sorry, aber das verstehe ich nun wirklich nicht. Kölner Karneval oder was? „Der deutschen Sprache kaum mächtig“, dann aber Schöffe. Und dann noch ein Dolmetscher bei der Beratung. Kölner Landrecht? 🙂 Auf die Urteilsgründe bin ich gespannt.

Nachlese 2 – Augsburger Puppenkiste, oder: Nochmals: Was passierte am 2. HV-Tag im Verfahren ./. RA Lucas in Augsburg

Ich hatte ja schon am 25.01.2011 über den 2. HV-Tag im Verfahren ./. RA Lucas berichtet, vgl. hier. Inzwischen hat der „Prozessbeobachter“ der Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V. seinen Prozessbericht verfasst und der ist versandt worden.

Wenn es interessiert, kann noch genauer nachlesen, was am 2. HV-Tag geschah, und zwar hier.

Auch LG können fehlen…

Die Entscheidung des OLG Oldenburg v.  03.01.2011 – 1 Ss 202/10 wird die mitlesenden Amtsrichter vielleicht deshalb freuen, weil auch ein LG mal Fehler macht, die man sonst häufig nur in amtsgerichtlichen Urteilen liest. Die Leitsätze:

  1. Eine Beweiswürdigung mit der Formulierung, „an der Täterschaft des Angeklagten kann es keinen vernünftigen Zweifel geben“, verstößt jedenfalls dann gegen Denkgesetze, wenn nach Lage des Falles auch eine andere Würdigung der Beweise möglich ist.
  2. Als Gesichtspunkt für die Unerlässlichkeit einer kurzen Freiheitsstrafe kann eine Vorbestrafung mit einem ersichtlich rechtsfehlerhaften Schuldspruch jedenfalls nicht ohne eine nähere Prüfung herangezogen werden.

Das mit der Unerlässlichkeit i.S. des § 47 StGB scheint immer wieder Schwierigkeiten zu machen.

Aussagekonstanz bei nur einmaliger Aussage?

Gern wird ja bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Aussage mit der Aussagekonstanz argumentiert. Der BGH hat jetzt darauf hingewiesen, dass die Aussagekonstanz bei nur einmaliger Aussage gegenüber der Polizei keine allein tragfähige Grundlage für eine Verurteilung ist. In der Sache ging es um eine Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Urteilsgründe enthielten keine ausreichende Auseinandersetzung mit der Glaubwürdigkeit der Geschädigten und das Urteil war im Wesentlichen mit der Aussagekonstanz begründet.

Der BGH sagt: Handelt es sich insoweit um eine detailarme Aussage, die zudem ausschließlich im Rahmen einer einzigen polizeilichen Vernehmung gemacht worden ist, ist eine solche Konstanz insbesondere bei widerstreitenden Angaben des Angeklagten und der Angabe, die Geschädigte habe die Anschuldigungen nur deswegen publik gemacht, um den Angeklagten zu ängstigen, nicht als hinreichende Verurteilungsgrundlage anzusehen.

(zu lesen im Beschl. v. 10.11.2010 – 2 StR 403/10).

Auf geht`s: Heute beginnt der 49. Verkehrsgerichtstag

Heute startet der 49. VGT, also kurz vor der goldenen 50 – und immer noch In Goslar. Wollte ich an sich immer schon mal hin, aber Goslar? Nichts für ungut. 🙂

Die Themen – wie immer – breit gestreut – für jeden etwas. Das Programm findet man hier. So richtige Knaller sind m.E. nicht dabei.