Archiv für den Monat: Oktober 2010

Klageerzwingungsanträge sind hohe Kunst – hier hat es mal wieder nicht geklappt

In der Tat, einen formell ordnungsgemäßen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, oder auch Klageerzwingungsantrag (§ 172 StPO), bekommen nur die wenigstens Rechtsanwälte auf die Beine. Zugegeben, die Anforderungen der OLG sind hoch, aber es steht vieles Kommentar, was aber offenbar nicht gelesen wird. Ein mehr oder weniger schönes Beispiel ist der Beschluss des OLG Celle vom 11.08.2010 – 1 Ws 395/10. Das OLG weist zunächst darauf hin, dass der Vorwurf der gewerbsmäßigen Patentverletzung nach § 142 Abs. 2 PatG, um den es ging, ein Qualifikationstatbestand ist, der im Gegensatz zum Grundtatbestand des § 142 Abs. 1 PatentG nicht im Katalog der Privatklagedelikte des § 374 StPO enthalten ist und damit ein Offizialdelikt darstellt, auf das ein Klageerzwingungsantrag nach § 172 Abs. 2 StPO gestützt werden kann.

Und zu den formellen Anforderungen heißt es: „Zur Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 172 Abs. 3 StPO muss der auf den Vorwurf der Patentverletzung gestützte Klageerzwingungsantrag eine substantiierte und nachvollziehbare Darstellung enthalten, was das Patent konkret umfasst und durch welche Eigenschaften das Produkt des Beschuldigten die Merkmale des Patents verwirklicht. Diese Darstellung kann nicht durch Bezugnahme auf dem Antrag als Anlagen beigefügte Patent-Urkunden in englischer Sprache ersetzt werden.“

Und da hat nun gar nichts gepasst.

Außer Spesen nichts gewesen …..das haben wir im Revisionsverfahren häufiger

Da ist mal wieder so ein Beschluss, bei dem man denkt: Was hat die Revision dem Angeklagten nun gebracht? Der Angeklagte wird wegen Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch und Körperverletzung verurteilt. Im Revisionsverfahren entfällt die Verurteilung wegen Verjährung. Ergebnis für den Angeklagten: Keine Änderung. Der BGH schreibt dazu in seinem Beschl. v. 15.10.2010 – 2 StR 281/10:

„Die Sachrüge führt in Fall I. 1 der Urteilsgründe zum Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung, da insoweit aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Gleichwohl kann die für diesen Fall festge-setzte Einzelstrafe bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte, wenn es die Verfolgungsverjährung beachtet hätte, zumal auch verjährte Delikte – wenn auch mit – minderem Gewicht – bei der Strafzumessung zu Lasten eines Angeklagten berücksichtigt werden können (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2009 – 3 StR 170/09; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24).“

Ein im Revisionsverfahren häufiges Ergebnis, vor allem weil der BGH immer sehr viel sicher ausschließen kann. 🙁

Immerhin… 1.500 € für zwei Hauptverhandlungstage

Der BGH hat jetzt im Verfahren 3 StR 552/08 mit Beschl. v. 14.09.2010 eine Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage bewilligt. Es gibt 1.500 € mit der Begründung:

Die für seine Tätigkeit anfallenden gesetzlichen Gebühren von 550 € (VV Nr. 4133 für zwei Hauptverhandlungstage) sind wegen des besonderen Umfangs und der Schwierigkeit der Sache, in der grundlegende Fragen sowohl des Strafverfahrensrechts (Verwendbarkeit von Daten im Strafverfahren, die durch eine akustische Wohnraumüberwachung auf der Grundlage einer polizeirechtlichen Ermächtigung zur Gefahrenabwehr gewonnen worden sind) als auch des materiellen Strafrechts (Begründung der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung; Betrug durch Abschluss von Lebensversicherungsverträgen) zu klären waren, nicht zumutbar (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass sich der Verteidiger mit diesen Fragen bereits im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Tatrichter und der von ihm mitverantworteten Revisionsbegründungsschrift auseinandersetzen musste. Der Senat hält vielmehr den vom Antragsteller begehrten Betrag von 1.500 € für angemessen.“

Was dann wohl vom OLG als angemessen angesehen wird für das Revisionsverfahren mit einer Revisionsbegründung von über 5.000 Seiten?

Wochenspiegel für die 42. KW., oder wir schauen mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über:
1. Die Gefühle eines Richters, hier.
2. Der Vollmachtstanz, hier.
3. Meine IPad-Frage hat einen Nachfolger gefunden, der die Fragen vertieft und erweitert hat, hier.
4. Der Post zum schräg fahrende Motorradmessbeamte hat einen Nachahmer gefunden, hier, allerdings ohne den Beschl., den gibt es hier bei uns dann noch einmal.
5. Zum Mobiltelefon auch hier.
6. Und dann war es mal wieder Kachelmann, der die Blogs interessiert hat, vgl. u.a. hier, hier, hier, hier, hier , hier und hier.
7. Zur Stuerpflicht von Quads und Trikes, hier.
8. Geldwäsche oder Drogenwäsche? hier
9. Etwas kurios geht es manchmal bei § 142 StGB zu?, vgl. hier.
10. Und da hat dann mal einer richtig zugelangt :-(, vgl. hier.

Auch Strafkammern sind lernfähig – jedenfalls bei Kachelmann

könnte man die Meldung überschreiben, die aus der „Welt“ kommt (vgl. auch hier, hier und hier). Danach ist die Geschädigte im Kachelmannverfahren dann heute doch vor ihrer Vernehmung nach § 55 StPO belehrt worden. Nur: Ob es was nutzt im „Befangenheitsgerangel“, kann man wahrlich bezweifeln (vgl. dazu auch U.Vetter hier). Allerdings hat der BGH vor kurzem in einer Entscheidung auch die Entschuldigung des abgelehnten Richters als zulässig/möglich angesehen (finde die Entscheidung im Moment nicht). Das müsste dann ggf. auch für einen Verfahrensfehler, den man rückgängig macht, gelten.