Archiv für den Monat: April 2010

Präklusion im Strafprozess, oder: Das Basta in der Rechtsprechung des BGH

Einen interessanten Tagungsbericht vom 13. Strafverteidiger-Frühjahrssymposium am vergangenen Wochenende in Karlsruhe berichtet RA Flauaus in seinem Blogbeitrag „Präklusion im Strafprozeß„. Zu der dort angesprochenen „Obiter-dictum-Gesetzgebung“ des 1. Strafsenat des BGH hatte ich ja auch schon in der ZAP Stellung genommen (vgl. hier und hier). Die Wortmeldungen in Karlsruhe lassen eins sicher erscheinen: Letztlich wird der Große Senat für Strafsachen des BGH die Frage entscheiden müssen. Denn, wenn der 2. Strafsenat die Frage anders sieht als der 1. Strafsenat – wovon man nach den Äußerungen der Vorsitzenden und ihres Stellvertreters wohl ausgehen kann -, dann geht am Großen Senat für Strafsachen kein Weg vorbei. Denn eins ist auch sicher: Der 1. Strafsenat wird unter seinem derzeitigen Vorsitzenden Nack von seiner Rechtsprechung nicht abrücken und – gestützt vom BVerfG – „basta“ sagen :-). Damit ist das „basta“ auch in der Rechtsprechung angekommen. Unverständlich ist für mich die Auffassung des BVerfG, die die Rechtsprechung des 1. Strafsenats stützt. Deutlicher als dieser kann man m.E. nicht gegen § 246 StPO verstoßen. Das BVerfG sieht das aber noch als zulässige richterliche Rechtsfortbildung.

Wochenspiegel für die 16. KW, – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist aus der vergangenen Woche über folgende Beiträge:

  1. Über die Zulässigkeit einer „Fahrtenbuchauflage nach erstmaligem Verkehrsverstoß“ berichtet Rechtslupe.
  2. Wer wissen will, ob das Rütteln an Polizeifahrzeugen strafbar ist, kann hier mal nachschauen.
  3. Mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis befasst sich dieser Beitrag.
  4. Die Spontanäußerung auf Nachfrage ist in der Tat eine Vernehmungssituation, von der man (leider) immer wieder hört.
  5. Eine Rechtsschutzversicherung zur Einsicht zur bringen ist wirklich nicht einfach; man fragt sich schon, welche Interessen vertreten werden.
  6. Man, jedenfalls ich, glaube es nicht, dass ein Richter vergisst, ein Urteil zu unterschreiben; soll es aber geben, wie man hier lesen kann.
  7. Tapfer, tapfer, die Amtsgerichte, die trotz der in der Rechtsprechung der OLG vorherrschenden Auffassung (immer noch) von einem Beweisverwertungsverbot bei der Videomessung wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage ausgehen, wie z.B. das AG Burg.
  8. Mit der interessanten Frage, wohin im Traktor eine Werkzeugkiste gehört, hat sich das OLG Hamm und das ein oder andere Blog befasst. Volltext der Entscheidung hier.

Und das war für mich der Hammer der Woche. :-(. Man glaubt es nicht. Noch nicht einmal der Klick auf den „Druckknopf“.

Viel Spaß beim Stöbern.

Kein Lehrstück vom OLG Oldenburg zum Richtervorbehalt und zum Beweisverwertungsverbot

Tage-/Wochenlang ist Ruhe und dann  auf einmal gibt es wieder ein paar Entscheidungen zu § 81a StPO und zum Richtervorbehalt. Nach der schönen Entscheidung des AG Pirna, über die ich heute ja schon berichtet hatte, nun die in meinen Augen weniger schöne des OLG Oldenburg vom 15.04.2010 – 2 SsBs 59/10, in der das OLG Oldenburg m.E. eben so wie das OLG Bamberg vor einiger Zeit und der 4. Strafsenat des OLG Hamm zu kurz springt. Es kommt doch nicht auf die zu knappen Ressourcen der Justiz an und schon gar nicht darauf, ob denn Rufbereitschaft des Richters nur während bestimmter Zeiten bestand. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG, ob Bedarf bestand. Aber: Die OLGs sehen es, aus welchen Gründen auch immer, anders. Man wird allmählich müde…..

Volltext zu „Lehrbuch vom AG Pirna zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot

Hallo, sorry, hatte heute morgen in dem Beitrag „Lehrbuch vom AG Pirna zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot“ nicht auf den kostenfreien Volltext verlinkt. Das habe ich gerade nachgeholt. Die Entscheidung des AG Pirna steht (jetzt) hier.

Folgen einer Trunkenheitsfahrt – Verurteilter darf nicht (Zeit)Soldat werden

Das VG Koblenz teilt in seiner PM Nr. 12/2010 gerade mit, dass nach einem Urteil des VG Koblenz v. 14.0.4.2010 -2 K 1319/09.KO ein zum Elektroniker ausgebildeter Soldat wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss derzeit keinen Anspruch auf eine Ernennung zum Soldaten auf Zeit habe. In der PM heißt es zum Sachverhalt und zu den Entscheidungsgründen:

Das Zentrum für Nachwuchsgewinnung West berief den 1988 geborenen Kläger auf dessen Antrag zu einer im April 2009 beginnenden viermonatigen Eignungsübung in die Bundeswehr ein. Nachdem das Amtsgericht Koblenz dem Kläger wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt im Juni 2009 und hierdurch bedingt einer Gefährdung des Straßenverkehrs sowie eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen hatte, beurteilte die zuständige Stelle der Bundeswehr den Kläger als nicht geeignet für eine Übernahme in das Soldatenverhältnis auf Zeit. Hiergegen legte der Kläger Beschwerde ein und wies darauf hin, dass bei ihm lediglich eine Blutalkoholkonzentration von 0,62 ‰ festgestellt worden sei. Zu dem Unfall sei es durch eine Unachtsamkeit gekommen. Er sei auf einen Grünstreifen geraten und ins Rutschen gekommen. Danach habe er unter Schock gestanden und die Unfallstelle verlassen, wobei er sich nicht bewusst gewesen sei, dass die Leitplanke durch den Unfall geschädigt gewesen sei. Die zuständige Stammdienststelle wies die Beschwerde ab. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Entscheidung Klage, die ebenfalls erfolglos blieb.

Die Einschätzung der Bundeswehr, dass dem Kläger derzeit für einen Soldaten auf Zeit die charakterliche Eignung fehle, sei nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt der Beurteilung habe angesichts des damals noch laufenden Strafverfahrens die konkrete Möglichkeit einer Verurteilung des Klägers wegen einer Straftat nach § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) bestanden. Ein solcher Verdacht rechtfertige bereits die einer Berufung in das Soldatenverhältnis entgegenstehenden Zweifel an der Eignung. Diese Entscheidung sei nicht unverhältnismäßig, zumal gegen den Kläger mittlerweile auch ein rechtskräftiger Strafbefehl ergangen sei und die Bundeswehr mitgeteilt habe, dass sie einen Eignungsausschluss lediglich für die Dauer von zwölf Monaten annehme. Mithin habe der Kläger die Möglichkeit, sich im Laufe dieses Zeitraumes zu bewähren.“

Als nicht „Folgen einer Dienstfahrt“, sondern Folgen einer Trunkenheitsfahrt.