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Nochmals: Strafbefehl – nur mit Übersetzung ist Zustellung wirksam….

© AllebaziB Fotolia.com

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Klein, aber fein ist der LG Freiburg, Beschl. v. 17.06.2016 – 3 Qs 127/15. Er behandelt eine Problematik, die vor kurzem auch schon das LG Stuttgart im LG Stuttgart, Beschl. v. 12.05.2014 – 7 Qs 18/14entschieden hat (vgl. Strafbefehl: Nur mit Übersetzung ist Zustellung wirksam….). Es geht noch einmal um die Wirksamkeit der Zustellung eines Strafbefehls an einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Beschuldigten. Das LG Freiburg sagt ebenso wie das LG Stuttgart:

„Der Angeklagte ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Seine Belehrung im Rahmen seines polizeilichen Aufgriffs erfolgte mittels eines in georgischer Sprache abgefassten Vordrucks. Nach Auskunft der Justizvollzugsanstalt Freiburg ist eine Verständigung in deutscher Sprache mit dem Angeklagten nicht möglich. Daher wäre der Strafbefehl dem Angeklagten gemäß § 187 Abs. 2 GVG in einer Übersetzung in die georgische Sprache zuzustellen gewesen. Erst mit der Zustellung eines übersetzten Strafbefehls wird die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl in Gang gesetzt (vgl. hierzu auch Meyer-Goßner/Schmitt, Kommentar zur StPO, 57. Auflage 2014, § 37 Rn. 28; LG Stuttgart NStZ-RR 2014, 216 ff.).“

Recht hat es.

Zustellung: Die unvollständige Urteilausfertigung

Urteil Rechtsanwalt in Robe mit SchildZustellungsfragen spielen in der Praxis eine große Rolle, denn nur die Zustellung einer vollständigen Urteilsausfertigung setzt die entsprechenden Rechtsmittelfristen in Lauf. Das kann für das Rechtsmittel entscheidend sein. Von Interesse ist daher der OLG Celle, Beschl. v. 30.09.2015 – 2 Ss 161/15, in dem es um die Zustellung einer unvollständigen Urteilsausfertigung ging. Das OLG sagt: In dem Fall passt es noch, die Zustellung war wirksam:

„Ergänzend zu den Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist lediglich Folgendes zu bemerken:

Dem Urteil ist auf Seite 7 der Urteilsgründe folgender Hinweis zu entnehmen „<bitte Bl: 94 Bd. III Einscannen>“. In der dem Verteidiger am 9. April 2015 zugestellten Urteilsausfertigung findet sich ebenfalls dieser Zusatz. Die Einfügung ist offensichtlich nicht erfolgt. Der Senat ist gleichwohl nicht gehindert, in der Sache zu entscheiden. Die vom Landgericht vorgenommene Zustellung des unvollständigen Urteils war wirksam und hat die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt. Der erneuten Zustellung des Urteils bedurfte es nicht. Zwar muss die Abschrift das zuzustellende Schriftstück wortgetreu und vollständig wiedergeben. Kleine Fehler, die nur unwesentliche Einzelheiten betreffen, schaden allerdings nicht, wenn der Zustellungsempfänger aus der Abschrift oder Ausfertigung den Inhalt der Urschrift genügend entnehmen kann (BGH NJW 1978, 69; BGH Beschl. v. 17.3.2004, 2 StR 44/04, NJW-RR 2005, 261 ff.). So liegt der Fall hier. Aus der zugestellten Urteilsabschrift lässt sich der Inhalt der Verdienstbescheinigung genügend entnehmen. Der Sinngehalt der gefälschten Verdienstbescheinigung ist auf Seite 7 und 8 der Urteilsgründe ausreichend dargestellt. Auf die exakte Ausgestaltung und den exakten Wortlaut der nicht eingefügten Verdienstbescheinigung der Firma Z. GmbH kam es nicht an.“

Fragen und Antworten zu: Kurios, der BGH entscheidet über einen Urteilsentwurf, oder: Neue Technik

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Mein heutiger „Mittagsbeitrag“ zum BGH, Beschl. v. 10.09.2015 – 4 StR 24/15 (vgl. dazu Kurios, der BGH entscheidet über einen Urteilsentwurf, oder: Neue Technik) hat dann in den Kommentaren – hier im Blog und auch bei Facebook – ein paar Fragen aufgeworfen, auf die ich dann doch eben eingehen will.

1. Für einige Leser stellte sich die Frage bzw. sie sahen die Möglichkeit, dass die Strafkammer nun ja die Gelegenheit habe, ihr Urteil „nachzubessern“ und damit die Revision ins Leere laufen lassen könne.

Nun, das geht nicht (mehr). Im BGH, Beschl. heißt es: „Die vom Berichterstatter der Strafkammer des Landgerichts auf der Grundlage der Beratung verfasste, fünfzehn Seiten umfassende und zur Zustellung an die Verfahrensbeteiligten bestimmte Urteilsurkunde wurde von den berufsrichterlichen Mitgliedern der Strafkammer unterschrieben und gelangte am 26. November 2014 und damit rechtzeitig zur Geschäftsstelle.“ Es hat also ein (unterschriebenes) Urteil gegeben. Nur bei der Zustellung hat es einen Fehler gegeben: „Entgegen der Zustellungsverfügung des Vorsitzenden vom 26. November 2014 wurde dem Verteidiger nicht die fünfzehnseitige Urteilsurkunde, sondern der neunseitige Urteilsentwurf, der als Ausfertigung nicht als Entwurf erkennbar war, zugestellt.“ Das Revisionsverfahren ist also auf falscher Grundlage durchgeführt worden.

Es muss jetzt auf der richtigen Grundlage, nämlich dem fünfzehnseitigen „richtigen“ Urteil neu durchgeführt werden. An dem Urteil kann aber die Kammer nichts mehr ändern. Denn die Urteilsbegründungsfrist des § 275 StPO ist abgelaufen und wird nicht neu in Lauf gesetzt.

Die Revisionsbegründungsfrist läuft allerdings für den Angeklagten neu. Er kann also neu/noch einmal die Revision begründen.

Im Übrigen: Bis auf den Zustellungsfehler ein völlig normaler Vorgang. Es gibt einen Urteilsentwurf, der dann in das endgültige Urteil mündet. Und da ist auch nichts „ausgetauscht“, sondern an dem Entwurf wird gearbeitet.

2. Auch gebührenrechtlich ist der Fall ganz interessant. Denn:

Die Revisionsgebühren sind entstanden. Die Revisionsinstanz beginnt mit der Einlegung des Rechtsmittels. Sie fallen nicht nachträglich wieder weg. Das folgt aus § 15 Abs. 4 RVG.

Durch die Aufhebung des „Urteilsentwurfs“ und die Zurückverweisung ist ein neuer Rechtszug entstanden. Die bei den Verteidigern hier ggf. bereits entstandenen Gebühren sind m.E. durch die Aufhebung der Aufhebung nicht weggefallen. Das ist ebenfalls der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 4 RVG.

Wir befinden uns jetzt aber wieder in der Revisionsinstanz. M.E. ist es aber dieselbe Angelegenheit wie die ursprüngliche Revision, die mit der Aufhebung des Urteilsentwurfs geendet hatte. Das bedeutet, dass die Gebühr Nr. 4130 VV RVG nach den Grundsätzen des § 15 RVG nicht noch einmal entsteht. Wenn der Verteidiger Wahlanwalt ist, muss er den Mehraufwand durch die „doppelte Revision“ über § 14 RVG geltend machen. War er Pflichtverteidiger bleibt ggf. nur der Weg über eine Pauschgebühr nach § 51 RVG.

3. Erstattungsfragen stellen sich m.E. nicht. Denn der BGH hatte aufgehoben und zurückverwiesen. Es gab also noch keine endgültige Kostengrundentscheidung, die die Staatskasse zur Erstattung verpflichtet hätte. M.E. wird man aber den durch die Aufhebung der Aufhebung entstandenen Mehraufwand in der endgültigen Kostenentscheidung der Staatskasse auferlegen können/müssen. Falsche Sachbehandlung.

So, ich hoffe, dass dann keine Fragen mehr offen sind.

Traurig, oder: Warum gibt es keine Übersetzungen?

FragezeichenMit Fragen der Übersetzung von Aktenbestandteilen und/oder Entscheidungen werden wir uns in Zukunft sicherlich häufiger befassen müssen. Das gilt sicherlich auch hinsichtlich der Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang einem Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ein Strafbefehl bei Zustellung übersetzt werden muss und ob eine Zustellung ohne Übersetzung wirksam ist. Das ist die Frage nach der analogen Anwendung des § 37 Abs. 3 StPO. Die ist von einigen LG bejaht worden, das LG Dortmund hat sie jetzt im LG Dortmund, Beschl. v. 11.03.2016 – 36 Qs-257 Js 2069/15-22/16 – verneint. Begründung:

„Zwar scheitert die Wirksamkeit der Zustellung nicht an § 37 Abs. 3 StPO, da diese Vorschrift für die Zustellung von Strafbefehlen keine analoge Anwendung findet (so jedoch LG Stuttgart, Beschluss vom 12.05.2014 – 7 Qs 18/14 in BeckRS 2014, 09908 und LG Gießen, Beschluss vom 29.04.2015 – 7 Qs 48/15 in BeckRS 2015, 10797). Nach den obigen Ausführungen scheitert eine analoge Anwendung daran, dass eben keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat, wie bereits dargelegt, zur Umsetzung der Richtlinien 2010/64/EU und 2012/13/EU die Regelung der Nr. 181 RiStBV hinsichtlich der Übersetzung von Strafbefehlen als ausreichend erachtet. Zudem ist der beabsichtigte Zweck des § 37 Abs. 3 StPO nicht auf die Situation bei Erlass eines Strafbefehls übertragbar. Durch die Regelung soll eine Schlechterstellung der übrigen Prozessbeteiligten durch eine faktisch kürzere Begründungsfrist vermieden und ein zeitgleicher Beginn der Begründungsfrist für alle Verfahrensbeteiligten durch gleichzeitige Zustellung der Urteilsausfertigung an alle Verfahrensbeteiligte sichergestellt werden (BT-Drs 17/12578, S. 14). Bei Erlass eines Strafbefehls ist eine vergleichbare Situation nicht gegeben, da gegen diesen lediglich dem Angeklagten ein Einspruch nach § 410 StPO zusteht.“

Unabhängig von der Frage hat das LG aber doppelte Wiedereinsetzung gewährt, und zwar sowohl hinsichtlich der Versäumung der Einspruchsfrist als auch hinsichtlich der Beschwerdefrist. Gut und richtig so. Denn man fragt sich schon, wie das Verfahren abgelaufen ist/ablaufen sollte., wenn es beim LG heißt:

„Obwohl bereits der Strafanzeige zu entnehmen war, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig war und diesem am Tatort durch einen Passanten übersetzt werden musste, war der Strafbefehl nicht in seine Sprache übersetzt worden. Auch die dem Strafbefehl beigefügte Rechtsmittelbelehrung war nicht übersetzt.“

Und weder AG noch StA kommen auf die Idee, dass man dem Angeklagten vielleicht mal was übersetzen muss? Traurig.

Zustellungsvollmacht/rechtsgeschäftliche Vollmacht, oder: Aufgepasst Herr/Frau Verteidiger(in)

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Starten wir heute dann mal mit nicht ganz so schwerer Kost, ist ja schließlich Wochenende 🙂 , na ja, noch nicht ganz. Und da passt mir der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.10.2015 – 2 (7) SsBs 467/15 – ganz gut. Er behandelt u.a. eine Zustellungs-/Vollmachtsproblematik im Bußgeldverfahren. Die Fragen sind ja in der Praxis, da es häufig um die Verjährungsproblematik geht, von Bedeutung. Hier ging es allerdings nicht um Verjährung, sondern um die wirksame Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils. Eine Zustellungsvollmacht befand sich nicht in der Akte. Das OLG ist aber dennoch von einer wirksamen Zustellung ausgegangen, denn:

a) Das Urteil wurde durch die (bloße) Zustellung an die Verteidigerin unter dem Gesichtspunkt der Bevollmächtigung wirksam zugestellt (§ 343 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG), obwohl sich bei den Akten keine Vollmacht befindet (§ 145a Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG; vgl. auch § 51 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz OWiG). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Wirksamkeit einer Zustellung an den Verteidiger nicht nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Vollmacht (Vollmachtsurkunde bei den Akten), sondern auch bei einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht in Betracht kommen kann. Die rechtsgeschäftliche Vollmacht kann allerdings nicht durch das bloße Tätigwerden des Verteidigers als solches angenommen werden (BGHSt 41, 303; BGH NStZ-RR 2009, 144). Stattdessen ist auch in diesen Fällen aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Schutz des Betroffenen ein urkundlicher Nachweis zu fordern (KG Berlin VRS 125, 230; OLG Brandenburg VRS 117, 305; BayObLG NJW 2004, 1263; vgl. auch BGH StraFo 2010, 339). Vorliegend wurde zwar auch nach der bewirkten Zustellung keine Vollmacht nachgereicht. Dies war jedoch ausnahmsweise entbehrlich, da das von der Verteidigerin unterzeichnete Empfangsbekenntnis den Zusatz „Ich bin zur Entgegennahme legitimiert und habe heute erhalten“ enthielt; eine solche ausdrückliche Erklärung war zum Nachweis der erforderlichen rechtsgeschäftlichen Vollmacht ausreichend (KG Berlin a.a.O.; BayObLG a.a.O.).

Ungeachtet der Wirksamkeit einer solchen Zustellung ist es aus Gründen der Rechtssicherheit aus Sicht des Senats vorzugswürdig, an den Verteidiger nur dann zuzustellen, wenn sich eine schriftliche Vollmacht bei den Akten befindet (§ 145a Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG). Dies entspricht nach den Erkenntnissen des Senats im Übrigen auch der Praxis der anderen Bußgeldabteilungen des Amtsgerichts Freiburg sowie auch sonstiger Amtsgerichte.“

Da kann man nur sagen: Aufgepasst Herr/Frau Verteidiger.

Aber: Erfolg hatte die Rechtsbeschwerde dennoch. Denn: Das Urteil war erst nahc Ablauf der sog. Fertigstellungsfrist unterschrieben worden. Das ändert nichts an der Wirksamkeit der Zustellung,

„Ungeachtet des Verstoßes gegen die Fertigstellungsfrist (vgl. auch § 338 Nr. 7 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) verhindert demgegenüber die fehlende Unterschrift bei einer dem Empfänger zugestellten mit der Urschrift des Urteils übereinstimmenden Ausfertigung, woran zu Zweifeln kein Anlass besteht, nicht, dass die Rechtswirksamkeit der Zustellung berührt wird; es handelt sich nämlich nicht um einen Mangel der Zustellung, sondern des Urteils selbst (BGHSt 46, 204; BGH NStZ-RR 2003, 85; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 345 Rn. 5a; aA LR-Franke, a.a.O., § 345 Rn. 6).“

aber:

a) Das Urteil ist aufgrund der Sachrüge aufzuheben, da es erst nach Ablauf der Fertigstellungsfrist unterschrieben wurde (vgl. oben II. 2. b). Eine zu diesem Zeitpunkt erfolgte Unterschrift entfaltet keine rechtliche Bedeutung, sodass es dem Fall des Fehlens der Unterschrift gleichsteht. Demzufolge liegt lediglich ein Urteilsentwurf vor, zumal die fehlende Unterschrift nach ganz überwiegender Auffassung (vgl. oben II. 2. b), der sich der Senat anschließt, ohnehin nicht mehr nachgeholt werden konnte. Das Fehlen der richterlichen Unterschrift ist dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen (OLG Frankfurt NStZ-RR 2010, 250 m.w.N.).“

„Schönes“ Durcheinander beim AG Freiburg…..