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Zustellung III: Öffentliche Zustellung, oder: Anordnung durch Beschluss, nicht nur durch Verfügung

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Die dritte Entscheidung, der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.02.2021 – III-2 RVs 5/21 – befasst sich mit Fragen in Zusammenhang mit der öffentlichen Zustellung.

Der Angeklagte ist vom AG verurteilt worden. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen, nachdem er in der Berufungshauptverhandlung ohne Entschuldigung ausgeblieben war.  Dagegen der Antrag des Angeklagaten, ihm wegen der Versäumung der Berufungshauptverhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Revision mit dem Antrag wegen Versäumung der einmonatigen Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Begründungsfrist gibt es, die beiden anderen Anträge bleiben ohne Erfolg. Hier nur die Ausführungen des OLG zur öffentlichen Zustellung:

„2. Die mangelnde Antragsbegründung ist allerdings unschädlich, wenn sich ein Wiedereinsetzungsgrund aus aktenkundigen Tatsachen ergibt. Denn aktenkundige Tatsachen brauchen nicht vorgetragen zu werden (vgl. BVerfG NJW 1995, 2544; OLG Köln NStZ-RR 2002, 142, 143; MüKo-Valerius a.a.O. § 45 Rdn. 5). Der Wille des Angeklagten zur Fortführung des Verfahrens kommt bereits durch den Wiedereinsetzungsantrag, der (hier verspätet) mit anderen Erwägungen begründet wurde, eindeutig zum Ausdruck.

In der Rechtsprechung ist weitgehend anerkannt, dass in entsprechender Anwendung der §§ 329 Abs. 7 Satz 1, 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch demjenigen gewährt werden kann, der nicht wirksam zum Termin der Berufungshauptverhandlung geladen wurde und deshalb zu Unrecht als säumig behandelt worden ist (vgl. OLG Hamm NStZ 1982, 521; OLG Hamburg NStZ-RR 2001, 302; OLG Köln NStZ-RR 2002, 142; OLG Brandenburg BeckRS 2011, 8101; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 329 Rdn. 41 m.w.N.).

Vorliegend ist zwar anhand der Akten ein Ladungsmangel festzustellen (dazu II.2.a). Dieser Ladungsmangel war jedoch nicht kausal für das Nichterscheinen des Angeklagten (dazu II.2.b), so dass eine Wiedereinsetzung auch unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.

a) Eine ladungsfähige Anschrift des Angeklagten, der nach dem erstinstanzlichen Urteil in die Türkei zurückgekehrt ist, war in dem Berufungsverfahren nicht bekannt. Das Landgericht hat daher die öffentliche Zustellung der Ladung angeordnet (§ 40 Abs. 1 StPO).

Dies ist lediglich in der Weise geschehen, dass die Vorsitzende der Strafkammer in der Ladungsverfügung betreffend den Angeklagten den Zusatz „gegen öffentliche Zustellung“ vermerkt hat. Die Anordnung der öffentlichen Zustellung erfordert indes gemäß § 37 Abs. 1 StPO, § 186 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Gerichtsbeschluss, der – jedenfalls kurz – zu begründen ist. Eine Verfügung des Vorsitzenden genügt nicht und macht die Zustellung unwirksam (vgl. OLG Hamm JMBl NRW 1958, 262; KMR-Ziegler, StPO, 102. Lfg. 2020, § 40 Rdn. 19; KK-Maul a.a.O. § 40 Rdn. 9; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 40 Rdn. 6).

b) Ein Ladungsmangel als solcher rechtfertigt jedoch noch nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungshauptverhandlung. Erforderlich ist darüber hinaus, dass der Ladungsmangel kausal für das Nichterscheinen des Angeklagten war (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2002, 142; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 380; NStZ-RR 2009, 314; OLG Brandenburg BeckRS 2011, 8101; OLG Frankfurt BeckRS 2015, 7902; KG BeckRS 2017, 134409). Der Ladungsmangel muss verhindert haben, dass der erscheinungswillige Angeklagte an der Verhandlung teilnehmen konnte. Es besteht kein Anlass, einem Angeklagten, der ohnehin nicht erscheinen wollte oder sich aus anderen Gründen an der Teilnahme gehindert sah, wegen eines Ladungsmangels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

An der erforderlichen Kausalität fehlt es hier. Der Verteidiger hat zu Beginn der Berufungshauptverhandlung erklärt, dass ihm der Angeklagte mitgeteilt habe, dass er sich noch in der Türkei befinde und heute nicht erscheinen werde. Diese Erklärung des Verteidigers impliziert, dass der Angeklagte – offenbar durch telefonischen Kontakt mit dem Verteidiger – sogar Kenntnis von dem Termin hatte. Der dem Angeklagten nicht bekannte Umstand, dass die öffentliche Zustellung statt durch einen Gerichtsbeschluss lediglich im Rahmen der Ladungsverfügung angeordnet wurde, war jedenfalls nicht ursächlich für sein Nichterscheinen.

Soweit das OLG Köln in einer jüngeren Entscheidung (NStZ-RR 2015, 317) bei einer wirksamen öffentlichen Zustellung nicht tragend als obiter dictum bemerkt hat, dass das Kausalitätserfordernis nicht für den Fall der öffentlichen Zustellung gelte, da ansonsten Ladungsmängel bei dieser Zustellungsform nahezu stets folgenlos blieben, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn das Instrument der Wiedereinsetzung dient nicht einer umfassenden Rechtskontrolle.

Um einen für das Nichterscheinen nicht kausalen Ladungsmangel erfolgreich beanstanden zu können, steht dem Angeklagten das Rechtsmittel der Revision zur Verfügung. Auf eine entsprechende Verfahrensrüge bleibt auch ein solcher Ladungsmangel nicht folgenlos, da ein Verwerfungsurteil, das nur bei ordnungsgemäßer Ladung hätte ergehen dürfen, bei einem Ladungsmangel der Aufhebung unterliegt, ohne dass es auf die Kausalität für das Nichterscheinen des Angeklagten ankommt.“

Im Übrigen: Verteidiger scheint ein „Künstler“ gewesen zu sein. 🙂

Wiedereinsetzung II: Nachholung von Verfahrensrügen, oder: Nur ganz ausnahmsweise

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Die zweite Entscheidung, der BGH, Beschl. v.14.01.2021 – 1 StR 242/20 – befasst sich auch noch einmal mit der Nachholung von Verfahrensrüge und zeitg sehr schön auf: Die Möglichkeit gibt es in der Regel nicht:

„1. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Revision hinsichtlich der Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 5 StPO hat keinen Erfolg.

a) Dem Wiedereinsetzungsantrag liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Dem Angeklagten D. wurde die Anklageschrift vom 20. Dezember 2018 unter der darin genannten c/o-Anschrift im Wege der Ersatzzustellung am 19. Januar 2019 zugestellt (vgl. Postzustellungsurkunde, Bd. XVII, Bl. 120). Mit Schreiben vom 28. August 2019 wurde er zur Hauptverhandlung am 8. Oktober 2019 sowie zu den Fortsetzungsterminen geladen und gleichzeitig auf die Folgen seines Ausbleibens gemäß § 231 Abs. 2 StPO hingewiesen. Auf der Ladungsverfügung des Vorsitzenden vom 27. August 2019 ist handschriftlich vermerkt, dass ein Ladungsheft angelegt ist (Bd. XVIII, Bl. 101, 104); allein darin sind die Ladungen sowie die zugehörigen Postzustellungsurkunden und Empfangsbekenntnisse abgelegt. Die Ladung wurde dem Angeklagten am 30. August 2019 unter der aktenkundigen c/o-Anschrift im Wege der Ersatzzustellung zugestellt (vgl. Postzustellungsurkunde, Ladungsheft Bl. 20). Der Angeklagte, der zuvor zu allen Hauptverhandlungsterminen erschienen war, blieb dem letzten Hauptverhandlungstermin am 18. November 2019 unentschuldigt fern. Dessen ungeachtet setzte die Kammer die Beweisaufnahme fort und führte die Hauptverhandlung an diesem Tag zu Ende.

Mit Schriftsatz vom 25. November 2019 legte der Verteidiger des Angeklagten D. Revision ein und begründete diese am 23. März 2020 unter anderem mit der Rüge eines Verfahrensverstoßes gegen § 230 Abs. 1, § 231 Abs. 2 StPO (§ 338 Nr. 5 StPO). Insoweit macht er geltend, der Angeklagte D. , der seit drei Jahren in Ägypten lebe, habe keine Ladung zum Verhandlungstermin am 18. November 2019 erhalten; nur ihm, dem Verteidiger, sei eine Ladung zu diesem Termin zugestellt worden, in der allerdings ein Hinweis nach § 231 Abs. 2 StPO gefehlt habe.

Nach Hinweis der Berichterstatterin auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfahrensrüge, in der weder die im Ladungsheft befindliche Ladungsverfügung nebst Hinweis nach § 231 Abs. 2 StPO noch die Zustellung dieser Ladung unter der c/o-Adresse Erwähnung findet, beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 20. November 2020 die Übersendung des Ladungshefts. Hierzu führte er aus, dass ihm bislang trotz umfassend beantragter Akteneinsicht keine Einsicht in das Ladungsheft gewährt worden sei. Nach gewährter Einsicht in das Ladungsheft beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 26. November 2020 Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist und reichte eine neue Revisionsbegründung ein, wobei er nunmehr zur Begründung der Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 5 StPO vorbringt, die an der c/o-Adresse zugestellte Ladung habe den Angeklagten nicht erreicht. Dieser habe sich – wie dem Vorsitzenden der Strafkammer vor der Ladungsverfügung vom 28. August 2019 mitgeteilt worden sei – in den letzten Jahren in Ägypten aufgehalten; unter der c/o-Anschrift habe er nie gewohnt.

b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt, wenn die Revision – wie hier – mit der Sach- und der Verfahrensrüge fristgemäß begründet worden ist, grundsätzlich nicht in Betracht (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 – 1 StR 301/12). Sie kann nur ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn dem Verteidiger trotz angemessener Bemühungen keine vollständige Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensbeschwerden erhoben werden sollen, die ohne Kenntnis der Akten nicht begründet werden konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 1997 – 4 StR 152/97 Rn. 4 mwN für den Fall der Nichtgewährung der Akteneinsicht bis kurz vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist).

c) Angemessene Bemühungen um eine vollständige Akteneinsicht hat der Verteidiger des Angeklagten nicht entfaltet. Zwar ist dem Verteidiger durch das Landgericht im Rahmen der von ihm umfassend beantragten Akteneinsicht das Ladungsheft nicht übersandt worden, weshalb ihm vollständiger Vortrag zu den genauen Umständen der Ladungen des Angeklagten zum Termin nicht möglich war und die Rüge der Verletzung des § 231 Abs. 2 StPO daher nicht formgerecht begründet werden konnte. Ergibt sich jedoch aus den Verfahrensakten – wie hier aus der Ladungsverfügung des Vorsitzenden (Bd. XVIII, Bl. 101, 104), auf der ein Vermerk über das Anlegen eines Ladungsheftes angebracht ist -, dass es weitere nicht übersandte Aktenbestandteile gibt, die für die beabsichtigte Verfahrensrüge von Bedeutung sein können, so ist es dem Verteidiger zumutbar, an die Übersendung dieser Aktenbestandteile zu erinnern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2000 – 4 StR 635/99 Rn. 3; vom 3. Dezember 1997 – 3 StR 514/97 Rn. 2 und vom 30. Mai 1985 – 4 StR 214/85 Rn. 4). Aufdrängen musste sich das Fehlen von für die beabsichtigte Verfahrensrüge maßgeblichen Aktenteilen vorliegend insbesondere deshalb, weil Ladungen und diesbezügliche Zustellungsnachweise in der Hauptakte nicht enthalten sind. Dass es für eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend begründete Verfahrensrüge vollständigen Vortrags zum Inhalt des Ladungsheftes zwingend bedurfte, war für den Verteidiger bei pflichtgemäßer Sorgfalt ohne Weiteres erkennbar. Weitere Erkundigungen durch den Verteidiger zu etwa an den Angeklagten gerichteten Terminsladungen waren von diesem aber auch deshalb zu erwarten, weil in der Anklageschrift die c/o-Adresse genannt war, weshalb Versuche einer (Ersatz-)Zustellung von Terminsladungen an dieser Anschrift zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen durften.

Ob dieses Verschulden des Verteidigers dem Angeklagten zuzurechnen ist (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2016 – 1 StR 435/15 Rn. 7; vom 8. April 1992 – 2 StR 119/92 Rn. 4; vom 16. Februar 1990 – 4 StR 663/89; vom 12. April 1989 – 4 StR 71/89 Rn. 2 f.; vom 30. Mai 1985 – 4 StR 214/85 Rn. 4 und vom 12. Januar 1984 – 4 StR 762/83 Rn. 2; vgl. auch: BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2000 – 4 StR 635/99 Rn. 3 und vom 3. Dezember 1997 – 3 StR 514/97 Rn. 2), kann indes offenbleiben. Denn den Angeklagten trifft ein eigenes Verschulden an der Versäumung der (auch) für die erhobene Verfahrensrüge geltenden Begründungsfrist, weil dieser schon mit Blick auf die in der Anklage genannte c/o-Anschrift, an der die Anklageschrift im Wege der Ersatzzustellung zugestellt worden war, hätte in Erfahrung bringen müssen, ob dort auch – konsequenterweise – eine Ladung zur Hauptverhandlung zugestellt wurde. Für diesbezüglichen Vortrag innerhalb der Revisionsbegründungsfrist hätte der Angeklagte sorgen müssen.

Im Übrigen ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die c/o-Adresse ohne Zutun des Angeklagten als ladungsfähige Anschrift in den Datensatz der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts aufgenommen wurde. Der Wiedereinsetzungsantrag verhält sich zudem auch nicht dazu, in welchem Verhältnis der Angeklagte zu der in der c/o-Anschrift genannten Person steht und ob er von dieser Kenntnis von der dort zugestellten Ladung erhalten hat. Die naheliegende Annahme, dass der Angeklagte die c/o-Anschrift selbst in einem früheren Verfahrensstadium für an ihn zu bewirkende Zustellungen angegeben hatte, so dass es ihm bereits aus diesem Grund oblegen hätte, sich innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nach einer etwa dort eingegangenen Ladung zu erkundigen und für diesbezüglichen Vortrag zu sorgen, ist damit nicht ausgeräumt. Ein Verschulden des Angeklagten an der Versäumung der für die Verfahrensrüge geltenden Revisionsbegründungsfrist ist dabei auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil sein Verteidiger noch vor der Ladungsverfügung im Rahmen einer Vorbesprechung darauf hingewiesen hatte, dass der Angeklagte in Ägypten lebt. Dies allein schließt nämlich nicht von vornherein aus, dass der Angeklagte eine weitere – etwa in Form von regelmäßigen, nicht nur ganz kurzen Aufenthalten in Deutschland genutzte – Wohnung an der c/o-Adresse unterhält. Dass gegenüber dem Gericht im Rahmen der Vorbesprechung deutlich gemacht worden wäre, dass der Angeklagte an der c/o-Adresse keine Wohnung im Sinne von § 37 Abs. 1 StPO, § 178 Abs. 1, § 180 ZPO hat, ist dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entnehmen. Eine Wiedereinsetzung zur Nachholung von Verfahrensrügen kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht.“

Wiedereinsetzung I: Quasi-Verlängerung der Begründungsfrist, oder: Nachholung von Verfahrensrügen

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Heute am „Vatertag“ – wird sicherlich noch einmal ein etwas ruhigerer „Festtag“ – drei Entscheidungen zur Wiedereinsetzung. Es ist zwar Feiertag heute, aber ich lasse das Programm durchlaufen.

Ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 02.12.2020 – 2 StR 267/20. Also schon etwas älter 🙂 . Der Angeklagte hatte einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, den der BGH zurückgewiesen hat:

„1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 31. Januar 2020 zu gewähren, ist unzulässig, weil seine Revision bereits von seinen Pflichtverteidigern frist- und formgerecht begründet worden ist.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen kommt nur ausnahmsweise bei besonderen Verfahrenslagen in Betracht, in denen dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 1951 – 1 StR 5/51, BGHSt 1, 44, 46; vom 23. August 2012 – 1 StR 346/12; vom 14. November 2019 – 5 StR 505/19 je mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier – wie vom Generalbundesanwalt näher ausgeführt – nicht vor, auch nicht mit Blick darauf, dass die Urteilszustellung an den Wahlverteidiger zunächst nicht bewirkt werden konnte. Durch die sodann erfolgte spätere Zustellung der Urteilsurkunde wurde die Revisionsbegründungsfrist für den Beschwerdeführer insgesamt sogar verlängert.

2. Der weitere Antrag des Angeklagten auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Heilung der Mängel von nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrügen ist ebenfalls unzulässig. Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass geltend gemacht wird, den Angeklagten treffe an den Mängeln kein Verschulden. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Dies würde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehen, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachbesserung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 1991 – 4 StR 384/91, wistra 1992, 28; vom 25. September 2012 – 1 StR 361/12, wistra 2013, 34). Eine solche Ausnahmesituation liegt ersichtlich nicht vor.“

Dagegen hatte der Angeklagte dann noch die Anhörungsrüge erhoben, die der BGH mit BGH, beschl. v. 02.03.2021 – 2 StR 267/20 – zurückgewiesen hat. Da meint der BGH noch:

„Soweit der Verurteilte die Formulierung in dem angefochtenen Beschluss, durch die zweite Zustellung der Urteilsurkunde an den Wahlverteidiger sei die Revisionsbegründungsfrist für den Beschwerdeführer insgesamt sogar verlängert worden, als rechtlich verfehlt beanstandet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Erfolgt in Fällen der Mehrfachverteidigung entgegen Nr. 154 Abs. 1 Satz 2 RiStBV die Zustellung an mehrere Verteidiger zu unterschiedlichen Zeiten, führt dies für den Verurteilten zu einer faktischen Fristverlängerung ( BGH, Urteil vom 30. August 1990 – 3 StR 459/87 , BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 4 ; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 37 Rn. 29). Hier wurde die Revisionsbegründungsfrist mit Urteilszustellung an die beiden Pflichtverteidiger am 23. April 2020 in Gang gesetzt und endete aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten weiteren Zustellung an Rechtsanwalt S. erst am 8. Juni 2020. Mithin standen dem Verurteilten damit insgesamt mehr als sechs Wochen zur Begründung seiner Revision zur Verfügung.“

Plötzliche Erkrankung des Rechtsanwalt, oder: Wann muss man einen Kollegen mit der Vertretungung beauftragen?

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Die zweite Entscheidung im „Kessel Buntes“ kommt heute auch vom BGH. Der hatte sich im BGH, Beschl. v. 28.05.2020 – IX ZB 8/18 – mit einer (zivilrechtlichen) Wiedereinsetzungsfrage zu befassen.

Gestritten wird um die Zulässigkeit der Berufung des Beklagten gegen ein OLG-Urteil. Die Berufungsbegründungsfrist war bereits einmal auf Antrag des Klägers bis zum 22.06.2017 verlängert worden. Am 22.06.2017 hat der Beklagte dann eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.062017 beantragt. Er hat den Antrag mit einer akuten Erkrankung begründet. Das OLG hat die weitere Fristverlängerung abgelehnt, nachdem der Kläger seine Einwilligung verweigert hatte. Die Verfügung des Vorsitzenden ist dem Beklagten am 19.07.2017 zugestellt worden. Am 24.07.2017 hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung begründet.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Beklagte einen akuten Erschöpfungszustand angeführt. Er sei deshalb seit dem 21.06.2017 arbeits- sowie verhandlungsunfähig erkrankt und am 22.06. 2017 nicht in der Lage gewesen, die Berufungsbegründung zu erstellen. Die Korrektur und Ausfertigung einer im Entwurf bereits vollständig vorliegenden Berufungsbegründung in einer anderen Sache habe der Beklagte erst nach mehreren Anläufen am späten Abend des 22.06.2017 abschließen können. Das OLG hat den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde. Die hatte Erfolg:

„2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Beklagte war ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 Satz 1 ZPO). Auf den rechtzeitig gestellten, mit der Nachholung der Berufungsbegründung verbundenen Antrag (§§ 234, 236 ZPO) ist dem Beklagten deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei nicht ohne sein Verschulden verhindert gewesen, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Der Beklagte habe bereits am 21. Juni 2017 erkennen müssen, dass er aufgrund der Schwere der Krankheitssymptome nicht in der Lage sein werde, die am 22. Juni ablaufende Frist zu wahren. Vor diesem Hintergrund hätten nur zwei Möglichkeiten bestanden. Zum einen hätte der Beklagte den Kläger um Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung ersuchen können. Zum anderen sei die Beauftragung eines Vertreters mit der Anfertigung der Berufungsbegründung in Betracht gekommen. Hätte der Beklagte bereits am 21. Juni die Zustimmung des Klägers zu einer weiteren Fristverlängerung erbeten, wäre ihm bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden, dass eine solche nicht erteilt werden würde. Der Beklagte hätte deshalb bereits am 21. Juni einen Vertreter mit der Anfertigung der Berufungsbegründung beauftragen müssen. Die gleiche Pflicht wäre anzunehmen gewesen, wenn er am 21. Juni noch keine Antwort hinsichtlich einer eventuellen Zustimmung zur Fristverlängerung erhalten gehabt hätte. Die Beauftragung eines Vertreters mit der Anfertigung der Berufungsbegründung habe eine geeignete Maßnahme der Fristwahrung dargestellt. Weder der Umfang noch die Schwierigkeit der Sache ließen die Beauftragung eines Vertreters als ungeeignet erscheinen.

b) Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass die zur Wahrung von Fristen erforderlichen Handlungen auch dann unternommen werden, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall treffen, zum Beispiel durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 – VI ZB 43/18, NJW-RR 2019, 691 Rn. 7; vom 8. August 2019 – VII ZB 35/17, NJW 2020, 157 Rn. 12). Konkrete Maßnahmen muss der Rechtsanwalt erst dann ergreifen, wenn er den Ausfall vorhersehen kann. Wird er unvorhergesehen krank, muss er deshalb konkret nur das unternehmen, was ihm dann noch möglich und zumutbar ist (BGH, Beschluss vom 27. September 2016 – XI ZB 12/14, NJW-RR 2017, 308 Rn. 9; vom 18. Januar 2018 – V ZB 113/17, V ZB 114/17, NJW 2018, 1691 Rn. 9; vom 8. August 2019, aaO Rn. 12). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Rechtsanwalt die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft und daher wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden hat, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (BGH, Beschluss vom 8. August 2019, aaO Rn. 13).

Allgemeine Vorkehrungen und konkrete Maßnahmen sollen im Verhinderungsfall ineinandergreifen. Wird ein Einzelanwalt unvorhergesehen krank, müssen allgemeine Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass die dem erkrankten Rechtsanwalt konkret noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen fristwahrende Wirkung entfalten können. Deshalb wird es regelmäßig ein Verschulden des Rechtsanwalts begründen, wenn er aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, einen vertretungsbereiten Kollegen zu suchen oder die Suche aufgrund der Kürze der nur noch zur Verfügung stehenden Zeit erfolglos ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019, aaO Rn. 8). Anders liegt der Fall, wenn sich die im Grundsatz hinreichenden allgemeinen Vorkehrungen im konkreten Fall unvorhersehbar als nicht ausreichend erweisen, etwa deshalb, weil der im Allgemeinen zur Vertretung bereite Kollege selbst verhindert ist.

Auf die allgemeinen Vorkehrungen kommt es nicht an, wenn die dem unvorhersehbar erkrankten Rechtsanwalt konkret noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen die Versäumung der Frist auch im Falle sorgfaltsgemäß getroffener allgemeiner Vorkehrungen nicht verhindert hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2019, aaO Rn. 16). Dies kann anzunehmen sein, wenn die Vornahme der fristwahrenden Handlung durch einen Vertreter unmöglich oder unzumutbar ist und eine Verlängerung der Frist – etwa mangels Einwilligung des Gegners – nicht in Betracht kommt.

bb) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten.

(1) Bei dem Beklagten hat sich am 21. Juni 2017 ein akuter Erschöpfungszustand eingestellt. Der Erschöpfungszustand hat zur Arbeitsunfähigkeit über den 22. Juni – das Datum des Ablaufs der bereits um einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist – hinaus geführt. Auf entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts hat der Beklagte ergänzend ausgeführt, dass seine Erkrankung unvorhersehbar gewesen sei.

(2) Vor diesem Hintergrund war der Beklagte gehalten, konkret die Maßnahmen zu ergreifen, die ihm nach Eintritt der Erkrankung noch möglich und zumutbar waren. Möglich und zumutbar war es, einen Antrag auf weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen. Dem ist der Beklagte selbst nachgekommen. Der vom Beklagten selbst noch gestellte Fristverlängerungsantrag vermochte die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht zu verhindern, weil die weitere Fristverlängerung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO die Einwilligung des Klägers voraussetzte und diese nicht erteilt wurde.

(3) Es war dem Beklagten hingegen nicht möglich und zumutbar, die fristwahrende Anfertigung der Berufungsbegründung durch einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt in Auftrag zu geben. Dabei kann offenbleiben, ob mit dem Berufungsgericht davon auszugehen ist, dem Beklagten habe bereits am 21. Juni 2017 klar sein müssen, dass er die Berufungsbegründung krankheitsbedingt nicht fristgemäß würde fertigen können. Dass der Beklagte über die hierzu erforderlichen medizinischen Fachkenntnisse oder jedenfalls entsprechendes Erfahrungswissen verfügte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Beauftragung eines vertretungsbereiten Rechtsanwalts mit der Anfertigung der Berufungsbegründung bis zum Ablauf des 22. Juni 2017 war aber auch dann keine vom Beklagten konkret zu ergreifende Maßnahme, wenn man auf den 21. Juni als Datum der Beauftragung abstellt.

Dem Mandanten des unvorhersehbar erkrankten Rechtsanwalts dürfen aufgrund der Erkrankung keine Nachteile bei der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstehen. Gleiches gilt, wenn sich der erkrankte Rechtsanwalt – wie im vorliegenden Fall – selbst vertritt. Die Fertigung einer Rechtsmittelbegründung muss deshalb mit der gleichen Sorgfalt möglich sein, wie ohne die Erkrankung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein vertretungsbereiter Kollege des erkrankten Rechtsanwalts regelmäßig zunächst in den Sach- und Streitstand einarbeiten muss und deshalb ein zeitlicher Mehraufwand entsteht. Erschwerend tritt hinzu, dass der vertretungsbereite Dritte auch eigene Mandate zu bearbeiten hat und seine zeitliche Verfügbarkeit demzufolge in der Regel eingeschränkt ist. Vor diesem Hintergrund erfordern die Sorgfaltspflichten des unvorhersehbar erkrankten Rechtsanwalts die Beauftragung eines vertretungsbereiten Kollegen mit der Fertigung einer Rechtsmittelbegründung allenfalls dann, wenn bis zum Ablauf der Begründungsfrist ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Der erforderliche Zeitraum lässt sich nicht abstrakt festlegen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Tritt die Erkrankung – wie im Streitfall – erst am Tag vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist zutage, kommt die Beauftragung eines vertretungsbereiten Kollegen mit der Fertigung der Rechtsmittelbegründung nur in einfach gelagerten Fällen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2009 – II ZB 1/09, NJW 2009, 3037 Rn. 10; vom 8. August 2019 – VII ZB 35/17, NJW 2020, 157 Rn. 16). Um einen solchen Fall geht es hier nicht. Das vom Beklagten mit der Berufung vollständig angefochtene Urteil entscheidet auf 21 Seiten über Klage, Hilfsaufrechnung und Widerklage. Der Sache nach geht es um die rechtliche Aufarbeitung einer gescheiterten Mandatsbeziehung mit mehreren Einzelmandaten und den daraus nach Auffassung der Parteien folgenden wechselseitigen Ansprüchen.“

Betrifft zwar das Zivilrecht, kann aber im Strafverfahren auch Bedeutung haben, wenn dort (ausnahmsweise) das Verschulden des Rechtsanwalts zugerechnet wird.

„Der Zeuge kommt nicht, dann bleibe ich zuhause..“, oder: Geht nicht. Wirklich nicht?

Die dritte Entscheidung kommt vom LG Trier. Über den LG Trier, Beschl. v. 29.08.2019 – 1 Qs 58/19. hat vor einiger Zeit schon der VerkehrsrechtsBlog des Kollegen Gratz berichtet.

Ergangen ist der Beschluss in einem Bußgeldverfahren. Das AG hatte nach Einspruch des Betroffenen Hauptverhandlungstermin bestimmt. Dazu war ein vom Betroffenen benannter Zeuge geladen war. Der hat einige Tage vor dem Termin die Verlegung des Termins beantragt.  Eine Terminsverlegung durch das AG erfolgte nicht. Der Betroffenen ist der Hauptverhandlung fwern geblieben. Das AG hat seinen Einspruch nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Dagegen der Wiedereinsetzungantrag des Betroffenen, der keinen Erfolg hatte.

„Der Beschwerdeführer war am Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht unverschuldet verhindert.

Insbesondere genügt allein der von einem Zeugen gestellte Antrag auf Terminsverlegung nicht, um für den Betroffenen die berechtigte Erwartung zu wecken, der Termin werde verlegt und er könne der Hauptverhandlung fernbleiben. Der Beschwerdeführer hätte sich vielmehr vor dem Termin beim Amtsgericht vergewissern müssen, ob der Termin stattfindet oder verlegt wurde. Da keine Um- oder Abladung erfolgte, war der Beschwerdeführer verpflichtet, an der Hauptverhandlung teilzunehmen.

Soweit die Verteidigerin vorträgt, der Betroffene sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig und habe keine Kenntnis von den Folgen des unentschuldigten Fernbleibens gehabt, verhilft dies der sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg. Aus dem Grundsatz eines fairen Verfahrens besteht zwar die Verpflichtung, mit dem Bußgeldbescheid eine Übersendung der Rechtsbehelfsbelehrung in der Muttersprache des Betroffenen oder einer ihm sonst verständlichen Sprache mit zu übersenden, jedenfalls wenn der Betroffene nicht anwaltlich vertreten ist. Eine unterbliebene entsprechende ausländische Rechtsmittelbelehrung kann insoweit auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Kann der ausländische Betroffene jedoch dem Bußgeldbescheid entnehmen, dass es sich um ein amtliches Schriftstück mit belastendem Inhalt handelt, und zieht er keine weiteren Erkundigungen bei einem Rechtsanwalt oder bei der Verwaltungsbehörde ein bzw. lässt er das Schriftstück nicht durch einen Dolmetscher übersetzen, trifft ihn ein Verschulden bei der Aufklärung des Inhalts der Verfügung. Gleiches gilt auch für die Terminsladung zum Einspruchstermin. Der Betroffene hatte Kenntnis vom Termin und hätte sich daher bei Gericht darüber erkundigen müssen, ob dieser verlegt worden ist. Soweit er sich nur auf seine Ehefrau verlassen haben will, entschuldigt ihn dies nicht.

Der Betroffene war anwaltlich vertreten und hätte daher jedenfalls bei seinem Verteidiger Rücksprache halten müssen.“

Nun ja: „Der Betroffene war anwaltlich vertreten und hätte daher jedenfalls bei seinem Verteidiger Rücksprache halten müssen.“ – aber doch nur, wenn der Betroffene überhaupt verstanden hat, worum es geht.