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Wiedereinsetzung II: Begründung des WE-Antrags, oder: (Noch) kein „offenkundiger Mangel“ der Verteidigung

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Die zweite Entscheidung zur Wiedereinsetzung kommt vom BGH. Der BGH, Beschl. v. 20.12.2021 – 4 StR 439/21 – bringt allerdings nichts wesentlich Neues. Ich stelle ihn nur vor, um noch einmal daran zu erinnern, was bei einem Wiedereinsetzungsantrag ggf. alles vorgetragen werden muss:

„1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist ist unzulässig, da das Gesuch nicht fristgerecht angebracht worden ist und es darüber hinaus an der erforderlichen Glaubhaftmachung des Antragsvorbringens zur unverschuldeten Fristversäumnis fehlt.

a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und zu begründen. Der Antragsteller muss mitteilen, wann er Kenntnis von der Fristversäumung erlangte, und dartun, aufgrund welcher tatsächlicher Umstände er gehindert war, die Frist einzuhalten. Erforderlich ist der Vortrag eines Sachverhalts, der ein Verschulden des Antragstellers an der Fristversäumung ausschließt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. April 1987 – 2 StR 109/87, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 1; vom 27. Juni 2017 – 2 StR 129/17, NStZ-RR 2017, 285; vom 12. Juli 2017 – 1 StR 240/17, Rn. 6 mwN). Der Sachvortrag zu dem einer Fristwahrung entgegenstehenden Hinderungsgrund ist ferner glaubhaft zu machen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO).

b) Das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten ist nicht rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO angebracht worden. Nach dem Antragsvorbringen erlangte der Angeklagte durch Erhalt eines Schreibens seines damaligen Pflichtverteidigers Rechtsanwalt W. am 8. Mai 2021 Kenntnis davon, dass innerhalb der am 7. Mai 2021 endenden Revisionseinlegungsfrist kein Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt worden war. Das Schreiben des Angeklagten vom 11. Mai 2021, in welchem er Rechtsmittel eingelegt und der Sache nach um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht hat, ging beim Landgericht aber erst am 28. Juli 2021, mithin nach Ablauf der einwöchigen Wiedereinsetzungsfrist ein. Soweit vom Angeklagten im Wiedereinsetzungsverfahren pauschal geltend gemacht wird, er sei bis Ende Juli 2021 außer Stande gewesen, sein Schreiben vom 11. Mai 2021 postalisch an das Landgericht zu senden, wird ein durchgängiges, sich über die gesamte Zeitspanne erstreckendes Fehlen einer Übermittlungsmöglichkeit weder hinreichend substantiiert dargetan, noch glaubhaft gemacht.

Darüber hinaus hat der Angeklagte sein Vorbringen zu dem der Wahrung der Revisionseinlegungsfrist entgegenstehenden Hinderungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit hat er vorgetragen, das vom 2. Mai 2021 datierende Schreiben seines damaligen Pflichtverteidigers Rechtsanwalt W., aus dem sich ergab, dass durch den Pflichtverteidiger kein Rechtsmittel eingelegt werden wird, erst am 8. Mai 2021 erhalten zu haben. Nach Verkündung des Urteils sei mit dem Verteidiger zwar keine weitere Rücksprache erfolgt, es sei aber „eigentlich abgesprochen“ gewesen, dass eine entsprechende Einlegung von Rechtsmitteln im Falle einer Verurteilung erfolgen soll. Weder zu dem Zeitpunkt des Erhalts des Verteidigerschreibens noch zu der unbedingten Beauftragung des Verteidigers zur Revisionseinlegung ist eine Glaubhaftmachung des Vorbringens erfolgt. Der Inhalt des Schreibens von Rechtsanwalt W. vom 2. Mai 2021 bietet – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat – keinen Anhalt für eine durch den Angeklagten erfolgte Beauftragung des Verteidigers zur Rechtsmitteleinlegung.

c) Ein Fall eines „offenkundigen Mangels“ der Verteidigung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, NJW 2003, 1229; BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2021 – 3 StR 422/20, NStZ-RR 2021, 112; vom 7. August 2019 – 3 StR 165/19, NStZ-RR 2019, 349; vom 5. Juni 2018 – 4 StR 138/18, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. c Beschränkung 3) liegt schon deshalb nicht vor, weil ein dem Verteidiger erteilter Auftrag zur Revisionseinlegung nicht glaubhaft gemacht ist.“

Wiedereinsetzung I: Automatisches Windows-Update, oder: Update verhindert fristgerechten bea-Versand

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Heute köcheln im „Kessel Buntes“ dann zwei Entscheidungen zur Wiedereinsetzung. Ich könnte zwar auch Entscheidungen zu den „Dieselfällen“ vorstellen, aber da muss ich erst mal schauen, ob sich die „lohnen“. Ich räume ein, ich habe da den Überblick verloren. 🙂

Als erstes hier die Entscheidung aus dem Zivilrecht. M.E. ganz interessant, da es eine Problematik behandelt, die so bisher noch nicht entschieden ist.

Es geht um Schadensersatz Land wegen von der Klägerin behauptetet Pflichtverletzungen von Beamten der Staatsanwaltschaft Kiel im Zusammenhang mit bzw. im Nachgang von Durchsuchungen. Der Gegenstandswert ist erheblich, es werden allein rund 385.000 EUR Verdienstausfall geltend gemacht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Dagegen die Berufung der Klägerin. Die Berufungsbegründung hätte am 15.04.2021 eingehen müssen. Sie gehr aber erst am 16.04.2021 um 00:25 Uhr ein. Grund: Ein plötzliches Windowsupdate verhindert den fristgerechten Versand der Begründungsschrift mit dem beA. Der Vertreter der Klägerin beantragt Wiedereinsetzung, die das OLG mit dem OLG Schleswig, Urt. v. 14.12.2021 – 11 U 19/21 – gewährt.

„Die Berufung ist zulässig.

Zwar ist die Berufungsbegründung nicht bis zum Ablauf der Frist am 15.04.2021, sondern erst am Folgetag um 00:25:47 Uhr eingegangen. Auf den zulässigen, insbesondere innerhalb der Monatsfrist nach § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO gestellten Antrag vom 29.04.2021 war der Klägerin aber nach § 233 S. 1 ZPO Wiedereinsetzung in diese Frist zu gewähren.

Die Klägerin hat nach § 236 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie an der Fristwahrung ohne eigenes oder ihr zuzurechnendes Verschulden verhindert war. Sie hat nämlich durch Vorlage der Originale der eidesstattlichen Versicherungen ihres Prozessbevollmächtigten und der beiden weiteren Mitglieder von dessen Bürogemeinschaft glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte die Begründungsschrift am Tag des Fristablaufs um 23.48 Uhr versandfertig in eine Zwischenablage kopiert und sich sodann zwecks Versendung von seinem Büroarbeitsplatz zum Computerarbeitsplatz im Empfangsbereich seiner Kanzlei begeben hat, der als einziger Arbeitsplatz das für die Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erforderliche Chipkartenlesegerät aufwies. Erst dort hat der Prozessbevollmächtigte feststellen können, dass der Rechner gerade mit einem automatischen Windows-Update beschäftigt war. Dieses Update war erst nach Mitternacht abgeschlossen, so dass auch die Berufungsbegründung erst nach Mitternacht hat versandt werden können. Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, dass wegen einer Besetztmeldung des gerichtlichen Faxgeräts die Berufungsbegründung vor Ablauf des 15.04.2021 nicht vollständig per Fax hat übermittelt werden können.

Entgegen der Bewertung durch das beklagte Land und dessen Streithelferinnen ist es dem Prozessbevollmächtigten nicht als Verschulden vorzuwerfen, dass er nicht mit dem verhängnisvollen automatischen Update rechnete und es deshalb nicht rechtzeitig verhinderte.“

Vollzug II: Gutachten zur Unterbringungsaussetzung, oder: Postlaufzeit

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Die zweite Entscheidung zum Vollzug betrifft den Maßregelvollzug, und zwar eine sofortige Beschwerde gegen die Aussetzung der Unterbringung. Auch hier nur die Leitsätze. Das OLG Celle nimmt im OLG Celle, Beschl. v. 09.07.2021 – 2 Ws 194/21 – zu zwei Fragen Stellung, und zwar:

Zunächste geht es um eine Wiedereinsetzungproblematik, da die sofortige Beschwerde des Untergebrachten verspätet war. Dazu das OLG:

Ein Beschwerdeführer darf darauf vertrauen, dass sein Beschwerdeschreiben innerhalb der üblichen Postlaufzeit – das heißt am Werktag nach der rechtzeitigen Einlieferung bei der Post – beim Empfänger eingeht; die rechtzeitige Einlieferung ist nachgewiesen, wenn der Brief am Tag vor Fristablauf im Briefzentrum gestempelt wurde.

Und: Die sofortige Beschwerde hatte dann auch Erfolg, denn:

Das gemäß § 463 Abs. 4 StPO zur Prüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus einzuholende Gutachten ist regelmäßig von einem Arzt für Psychiatrie zu erstellen, wenn bei dem Betroffenen eine paranoide Schizophrenie vorliegt.

Fristwahrung beim Schriftsatzversand über das beA, oder: Wenn die Eingangsbestätigung des Gerichts fehlt

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Im Kessel Buntes stelle ich dann heute zwei zivilverfahrensrechtliche Entscheidungen vor.

Zunächst kommt hier der BGH, Beschl. v. 29.09.2021 – VII ZR 94/21 – zur Fristwahrung bei Übermittlung des Schriftsatzes durch das beA. Es handelt sich um einen „Dieselfall“. Der Kläger nimmt den beklagten Kraftfahrzeughersteller wegen der Verwendung einer vermeintlich unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch. Das OLG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des LG durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Der Vorsitzende des zuständigen OLG-Senats hat die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf Antrag des Klägers bis Donnerstag, 10.06.2021, einschließlich verlängert. Am Abend des 10.06.2021 versuchte der Prozessbevollmächtigte des Klägers um 21.33 Uhr, die Begründungsschrift über das beA an den BGH zu übermitteln. Im Übermittlungsprotokoll war der Status der Signaturprüfung mit „erfolgreich“ angegeben worden. In der Spalte „Meldungstext“ hieß es dagegen: „Die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden.“ Der Sendestatus lautete „fehlerhaft“. Laut Prüfprotokoll vom 11.06.2021 (00.36 Uhr) ging das Dokument beim BGH am 11.06.2021 um 0.31 Uhr ein. Tatsächlich ist es dort aber nicht angekommen. Warum konnte nicht aufgeklärt werden. Der Kläger hat dann einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Den hat er damit begründet, dass sein Rechtsanwalt am Abend des 10.06.2021 habe davon ausgehen dürfen, dass die Übergabe erfolgreich gewesen sei. Das Protokoll von 21.33 Uhr habe den Eingang bestätigt. Der darin enthaltene Vermerk zur gescheiterten Übermittlung habe bisher nie der Weiterleitung entgegengestanden. Der Wiedereinsetzungsantrag hat der BGH zurückgewiesen:

„Der nach § 233 Satz 1, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger ohne ihm zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten verhindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Diese Frist lief am 10. Juni 2021, 24:00 Uhr, ab.

1. Die Begründungsschrift ist erst mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung am 14. Juni 2021 per beA bei Gericht eingegangen. Die vom klägerischen Prozessbevollmächtigten am Abend des 10. Juni 2021 über das beA versandte Begründungsschrift hingegen ist bei dem Bundesgerichtshof zu keinem Zeitpunkt eingegangen.

Nach § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO ist ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument ist wirksam bei Gericht eingegangen, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (im Folgenden: EGVP) gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 Rn. 18, NJW 2021, 2201; Urteil vom 14. Mai 2020 – X ZR 119/18 Rn. 7 ff., WM 2021, 463).

Im vorliegenden Fall konnte die Begründungsschrift ausweislich des vorgelegten Übermittlungsprotokolls am 10. Juni 2021 nicht an den Intermediär des Gerichts übermittelt werden. Ein entsprechender Eingang fand nicht statt. Auch das Prüfprotokoll deutet jedenfalls nicht auf einen Eingang am 10. Juni 2021 hin.

2. Den klägerischen Prozessbevollmächtigten trifft hinsichtlich des nicht fristgerechten Eingangs der Begründungsschrift ein Verschulden, welches dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Die Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind. Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 Rn. 21 ff., NJW 2021, 2201; BAG, Beschluss vom 7. August 2019 – 5 AZB 16/19, BAGE 167, 221, juris Rn. 20).

Gemessen daran hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Kontrollpflichten nicht genügt. Er hätte bereits aufgrund des Übermittlungsprotokolls von 21:33 Uhr erkennen müssen, dass die Übermittlung „Fehlerhaft“ und eine Übermittlung an den Intermediär des Gerichts gescheitert war. Entgegen seiner Auffassung hat das Übermittlungsprotokoll von 21:33 Uhr den Eingang des Schriftsatzes gerade nicht bestätigt, sondern die Übermittlung ausdrücklich als „Fehlerhaft“ bezeichnet. Die Angabe „Erfolgreich“ betraf lediglich die Signaturprüfung, nicht jedoch den Versand. Auch ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor Fristablauf eine Eingangsbestätigung erhalten hat. Diese Umstände hätten ihn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt dazu veranlassen müssen, den Übermittlungsvorgang zu wiederholen, um einen noch fristgerechten Eingang der Begründungsschrift zu bewirken. Denn er hätte erkennen müssen, dass zumindest die Gefahr bestand, dass sein Schriftsatz nicht übermittelt worden war. Dass er nach der fehlgeschlagenen Übermittlung per beA noch einen weiteren Übermittlungsversuch innerhalb der noch laufenden Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unternommen hat, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

3. Schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass das Verschulden des klägerischen Prozessbevollmächtigten ursächlich für die Fristversäumung war.

Liegt ein Verschulden im Sinne des § 233 Satz 1 ZPO vor, so kann Wiedereinsetzung nur dann gewährt werden, wenn glaubhaft gemacht ist, dass es sich nicht auf die Fristversäumung ausgewirkt hat. Nur wenn eine solche Auswirkung auszuschließen wäre, könnte trotz des Verschuldens Wiedereinsetzung gewährt werden. Besteht hingegen die Möglichkeit, dass die Versäumung der Frist auf dem festgestellten Verschulden beruht, scheidet eine Wiedereinsetzung aus (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2019 – IX ZB 6/18 Rn. 16, WM 2019, 2181; Beschluss vom 21. September 2000 – IX ZB 67/00, NJW 2000, 3649, juris Rn. 6).

Hier steht gerade nicht fest, dass ein in Ansehung der gescheiterten Übermittlung gebotener erneuter Übermittlungsversuch per beA noch vor Fristablauf ebenfalls fehlgeschlagen wäre. Entsprechendes wird vom Kläger auch nicht behauptet. So trägt der klägerische Prozessbevollmächtigte selbst vor, dass die Ursache für das Scheitern seines (einzigen) Übertragungsversuchs am 10. Juni 2021 im Unklaren geblieben sei, in den folgenden Tagen jedoch Versendungen per beA in unregelmäßigen Zeitfenstern möglich gewesen seien. Einer dauerhaften Störung bei einem Versand aus dem beA an das EGVP jedenfalls bis 24:00 Uhr des 10. Juni 2021 steht auch die klägerseits vorgelegte Mitteilung der beA-Anwenderbetreuung vom 16. Juni 2021 entgegen, wonach es lediglich „in Einzelfällen“ zu Versandfehlern bei einem Versand aus dem beA an Empfänger in der Justiz gekommen sei.“

StPO III: Anhörungsrüge und Wiedereinsetzung, oder: Nach Verwerfung der Revision „schwierig“

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Und als letzte Entscheidung zur StPO dann noch der BGH, Beschl. v. 28.09.2021 – 5 StR 179/21. Er behandelt eine Anhörungsrüge des Verurteilten und einen Wiedereinsetzungsantrag. Der BGH hatte mit Beschluss vom 06.07.2021 die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des LG Kiel als unbegründet verworfen. Der Angeklagte hat hiergegen mit Anwaltsschreiben vom 20.07.2021 Anhörungsrüge erhoben und hilfsweise Wiedereinsetzung begehrt.

Der BGH hat die Anhörungsrüge verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen:

„1. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor. Der Antrag des Generalbundesanwalts, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, ist dem Verteidiger des Angeklagten Rechtsanwalt R. , der die Revision sowohl eingelegt als auch begründet hatte, nach § 349 Abs. 3 StPO mit der Gelegenheit zugestellt worden, hierzu binnen zweier Wochen Stellung zu nehmen. Damit ist dem Angeklagten vor der Senatsentscheidung rechtliches Gehör gewährt worden, denn die Zustellung des Antrags an seinen Verteidiger reicht dafür aus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 1 StR 386/15, NStZ 2016, 179).

2. Dass der Antrag des Generalbundesanwalts nicht zusätzlich Rechtsanwalt T. zugestellt worden ist, der sich als Sozietätsmitglied von Rechtsanwalt R. mit Schriftsatz vom 24. April 2021 als weiterer Verteidiger für das Revisionsverfahren gemeldet, aber anschließend keine weiteren Aktivitäten entfaltet hat, begründet ebenfalls keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

Bei einem verteidigten Angeklagten wird der Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO nach allgemeiner Auffassung im Hinblick auf § 145a Abs. 1 StPO allein dem Verteidiger mitgeteilt, bei mehreren Verteidigern demjenigen, der sich bisher im Revisionsverfahren beteiligt hat. Die Regelung des § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangt keine Mitteilung gegenüber einem Verteidiger, dessen Vollmacht zwar bereits zu den Akten gelangt ist, der sich aber nicht am Revisionsverfahren beteiligt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. November 2015 – 1 StR 386/15, aaO, und vom 12. Januar 1988 – 5 StR 547/87).

Auch die weiteren vorgebrachten Umstände – Rechtsanwalt R. habe sich aufgrund einer Corona-Infektion und -Erkrankung nicht weiter um die Sache kümmern können; dieser habe auch den Angeklagten nicht informiert und über die Sache nicht mit seinem ebenfalls mandatierten Sozietätskollegen Rechtsanwalt T. kommuniziert, der die Sachrüge näher hätte begründen sollen; dessen am Tag des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist gefertigte Revisionsbegründung mit näheren Ausführungen zur Sachrüge sei aufgrund eines Büroversehens nicht versandt worden; Rechtsanwalt T. habe die Ausführung seiner entsprechenden Verfügung auch nicht kontrolliert – belegen einen Gehörsverstoß durch die Justiz nicht.

3. Für die begehrte Wiedereinsetzung zur Ergänzung der Sachrüge und zur Stellungnahme zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts ist kein Raum. Zum einen hat der Angeklagte keine Frist versäumt, sondern seine Revision wurde formgerecht mit der Sachrüge begründet; dass er unverschuldet an der Anbringung von Verfahrensrügen gehindert gewesen wäre, trägt er selbst nicht vor. Zum anderen ist nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens durch eine Sachentscheidung eine Wiedereinsetzung jenseits von § 356a StPO ohnehin nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 1 StR 518/15, NStZ 2016, 496 mwN).“

Manche „Rechtsmittel“ erschließen sich mir nicht.