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Gefährliche Körperverletzung mit einem Pkw?

Gefährliche Körperverletzung mit einem Pkw?, geht das und wie geht das, fragt man immer wieder. Es geht, aber die entsprechenden Verurteilungen werden vom BGH immer wieder aufgehoben.

Der BGH hat ja zwar vor einiger Zeit entschieden, dass ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist, aber: Den tatrichterlichen Feststellungen lässt sich häufig nicht hinreichend entnehmen, dass die Körperverletzung „mittels“ dieses gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist. Dazu der BGH, Beschl. v. 30.06.2011 – 4StR 266/11:

…Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Polizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese – was unklar bleibt – bei dem Sturz auf den Asphalt zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg nicht „mittels“ des Kraftfahrzeugs eingetreten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405 und vom 10. Juli 2008 – 4 StR 220/08).

bb) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen auch nicht die Tatvariante „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Zum einen lässt sich den Urteilsgründen auch insoweit nicht entnehmen, dass die Verletzungen des Geschädigten „mittels“ der Tathandlung und nicht erst durch dessen Abspringen vom Fahrzeug verursacht worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2006 – 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34, 35, und vom 5. Januar 2010 – 4 StR 478/09, NStZ 2010, 276; Fischer, StGB, 58. Aufl. § 224 Rn. 12 m.w.N.). Zum anderen kann das hier festgestellte langsame Zufahren auf den Geschädigten nicht generell als lebensbedrohlich angesehen werden. Für die vom Landgericht angenommene Gefahr, ihn zu überrollen oder zu überfahren und dadurch lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten...“

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr – Zusammenfassung beim BGH

So häufig sind verkehrsrechtliche Entscheidungen des in dem Bereich allein zuständigen 4. Strafsenat des BGH nicht. Daher freue ich mich immer, wenn ich mal wieder eine entdecke.

So den BGH-Beschl. v. 12.04.2011 – 4 StR 22/11. Die Entscheidung bringt allerdings an sich zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) aus Karlsruhe nichts Neues. Sie ist aber dennoch berichtenswert, weil der BGH in der Entscheidung sehr schön seine Rechtsprechung der letzten Jahre zur Problematik – konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen bzw. einer Sache von bedeutendem Wert – zusammenfasst.

Zudem wird nochmals deutlich, worauf man als Verteidiger im Rahmen der Sachrüge achten muss. Denn die landgerichtliche Entscheidung beweist/zeigt: Die Rechtsprechung des BGH zu diesen Fragen scheint bei den LG immer noch nicht angekommen zu sein. Anders lassen sich solche landgerichtlichen Feststellungen, wie sie hier der BGH zu beurteilen hatte, nicht erklären.

Aufgepasst beim Sicherungs-HB !! Mandant ordnungsgemäß im Ausland geladen?

Der Erlass des Sicherungshaftbefehls nach § 230 Abs. 1 StPO setzt eine ordnungsmäße Ladung des Angeklagten (§ 216 StPO) voraus. Wann die vorliegt, ist bei einem im Ausland lebenden Angeklagten gar nicht so einfach zu beantworten.

Dazu hat das KG vor einiger Zeit Stellung genommen. Der Leitsatz zu KG, Beschl. v. 10.11.2010 – 3 Ws 459/10 – 1 AR 1247/10 lautet:

„Der Erlass eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO setzt bei einem dauerhaft im Ausland lebenden Angeklagten voraus, dass seine Ladung zum Termin nicht nur gemäß § 216 Abs.1 Satz 1 StPO die Warnung auf die Folgen seines unentschuldigten Ausbleibens enthielt, sondern darüber hinaus den eindeutigen Hinweis, dass die Vollstreckung der angedrohten Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Geltungsbereich der Strafprozessordnung erfolgt.“

Im Beschluss heißt es dann:

Unverzichtbarer Bestandteil jeder schriftlichen Ladung eines auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten ist die Warnung, dass im Falle seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen wird. Lebt der Angeklagte dauerhaft im Ausland, wird diese Warnung in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise als nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts unzulässig [vgl. OLG Brandenburg StRR 2007, 276; OLG Köln NStZ-RR 2006, 22; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 18, 19], teilweise aber auch als zulässig angesehen, sofern sie den für den Zustellungsempfänger eindeutigen Hinweis enthält, dass die Vollstreckung der angedrohten Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Geltungsbereich der Strafprozessordnung erfolgt [vgl. OLG Saarbrücken NStZ-RR 2010, 49; LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Juli 2010 2 Qs 22/10 – bei juris; OLG Rostock StRR 2008, 310].

Der Haftbefehl des Amtsgerichts kann nicht bestehen bleiben. Zwar ist nach § 230 Abs. 2 StPO die Verhaftung des der Hauptverhandlung ferngebliebenen Angeklagten anzuordnen, wenn dieser nicht genügend entschuldigt ist. Voraussetzung ist jedoch, dass er zum Termin ordnungsgemäß geladen wurde. Daran fehlt es hier. Dies beruht jedoch nicht darauf, dass der Verteidiger zur Entgegennahme der Ladung für den in Frankreich lebenden Angeklagten nicht bevollmächtigt gewesen ist. Der Angeklagte hat ihn vielmehr ausdrücklich hierzu bevollmächtigt und der Verteidiger hat dies durch die mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 überreichte Vollmacht vom 11. Dezember 2009 im Original nachgewiesen. Dass diese entgegen der Ansicht des Verteidigers durch eine auf den 15. Oktober 2009 datierte Vollmacht, die zudem nur in Ablichtung vorliegt, nicht eingeschränkt werden kann, ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung. Hinzu kommt, dass der Senat die Zweifel des Landgerichts an der Echtheit der Vollmacht vom 15. Oktober 2009 teilt, sodass fraglich ist, ob diese Vollmacht im Rechtsverkehr überhaupt Wirkung entfaltet. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil der in der an den Verteidiger bewirkten Ladung enthaltene Hinweis nach § 216 Abs. 1 StPO in dieser Form nicht hätte erteilt werden dürfen. Unverzichtbarer Bestandteil jeder schriftlichen Ladung eines auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten ist die Warnung, dass im Falle seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen wird. Lebt der Angeklagte dauerhaft im Ausland, wird diese Warnung in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise als nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts unzulässig [vgl. OLG Brandenburg StRR 2007, 276; OLG Köln NStZ-RR 2006, 22; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 18, 19], teilweise aber auch als zulässig angesehen, sofern sie den für den Zustellungsempfänger eindeutigen Hinweis enthält, dass die Vollstreckung der angedrohten Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Geltungsbereich der Strafprozessordnung erfolgt [vgl. OLG Saarbrücken NStZ-RR 2010, 49; LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Juli 2010 2 Qs 22/10 – bei juris; OLG Rostock StRR 2008, 310]. Letzterer Ansicht schließt sich der Senat an. Sie entspricht der in Nr. 116 Abs. 1 RiVASt geregelten Vorgehensweise…“

Schön, wenn man sieht, dass das KG auch den StRR zitiert :-).

Was haste beschmiert?.. – Durchsuchungsbeschluss bei Graffiti-Malerei

Der Durchsuchungsbeschluss muss nach die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat konkretisieren, sagt/schreibt sich so einfac h, macht in der praxis aber immer wieder Problem. Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung des LG Koblenz vom 19.10.2010 – 2060 Js 46787/10. Dort hatte das ASG die Durchsuchung wegen Sachbeschädigung infolge Grafitti-Malereien angeordnet. Dem LG haben die Ausführungen des AG zur „Tat“ nicht gereicht. Bei einer Sachbeschädigung müsse aus dem Durchsuchungsbeschluss ersichtlich sein, welche konkreten Beschädigungshandlungen dem Beschuldigte vorgeworfen werden, ob und welche Gegenstände er etwa zerstört, zerkratzt oder beschmiert haben soll und wo er die Schädigungshandlungen begangen hat.

Und: Ferner bedürfe es im Durchsuchungsbeschluss der Präzisierung, auf welchen belastenden Tatsachen und Indizien der Anfangsverdacht gegen den Beschuldig­ten beruht. Eine Verweisung auf die „bisherigen Ermittlungen“ reicht nicht aus. Letzteres erinnert mich an meine richterliche Tätigkeit und an einen Haftbefehl, bei dem dringende Tatverdacht ebenso begründet war. Dass beides nicht geht – liegt auf der Hand. Denn, wie soll der Beschuldigte sich verteidigen?

Wer suchet, der findet – aber für eine Durchsuchung reicht das nicht

Das BVerfG hat in seinem Beschl. v. 10.09.2010 – 2 BvR 2561/08 – auf einen Umstand hingewiesen, der schon häufiger Gegenstand von Beschlüssen gewesen ist (vgl. die Nachw. bei Burhoff, handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., Rn. 536 m.w.N.): Die Durchsuchung setzt einen Anfangsverdacht voraus. Sie darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die dann zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind

Das hat das BVerfG in einem Verfahren entschieden, in dem eine polizeiliche Kontrolle eines ebay-Verkäufers vermeintliche Unregelmäßigkeiten ergeben hatte. Das BVerfG weist darauf hin, dass dann, wenn die Durchsuchung wegen des Verdachts der Hehlerei bei einem Verdächtigen, der im Rahmen von Online-Auktionen zahlreiche Mobiltelefone gekauft und auch veräußert hat, nur aufgrund der Tatsache erfolgt, dass die Verkäufe von originalverpackten Mobiltelefonen innerhalb kurzer Zeit zu billigsten Preisen erfolgt sind, dies einen Verfassungsverstoß darstelle. Der Verdacht der Hehlerei setze unter anderem den Verdacht voraus, dass die Sache durch einen Diebstahl oder ein anderes Vermögensdelikt erlangt worden ist. Allein aus der Anzahl der verkauften Mobiltelefone könne jedoch ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine Straftat geschlossen werden.