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Eine „Zähne und Klauen-Entscheidung aus Oldenburg, oder: Die PTB, die PTB, die PTB hat immer Recht

entnommen wikimedia.org Urheber Jepessen

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Machen wir heute einen OWi-Tag. Nach dem OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2016 – 4 Ss 212/16 – zur „Aufweichung“ des Handyverbots am Steuer (§ 23 Abs. 1a StVO) (vgl. dazu Aufweichung beim Handyverbot, wirklich?, oder: Neue „Verteidigungsansätze“?) daher den OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.04.2016 – 2 Ss (OWi) 57/16. Für mich ein „schönes“ Beispiel dafür, dass es im Owi-Recht ähnlich wie beim Keglen ist: Ist eine Kugel nämlich dort erst mal auf der Bahn, dann kann man sie kaum noch aufhalten. Und so ist es im OWi-Recht auch: Hat erst mal ein OLG etwas „vorgebetet“, dann wird das (häufig) von den anderen OLg „nachgebetet“. Das haben wir bei der Videomessung im Straßenverkehr 2009 mit der Frage nach der Ermächtigungsgrundlage erlebt. Die hatte das OLG Bamberg im OLG Bamberg vom 16.11.2009 – 2 Ss 1215/09 – in § 100h StPO gesehen (vgl. dazu Entscheidung aus Bamberg ist da: Rechtsgrundlage für Videomessung ist § 100h StPO). Und alle OLGs haben das dann mitgemacht.

Ähnlich ist es zur Zeit bei den Geschwindigkeitsmessungen mit dem „antizipierten Sachverständigengutachten der PTB betreffend ESO ES 3.0. Das OLG Frankfurt ist diesen Blödsinndiese Rechtsprechung im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.12.2014 – 2 Ss-OW i 1041/14 – angefangen (vgl. OLG Frankfurt kämpft für Poliscan Speed – wie die Römer gegen Asterix? und Munition im Kampf gegen PoliscanSpeed, oder: Das OLG Frankfurt hat keine Ahnung….), das OLG Bamberg hat es im OLG Bamberg, Beschl. v. 22. 10. 2015 – 2 Ss OWi 641/15, vgl. (OLG Bamberg: Mit „Klauen und Zähnen“ für Riegl FG21-P, oder: Die PTB als „antizipierter Sachverständiger“) „aufgegriffen“ und nun gibt es auch vom OLG Oldenburg so eine „Klauen und Zähne-Entscheidung“, in der diese Auffassung vertreten wird.

Es ist der OLG Oldenburg, Beschl.v. 18.04.2016 – 2 Ss (OWi) 57/16, von dem ich hier nur die Leitsätze einstellen möchte – Rest selbst lesen bitte:

„1. Die Geschwindigkeitsmessung mit dem Einseitensensor ES3.0 erfüllt die Anforderungen an ein sog. standardisiertes Messverfahren. Der Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) kommt dabei die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu, mit dem die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Messgeräts verbindlich festgestellt ist.

2. Eine nähere tatrichterliche Überprüfung des Messwertes durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nur dann erforderlich, wenn im Einzelfall konkrete Zweifel an der Funktionstüchtigkeit oder sachgerechten Handhabung des Messgeräts und deshalb an der Richtigkeit des Messergebnisses bestehen.

3. Die Entscheidung des Amtsgerichts Meißen vom 29.05.2015 (Az. 13 OWi 703 Js 21114/14) begründet für das Tatgericht keinen Anlass, das Geschwindigkeitsmessgerät ES3.0 sachverständig untersuchen zu lassen.“

Bemerkenswert ist an dem Beschluss für mich:

1. Die Frage/das Problem „antizipiertes Sachverständigengutachten“ wird vom OLG schon gar nicht mehr näher behandelt. Es wird nur noch auf den OLG Bamberg, Beschl. v. 22. 10. 2015 – 2 Ss OWi 641/15 verwiesen. Das nennt man dann wohl „Kettenreaktion“.

2. Und das AG Meißen, dieses böse AG, mit seinem AG Meißen, Urt. v. 29.05.2015 – 13 OWi 703 Js 21114/14 (vgl. dazu Ein Schwergewicht/Hammer aus Sachsen: 112 Seiten zu ESO ES 3.0 und  Hier wird es technisch, oder. ESO ES 3.0, das AG Meißen, die PTB und eine sachverständige Gegendarstellung), das hat keine Ahnung. Denn die PTB sagt: „Wir haben Recht“. Die Kollegin Kutscher, die das Urteil „verbrochen“ hat, wird es mit Fassung tragen. Sie kann sich aber auch darin „sonnen“ – wenn sie denn mag -, dass sie es mit ihrem Urteil immerhin bis in die Leitsätze des OLG Oldenburg-Beschlusses geschafft hat. Ist für ein AG auch eher selten. 🙂 .

Fazit: Nach wie vor fragt man sich bzw. ich mich: Warum diese Klauen und Zähne-Entscheidungen? Vielleicht steckt des Pudels-Kern in dem vom OLG aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zitierten Satz: „Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Obergerichte durch eine Fülle von massenhaft vorkommenden Bagatellsachen blockiert und sie so für ihre eigentliche Aufgabe funktionsuntüchtig gemacht würden“.  Allerdings müsste man dann mal erst den Begriff der „Bagatellsache“ definieren. Und ob die Sicht so richtig ist, erscheint mir im Hinblick auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dann doch mehr als zweifelhaft.

Ich habe übrigens die Entscheidung des OLG dann auch an die angesprochene VUT, deren Gutachten ja vom OLG verworfen ist, geschickt. Von dort kam als Kommentar: „Ist überholt und falsch.  Näheres in Kürze, wenn wir einen entsprechenden Gerichtsauftrag zur Feststellung der Korrektheit der Daten haben. Unsere Gutachten sind jedenfalls eine Stufe weiter. Freue mich auf die weitere Auseinandersetzung.

Aber wahrscheinlich kommt das Argument: Die haben (auch) keine Ahnung, denn – in Abwandlung von“Die Partei, die Partei, die hat immer recht.“ – gilt ja wohl: Die PTB, die PTB, die PTB hat immer Recht:

Videoaufnahmen im Strafverfahren – verwertbar oder nicht?

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Die neue Woche eröffne ich mit dem AG Köln, Urt. v. 04.11.2015 – 526 Ds 490/14, das zur Frage der Verwertbarkeit der Aufnahmen einer Videokamera im Strafverfahren Stellung nimmt. Das ist sicherlich eine Frage, die uns in Zukunft noch häufiger beschäftigen wird (Stichwort: Dashcam). Verurteilt worden ist die Angeklagte wegen eines versuchten Wohnungseinbruch. Bei dem Einbruchsversuch wurde die Angeklagte von einer im Türspion installierten Kamera aufgenommen. Das AG hat mit der Verwertbarkeit dieser Aufnahme hinsichtlich der Identifizierung der Angeklagten keine Probleme:

„….Die Bilder aus der Videokamera waren im Rahmen der Hauptverhandlung und zur Erstattung des Sachverständigengutachtens verwertbar. Soweit in den Aufnahmen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Angeklagten L1 gesehen werden kann, steht diese Verletzung jedoch hinter dem Strafverfolgungsinteresse der Öffentlichkeit zurück. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Angeklagte L1 zwar nicht auf die Möglichkeit von Videoaufnahmen in dem Haus H- Straße 1 in L2 hingewiesen wurde. Doch ist zu berücksichtigen, dass sie sich in dem Mehrfamilienhaus H- Straße 1 nicht rechtsmäßig aufhielt. Weder wollte sie eine dort wohnende Person besuchen, noch hat eine dort wohnende Person ihr den Zutritt zum Treppenhaus des Mehrfamilienhauses H- Straße 1 erlaubt. Insoweit ist von einem widerrechtlichen Aufenthalt der Angeklagten L1 in dem Mehrfamilienhaus H-Straße 1 auszugehen, der ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht – hier das Recht am eigenen Bild – vor dem Hintergrund des Strafverfolgungsinteresses der Allgemeinheit eingrenzt. Im Rahmen einer Abwägung überwiegt vorliegend das allgemeine öffentliche Interesse an Strafverfolgung einem – nur möglichen – Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Angeklagten aus Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG…“

AG Traunstein: „Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, welches Theater die Firma ESO …. mit den Messdaten betreibt.“

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Der Kollege Geißler aus Wupertal hatte im „Verkehrsrechts-Forum“ bei Facebook – ja, was es so alles gibt und wo ich mich so überall „rumtreibe“ – über das AG Traunstein, Urt v. 28.10.2015 – 520 OWi 330 Js 37854/14 – berichtet und es mir auf meine Bitte dann geschickt. Besten Dank.

Im Urteil geht es mal wieder um ESO ES 3.0 und die  Frage der Verwertbarkeit dieser Messung – Stichwort: Rohmessdaten. Nun lassen wir heute mal diese Frage zur Verwertbarkeit der Messung dahinstehen, dazu ist bereits genug geschrieben. Was aber (mal wieder) interessant ist, ist das Verhalten der Firma ESO, das das AG in seinem Urteil sehr schön darstellt:

e) Der Verteidiger führte mit Schriftsatz vom 01.09.2015 aus, dass trotz des umfangreichen Sachverständigengutachtens und des Ergänzungsgutachtens vom 06.08,2015 noch immer Zweifel im Hinblick auf die Zuordnung der Daten bestehen. Zu bemängeln sei insbesondere, dass die Auswertung der Rohmessdaten durch die Firma ESO selbst erfolge und der Sachverständige die Daten nicht selbst einsehen könne. Es sei völlig unklar, ob die durch ESO zur Verfügung gestellte Textdatei in irgendeinem Zusammenhang mit dem hier gegenständlichen Messvorgang stehe. Der Sachverständige könne daher die Rohmessdaten nicht selbst prüfen, sondern lediglich feststellen, dass bei den übermittelten Daten keine Abweichungen auftreten.

Hierzu wurde der Zeuge B. zum Hauptverhandlungstermin geladen. Dieser gab an. dass er die Daten-CD mit den 240 Messungen übersandt bekommen habe. Er habe die Daten für den hier gegenständlichen Messvorgang auf den PC geladen, die Daten extrahiert, die ermittelten Zahlenwerte und Sensorpunkte wieder auf eine CD gebrannt und zurückgesandt. Der Signalverlauf des gemessenen Fahrzeugs sei nun sichtbar. Der Zeuge B. gab an, dass er die Daten nicht verändert habe. Der unverschlüsselte Datensatz sei dann zur Auswertung zur Verfügung gestellt worden, Die von dem Sachverständigen Dr. T. gestellten Fragen („Woher weiß ich, dass der durch die Firma ESO zur Verfügung gestellte Datensatz vollständig ist?“ und „Sind dass die tatsächlichen (Roh-)Messdaten, oder wurden diese Daten bereits in irgendeiner Art und Weise bearbeitet?“) konnte der Zeuge B. nicht beantworten. Es ist nun in der Tat etwas verwunderlich, welche Geschäftspraxis die Firma ESO betreibt. Denn trotz mehrfacher Versuche, den hierfür zuständigen Mitarbeiter wenigstens telefonisch zu erreichen, war dies schlichtweg nicht möglich. Zunächst hieß es, dass Herr R. die Fragen beantworten könne, dieser sich jedoch in der Mittagspause befinde. Nach einiger Zeit teilte der Zeuge B. mit, dass er Herrn R. nun doch zu Hause telefonisch habe erreichen können, dieser aber die Fragen auch nicht beantworten könne. Vielmehr könne nur Herr H. Auskunft geben. Herr H. sei Programmierer und freischaffender Mitarbeiter bei der Firma ESO. Am Terminstag sei Herr H. aber leider nicht erreichbar. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, welches Theater die Firma ESO — im Gegensatz zu Poliscan oder Vitronic — mit den Messdaten betreibt. Sie macht sich damit angreifbar und bläht die Verfahren — wie hier — völlig unangemessen auf. Dessen ungeachtet vermag sich das Gericht indes der Auffassung des Verteidigers, dass die Firma ESO aus einem Datenpool Datensätze zur Verfügung stellt, die mit dem Messvorgang überhaupt nichts zu tun, nicht anzuschließen. Dies aus folgenden Gründen:…..“

Deutliche Worte des AG, das aber (zu) langmütig ist und aus dem „Theater der Firma ESO“ keine Konsequenzen zieht. Aber die hat der Verteidiger gezogen. Er hat Rechtsbeschwerde eingelegt und deren Zulassung beantragt. Der Zulassungsantrag ist dann auch inzwischen begründet. Übrigens reichlich Lesestoff für das OLG Bamberg, das sich durch 96 Seiten wird kämpfen müssen. Vielleicht kommt es ja dann zu einer Umkehr in der Rechtsprechung. Allein mir fehlt – wenn ich mir die „Beton-Rechtsprechung“ der OLG aus der letzten Zeit so anschaue, dann leider doch der Glaube. Aber: Nur ein Versuch macht klug.

Nichteinhaltung der Kontrollzeit bei der AAK – Verwertungsverbot ja oder nein?

© benjaminnolte - Fotolia.com

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Nochmal positioniert hat sich das OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.10.2015 – 2 (7) SsBs 499/15 – AK 151/15 – in einem Streit, der die OLG-Rechtsprechung seit einiger Zeit beschäftigt. Nämlich bei der Frage: Welche Auswirkungen hat die Nichteinhaltung der sog. Kontrollzeit bei einer Atemalkoholmessung im Rahmen des § 24a Abs. 1 StVG. Verwertungsverbot, ja oder nein, wenn die Kontrollzeit nicht beachtet worden ist. Das AG hatte den Betroffenen frei gesprochen, eben weil die zehnminütige Kontrollzeit nicht eingehalten worden sei. Deren Einhaltung sei unabdingbar. Nur bei Einhaltung der Kontrollzeit könne ein verwertbares Messergebnis vorliegen.

Das OLG sieht das anders:

„Die festgestellte Nichteinhaltung der zehn Minuten dauernden Kontrollzeit, die dazu dient die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch eine kurz vor der Messung erfolgte Einnahme von möglicherweise die Messung beeinflussenden Substanzen auszuschließen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.4.2004, 1 Ss 30/04, NZV 2004, 426; Schoknecht, Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse, Gutachten des Bundesgesundheitsamtes, Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, Heft 86, S. 12), führt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht generell zu einer Unverwertbarkeit des Messergebnisses (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.2.2011, 3 (4) SsBs 803/10).

Die Nichteinhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit stellt nur in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.11.2007, 2 Ss OWi 1489/07, BA 45, 197) oder nur geringfügig – um 0,01 mg/l – überschritten wurde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.4.2004, 1 Ss 30/04, NZV 2004, 426), einer Verwertbarkeit grundsätzlich entgegen, weil der gewonnene Messwert nur dann ohne Sicherheitsabschlag verwertbar ist, wenn die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 3.4.2001, 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358; OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360).

Angesichts dessen, dass vorliegend der Grenzwert – worauf die Revisionsführerin zutreffend hinweist – nicht geringfügig, sondern um 8% bzw. 0,02 mg/l überschritten wurde und die in der Kontrollzeit eingenommenen Substanzen festgestellt werden konnten, kommt eine Verwertbarkeit der Messung auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags in Betracht. Ob und ggfs. in welcher Art und Weise das festgestellte Rauchen einer Zigarette und das Trinken von Wasser während der Kontrollzeit die Messung beeinträchtigt haben könnte und in welcher Höhe ggfs. ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen ist, lässt sich mit sachverständiger Hilfe aufklären (OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.2.2011, 3 (4) SsBs 803/10). Ein allgemeiner Grundsatz, dass Bedienungsfehler bei standardisierten Messverfahren – hierzu gehört auch die Verwendung eines Atemalkoholgeräts, das die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat (BGH, Beschluss vom 3.4.2001, 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358) – generell zu deren Unverwertbarkeit führen (so OLG Hamm Beschluss vom 24.1.2008, 2 Ss OWi 37/08, NZV 2008, 260), existiert nicht. Vielmehr hat der Tatrichter bei konkreten Anhaltspunkten für Messfehler, die Zuverlässigkeit der Messung – ggfs. mit sachverständiger Hilfe – zu prüfen (vgl. für standardisierte Messverfahren der Geschwindigkeitsmessung, BGH, Beschluss vom 19.8.1993, 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291 und Beschluss vom 30.10.1997, 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277).“

M.E. im Hinblick auf die Entscheidung des BGH zur Atemalkoholmessung nicht richtig. Vielleicht legt ja dann auch diese Frage (endlich) mal ein OLG dem BGH vor.

Auch mit VKS 3.0 select können „verfassungskonform“ Abstände gemessen werden….

© digitalstock - Fotolia.com

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Der ein oder andere wird sich erinnern 🙂 . Im/ab Spätsommer hat uns für einige Zeit der BVerfG, Beschl. v. 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 – beschäftigt. Ja, das war die Geschichte mit der Videomessung und vor allem die Umsetzung dieser Rechtsprechung in der Rechtsprechung der OLG. Es war dann das OLG Bamberg, das schon sehr bald auf der Suche nach einer Ermächtigungsgrundlage auf den § 100h StPO gestoßen ist. Und dieses Ergebnis hat das BVerfG dann 2010 abgesegnt, die anderen OLG haben/hatten es sich einfach gemacht und haben sich flugs dem OLG Bamberg angeschlossen.

Nun ist die Geschichte in Bamberg noch einmal „hoch gekocht“. Im OLG Bamberg, Beschl. v. 04.08.2015 – 3 Ss OWi 874/15 – ging es um die Verwertbarkeit anlassbezogener Videoaufzeichnungen mit dem Abstandsmessgerät VKS 3.0, und zwar um Messungen mit Hilfe des Softwaremoduls „VKS select“. Ds OLG hat keine Probleme und sieht § 100h StPO auch insoweit als ausreichende Ermächtigungsgrundalge an. Hier der Leitsatz der Entscheidung:

„100 h Abs. 1 Satz Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 I OWiG bildet für die im Rahmen des von der bayerischen Polizei für Abstandsmessungen eingesetzten Systems VKS 3.0 mit Hilfe des Softwaremoduls „“VKS select“ fahrspur- und anlassbezogen über kurze Identsequenzen hergestellte Fahrervideoaufzeichnungen zur zuverlässigen Kennzeichenerkennung und Fahreridentifizierung eine hinreichende gesetzliche Grundlage für den damit verbundenen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (u.a. Anschluss an OLG Bamberg NJW 2010, 100 = DAR 2010, 26 = zfs 2010, 50 und DAR 2010, 279; OLG Dresden DAR 2010, 210; OLG Jena NJW 2010, 1093 und ZfS 2011, 109; OLG Hamm, Beschluss vom 22.10.2009 – 4 Ss OWi 800/09 [bei juris]).“