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OWi III: Rotlichtphase, oder: Messen mit der Stoppuhr des Smartphones

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Urheber Ulfbastel

Und die dritte Entscheidung kommt dann wieder aus Bayern. Das BayObLG hat im BayObLG, Beschl. v. 19.08.2019 – 201 ObOWi 238/19 – zu den Anforderungen an Urteilsgründe bei Messung der Dauer der Rotlichtphase mit der Stoppuhrfunktion eines Mobiltelefons Stellung genommen.

Wie so häufig bei den Bayern: Es reicht der Leitsatz, um zu verstehen, worum es geht:

1. Die (polizeiliche) Zeitmessung der Dauer der Rotlichtphase anlässlich eines dem Betroffenen zur Last liegenden sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes ist nicht deshalb unverwertbar, weil sie mit Hilfe einer ungeeichten Stoppuhr eines Mobiltelefons (Smartphone) erfolgt ist .

2. Wie in den Fällen der Geschwindigkeitsmessung mit einem ungeeichten Tachometer ist zum sicheren Ausgleich etwaiger Messungenauigkeiten und sonstiger Fehlerquellen vom so gemessenen Zeitwert ein bestimmter Toleranzwert in Abzug zu bringen, welcher vom Tatrichter im Urteil unter Bezeichnung der möglichen geräteeigenen Fehler, der konkret eingesetzten Uhr und etwaiger externer Fehlerquellen zu berücksichtigen ist.

3. Erfolgt die Zeitmessung mit einer ungeeichten Stoppuhr, ist die Berücksichtigung eines über dem für etwaige Gangungenauigkeiten (Verkehrsfehlergrenze) geeichter Stoppuhren auch nach dem Inkrafttreten des MessEG vom 31.08.2015 sowie der MessEV vom 11.12.2014 anerkannten Toleranzabzugs von 0,3 Sekunden liegenden Sicherheitsabzugs erforderlich.

„Wer kann helfen?“, oder: Darf der Messbeamte die Korrektheit der eigenen Messung prüfen?

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Gestern erhielt ich die Mail/Anfrage eine Kollegen, zu der ich – mit der Erlaubnis des Kollegen – bloggen darf. Ich stelle die Anfrage ann hier mal ein:

„Sehr geehrter Herr Burhoff,

In einer obigen Angelegenheit mit einer Messung mit dem Gerät ESO 3.0 habe ich beim Kreis ppp. eine Dokumentation bezüglich der Fotolinie angefordert. Nach längerem hin und her ist mir diese übersandt worden mit dem bemerken, dass Lichtbilder in besserer Qualität nicht vorliegen würden. Anhand der übersandten Fotos kann die Fotolinie nicht annähernd überprüft werden. Ein Anruf beim Kreis ppp. ergab, dass dort die Sachbearbeiterin weder eine Vorstellung hatte was die Fotolinie darstellt, noch was der Verteidiger überprüfen wolle. Auf meine Nachfrage erklärte die zuständige Sachbearbeiterin des Kreises ppp., dass man bei Einwendungen der Verteidiger gegen die Messung hierüber nicht selber entscheiden würde und dies auch nicht prüfen würde, sondern vielmehr dies der zuständigen Polizeidienststelle zuleiten würde, die dann mitteile ob dies korrekt sei oder nicht. Dementsprechend würde dann die Entscheidung ausfallen.

Über dieses Vorgehen bin ich einigermaßen verwundert, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ja eine Begründung zu einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid erfolgen soll. Zur Prüfung dieses Einspruches und der Stichhaltigkeit sind die Mitarbeiter des Kreises allerdings, so nach dieser Mitteilung überhaupt nicht in der Lage. Tatsächlich überprüft die Polizei als Messbehörde die Korrektheit der eigenen Messung. Dies kann noch sicherlich so nicht sein? Haben Sie hierzu irgendwelche Erkenntnisse oder gegebenenfalls Mitteilung, mit denen ich gegen den Kreis hier vorgehen kann? Über eine kurze Beantwortung würde ich mich freuen.

Übrigens die lapidare Antwort des Kreismitarbeiters war, das Gericht überprüft er schließlich die Richtigkeit der Messung dann? Wozu ist dann das Einspruchsverfahren überhaupt sinnvoll, notwendig oder gedacht?“

Ich muss sagen, ich bin dann doch auch leicht verwundert. Da prüfen sich die Prüfer selbst? Auf das Ergebnis muss man m.E. nicht gespannt sein. Zu Recht fragt der Kollege sich – und frage ich mich auch: Welchen Sinn hat dann überhaupt noch das Zwischenverfahren des § 69 OWiG? Ok, § 69 Abs. 2 Nr. 2 OWiG könnte eine Grundlage für das geschilderte Vorgehen sein. Aber doch nur auf den ersten Blick. Denn was soll eine Anfrage zur Korrektheit einer Feststellung/Messung bei dem, der die Messung durchgeführt hat?

Aber vielleicht habe ich ja auch ein Brett vor dem Kopf.

„Logik ist Ansichtssache“, oder: Zirkelschluss beim OLG Bamberg zur Einsichtnahme in die Messdatei bei ESO 3.0

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Mit den Fragen betreffend (Akten)Einsicht in die digitale Messdatei bei standardisierter Messung ist es so ähnlich wie mit dem Böhmermann/Erdogan/Gate. Man hat das Gefühl, es ist alles schon mal gesagt. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings kommen nun die OLG, nachdem bislang die Diskussion von den AG beherrscht wurde.

Nun hat sich auch das OLG Bamberg in einem fulminanten Beschluss zu Wort gemeldet und im Rahmen einer Rechtsbeschwerde Ausführungen zu den anstehenden Fragen gemacht. Ich stelle diesen OLG Bamberg, Beschl. v. 04.04.2016 – 3 Ss OWi 1444/15 – hier nicht in Auszügen ein, das mag man in der Verlinkung nachlesen. Ich nehme nur den Leitsatz dieses Beschlusses, mit dem das standardisierte Messverfahren mal wieder mit „Zähnen und Klauen“ verteidigt wird:

„Hat sich der Tatrichter aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung davon überzeugt, dass die Voraussetzungen eines sog. standardisierten Messverfahrens (BGHSt 39, 291; 43, 277) eingehalten wurden, verstößt die Ablehnung eines Antrags der Verteidigung auf Einsichtnahme in die digitale Messdatei und deren Überlassung einschließlich etwaiger sog. Rohmessdaten nicht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens).“

M.E. ist das falsch und führt erst recht zu einem Zirkelschluss, zumal hier der Amtsrichter über die Frage: Standardisiert, ja oder nein?, entscheidet, ohne dass der Betroffene überhaupt eine Möglichkeit der Prüfung hatte. Ich verstehe den BGH anders, aber ich bin ja auch nicht (mehr) OLG.

Aber zum Glück bin ich nicht allein. Denn, der Kollege, der den Beschluss für die Mai-Ausgabe des VRR aufbereitet hat, sieht es genau so. Und daher stelle ich hier mal dessen Stellungnahme ein:

„1.  Logik ist Ansichtssache. Diese Schlussfolgerung löst die Lektüre des vorliegenden Beschlusses aus. Denn trotz der deutlichen Wortwahl des OLG („gänzlich unhaltbar“, „ad absurdum“) besteht die Logik in genau umgekehrter Richtung. Das im Grundsatz sinnvolle Institut des standardisierten Messverfahrens führt zu einem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Liegen die Voraussetzungen dafür vor (Bauartzulassung, Eichung, Beachtung der Bedienungsanleitung, geschultes Personal), ist grundsätzlich von einem zutreffenden Messergebnis auszugehen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler oder einen Gerätefehler vorliegen. Trotz der Ausführungen des Senats zur fehlenden rechtlichen Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen kann in einer derartigen Situation faktisch nur der Betroffene solche konkreten Anhaltspunkte vorbringen, denn sonstige erkennbare Aufhänger für ein fehlerhaftes Messergebnis sind kaum denkbar. Ein solches Vorbringen erfordert wiederum die Einsicht in die digitale Messdatei einschließlich unverschlüsselter Rohmessdaten, um eine Überprüfung durch einen Sachverständigen des Betroffenen zu ermöglichen. Diese sich meines Erachtens aufdrängende Logik führt das standardisierte Messverfahren nicht ad absurdum, sondern setzt sein Regel-Ausnahmeverhältnis rechtsstaatsgemäß um. Die vom OLG hier vehement verteidigte Linie der Obergerichte stellt trotz entgegengesetzter Behauptung einen Zirkelschluss dar, weil sie dem Betroffenen beim Vorliegen der Regelvoraussetzungen des standardisierten Messverfahrens bereits die bloße Möglichkeit des Vorbingens substanzieller Einwände abschneidet.

2. Gleichwohl: Angesichts der Verfestigung jener Position bei den Obergerichten müssen sich Verteidiger auf diese Sachlage einstellen.“

Ich hoffe, dass irgendwann endlich der BGH Gelegenheit bekommt, dazu etwas zu sagen. Vielleicht sind wir dann ja schlauer…

„Und sie bewegt sich doch!“, oder: Es muss eine „Lebensakte“ geben

entnommen wikimedia.org Author Justus Sustermans

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Author Justus Sustermans

„Und sie bewegt sich doch!“ – das soll Galileo Galilei im 17. Jahrhundert im Hinblick auf die sich (nach seiner Auffassung) bewegende Erde ausgerufen haben. An den Ausspruch war ich erinnert, als ich den OLG Naumburg, Beschl. v. 09.12.2015 – 2 Ws 221/15 – gelesen haben. der befasst sich mit der Wartung von Messgeräten und deren Dokumentation. Das OLG macht dazu erfreuliche Ausführungen und ist wieder einmal – wie auch schon bei der Akteneinsicht mit dem OLG Naumburg, Beschl. v. 05.11.2012 – 2 Ss (Bz) 100/12 (vgl. dazu Danke OLG Naumburg – erste OLG-Entscheidung zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – Teil 2) – auf dem richtigen Weg. Also eine erfreuliche Entscheidung zum Wochenauftakt.

Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Da hatte das AG einen (hohen) Toleranzwert von 20 % angenommen und den damit begründet, dass es keine Lebensakte über das Messgerät geben. Die Stadt Zeitz (?), die das Gerät gemietet hatte, könne keine Angaben darüber machen, ob Reparaturen an dem Gerät nach der Eichung durchgeführt worden seien. Weil keine Lebensakte existier und die Kommune keine Auskünfte zu Reparaturen etc. erteilen konnte, sei die Gültigkeit der Eichung zweifelhaft. Zu Gunsten der Betroffenen ist das AG daher von einer erloschenen Eichgültigkeit ausgegangen.

Lassen wir mal die Frage dahingestellt, ob das AG nicht ggf. konsequenterweise hätte frei sprechen müssen (nach der OLG-Rechtsprechung wohl nicht). Das OLG hat die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen und hat – anders als die StA – ein standardisiertes Messverfahren verneint. Allein die Tatsache, dass die Eichsiegel bei der Messung unversehrt waren, mache die Prüfung, ob an dem Gerät nach der Eichung Reparaturen vorgenommen worden seien, nicht entbehrlich.

In dem Zusammenhang macht das OLG Ausführungen, die m.e. von weit tragender Bedeutung sind, und zwar sowohl zur Aufklärungspflicht des AG – mit der eine „Vorab-Informationspflicht“ des Betroffenen/Verteidigers korrespondiert. Dazu heißt es:

„Der Senat hat indes nicht zu entscheiden, welche rechtlichen Folgen die Unaufklärbarkeit dieser Fragen hätte. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist nämlich davon auszugehen, dass eine Auskunft der Eigentümerin des Messgeräts bzw. die Vernehmung eines Mitarbeiters die „Reparaturfrage“ klären kann. Das Amtsgericht hat insoweit ausgeführt: „Dass eine private, auf Gewinnerzielung orientierte Gesellschaft, die zahlreiche Geschwindigkeitsmessgeräte vermietet, diesbezüglich nicht durch – ohnehin nicht bekannte – Zeugen glaubhafte Angaben machen kann, wenn sie keine Geräteakten führt, liegt auf der Hand.“ Das sieht der Senat anders.

Die Firma G. GmbH ist gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 Mess- und Eichgesetz verpflichtet, Nachweise über Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Messgerät herzustellen und aufzubewahren. Das muss nicht in einer Lebensakte geschehen, sondern kann auf andere Weise erfolgen. Selbst wenn die Firma entgegen dieser Verpflichtung keine entsprechenden Unterlagen hergestellt und aufbewahrt hat, ist zu erwarten, dass entsprechende Vorgänge in anderer Weise dokumentiert sind. Die Generalstaatsanwaltschaft weist zutreffend darauf hin, dass das Amtsgericht im Rahmen der Aufklärungspflicht angehalten ist, sich um entsprechende Unterlagen bzw. Zeugenaussagen zu bemühen.“

Das wird man der häuifg von Bußgeldbehörden geäußerten Aussage: Es gibt keine Lebensakte entgegenhalten können/müssen: Es gibt sie doch, auch wenn sie so nicht unbedingt heißen muss. Wer bei mir im FA-Kurs oder in Fortbildungen war, weiß, dass ich das seit Jahren „predige“.

Und, m.E. noch schöner:

„Der Senat sieht Anlass zu bemerken:

Er teilt das im Urteil angedeutete Unbehagen des Amtsgerichts über die sehr dürftige Auskunft der Stadt Z. vom 25. März 2015 (Bl. 25 d. A.). Entschließen sich die Überwachungsbehörden, Private bzw. Geräte Privater für Verkehrsüberwachungen heranzuziehen, liegt es nahe, eine Beauftragung von der ordnungsgemäßen Dokumentation von Reparaturen etc. an den Geräten abhängig zu machen. Der bloße Verweis auf die Unversehrtheit der Sicherungsmarken reicht jedenfalls nicht aus.

Hält das Gericht die Klärung der Frage, ob das Gerät nach der Eichung repariert oder sonst- wie verändert worden ist, für erforderlich, kann es erwarten, dass diese Frage durch die Bußgeldbehörde im Rahmen der ihr obliegenden Ermittlungen durch Beifügen von Dokumenten bzw. Zeugenvernehmungen geklärt worden ist. Ist das nicht der Fall, liegt es nahe, die Sache gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.“

Wer die Diktion von OLG kennt, weiß, was es bedeutet, wenn ein OLG-Senat „Unbehagen“ hat. Alles in allem ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt müssen die Amtsrichter das nur auch umsetzen.

Für mich läuft die Entscheidung übrigens unter: Die „Galilei-Enstscheidung“ des OLG Naumburg.

Nichteinhaltung der Kontrollzeit bei der AAK – Verwertungsverbot ja oder nein?

© benjaminnolte - Fotolia.com

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Nochmal positioniert hat sich das OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.10.2015 – 2 (7) SsBs 499/15 – AK 151/15 – in einem Streit, der die OLG-Rechtsprechung seit einiger Zeit beschäftigt. Nämlich bei der Frage: Welche Auswirkungen hat die Nichteinhaltung der sog. Kontrollzeit bei einer Atemalkoholmessung im Rahmen des § 24a Abs. 1 StVG. Verwertungsverbot, ja oder nein, wenn die Kontrollzeit nicht beachtet worden ist. Das AG hatte den Betroffenen frei gesprochen, eben weil die zehnminütige Kontrollzeit nicht eingehalten worden sei. Deren Einhaltung sei unabdingbar. Nur bei Einhaltung der Kontrollzeit könne ein verwertbares Messergebnis vorliegen.

Das OLG sieht das anders:

„Die festgestellte Nichteinhaltung der zehn Minuten dauernden Kontrollzeit, die dazu dient die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch eine kurz vor der Messung erfolgte Einnahme von möglicherweise die Messung beeinflussenden Substanzen auszuschließen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.4.2004, 1 Ss 30/04, NZV 2004, 426; Schoknecht, Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse, Gutachten des Bundesgesundheitsamtes, Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, Heft 86, S. 12), führt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht generell zu einer Unverwertbarkeit des Messergebnisses (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.2.2011, 3 (4) SsBs 803/10).

Die Nichteinhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit stellt nur in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.11.2007, 2 Ss OWi 1489/07, BA 45, 197) oder nur geringfügig – um 0,01 mg/l – überschritten wurde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.4.2004, 1 Ss 30/04, NZV 2004, 426), einer Verwertbarkeit grundsätzlich entgegen, weil der gewonnene Messwert nur dann ohne Sicherheitsabschlag verwertbar ist, wenn die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 3.4.2001, 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358; OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360).

Angesichts dessen, dass vorliegend der Grenzwert – worauf die Revisionsführerin zutreffend hinweist – nicht geringfügig, sondern um 8% bzw. 0,02 mg/l überschritten wurde und die in der Kontrollzeit eingenommenen Substanzen festgestellt werden konnten, kommt eine Verwertbarkeit der Messung auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags in Betracht. Ob und ggfs. in welcher Art und Weise das festgestellte Rauchen einer Zigarette und das Trinken von Wasser während der Kontrollzeit die Messung beeinträchtigt haben könnte und in welcher Höhe ggfs. ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen ist, lässt sich mit sachverständiger Hilfe aufklären (OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2010, 4 Ss 369/10, BA 47, 360; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.2.2011, 3 (4) SsBs 803/10). Ein allgemeiner Grundsatz, dass Bedienungsfehler bei standardisierten Messverfahren – hierzu gehört auch die Verwendung eines Atemalkoholgeräts, das die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat (BGH, Beschluss vom 3.4.2001, 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358) – generell zu deren Unverwertbarkeit führen (so OLG Hamm Beschluss vom 24.1.2008, 2 Ss OWi 37/08, NZV 2008, 260), existiert nicht. Vielmehr hat der Tatrichter bei konkreten Anhaltspunkten für Messfehler, die Zuverlässigkeit der Messung – ggfs. mit sachverständiger Hilfe – zu prüfen (vgl. für standardisierte Messverfahren der Geschwindigkeitsmessung, BGH, Beschluss vom 19.8.1993, 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291 und Beschluss vom 30.10.1997, 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277).“

M.E. im Hinblick auf die Entscheidung des BGH zur Atemalkoholmessung nicht richtig. Vielleicht legt ja dann auch diese Frage (endlich) mal ein OLG dem BGH vor.