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(Späte) Einsicht beim AG Augsburg, oder: Geht doch bzw. doch kein Augsburger Landrecht

© Alex White - Fotolia-com

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Anfang September hatte ich unter: Augsburger Landrecht? oder: Von Berlin nach Augsburg ist es (zu) weit (?) über die falsche Rechtsauffassung einer Rechtspflegering beim AG Augsburg zum Verhältnis Grundgebühr/Verfahrensgebühr, die nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG nun immer nebeneinander anfallen, berichtet. Der Rechtspflegerin gefällt das wohl nicht und sie hatte  nach einem Pflichtverteidigerwechsel die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG nicht zu Gunsten des (jungen) Kollegen festgesetzt. Der hat Erinnerung eingelegt. Und teilt nun mit:

„Ich darf Ihnen mitteilen, dass die zuständige Rechtspflegerin auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors am AG Augsburg hin meiner Erinnerung abgeholfen und nun auch die Verfahrensgebühr festgesetzt hat.

Der Revisor verwies u.a. darauf, dass der Fall in Ihrem Blog diskutiert werde.

Na bitte, geht doch. Ich weiß zwar nicht, warum der Bezirksrevisor und ich „nachhelfen“ müssen, aber: Nun ist die Verfahrensgebühr ja auch festgesetzt. Alles gut.

Nachgekartet hat die Rechtspflegerin dann in der Begründung mit einem kleinen „Seitenhieb“ aber doch – nach Berlin denke ich; ganz kampflos wollte sie dann das Feld wohl doch nicht räumen:

„In Bezug auf die Festgebühren eines Pflichtverteidigers erscheint dies hier, bei der knappen Verteidigertätigkeit des Rechtsanwalts pp., der nicht einmal persönlichen Kontakt zum Mandanten hatte, unverhältnismäßig, doch besteht Bindung an den Gesetzestext“.

Na ja, ob das sein musste? Und ob die Neuregelung „unverhältnismäßig“ ist? Es sind eben Festbetragsgebühren, die der Pflichtverteidiger erhält. Das mag dann an der ein oder anderen Stelle vielleicht ein wenig zu viel sein, aber: An vielen anderen Stellen ist es dann aber auch angesichts des Aufwandes, den der Verteidiger betreiben muss, zu wenig. Das ist eben so, auch wenn es der Rechtspflegerin nicht gefällt.

Der Kollege ist dann auch nicht mehr „verärgert“, sondern freut sich über die Verfahrensgebühr. Und. „Um so mehr freut es mich dann, dass Sie mit Ihrem Blog und Ihrer Entscheidungssammlung Hilfestellungen für uns Kollegen bieten. Dafür möchte ich Ihnen recht herzlich danken!“

Bitte schön, gern geschehen. Dafür betreibe ich das ja hier.

Augsburger Landrecht? oder: Von Berlin nach Augsburg ist es (zu) weit (?)

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Ich gehe davon aus, dass mein gestriges Posting Der „kostenneutrale“ neue Pflichtverteidiger – so nicht Anlass für die gestrige Email-Nachricht eines Kollegen war, über die ich mich geärgert habe. Nun, nicht über die Nachricht, sondern über den gebührenrechtlichen Sachverhalt, den der Kollege mitteilt. Und zwar:

„Am 20.04.15 wurde ich vom AG Augsburg zum Pflichtverteidiger bestellt.

Am 09.07.15 wurde ich vom Gericht als Pflichtvert. ohne Angabe von Gründen entbunden und eine neue Pflichtvert. aus München (!) „unter Anrechnung der bisher entst. Pflichtvet.gebühren“ bestellt.

Meine Nachfrage bei Gericht ergab, dass der Wechsel „auf Wunsch des Angekl.“ erfolgte.

Der Angekl. hatte sich trotz schriftl. Aufforderung meinerseits nie bei mir gemeldet.

Am 16.07.15 erstellte ich meinen KFA, welcher neben der Grundgeb. auch die Verfahrensgeb. enthielt.

Am 30.07.15 bat die zust. Rechtspflegerin um Stellungnahme, da die Verf.geb. nicht angefallen sei. Dem schloss sich die neue Pflichtverteidigerin vehement an. Bereits im Vorfeld verwies diese darauf, dass mir keine Verf,geb. zustünde!

Am 03.08.15 gab ich meine Stellungnahme ab, mit Hinweisen auf Anm. 1 zu Nr.4100 VV RVG und Ihre Entscheidungssammlung.

Heute nun kam der Festsetzungsbeschluss, wiederum auch mit Stellungnahme der werten Kollegin: Die Verf.geb. wurde nicht festgesetzt.

Interessant dürfte nun die Argumentation der Rechtspflegerin für Sie sein.

Dort heißt es: „Auch ist es nicht der Fall, dass Grund- und Verf.geb. immer gleichzeitig anfallen. Nach den Änderungen durch das 2.KostMoG wurde klargestellt, dass die Grundgeb. immer neben der Verfgeb. ensteht. Dies bedeutet, wenn eine Verf.geb. erwachsen ist, ist auch immer die Grundgebühr angefallen. Dies gilt aber nicht anders herum, dass mit erwachsener Grundgeb. auch immer eine Verf.geb. anfällt. Hierfür ist eine weitere Tätigkeit, über die erste Einarbeitung hinaus, erforderlich.“

Sie können sich sicher vorstellen, dass mich diese Argumentation sehr verärgert.

Ich werde in jedem Fall Erinnerung einlegen.“

Ja, das kann ich verstehen, dass der Kollege verärgert ist. Ich bin es ja auch.

Geantwortet habe ich ihm u.a.: „… Augsburger Landrecht.“ Und ich habe mich gefragt, ob der Weg von Berlin, wo der Bundestag im Sommer 2013 (!!!) das 2. KostRMoG erlassen hat, nach Augsburg wirklich so weit ist, dass man die Gesetzesänderung zwar zur Kenntnis genommen hat – immerhin -, aber es offenbar dann doch anders machen will. Udn zwar dann jetzt (bewuss [?]) falsch. Denn es entstehen nach den Änderungen durch das 2. KostMoG jetzt Grundgebühr und Verfahrensgebühr immer nebeneinander. Die Grundgebühr ist quasi eine besondere Verfahrensgebühr, die die Einarbeitungstätigkeiten besonders honoriert. Das hat aber mit dem Entstehen der Verfahrensgebühr überhaupt nichts zu tun. Ggf. entsteht die nur als Mindestgebühr, aber sie entsteht. Beim Pflichtverteidiger ist das aber, da er Festbetragsgebühren erhält, ohne Bedeutung.

Das ist übrigens einhellige Meinung in der dazu vorliegenden Rechtsprechung. Die hier dann für die Frau Rechtspflegerin beim AG Augsburg zum Mitschreiben/Abschreiben – quasi als Fortbildung – noch einmal:

Nur das OLG Nürnberg hat es bisher – allerdings ohne Begründung – anders gesehen (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.11.2014 – 2 Ws 553/14, StraFo 2015, 39 = AGS 2015, 29 = StRR 2015, 118 = NStZ-RR 2015, 95 [Ls.]). Aber: Das hat seinen Sitz ja auch in Bayern. und nach dort ist von Berlin aus der Weg weit 🙂 .

Gibt es in Bayern nach 18 Monaten noch keine neuen RVG-Texte?

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Im Moment muss ich ein wenig mehr Gebührenrecht machen als sonst. Denn ich habe eine ganze Menge von interessanten Entscheidungen in meinem „Blogordner“ hängen, die mir sonst zu alt für ein Posting werden. Zu denen gehört auch der OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.11.2014 – 2 Ws 553/14, in dem es um das leidige Thema der Gebühren des sog. „Terminsvertreters“ im Strafverfahren geht.

Folgender Sachverhalt: Mit Verfügung des Strafkammervorsitzenden wurde der Rechtsanwalt dem Angeklagten als Pflichtverteidiger „für den heutigen Sitzungstag“ beigeordnet, weil sich der Wahlverteidiger des Angeklagten an diesem Tag im Urlaub befand. Der Pflichtverteidiger hat dann später die Festsetzung der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG, der Terminsgebühr Nr. 4120 VV RVG und Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG beantragt. Festgesetzt worden sind nur die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und Terminsgebühr Nr. 4120 VV RVG. Nicht aber die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG.

In der Entscheidung hat sich das OLG  der wohl h.M. in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen, wonach sich der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Verteidigers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger beigeordnet worden ist, nicht auf die Terminsgebühren beschränkt, sondern alle durch die anwaltliche Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 VV RVG umfasst (vgl.  Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014, Nr. 4100 VV Rn. 8 ff. m.w.N. ). Es hat dann aber die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG nicht gewährt. Begründung: Keine über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr hinausgehende eigene Tätigkeit.

Tja, in meinen Augen eine Entscheidung, die nur nur zum Teil richtig ist. Das OLG hat m.E. die Änderungen in der Nr. 4100 VV RVG durch das 2. KostRMoG übersehen. Dazu kurz:

  1. Zutreffend sind die Ausführungen des OLG zur Frage, welche Gebühren für den „Terminsvertreter“ anfallen. Das können alle Gebühren sein, die auch der Verteidiger verdienen kann, also Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, a.a.O.; Nr. 4100 Rn. 8 ff. m.w.N.). Dazu ist in der Vergangenheit schon viel geschrieben worden. Das will ich hier jetzt nicht wiederholen.
  2. Falsch ist m.E. die Entscheidung dann aber hinsichtlich der einzelnen beim Pflichtverteidiger entstandenen Gebühren. Dazu ist beim Terminsvertreter in der Vergangenheit – insofern hat das OLG – Recht – darum gestritten worden, ob der „Terminsvertreter“ neben der Grundgebühr und Terminsgebühr i.d.R. auch die Verfahrensgebühr erhält und/oder, ob er dazu besonders vortragen muss. Hinzuweisen ist hier nur darauf, dass selbst nach „altem Recht“ m.E. die gerichtliche Verfahrensgebühr beim Pflichtverteidiger entstanden wäre. Denn die von ihm erbrachten Tätigkeiten gehen weit über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr hinaus (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4100 VV Rn. 25 ff. m.w.N.; zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 34 ff. m.w.N.). Auf die Frage kommt es – und darum ist die OLG Entscheidung falsch – jedoch seit dem 01.08.2013 nicht mehr an. Denn nun entstehen nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG Grundgebühr und Verfahrensgebühr (immer) nebeneinander (vgl. Burhoff RVGreport 2014, 42). Die vom OLG angestellten Überlegungen haben nur noch Bedeutung für die Bemessung der beiden Gebühren. Das spielt aber nur beim Wahlanwalt eine Rolle, nicht hingegen beim Pflichtverteidiger, der Pauschgebühren erhält. Das hat das OLG hier übersehen, man fragt sich warum. Dass es auch anders, nämlich richtig, geht, zeigen OLG Saarbrücken, Beschl. v. 10.11.2014 – 1 Ws 148/14, LG Oldenburg, Beschl. v. 22.09.2014 – 5 Qs 304/14 und der LG Duisburg, Beschl. v. 03.06.2014 – 34 Qs 52/13.

Das OLG Nürnberg setzt sich mit der Neuregelung, die 18 Monate als ist, noch nicht mal auseinander. Daher die Frage: Sollte es in Bayern noch keine neuen RVG-Texte geben?

Elternrecht/Erziehungsrecht meets Jugend(straf)recht

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Gegen eine Jugendliche wird  Ungehorsamsarrest wegen der Nichtbefolgung gerichtlicher Auflagen verhängt. Dagegen wendet sich der Vater an den VerfGH Rheinland-Pfalz und rügt u.a. eine Verletzung seines elterlichen Erziehungsrechts (Artikel 25 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV). Der VerfGH weist die Verfassungsbeschwerde zurück (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, 13.07.2012, VGH B 10/12).

Der VerfGH sieht den Vater nicht in seinem Elternrechten verletzt, wenn die beteiligten Gerichte die Existenz oder den Gehalt des in der Landesverfassung verbürgten vorrangigen elterlichen Erziehungsrechts nicht grundsätzlich verkannt oder in einer nicht mehr vertretbaren und damit willkürlichen Auslegung ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben. Die staatlichen Strafrechtspflege seigrundsätzlich nicht gehindert, auch in das elterliche Erziehungsrecht einzugreifen. Das bedeute zwar nicht zugleich, dass das Elternrecht im Rahmen des (Jugend-) Strafverfahrens unter allen Umständen zurückzutreten habe. Konflikte zwischen dem (prinzipiell vorrangigen) Elternrecht einerseits und dem Verfassungsgebot des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes sowie seiner Durchsetzung im Verfahren andererseits seien durch Abwägung aufzulösen, im Rahmen derer das betroffene Elternrecht und der strafrechtliche Rechtsgüterschutz zum Ausgleich gebracht werden.

Und dazu heißt es u.a.

„Zwar gebietet die Subsidiarität staatlicher Erziehung auch in diesem Fall aus Gründen des Übermaßverbots eine Abwägung, ob die durch das Gericht erkannten Erziehungsdefizite nicht auch durch die zuvörderst hierzu berufenen Eltern beseitigt werden können. Jedoch sind im vorliegenden Fall die Gerichte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die elterliche Erziehung aufgrund des während des gesamten Verfahrens zutage getretenen Prozessverhaltens des Beschwerdeführers ungeeignet sein musste, die Tochter zu einem zukünftig rechtstreuen Verhalten zu erziehen. In diesem Sinne stellen die durch die Gerichte hierzu angestellten Erwägungen – entgegen der Annahme des Beschwerdeführers – gerade keine Zurechnung seines Verschuldens gegenüber seiner Tochter dar, sondern die im Sinne der Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderliche Prognose, ob das erkannte Erziehungsdefizit von der vorrangig hierzu berufenen elterlichen Seite effektiv beseitigt werden kann oder nicht.

Im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung dürfte zwar das Verhalten des Beschwerdeführers im Erkenntnisverfahren, das mit seinem Ausschluss aus der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Trier am 27. Januar 2011 endete, und die spätere Einlegung mehrerer Rechtsbehelfe gegen das Urteil für sich genommen unzureichend sein, eine fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit der Eltern im Hinblick auf die Erziehung der Tochter zur Rechtstreue anzunehmen. Vielmehr entspricht es gerade der Grundentscheidung des Jugendstrafrechts, den Erziehungsberechtigten am Verfahren gegen sein Kind zu beteiligen und ihm durch die Verleihung eigener prozessualer Rechtspositionen die Möglichkeit zu geben, auf den Ausgang des Verfahrens einzuwirken (BVerfGE 107, 104 [121], vgl. auch § 67 Abs. 1 JGG). Jedoch konnten die Gerichte aus der Gesamtschau des Verhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zulässigerweise den Rückschluss ziehen, dass dieser die Verwirklichung der im Rahmen eines rechtskräftigen Urteils festgesetzten Erziehungsmaßnahme gegen seine Tochter unter allen Umständen vermeiden wollte. Hierbei waren die Gerichte nicht daran gehindert, in ihre Entscheidung einstellen, dass das vermeintliche Verbot zur Ableistung der verhängten Arbeitsleistungen erstmals deutlich nach Ablauf der hierfür angesetzten Fristen vorgetragen wurde und sich die Tochter des Beschwerdeführers weder gegenüber der Jugendgerichtshilfe noch dem Vollstreckungsgericht gegenüber jemals hierauf berufen hatte, sondern sämtliche Anschreiben seitens der staatlichen Stellen schlicht ignorierte. Ebenfalls nicht zu beanstanden war der aus ihrem Verhalten (keine Kontaktaufnahme mit Gericht oder Jugendgerichtshilfe, Nichterscheinen beim Erörterungstermin am 20. Januar 2012) gezogene Rückschluss der erkennenden Gerichte, sie habe sich die Ansichten ihres Vaters zu Eigen gemacht und sei in ihrem Hang zur Rechtsuntreue bestärkt worden, weshalb eine erhöhte Gefahr weiterer Straffälligkeiten bestehe. Dieser, den ausdrücklichen Zielsetzungen des Jugendstrafrechts zuwiderlaufenden (vgl. § 2 Abs. 1 JGG), Entwicklung durften die Gerichte in Ausübung des staatlichen Wächteramtes und ihres Verfassungsauftrags aus Artikel 25 Abs. 1 Satz 2 LV konsequent durch die geeignete und erforderliche Maßnahme der Festsetzung eines Jugendarrests begegnen.“

Absprache/Rechtlicher Hinweis – was hat Vorrang?

Der BGH – mal nicht der sonst die Szene offenbar beherrschende 1. Strafsenat, sondern der 2. Senat – hat in BGH, Beschl. v. 11.05.2011 – 2 StR 590/10 zum Verhältnis der Absprache zum sonstigen StPO-Verfahrensrecht Stellung genommen. Der Beschluss ist zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt, was zeigt, welche Bedeutung man diesem Beschluss beim BGH selbst beimisst.

In der Sache ging es um die Frage, ob auch noch nach einer zustande gekommenen Absprache (§ 257c StPO) die Hinweispflicht aus § 265 StPO besteht. Der BGH hat das bejaht. Die Vorschrift des § 257c StPO und die sich aus einer danach getroffenen Verständigung ergebenden Bindungen des Gerichts hätten nicht die Kraft, die Hinweispflichten des § 265 StPO zu relativeren oder gar zu verdrängen.

Die Entscheidung präzisiert das Verhältnis der Vorschrift des § 257c StPO zu § 265 StPO. Siekalr  liegt auf der Linie, die schon der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zur „Abspracheregelung“ vorgegeben hat (vgl. BT-Drucksache 16/12310). Das nämlich mit der Neuregelung nicht ein besonderes Konsensverfahren in die StPO eingefügt wird, sondern die allgemeinen Grundsätzen des Strafverfahrens unberührt bleiben und sich die Neuregelung in diese einfügen muss.

Und: Zur Frage, ob auch nach einer Absprache noch eine Revision möglich/zulässig ist, verliert der 2. Strafsenat kein Wort mehr.