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Keine Haftentschädigung wegen Mehrfachbelegung und offener Toilette

Der 18. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat einem Häftling Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage versagt, mit der dieser 2.420 EUR wegen einer nach seiner Auffassung menschenunwürdigen Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Duisburg (Gemeinschaftsunterbringung in Haftzelle mit offener Toilette) verlangen wollte.

Der Kläger war im Jahr 2006 sechs Wochen in Gemeinschaftszellen in der Justizvollzugsanstalt Duisburg untergebracht worden (August 2006 für acht Tage mit drei weiteren Gefangenen, September/Oktober 2006 für fünf Wochen mit einem weiteren Gefangenen). In den Zellen befand sich eine offene Toilette mit Sichtschutz.

Der 18. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat sich der Argumentation des LG Duisburg angeschlossen und Prozesskostenhilfe verweigert, weil eine Klage erfolglos sei. So hatte bereits das LG Duisburg deutlich gemacht, dass die Enge der Zelle und die unzureichende Abtrennung als Solches kein Schmerzensgeld rechtfertigen können. Vielmehr komme ein Schmerzensgeld nur dann in Betracht, wenn eine besondere Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts gegeben sei. Dafür müssten sich die Haftumstände auch in besondere Weise auf die körperliche und seelische Verfassung des Gefangenen tatsächlich auswirken. Hier habe der Gefangene aber nicht zu erkennen gegeben, dass er auf eine Einzelunterbringung besonderen Wert gelegt habe. Er habe zwar gegenüber Bediensteten der Justizvollzugsanstalt erwähnt, dass er eine Einzelunterbringung wünsche. Jedoch habe er nicht einmal einen Antrag an die Gefängnisleitung oder einen Antrag an das Gericht auf Einzelunterbringung gestellt.

Na ja, was soll man dazu sagen. Wenn er doch nur nicht geduldig geschwiegen hätte. Nur: schweigt er nicht, dann hat er den Stempel Querulant in der Akte.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 25/2009 des OLG Düsseldorf vom 27.08.2009

OpferRRG und U-Haft-Recht im BGBl. verkündet

Gestern sind im Bundesgesetzblatt die beiden ersten gesetzlichen Neuregelungen aus dem „Gesetzesmarathon“ zum Ende der 16. Legislaturperiode verkündet worden. Das OpferRRG (BGBl. I, S. 2280). mit den Änderungen im Recht der Nebenklage und bei der Pflichtverteidigung tritt am 01.10.2009 in Kraft, die Änderungen im U-Haftrecht treten zum 01.01.2010 (BGBl. I, S 2274) in Kraft. Hier will man den Ländern ein wenig mehr Zeit geben, ihre eigenen Gesetze noch zu verabschieden. Wenn das nicht klappt, gilt aufgrund einer Übergangsregelung dann noch die alte StPO. Das wird ein fröhliches Hin und Her.

In Zukunft Pflichtverteidigung bei U-Haft

Es ist tatsächlich wahr geworden. Was sich schon während der ersten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts abgezeichnet hat, hat der Bundestag jetzt umgesetzt. In dem neuen § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist in Zukunft bestimmt, dass es sich um einen Fall der notwendigen Verteidigung handelt, wenn gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft vollstreckt wird. Ihm ist dann – so sieht es § 141 Abs. 3 Satz 3 StPO n.F. vor, unverzüglich ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Noch besser wäre es gewesen, das sofort für den Beginn der Ermittlungen zu bestimmen, aber immerhin. Alles nachzulesen in der BT-Drs. 16/13097).

Bundestag beschließt verbesserte Rechte für U-Haftgefangene

Der Rechtsschutz für Untersuchungsgefangene wird verbessert. Die Verbesserungen sind Teil eines Gesetzentwurfs zur Reform des Untersuchungshaftrechts (BT-Drs. 16/11644), den der Bundestag am 28.05.2009 verabschiedet hat.

Die vorgeschlagenen Änderungen gehen überwiegend auf eine veränderte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Föderalismusreform zurück. Den Bundesländern steht nach dieser Reform die Regelungskompetenz für das „Wie“, also für den Vollzug von U-Haft, zu. Dazu gehören etwa Vorschriften über die Ausstattung des Haftraums, über die Verpflegung der Gefangenen, über die Arbeit von Gefangenen in der Haft, aber auch Bestimmungen mit dem Ziel, die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt sicherzustellen (z. B. Einzelhaft). Der Bund hat dagegen weiterhin die Gesetzgebungszuständigkeit für das „Ob“ der U-Haft (Anordnung der U-Haft, Voraussetzungen und Dauer). Außerdem kann er auch solche Regelungen treffen, die zur Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr erforderlich sind (z.B. Verbot der Kontaktaufnahme mit anderen Tatbeteiligten). Bislang werden beide Bereiche in der Strafprozessordnung und der sie konkretisierenden Untersuchungshaftvollzugsordnung – einer Verwaltungsanordnung der Länder – einheitlich geregelt. Die verfassungsrechtlich veränderte Kompetenzlage macht eine rechtsstaatlich klare Trennung beider Bereiche erforderlich. Der Bund muss diejenigen Materien in der StPO regeln, die in der Bundeskompetenz verblieben sind. Zugleich soll die Novelle dazu dienen, Rechte der Betroffenen zu verbessern.

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Bewegung in der Diskussion um den Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbeiordnung

In die Diskussion um die Beiordnung bzw. den Zeitpuntk der Beiordnung des Pflichtverteidigers kommt Bewegung. Bei der Expertenanhörung zur Änderung des Untersuchungshaftrechts (BT-Drs. 16/11644) haben sich die dort angehörten Experten aus dem anwaltlichen und universitäten Bereich dafür ausgesprochen, den Beschuldigten frühzeitig einen Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn er sich keinen Wahlanwalt leisten kann. Ähnlich war bereits bei der ersten Lesung des Gesetzesentwurfs von Abgeordneten argumentiert worden. Man darf gespannt sein, was daraus nun wird.