Schlagwort-Archive: Steuerhinterziehung

Lob für die StA, Kritik für die Strafkammer, oder: Thema verfehlt…

klingt im BGH-Beschl. v. 13.07.2011 – 1 StR 154/11 an, wenn der 1. Strafsenat dort zu den von der Strafkammer im Hinblick auf die für eine Steuerhinterziehung getroffenen tatsächlichen Feststellungen ausführt:

Dies lässt das angefochtene Urteil – im Gegensatz zur sorgfältig verfassten Anklageschrift – vermissen. Die Feststellungen zum Schuldspruch wegen Umsatzsteuerhinterziehung lassen nicht tragfähig erkennen, aufgrund welcher Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 3 UStG) der Angeklagte steuerbare Umsätze bewirkt hat; das Urteil bezieht sich insoweit unklar auf „Einnahmen“ (UA S. 7). Hinsichtlich der Gewerbesteuer- und der Einkommensteuer teilt das Urteil zwar einen „Gewinn“ mit und „bei der Einkommenssteuerermittlung“ (UA S. 8) diesem Gewinn hinzuzurechnende Beträge. Es verzichtet im Übrigen aber auf eine Berechnungsdarstellung zu den hinterzogenen Steuern; weitergehende Feststellungen zu den Besteuerungsgrundlagen werden nicht getroffen. Dadurch ermöglicht es das Urteil dem Senat nicht, die Berechnung der vom Angeklagten hinterzogenen Steuern auch nur annähernd nachzuvollziehen.“

Liest man als Strafkammer nicht so gern. „nicht […] auch nur annähernd nachvollziehen. Im Deutschunterricht hätte das früher geheißen: Thema verfehlt.

Bratschwund bei Dönerfleischspießen…

… was hat der im Strafrecht zu suchen? Offenbar viel, wenn sich schon der BGH damit (zumindest kurz) beschäftigt.

Bei der Suche nach Entscheidungen bin ich auf BGH, Beschl. v. 18.05.2011 –  1 StR 209/11 gestoßen, der ganz gut zu unserem heutigen Lesetipp zur Selbstanzeige passt. Eine steuerstrafrechtliche Entscheidung des 1. Strafsenats, in der diese die Revision nach § 349 Abs. 2 AStPO verworfen hat, im Beschluss aber zum Vorbringen der Revision kursorisch Stellung nimmt. Dabei geht es und ging es im Verfahren wohl auch um die Feststellung der hinterzogenen Steuer. Dazu meint der BGH:

Die von der Revision vorgebrachten Einwände gegen die mangels konkreter Ermittlungsmöglichkeiten durchgeführte Schätzung des Ausmaßes der Besteuerungsgrundlagen greifen nicht durch. Das Landgericht war insbesondere nicht gehalten, innerhalb eines von einem Sachverständigen angegebenen Bewertungsrahmens (hier zum Bratschwund bei Dönerfleischspießen) von dem für den Angeklagten günstigsten Wert auszugehen. In den Urteilsgründen ist (u.a. anhand einer Vergleichsberechnung zu einer bekannten Menge verbrauchten Fladenbrotes) nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen das Landgericht im konkreten Fall den für den Angeklagten ungünstigsten Wert für zutreffend erachtet hat. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.“

Also eine „Hochrechnung“ vom verbrauchten Fladenbrot über den Bratschwund zum Steuerschaden. Ja, manchmal müssen unbekannte Wege gegangen werden.

Lesetipp: Die neue Selbstanzeige – Teil 2: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.

Inzwischen ist StRR 07/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die neue Selbstanzeige – 2. Teil: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.“ von RD Stefan Rolletschke, Münster (StRR 2011, 254) zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Tut ja gut, wenn der Gesetzgeber die Auslegung des Regelbeispiels durch den Senat billigt

Der BGH, Beschl. v. 05.05.2011 – 1 StR 116/11 befasst sich mit der Strafzumessung bei der Steuerhinterziehung und den erforderlichen Feststellungen. Es handelt sich um eine sog. Leitsatzentscheidung des BGH, in der der Leitsatz lautet:

Soweit dazu Anlass besteht, müssen die Urteilsgründe ergeben, ob Steuern in großem Ausmaß i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nach BGHSt 53, 71 (Betragsgrenzen 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro) verkürzt sind. Sie müssen auch ergeben, weshalb trotz des Vorliegens dieses Regelbeispiels ein besonders schwerer Fall des § 370 Abs. 3 AO nicht angenommen wird (Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71).“

Soweit so gut. Und dann:

„a) Der Senat hat mit Urteil vom 2. Dezember 2008 (1 StR 416/08, BGHSt 53, 71) das Merkmal „großes Ausmaß“ ausgelegt und dafür folgende Betragsgrenzen bestimmt: Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, dann ist das Merkmal bei einer Verkürzung in Höhe von 100.000 € erfüllt (Rn. 39, 41). Wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, liegt die Betragsgrenze bei 50.000 € (Rn. 37).

b) Diese Bestimmung der Betragsgrenzen durch den Senat hat der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem Entwurf des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes (BT-Drucks. 17/4182 und 17/4802) aufgegriffen. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks. 17/5067 neu) ist zur Bestimmung der Betragsgrenze, ab welchem bei einer Selbstanzeige Straffreiheit nicht eintritt, unter Bezugnahme auf das Senatsurteil BGHSt 53, 71 ausgeführt (S. 21): „Die Betragshöhe orientiert sich an der Rechtsprechung des BGH zu dem Regelbeispiel des § 370 Absatz 3 Nummer 1 AO, wo das Merkmal großen Ausmaßes bei 50 000 Euro als erfüllt angesehen wird“. Damit hat der Gesetzgeber ersichtlich die Auslegung des Regelbeispiels durch den Senat gebilligt.“

Tut gut, so was 🙂

Lesetipp: Die neue Selbstanzeige: Lebensbeichte, Sperrtatbestände, Zuschlag, Vertrauensschutz

Inzwischen ist StRR 05/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die neue Selbstanzeige: Lebensbeichte, Sperrtatbestände, Zuschlag, Vertrauensschutz“ von RD Stefan Rolletschke, Münster und ORR David Roth, LL.M. oec., Köln (StRR 2011, 171) zum kostenlosen Download bereitgestellt.