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Beschlussverfahren III: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, oder: Bagatellsache

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Und da ja bekanntlich aller guten Dinge drei sind, kommt die dritte Entscheidung zu § 72 OWiG auch vom KG 🙂 . Es hat im KG, Beschl. v. 20.09.2018 – 3 Ws (B) 235/18 – zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 72 OWiG in Bagatellsachen Stellung genommen. Das KG meint:

„Die gegen einen nach § 72 Abs. 1 OWiG erlassenen Beschluss gerichtete Rechtsbeschwerde ist unabhängig von der Höhe der verhängten Geldbuße statthaft, wenn ein Verfahrensverstoß der Verletzung des § 72 Abs. 1 OWiG geltend gemacht wird.“

 

Verfahrensrüge, oder: Vorsicht/Achtung vor der bloßen Protokollrüge!!

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Und zur „Montagsmittagszeit“ kommt hier der OLG Bamberg, Beschl. v. 25.10.2018 – 3 Ss OWi 1368/18, der noch einmal einen wichtigen Punkt betreffend Begründung der Rechtsbeschwerde/Revision im Hinblick auf die Verfahrensrüge ins Gedächtnis ruft und zu dem der Ausruf passt: Achtung! Vorsicht vor der bloßen Protokollrüge. Die macht die Rechtsbeschwerde/Revision nämlich unzulässig.

Gegenstand der Rechtsbeschwerde war hier eine Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG. An das kommt man – wenn überhaupt nur „ran“, wenn man die Verfahrensrüge erhebt und bei der eben die hohe Hürde des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO beachtet bzw. überspringt. Hier ist es dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger nicht gelungen:

„1. Die gegen das Verwerfungsurteil gerichtete formelle Rüge, mit der eine Verletzung des § 74 III OWiG geltend gemacht wird, ist unzulässig, da sich das Rügevorbringen in der Beanstandung erschöpft, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll […] ergebe sich trotz Protokollierungspflicht keine Protokollierung einer Belehrung nach § 74 III OWiG. Damit behauptet die Rechtsbeschwerde nicht bestimmt einen konkreten Verfahrensfehler, was Voraussetzung für eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge i.S.d. §§ 344 II 2 StPO, 79 III 1 OWiG ist (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 344 Rn. 25 m.w.N.). Bloße Fehler des Protokolls wiederum vermögen die Revision nicht zu begründen, weil das Urteil hierauf nicht im Sinne von § 337 I StPO beruhen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2010 – 1 StR 359/10 [bei juris] = NStZ-RR 2011, 170; Urt. v. 20.04.2006 – 4 StR 604/05 [bei juris] = NStZ-RR 2007, 52, 53).

2. Die zulässig erhobene allgemeine Sachrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Mit ihr kann nur das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung oder das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses gerügt werden, da das Urteil nach § 74 II OWiG als reines Prozessurteil keine Feststellungen materiell-rechtlicher Art zur Schuld- und Rechtsfolgenfrage enthält (vgl. nur Göhler-Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 74 Rn. 48a f. m.w.N.; OLG Bamberg, Beschl. v. 07.09.2012 – 2 Ss OWi 834/12 [bei juris] = OLGSt OWiG § 74 Nr 22). Verfahrenshindernisse oder fehlende Verfahrensvoraussetzungen sind nicht gegeben und werden auch nicht geltend gemacht. […]“.

Also Vorsicht. Formulierungen wie z.B. „ausweislich des Protokolls…“ sind tötlich für das Rechtsmittel bzw. können es sein. Denn das ist keine bestimmte Behauptung eines Verfahrensfehlers. Wird leider immer wieder falsch gemacht. 

OWi II: Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, aber: Einstellung, weil „Verwerfung nicht opportun“ ist

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Bei der zweiten OWi-Entscheidung des heutigen Tages handelt es sich um den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2018 – IV – 2 RBs 210/18, den mir der Kollege Momberger aus Düsseldorf übersandt mit der Anmerkung, dass es sich manchmal eben doch lohnt eine Sache bis zum Ende durchzufechten.

Hier ging es um die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO. Dagegen legt der Kollege für den Betroffenen Rechtsbeschwerde ein, die allerdings zugelassen werden muss. Das OLG weist den Zulassungsantrag zurück, stellt aber fest, dass die tatsächlichen Feststellungen des AG nicht ausreichen. Und dann ….:

„….

Dass die getroffenen Feststellungen lückenhaft sind und den Schuldspruch nicht tragen, bedarf indes keiner Rechtsfortbildung, sondern ergibt sich unmittelbar aus den normierten Anforderungen des § 23 Abs. la StVO.

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist für den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts nicht maßgeblich, ob das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft ist, sondern ob es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Dies führt dazu, dass bei geringfügigen Geldbußen trotz Anrufung der zweiten Instanz auch ein rechtsfehlerhaftes Urteil Bestand haben kann

3. Der von dem Betroffenen angeführte Zulassungsgrund der Sicherung einer ein­heitlichen Rechtsprechung kommt erst bei einer Geldbuße von mehr als 100 Euro in Betracht

Der Senat greift jedoch unterBerücksichtigung des Umstands, dass eine Verwerfung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegend nicht opportun erscheint, den entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf und stellt das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG ein.

IV.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 1 u. Abs. 4 StPO.

Hierbei hat der Senat davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffe­nen der Staatskasse aufzuerlegen. Bei dieser Ermessensentscheidung kann der gesamte Akteninhalt herangezogen werden. Die Polizeibeamten, auf deren Anzeige der Bußgeldbescheid zurückgeht, hat das Amtsgericht nicht als Zeugen gehört. Nach dem Inhalt der polizeilichen Anzeige spricht indes viel dafür, dass der Betroffene das Mobiltelefon bei der Benutzung als Kraftfahrzeugführer in der Hand gehalten hat. Abgesehen davon wären die notwendigen Auslagen auch dann zu Lasten des Betroffenen gegangen, wenn der Senat eine Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde getroffen hätte.2

Liest man so selten. Meist wird der Zulassungsantrag verworfen und es heißt, dass das AG nach den mahnenden Worten des OLg den angesprochenen Fehler nicht noch einmal machen wird. Das sind natürlich dann Entscheidungen, die man als Verteidiger einem Betroffenen nur schwer vermitteln kann.

OWi I: Verfahrensrüge gegen Verwerfungsurteil, oder: Vortragen, vortragen, vortragen….

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Heute ist in Teilen der Republik wiederFeiertag, in den anderen Teilen wird aber gearbeitet. Daher gibt es auch heute drei Entscheidungen. Die kommen aus dem OWi-Bereich.

Ich starte mit dem KG, Beschl. v.21.06.2018 – 3 Ws (B) 170/18. Thematik: Anforderungen an eine ausreichende Begründung der Verfahrensrüge bei übergangenem Entbindungsantrag.

Nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid war der Betreoffene zu dem auf seinen Einspruch anberaumten Hauptverhandlungstermin nicht erschienen. Das Amtsgericht hat den Einspruch durch nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassenes Urteil verworfen. Dagegen die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die nicht ausreichend begründet war:

1. Die Verfahrensrüge, das Verwerfungsurteil verstoße gegen § 74 Abs. 2 OWiG oder verletze das rechtliche Gehör, ist nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt.

Der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe einen im Vorfeld der Hauptverhandlung gestellten Entbindungsantrag übergangen und ihn daher zu Unrecht als säumig behandelt. Bei dieser Sachlage muss die Rechtsbeschwerde nicht nur mitteilen, dass ein Gerichtsbeschluss unterblieben ist. Insbesondere ist der gestellte Entbindungsantrag in seinem vollständigen Wortlaut oder jedenfalls seinem wesentlichen Inhalt nach darzulegen. Ist der Entbindungsantrag durch einen Verteidiger gestellt worden, ist weiterhin dessen über die Verteidigervollmacht hinausgehende besondere Vertretungsvollmacht (vgl. Senat VRS 120, 200; BayObLG NZV 2001, 221; OLG Köln NZV 2002, 241, 466; OLG Brandenburg VRS 116, 276; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 73 Rn. 4) darzutun. 

Dies ist hier nicht in revisionsrechtlich zulässiger Weise geschehen. Dabei kann dahinstehen, ob der in der Rechtsbeschwerdeschrift kursorisch mitgeteilte Inhalt des Entbindungsantrags den Darstellungsanforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Offen bleiben kann auch, ob der in dem Entbindungsantrag bezeichnete Hinweis auf §§ 233, 234 StPO im Grundsatz ausreichen könnte, die Vertretungsvollmacht darzulegen, wenn er Bestandteil der Verfahrensrüge geworden wäre. Denn jedenfalls enthält die Verfahrensrüge selbst keinen Hinweis auf die über die Verteidigervollmacht hinausgehende Vertretungsvollmacht, und die Verweisung auf eine Anlage („Beweis: Entbindungsantrag vom 20.04.2018“) kann diese Darlegung nicht ersetzen. Denn es ist anerkannt, dass Verfahrensrügen ohne Bezugnahmen und Verweisungen begründet werden müssen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 344 Rn. 21; 345 Rn. 14). Unzulässig ist demnach nicht nur die Bezugnahme auf Akten, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke, sondern namentlich auch auf Anlagen zur Rechtsbeschwerdeschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO mwN). Damit fehlt es der Verfahrensrüge zumindest an der Darlegung der besonderen Vertretungsvollmacht. Die Rüge ist unzulässig.“

Also: Vortragen, vortragen, vortragen….

Strafvollzug I: Einlegung der Rechtsbeschwerde, oder: Schriftform

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Nach längerer Zeit heute dann mal wieder ein paar Entscheidungen in Strafvollzugssachen.

Zunächst eine Entscheidung zu einer formalen Frage, nämlich der KG, Beschl. v. 19.06.2018 – 2 Ws 139/17 Vollz, der sich zur Frage der Wahrung der Schriftform – bei Einlegung einer Rechtsbeschwerde durch die Vollzugsbehörde – verhält. Dazu das KG:

„Zwar ist im Strafvollzugsgesetz nicht ausdrücklich geregelt, in welcher Form die am Verfahren beteiligte Vollzugsanstalt die Rechtsbeschwerde einzulegen hat. § 118 Abs. 3 StVollzG gilt nur für den Antragsteller. Jedoch folgt aus der strukturellen Vergleichbarkeit der Rechtsbeschwerde mit der Revision, dass die Einlegung eines Rechtsmittels nach § 118 Abs. 1 Satz 1 StVollzG entsprechend der ausdrücklichen Vorgabe des § 341 Abs. 1 StPO grundsätzlich in schriftlicher Form erfolgen muss. Die Schriftform ist gewahrt, wenn der Rechtsmittelschriftsatz vom anfechtungsberechtigten Beteiligten eigenhändig unterschrieben ist. Bei Behörden genügt auch die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens des Verfassers, sofern dieser mit einem Beglaubigungsvermerk versehen ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. September 1996 – 4 Ws 195/96 –, juris Rn. 4). Fehlen diese Voraussetzungen, kann es zur Wahrung der Schriftform ausnahmsweise genügen, dass aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2002 – 2 StR 63/02 –, juris Rn. 3). Das ist hier der Fall. Der maschinenschriftliche Namenszusatz am Ende des Schreibens, dem – anders als bei den übrigen im Verfahren angefallenen Schriftsätzen des Beschwerdeführers – nicht der Zusatz „Im Auftrag“ vorangestellt ist, lässt in Verbindung mit dem Briefkopf der Justizvollzugsanstalt X und der Offenlegung der vorgeschalteten Sachbearbeiter den Leiter der Vollzugsbehörde als Schlusszeichner und damit Urheber des Schreibens erkennen.“