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Rechtsstaat heißt auch: „Ausländer dürfen nicht dumm sterben“

© GaToR-GFX - Fotolia.com

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Manche Dinge sind für mich so einfach, dass ich mich frage, warum es eigentlich zur Klärung der Frage der Rechtsprechung eines OLG gebraucht, das dann auch noch Art. 6 MRK bemühen/heranziehen muss. So wird sicherlich auch – hoffentlich – manch anderer denken, der den OLG München, Beschl. v. 18. 11.2013, 4St RR 120/13 – liest. Da war/ist vom LG eine Revision eines Polen gegen ein nach § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil  gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden, weil der Angeklagte die Revision nicht rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 341 Abs. 1 StPO eingelegt habe. Das LG hatte „angemerkt, dass die nicht vorgenommene Übersetzung des Berufungsurteils vom 11.11.2011 und der dazugehörigen Rechtsmittelbelehrung die Wirksamkeit der Zustellung gemäß § 341 Abs. 2 StPO nicht berührt habe.“

Der Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO) hat dann aber Erfolg. Hier Auszüge aus der Entscheidung des OLG:

„…Dieses vermeintliche Fristversäumnis des Angeklagten ist jedoch unschädlich, da die Übersetzung des Berufungsurteils und der Rechtsmittelbelehrung in die polnische Sprache für eine wirksame Zustellung des Berufungsurteils und Ingangsetzung der für die Einlegung der Revision maßgeblichen Wochenfrist des § 341 Abs. 1 StPO erforderlich ist…..

Der Angeklagte hat als Ausländer vor einem deutschen Gericht die gleichen prozessualen Grundrechte und den gleichen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren wie ein deutscher Staatsbürger. Mangelnde Sprachkenntnisse dürfen nicht zu einer Verkürzung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantien führen (BVerfG, Beschluss vom 7.4.1976, NJW 1976, 1021). Dies gebietet bereits der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und das Verbot der Benachteiligung von Personen aufgrund ihrer Sprache gemäß Art. 3 Abs. 3 GG (BVerfGE 40, 95).

Unter Beachtung dieser den Angeklagten schützenden Rechte hätten das Berufungsurteil des Landgerichts München I vom 11.11.2011 und die dazugehörige Rechtsmittelbelehrung ihm mit Übersetzung in die polnische Sprache zugestellt werden müssen, um den Lauf der Revisionseinlegungsfrist in Gang zu setzen.

1) Nach deutschem Recht gilt gemäß § 184 S. 1 GVG, dass alle schriftlichen Äußerungen des Gerichts in deutscher Sprache abzufassen sind (vgl. Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 184 GVG Rdn. 3).

 2) Der mit Wirkung vom 6.7.2013 durch Gesetz vom 2.7.2013 (BGBl. I S. 1938) neu gefasste § 187 Abs. 2 GVG, der der Umsetzung der europäischen Richt-linie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzun-gen im Strafverfahren und der Richtlinie 2012/13/EU über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung im Strafverfahren dient, verpflichtet in Satz 1 zur Übersetzung des Berufungsurteils und der Rechtsmittelbelehrung in die polnische Sprache…..

a) Vorliegend waren dem Angeklagten sowohl der Strafbefehl mit Rechtsmittelbelehrung als auch das amtsgerichtliche Urteil mit Rechtsmittelbeleh-rung in polnischer Sprache zugestellt worden, sodass er über die gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe und das Verfahren ordnungsgemäß in Kennt-nis gesetzt worden ist.

b) Dies reichte jedoch nicht aus, um den Anspruch des der deutschen Spra-che nicht mächtigen Angeklagten auf eine effektive Verteidigung im gebo-tenen Maß zu erfüllen. Vielmehr ergibt sich gemäß Artikel 3 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2010/64/EU eine Verpflichtung zur Übersetzung des landgericht-lichen Urteils, die ihre Grundlage ihrerseits in Art. 6 Abs. 1 MRK findet. Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten als völkerrechtlicher Vertrag wirkt als einfaches Recht unmittelbar in die Rechtsordnung und hat darüber hinaus insoweit verfassungsrechtliche Bedeutung, als sie die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes beeinflussen kann (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. Anh. 4 MRK Vorbem Rdn. 3).

 4) Zur Wahrung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantien gemäß Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG ist in Beachtung der allgemeinen Garantie eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 MRK und der in Art. 6 Abs. 3 MRK garantierten Mindestrechte des Angeklagten eine Übersetzung des Berufungsurteils und der Rechtsmittelbelehrung zwingend geboten:…..

b) Zwar lässt sich aus Art. 6 Abs. 3 e) MRK kein Anspruch auf schriftliche Übersetzung jeder Beweisurkunde oder jedes Aktenstücks ableiten (EGMR-E 4, 472 aaO; Frowein/Peukert aaO Rdnr. 316, 317), doch beinhaltet der Anspruch auf ein faires Verfahren und effektiven Rechtsschutz jedenfalls die Bekanntmachung einer in Abwesenheit des Angeklagten ergangenen nicht rechtskräftigen Gerichtsentscheidung mit Übersetzung in eine ihm verständlich Sprache (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. Anh. 4 MRK Art. 6 Rdn. 27), da ihm nur so die Ausschöpfung aller ihm zustehenden Rechtsmittel möglich ist. Dies gilt als Selbstverständlichkeit in gleicher Weise für die entsprechende Rechtsmittelbelehrung.“

Dem kann und muss man m.E. nichts hinzufügen, außer: Gleiches Recht für alle heißt auch: Man muss auch wissen, welche Rechte man hat und wie und wann man sie geltend macht. Auch das ist Rechtsstaat… Oder flapsig:“ Ich darf Ausländer nicht dumm sterben lassen“.

„Milde Gabe für die Suppenküche“ – dann in die eigene Tasche gesteckt

entnommen wikimedia.org Author Joeb07 (Johannes Kazah)

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Author Joeb07 (Johannes Kazah)

Eine Angeklagte hat Spenden gesammelt und dabei vorgegeben, diese seien für die Bahnhofsmission bzw. eine Suppenküche bestimmt. Dorthin sind die Spenden aber nicht geflossen, sondern in die eigene Tasche. Das führt zu einem Strafverfahren, in dem die Angeklagte wegen Spenden./Bettelbetrugs verurteilt wird. Das OLG München führt dazu in der Revision im OLG München, Beschl. v. 11.11.2014 – 4 StRR 184/13 – aus:

„…Ein Vermögensschaden liegt bei einseitigen Verfügungen dann vor, wenn der mit der Vermögensverfügung vom Gebenden bestimmte nicht vermögensrechtliche Zweck nicht erreicht wird. Denn wenn der Zweck verfehlt wird, so wird das Vermögensopfer auch wirtschaftlich zu einer unvernünftigen Ausgabe veranlasst, die auf Täuschung beruht (BGH Urteil vom 10.11.1994; Az.: 4 StRR 331/94 zit. nach juris Rdn. 13). Erforderlich ist die Verfehlung eines Zweckes, der dem Verfügenden in der konkreten Situation notwendig und sinnvoll erscheint, sei es, dass er einen sozialen, sei es, dass er einen indirekten wirtschaftlich relevanten Zweck verfolgt (BGH aaO). Bloße Affektionsinteressen sowie Motive, welche die objektiv erkennbare Zwecksetzung inhaltlich nicht betreffen, sind somit auszuscheiden (BGH aaO Rdn. 14). Da die Revisionsführerin nach den Feststellungen des Gerichts über den Zweck der Spende getäuscht hat, indem sie vorgegeben hat, Spenden für eine Bahnhofsmission und eine Suppenküche zu sammeln, tatsächlich die Spendenbeträge aber für sich selbst behalten hat, liegt eine Vermögensschaden des Spenders vor, da der von ihm mit der Spende verfolgte soziale Zweck nicht erfüllt wird (Satzger aaO Rdn. 169). Hinsichtlich des Geschädigten P. begründet hierbei die Täuschung und der Irrtum über diesen Grund zusammen mit der hierauf basierenden Vermögensverfügung die Strafbarkeit wegen Betrugs (Tiedemann Leipziger Kommentar 11. Aufl. § 263 Rdn. 123). Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der weitere, von ihm benannte Grund für die Spende („weil der Zeuge M. auch Geld gegeben habe“, Seite 10 BU) schon für sich betrachtet ausreichend gewesen sein könnte für die Verfügung (Tiedemann aaO)….“

 

Verständigung/Absprache – ein Rechtsprechungsmarathon

© FotolEdhar - Fotolia.com

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Wenn man im Moment die obergerichtliche Rechtsprechung zu § 257c StPO ein wenig verfolgt, stellt man m.E. sehr schnell fest, dass zu dieser und zu den sie flankierenden Vorschriften ein wahrer Rechtsprechungsmarathon in der Rechtsprechung des BGH aber auch in der der OLG losgetreten ist. Ausgangspunkt ist sicherlich die Entscheidung des BVerfG v. 19.03.2013 (vgl. dazu hier: Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal), die die Obergerichte umsetzen. Wenn man eine Tendenz aus der vorliegenden Rechtsprechung ableiten will, kann man m.E. erkennen/ableiten, dass die Obergerichte die Verständigung/Absprache nicht wollen und es den Instanzgerichten schwer machen, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Allerdings wäre es m.E. auch viel besser gewesen, nicht in die auf  ein streitiges Verfahren ausgelegten StPO-Vorschiften die konsensualen Verständigungsregelen zu impletieren. Besser wäre es gewesen, ein eigenes konsensuales Verfahren zu schaffen, das neben dem streitigen Verfahren gestanden hätte. Aber, es ist nun mal anders gekommen. 🙁

Ich kann hier nicht über die vielen Entscheidungen der letzten Zeit im Einzelnen berichten. Das würde den Rahmen sprengen. Daher heute nur ein Überblick/ein Potpourri zu § 257c StPO und was dazu gehört, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ich weise also hin auf:

  • BGH, Beschl. v. 03.09.2013 – 5 StR 318/13, der sich noch einmal zur Frage, Strafobergrenze ja oder nein, verhält.
  • BGH, Beschl. v. 29.11.2013 -1 StR 200/13, der sich mit den Auswirkungen gescheiterter Verständigungsgespräche befasst, dabei grundsätzlich aber bejaht, dass über das bloße Ergebnis hinaus deren Inhalt ähnlich wie der Inhalt nicht gescheiterter Gespräche bekannt zu geben und zu protokollieren ist.
  • BGH, Beschl. v. 02.10.2013 – 1 StR 386/13, der die Zulässigkeit außerhalb der Hauptverhandlung geführter Gespräche über eine Abtrennung und die Frage behandelt, wer daran teilnehmen muss.
  • BGH, Beschl. v. 214. 9. 2013 – 2 StR 267/13 mit der Leitsatz: Wenn Verteidigung und Staatsanwaltschaft in Gegenwart der für die Entscheidung zuständigen Richter Anträge zur Strafart und Strafhöhe nach Teileinstellung des Verfahrens und Ablegung eines Geständnisses erörtern, im Anschluss daran das Gericht nach dem Vortrag eines Formalgeständnisses auf eine – an sich vorgesehene – Beweisaufnahme verzichtet, den übereinstimmenden Anträgen folgt und der Angeklagte Rechtsmittelverzicht erklärt, ist in der Regel von einer konkludent geschlossenen Urteilsabsprache auszugehen, die dem Zweck dient, die Anforderungen und Rechtswirkungen einer Verständigung rechtswidrig zu umgehen. Bloßes Schweigen der Richter bei einem Verständigungsgespräch oder die Erklärung, das Gericht trete den Vorschlägen nicht bei, stehen dem nicht entgegen. Ein Rechtsmittelverzicht ist unwirksam, wenn dem Urteil eine informelle Verständigung vorausgegangen ist.
  • OLG München, Urt. v. 09.01.2014 – 4 StRR 261/13 mit dem Leitsatz:Scheitern Verständigungsgespräche sind vom Gericht eingegangene „einseitige Verpflichtungen“ gegenüber dem Angeklagten gesetzwidrig und führen zur Aufhebung des auf einer solchen Verpflichtung beruhenden Strafurteils, weil nur so die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Revisionsge-richte zur Kontrolle von Verständigungen im Strafverfahren effektiv umgesetzt werden können.
  • OLG Celle, Urt. v. 18.12.2013 – 31 Ss 35/13 mit den Leitsätzen: Will die Revision eine Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügen, so muss sie bestimmt behaupten und konkret darlegen, in welchem Verfahrensstadium, in welcher Form und mit welchem Inhalt Erörterungen mit dem Ziel einer Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben. Zur konkreten Darlegung der Form gehört auch die exakte   regelmäßig namentliche – Benennung der Gesprächsteilnehmer. Da die Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 212 StPO nur vom „Gericht“ geführte Erörterungen mit den Verfahrensbeteiligten erfasst, fallen hierunter in Verfahren vor einer großen Strafkammer nur solche Gespräche, an denen entweder alle Berufsrichter teilgenommen haben oder in denen die Strafkammer sich – nach außen deutlich – durch eines ihrer Mitglieder aufgrund entsprechender Beratung geäußert hat.“

Wie gesagt: Kein Anspruch auf Vollständigkeit: es ist nur das, was derzeit noch in meinem Blogordner hing. Darüber hinaus hatte ich ja auch über andere Entscheidungen schon gesondert berichtet.

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„ACAB“ auf der Hose – Beleidigung?

entnommen wikimedi.org Autor:  MZaplotnik

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Die Bedeutung des Schriftzuges „ACAB“ ist inzwischen allgemein bekannt. Er steht für „All Cops Are Bastards“. Die Rechtsprechung befasst sich seit einiger Zeit mit der Frage, ob und wann das Tragen/Führen dieses Schriftzuges auf der Kleidung eine Beleidigung von Polizeibeamten darstellt. Dazu gibt es Entscheidungen des OLG Nürnberg und des OLG Karlsruhe und nun den OLG München, Beschl. v. 18.12.2013 – 4 OLG 13 Ss 571/13 – mit folgendem Leitsatz:

Der „All Cops Are Bastards“ bedeutende Schriftzug „ACAB“ auf der Hose des Angeklagten erfüllt den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB, wenn er gegen-über einem zahlenmäßig überschaubaren und gegenüber der Gesamtgruppe klar umgrenzbaren Kreis von zum Kollektiv gehörenden Personen gezeigt wird. Dies ist bei Polizeibeamten, die an einem konkreten Einsatz teilnehmen, der Fall.

Dazu aus den Gründen:

„b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Schriftzug nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles objektiv den Sinngehalt hat „All cops are bastards“, d.h. alle Polizisten sind Bastarde. Das Landgericht ist vom objektiven Sinngehalt ausgegangen, wie ihn ein unbefangener verständiger Dritter versteht (BayOLG aaO Rdn. 21). Ausgehend von den Buchstaben „ACAB“ hat es sich mit den in Frage kommenden aufdrängenden Deutungsmöglichkeiten (Seite 6 bis 8 BU) auseinandergesetzt und in rechtsfehlerfreier Weise unter Berücksichtigung der konkreten Situation diejenigen ausgeschieden, die nicht zur Bestrafung führen können (BayOLG aaO Rdn. 21).

c) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte den Schrift-zug ACAB gegenüber dem Geschädigten kundgetan hat durch das Tragen der Hose mit dem deutlich sichtbaren Schriftzug.

 d) Das Landgericht hat zudem ohne Rechtsfehler festgestellt, dass der Geschädigte als Angehöriger einer Personengemeinschaft unter einer Kollektivbezeichnung beleidigt worden ist.

Voraussetzung der Beleidigung einer Mehrheit einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung ist, dass es sich um einen verhältnismäßig kleinen, hinsichtlich der Individualität seiner Mitglieder überschaubaren Kreis handelt, d.h. der fragliche Personenkreis muss zahlenmäßig überschaubar sein und die bezeichnete Personengruppe muss sich auf Grund bestimmter Merkmale so deutlich aus der Allgemeinheit hervorheben, dass der Kreis der Betroffenen klar umgrenzt ist (Lenck-ner/Eisele aaO vor § 185 Rdn. 7, 7a, 7b; OLG München 5. Strafsenat Beschluss vom 19.10.2010 Az.: 5 StRR (II) 315/10). Da sich die herabsetzende Äußerung nach den Feststellungen des Gerichts vorliegend auf die Polizeibeamten, die als solche an dem konkreten Einsatz teilgenommen haben, bezieht, hebt sie diese Teilnahme in Verbindung mit ihrer Eigenschaft als Polizeibeamte eindeutig aus der Allgemeinheit heraus. Der Angeklagte hat die mit dem Schriftzug versehene Kleidung am Tattag nach den Feststellungen des Landgerichts in Kenntnis dessen Be-deutung und des Bewusstseins, bei dem Besuch des Fußballspiels auf Polizeibe-amte zu treffen, getragen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sich die in ihr verkörperte Äußerung gegen die am Einsatz beteiligten Polizeibeamten richtet.“

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Zusammenstoß Radfahrer/Fußgänger in Fußgängerzone: Wer gewinnt?

FahrradfahrerUnd als drittes Posting zu den samstäglichen Verkehrsunfällen (vgl. bereits hier Inlineskaten auf der Gegenfahrbahn – Zusammenstoß – 75 : 25) und hier Überholen einer Fahrzeugkolonne – Abbiegerzusammenstoß – 75 : 25) das OLG München, Urt. v. 04.10.2013 – 10 U 2020/13, das man sich als Münsteraner gut merken muss. Es geht nämlich um einen Zusammenstoß eines Fußgängers mit einem Radfahrer, der verbotswidrig in einer Fußgängerzone gefahren ist.

Zum Saxhverhalt: Der Kläger und dessen Ehefrau, die ihre Ansprüche später an den Kläger abgetreten hat, fuhren mit Fahrrädern über den Theaterplatz in I. Der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt in die gleiche Richtung zu Fuß auf dem Theaterplatz unterwegs. Das Ehepaar H. – der Kläger und seine Ehefrau – näherte sich mit seinen Fahrrädern dem Beklagten von hinten und wollten an diesem rechts vorbeifahren. Der Beklagte ging vom Ehepaar H. aus gesehen links auf einer höher liegenden Treppenstufe. Die Ehefrau des Klägers kam im Zusammenhang mit dem Passieren des Beklagten mit ihrem Fahrrad zu Sturz.

Das LG ist von einer Haftungsquote von 50:50 ausgegangen.Das OLG hat das anders gesehen und hat ein Verschulden des Fußgängers verneint und hat damit den Radfahrer allein haften lassen:

„Für die Pflichten eines Fußgängers geht der Senat von folgenden Erwägungen aus:

Auf einem Sonderweg, der eine Mischung des Radverkehrs mit den Fußgängern auf einer gemeinsamen Verkehrsfläche bewirkt, haben Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen (vgl. OLG Oldenburg NJW-RR 2004, 890; OLG Köln VersR 2002, 1040; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, § 41 StVO Rz. 248 d f.). Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass kombinierte Fuß- und Radwege, die eine Benutzungspflicht für Radfahrer zur Folge haben, nur dann angelegt werden sollen, wenn dies nach den Belangen der Fußgänger, insbesondere der älteren Verkehrsteilnehmer und der Kinder, im Hinblick auf die Verkehrssicherheit für vertretbar erscheint (vgl. Verwaltungsvorschrift zu den Zeichen 240 und 241, gemeinsamer bzw. getrennter Fuß- und Gehweg). Radfahrer haben demnach die Belange der Fußgänger auf solchen Wegen besonders zu berücksichtigen. Selbstverständlich haben auch Fußgänger auf Radfahrer Rücksicht zu nehmen und diesen die Möglichkeit zum Passieren zu geben; den Radfahrer treffen aber in erhöhtem Maße Sorgfaltspflichten. Insbesondere bei einer unklaren Verkehrslage muss ggfs. per Blickkontakt eine Verständigung mit dem Fußgänger gesucht werden; soweit erforderlich, muss Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, damit sofortiges Anhalten möglich ist. Auf betagte oder unaufmerksame Fußgänger muss der Radfahrer besondere Rücksicht nehmen; mit Unaufmerksamkeiten oder Schreckreaktionen muss er rechnen.

Diese Maßstäbe gelten, wie das OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 09.03.2004 (NJW-RR 2004, 890]) überzeugend ausgeführt hat, erst recht auf Gehwegen, die durch ein Zusatzschild für Radfahrer freigegeben sind. Das Zusatzschild „Radfahrer frei“ eröffnet dem Radverkehr nur ein Benutzungsrecht auf dem Gehweg. Den Belangen der Fußgänger kommt in diesem Fall ein besonderes Gewicht zu; insbesondere darf der Radverkehr nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren (Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 239 Fußgänger).

Noch einmal mehr gelten diese Maßstäbe in einer „faktischen“ Fußgängerzone (Zeichen 250): In einem Bereich, in dem Fußgänger nur mit „Fahrradschiebern“ rechnen müssen, haben die Belange von Fußgängern überragendes Gewicht. Weicht hier ein Fußgänger einem anderen aus, muss ein sein Fahrrad schiebender Verkehrsteilnehmer mit Unaufmerksamkeiten rechnen. Dies gilt auch für den Fall, dass der Fußgänger die breitere Treppenstufe einer gestuften „faktischen“ Fußgängerzone eine Stufe hinabsteigt, denn an der Natur einer Richtungskorrektur ändert sich nichts. Bei einer unklaren Verkehrslage muss ggfs. mit Blickkontakt Verständigung gesucht werden. Hierbei fällt im vorliegenden Fall insbesondere ins Gewicht, dass sich die Geschädigte dem Beklagten von hinten genähert hat, also durchaus wahrnehmen konnte, dass sie der Beklagte nicht herankommen sieht und auch wahrnehmen konnte, dass sich der Beklagte, nachdem der Kläger selbst an diesem vorbeigefahren war, nicht nach weiteren Radfahrern umgedreht hat. Damit war der Geschädigten – anders als dem Beklagten – die Gefahrenlage durchaus bewusst. Darüber hinaus lag konkret nicht nur eine „gefahrenneutrale“ Situation vor, bei der die Geschädigte darauf vertrauen durfte, ohne Klingelzeichen mit zu geringem Sicherheitsabstand am erkennbar nichts ahnenden Beklagten vorbeizufahren (vgl. BGH MDR 2009, 203, 204). Vielmehr hatte sich das abstrakte Gefährdungspotential, das bei nur optisch voneinander getrennten Verkehrsflächen im innerstädtischen Begegnungsverkehr angenommen wird (vgl. BGH MDR 2009, 203, 204; OLG Oldenburg NJW-RR 2004, 890, 891; OLG Köln VersR 2002, 1040; Hentschel/König/Dauer-König, a.a.O., § 41 StVO, Rz. 248 c) bereits dadurch zu einer kritischen Situation verdichtet, dass objektiv das Befahren des Theatervorplatzes mit Fahrrädern verboten war. In dieser kritischen Situation, in der die Geschädigte noch nicht einmal geklingelt hat – was nicht genügt hätte -, wäre sie gehalten gewesen abzusteigen und ihr Fahrrad entsprechend Zeichen 250 zu schieben.