Seit den Änderungen durch das 2. OpferRRG ist im Hinblick auf die Zulassung der Nebenklage in § 395 Abs. 3 StPO eine erweiternde Regelung enthalten. Das 2. OpferRRG hat hier einen „Auffangtatbestand“ geschaffen, der den Anwendungsbereich der Nebenklage erheblich erweitert hat. In § 395 Abs. 3 werden jetzt nämlich in einem Katalog verschiedene Delikte genannt, und zwar die Beleidigungsdelikte (§§ 185 –189 StGB), die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), der Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB), Raub und Erpressung (§§ 249 –255 StGB) und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB), bei denen der Anschluss als Nebenkläger zulässig sein. Die Aufzählung ist aber nicht abschließend, da mit „insbesondere“ formuliert worden ist. Grds. zulässig ist der Anschluss daher auch bei jeder anderen „rechtswidrigen Tat“. Der Anschluss muss allerdings aus besonderen Gründen zur Wahrnehmung der Rechte des (schutzbedürftigen) Verletzten geboten sein. Für die Frage, ob besondere Gründe und/oder eine Schutzbedürfnis vorliegen, wird vor allem auf die Schwere der Tatfolgen für das Opfer abgestellt.
Mit den damit zusammenhängenden Fragen hat sich jetzt der BGH, Beschl. v. 9. 5. 2012 – 5 StR 523/11 – auseinandergesetzt und zur Frage Stellung genommen, ob eine Untreue (§ 266 StGB) zum Anschluss berechtigt. Der BGH war mit der Frage befasst, weil ein „Nebenkläger“ gegen ein freisprechendes landgerichtliches Urteil Revision eingelegt hatte. Der Nebenkläger war „Geschädigter“ der dem Angeklagten im Verfahren zu Last gelegten Untreue. Das LG hatte seine Anschlusserklärung als wirksam angesehen.
Der BGH führt dazu aus: Die Entscheidung des Landgerichts über den auf § 395 Abs. 3 StPO gestützten Anschluss werde ersichtlich den anzulegenden rechtlichen Maßstab nicht gerecht. Die dem Angeklagten zur Last gelegte Untreue habe in besonderem Maße in der Schweiz angelegtes Wertpapierdepotvermögen in Millionenhöhe betroffen, das der Nebenkläger „den deutschen Steuerbehörden verheimlichte“. Ausweislich seiner Anschlusserklärung sei er durch die Tat in einen „wirtschaftlichen Engpass“ geraten. Damit sei kein besonderer Grund dargetan. Allein das wirtschaftliche Interesse eines möglichen Verletzten an der effektiven Durchführung zivilrechtlicher Ansprüche sei zur Begründung eines besonderen Schutzbedürfnisses unzureichend
Folge dieser Rechtsprechung des BGH ist es, dass Taten nach den §§ 242, 263, 266 StGB i.d.R. als den Anschluss als Nebenkläger begründende Taten ausgeschlossen sind (so ausdrücklich der BGH, a.a.O.). Etwas anderes kann – so der BGH ggf. gelten bei gravierender Beweisnot, die z.B. durch einen Auslandsbezug begründet sein kann und eine nur von den Strafgerichten herbeizuführende Rechtshilfe erforderlich macht.
Und verfahrensmäßig gilt; Eine von den o.a. Maßstäben abweichende Nebenklagezulassung ist aber für das Revisionsgericht bindend. D.h.,m der BGH ist von der Wirksamkeit der Zulassung ausgegangen, er hat die Revision also als unbegründet verworfen.