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Klassischer Fehler III: Jugendstrafe – was häufig übersehen wird

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Bei der Verhängung einer Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen (§ 17 Abs. 2 JGG) wird in der Praxis häufig übersehen, dass es für die Frage: Schädliche Neigungen, ja oder nein?, darauf ankommt, dass diese zur Tatzeit vorgelegen/angelegt waren und zum Urteilszeitpunkt auch noch bejaht werden können. Nicht ausreichend ist es, wenn zwar zur Tatzeit schädliche Neigungen anzunehmen waren, danach aber eine „Besserung“ eingetreten ist. Darauf muss man als Verteidiger achten, wenn zwischen Tat und Urteil ein langer Zeitraum liegt und sich die Verhältnisse des Mandanten gebessert haben. Das ist das Fazit aus dem BGH, Beschl. v. 13.11.2013 – 2 StR 455/13, in dem es dazu heißt:

„2. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.

Das Landgericht hat gegen den zur Tatzeit 15jährigen Angeklagten, der durch gewaltsame Übergriffe durch die Lebenspartner seiner Mutter geprägt wurde, eine Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen im Sinne von § 17 Abs. 2 JGG verhängt. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass Defizite in seiner Entwicklung vorlägen, der Angeklagte keine Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen und therapeutische Angebote abgelehnt habe. Zwar habe er seine Defizite erkannt, jedoch seien keine Wandlungen in der Lebensführung eingetreten. Die Tatsache, dass der Angeklagte eine Freundin habe, deren Kinder er mitbetreue, ändere nichts an der Bewertung. Ferner liege in der Tatsache, dass der Angeklagte seit einer letzten Vorverurteilung am 31. Mai 2011 nicht mehr durch Straftaten aufgefallen sei, keine Änderung seines Verhaltens.

Die Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht von einem falschen Maßstab ausgegangen ist. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie können in der Regel nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel, aus denen sich eine Neigung zur Begehung von Straftaten ergibt, schon vor der Tat angelegt waren. Die schädlichen Neigungen müssen auch noch zum Urteilszeitpunkt bestehen. Diese Voraussetzung für die Verhängung einer Jugendstrafe ist im angefochtenen Urteil nicht ausreichend belegt worden.

Die Tatsache, dass der im Urteilszeitpunkt 18jährige Angeklagte zuvor rund zwei Jahre lang nicht mehr durch Straftaten aufgefallen war, deutet darauf hin, dass eine Gefahr künftiger Straftaten nicht mehr besteht. Dies gilt auch dann, wenn der Angeklagte im Berufsleben noch nicht Fuß gefasst hat. Schwer wiegende Persönlichkeitsmängel des Angeklagten sind nicht festgestellt worden; die ihn prägenden Gewalterfahrungen im Haushalt der Mutter hat er nicht verschuldet.

Das Landgericht hat sich darauf beschränkt, positive Faktoren als unerheblich zu bezeichnen. Das trifft aber auch nicht zu. Die Tatsache, dass der Angeklagte die Kinder seiner Freundin mitbetreut, spricht tendenziell gegen Persönlichkeitsdefizite.“

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„Neigungsbeschluss“ des BGH zur Jugendstrafe

Wer die Rechtsprechung von Revisionsgerichten verfolgt, weiß: Sog. Neigungsbeschlüsse des Revisionsgericht sind immer von Bedeutung, weil sie i.d.R. eine Änderung/Klarstellung der Rechtsprechung andeuten. Das Revisionsgericht teilt quasi vorab schon mal mit, wie es eine bestimmte Frage ggf. demnächst sehen will. So eine Neigungspassage enthält der BGH, Beschl. v. 06.05.2013 – 1 StR 178/13. Die Angeklagte war wegen verschiedener Handlungen zum Nachteil einer Nebenklägerin u.a. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe  verurteilt worden. In der Revision ging es u.a. um die Verhängung der Jugendstrafe und deren Bemessung. Dazu der BGH:

a) Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung der Revision, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17 Abs. 2 JGG könne grundsätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außer-halb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 404/09, NStZ-RR 2010, 56 f. und vom 28. September 2010 – 5 StR 330/10, StV 2011, 588 f.), die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat (etwa BGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 – 4 StR 656/97, StV 1998, 332, 333; weit. Nachw. bei Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2013, Band 6, JGG § 17 Rn. 67).

b) Im Übrigen neigt der Senat dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungsfähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 re. Spalte/S. 41 li. Spalte) deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1981 – 1 StR 634/81, StV 1982, 121; vom 27. November 1995 – 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 – 5 StR 486/97; Beschluss vom 23. März 2010 – 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derar-tigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 1995 – 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f. und vom 20. März 1996 – 3 StR 10/96, StV 1998, 344; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 7. Mai 1996 – 4 StR 182/96, NStZ 1996, 496 f.).“

Die zu a) behandelte Frage ist nichts Neues. Aber mit den unter b) aufgeführten Gedanken könnte sich eine Änderung bzw. Klarstellung in der Rechtsprechung andeuten. Die OLG haben das nämlich in der Vergangenheit zum zum Teil anders gesehen und messen dem Merkmal der „Erforderlichkeit“ gerade die Bedeutung bei, dass die Verhängung einer Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld grundsätzlich nur dann zulässig sein soll, wenn dies (auch) aus erzieherischen Gründen erforderlich bzw. geboten ist. Vielleichz demnächst anders?

Man fragt sich nazürlich immer: Warum ein Neigungsbeschluss und warum gerade in dieser Sache. Nun, das weiß man nie. Hier könnte der Grund gewesen sein, dass das LG angesichts drn festgestellten Gesamtumständen der sich über rund 24 Stunden erstreckenden Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen der Nebenklägerin zu einer „ungewöhnlich niedrigen Straf“ gekommen ist.

Strafzumessung II: Jugendstrafe – das unbekannte Wesen?

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Wenn man sich so die Rechtsprechung des BGH zur Strafzumessung anschaut, dann stellt man schnell fest, dass die LG mit der ordnungsgemäßen Begründung von Jugendstrafen offenbar große Probleme habe. Denn viele LG-Urteile aus dem Bereich werden vom BGH aufgehoben. So auch im BGH, Beschl. v.14.08.2012 – 5 StR 318/12. An dem Urteil des LG Zwickau passte dem BGH aber auch gar nichts:

  • „…Maßgebend ist vielmehr, ob sich der einzelne Heranwachsende noch in einer für Jugendliche typischen Entwicklungsphase befindet. Für die Gleichstellung eines heranwachsenden Täters mit einem Jugendlichen ist deshalb entscheidend, ob in dem Täter noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam sind; ob er das Bild eines noch nicht 18-Jährigen bietet,ist demgegenüber nicht ausschlaggebend (BGH aaO und Urteil vom 29. Mai 2002 – 2 StR 2/02, BGHR JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1 Entwicklungsstand 8).

Diesen Maßstab hat die Jugendkammer nicht berücksichtigt. Darüber hinaus hat sie bei der Beurteilung der Reife des Angeklagten ausschließlich auf seine äußerlich verselbständigte Lebensführung abgestellt, ohne deren indizielle Bedeutung für seine „sittliche und geistige Entwicklung“ (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG) hinreichend deutlich darzulegen.::“

  • „..aa) Das Landgericht bejaht zum einen schädliche Neigungen des Angeklagten (§ 17 Abs. 2 1. Alt. JGG). Es stützt diese Beurteilung alleine auf den Umstand, dass „infolge der mangelnden Wirkung dreier Sanktionen innerhalb eines Zeitraums von nur 1 ½ Jahren – die letzte sogar noch etwa einen Monat vor der Tat – “ von „nachhaltigen Persönlichkeitsdefiziten“ aus-zugehen sei, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten begründeten (UA S. 16). Ohne Mitteilung der näheren Umstände der Taten lassen indes weder die verhängten Sanktionen (in zwei Fällen Arbeitsleistungen, in einem Fall eine geringfügige Geldstrafe) noch die mitgeteilten Bezeichnungen der Taten (in einem Fall Beihilfe zur Sachbeschädigung, in zwei Fällen Diebstahl) ohne Weiteres den Schluss auf Anlage- oder Entwicklungsschäden zu, die so schwer sind, dass deren Be-seitigung sinnvoll nur in einem länger dauernden Strafvollzug versucht wer-den kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281).
  • „..bb) Zum anderen stützt das Landgericht die Verhängung einer Jugendstrafe auch auf den Gesichtspunkt der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 2. Alt. JGG), die jedenfalls in ihrem Ausmaß nicht ausreichend belegt ist. 

 Seine Begründung, dass die Verhängung der Jugendstrafe „unter Beachtung des einschlägigen Strafrahmens nach allgemeinem Strafrecht gemäß § 30a BtMG“ erforderlich sei (UA S. 16), ist rechtsfehlerhaft. Bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne von § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinem Strafrecht keine selbständige Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. …“

Ist schon erstaunlich.

Strafzumessung im Jugendrecht: Ist das denn so schwer? „Unschön“ für die Jugendkammer…

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Wenn man die Rechtsprechung des BGH verfolgt, stellt man fest, dass Strafzumessungsfehler vom BGH häufig gerügt werden – ob sie immer zum Erfolg der Revision führen, ist dann eine andere Frage. Im Bereich der Strafzumessungsfehler spielen dann die JGG-Verfahren eine besondere Rolle. Dort scheint es für die Landgerichte besonders schwer zu sein, eine einwandfreie Strafzumessung hinzubekommen. Jedenfalls habe ich den Eindruck, was um so mehr verwundert, weil es sich um Spezialkammern handelt, für die diese Fragen an sich „tägliches Brot“ sein sollten. Den Beweis liefert mal wieder der BGH, Beschl. v. 17.07.2012 – 3 StR 238/12. Das LG hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Dem BGH passt die gesamte Strafzumessung nicht:

 Jedoch halten weder die Begründung schädlicher Neigungen des Angeklagten noch die Ausführungen der Jugendkammer zur Strafhöhe sachlichrechtlicher Überprüfung stand.

1. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie können in der Regel nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat, wenn auch unter Umständen verborgen, angelegt waren. Sie müssen schließlich auch noch zum Urteilszeitpunkt bestehen und weitere Straftaten des Angeklagten befürchten lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. März 1992 – 1 StR 105/92, BGHR JGG § 17 Abs. 2 schädliche Neigungen 5).

Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt. Soweit das Landgericht auf die von ihm für bestimmend erachteten konkreten Strafzumessungsgesichtspunkte abstellt, betreffen diese überwiegend das objektive Tatunrecht; sie sind deshalb für das Vorliegen schädlicher Neigungen weitgehend unergiebig. Bei den von der Jugendkammer daneben angeführten Vorbelastungen des Angeklagten handelt es sich lediglich um zwei Verfahren wegen Diebstahls bzw. Sachbeschädigung, bei denen gemäß § 45 Abs. 1 bzw. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen bzw. das Verfahren nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurde. In einem dritten Verfahren wurde der Angeklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gesprochen, weil er sich im Rahmen einer Identitätsfeststellung gegen einen Polizeibeamten geehrt und ein T-Shirt mit der Aufschrift „Fuck the Police“ gezeigt hatte. Die ihm deswegen auferlegten Arbeitsstunden hat der Angeklagte abgeleistet. Aus diesen Sachverhalten ergeben sich keine tragfähigen Anhaltspunkte für das Vorliegen schädlicher Neigungen; sie belegen vielmehr lediglich vergleichsweise geringfügige, jugendtypische Verfehlungen.

2. Gemäß § 18 Abs. 2 JGG bemisst sich die Höhe der Jugendstrafe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen des-halb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 – 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186, 187 mwN).

Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils nicht. Das Landgericht hat zunächst auf das weitgehende Geständnis des Angeklagten, dessen Vorbelastungen sowie die objektiven Tatumstände abgestellt. Daneben hat es ausgeführt, die Strafe müsse in ange-messener Relation zu der nach Erwachsenenstrafrecht zugemessenen Strafe eines Mittäters stehen. Der Erziehungsgedanke findet sodann Erwähnung ledig-lich in der nicht näher substantiierten Wendung, die verhängte Strafe sei „erzieherisch geboten“ und eine geringer bemessene Strafe sei nicht geeignet, „dem Nacherziehungsbedarf des Angeklagten wirksam Rechnung zu tragen“. Eine derartige lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht grundsätzlich nicht aus (BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281). Eine Abwägung zwischen dem Tatunrecht und den Folgen der Verbüßung der verhängten Strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten fehlt ebenfalls.“

Liest sich insgesamt „unschön“ für die Jugendkammer.

 

„Die insgesamt wenig sorgfältigen Ausführungen…“ – Strafzumessungsfehler..

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Dem BGH gelingt es immer wieder, mit knappen Formulierungen zu zeigen, was er von dem ein oder anderen landgerichtlichen Urteil hält. So der BGH, Beschl. v. 17.07.2012 – 3 StR 219/12, in dem der BGH ein Urteil des LG Stade im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben hat, weil das LG die von ihm verhängte Jugendstrafe nicht ausreichend begründet hatte. Nach Auffassung des BGH war dem Erziehungsgedanken nicht ausreichend Rechnung getragen. Und dabei taucht dann die Formulierung: „Die insgesamt wenig sorgfältigen Ausführungen…“ auf. Die zeigt m.E., dass dem BGH die Strafzumessungserwägungen auch sonst nicht gereicht haben.

 1. Das Landgericht hat auf den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet und die Verhängung einer Jugendstrafe auf das Vorliegen schädlicher Neigungen sowie die Schwere der Schuld gestützt. Dies ist – für sich betrachtet – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Höhe der Strafe begründet hat, begegnen jedoch durchgreifenden Bedenken.

Gemäß § 18 Abs. 2 JGG bemisst sich die Höhe der Jugendstrafe – auch wenn deren Verhängung vollständig oder teilweise auf die Schwere der Schuld gestützt wird – vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 – 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186, 187 mwN). Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils nicht.

Das Landgericht hat zunächst zugunsten des Angeklagten seine Einlassung zum Tatvorwurf, die Verfahrensdauer, die erlittene Untersuchungshaft, die kurze Dauer der Bemächtigungslage und die Verwendung lediglich einer Gaswaffe berücksichtigt. Strafschärfend hat es die „jugendrechtlichen Vorbelastungen“ des Angeklagten gewertet. Bei der „konkreten Strafzumessung“ hat die Jugendkammer sodann „im Rahmen des absprachegemäß vereinbarten Strafrahmens einer Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und  zwei Jahren … die Verhängung einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten für ausreichend zur erzieherischen Einwirkung auf den Angeklagten“ erachtet. Eine derartige lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht grundsätzlich nicht aus (BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281). Die insgesamt wenig sorgfältigen Ausführungen zur „konkreten Strafzumessung“ enthalten ansonsten lediglich Erwägungen, die auch im Erwachsenenstrafrecht für die Bemessung der Rechtsfolgen maßgeblich sind; sie lassen deshalb auch in ihrem Zusammenhang ebenso wenig wie die sonstigen Urteilsgründe erkennen, dass die Jugendkammer den Erziehungsgedanken in der erforderlichen Weise beachtet hat.