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StPO II: Ist die erschienene Person der Angeklagte?, oder: War der „Exekutor des B.“ der Angeklagte?

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In der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.04.2022 – 1 Rv 34 Ss 173/22 – geht es auch um eine Berufungsverwerfung, der ein Sachverhalt zugrunde liegt, den ich so auch noch nicht erlebt habe:

Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteil war der Angeklagte bei Aufruf in der Berufungshauptverhandlung nicht erschienen. Bei Fortsetzung der – nach Aufruf der Sache um 9.00 Uhr für ca. 20 Minuten unterbrochenen – Hauptverhandlung erschien dann um 9.23 Uhr eine dem Gericht unbekannte männliche Person im Sitzungssaal, welche im Zuschauerraum Platz nahm. Auf Frage der Vorsitzenden, ob sie der Angeklagte sei, erklärte diese, dass sie der „Exekutor des B.“ sei und zeigt auf den leeren Platz neben dem Verteidiger. Mit Hilfe des Gerichtswachtmeisters, demgegenüber die Person lediglich eine Abstammungsurkunde vorweisen konnte, in welcher der Name B. genannt war, kann die Identität der Person dann auch nicht festgestellt werden. Auch der anwesende Verteidiger konnte die Identität des Angeklagten nicht sicher bestätigen. Mehrere Fragen der Vorsitzenden ließ die Person unbeantwortet, zeigte auf den leeren Platz neben dem Verteidiger oder antwortete mit Gegenfragen. Als Angeklagter gab sich die Person nicht zu erkennen. Die Berufung des Angeklagten ist dann verworfen worden.

Dagegen die Revision, die keinen Erfolg hatte:

„2. Soweit die Revision beanstandet, die Kammer habe es pflichtwidrig unterlassen, die Identität der Person, bei welcher es sich um den Angeklagten gehandelt habe, näher aufzuklären, etwa durch Gegenüberstellung mit KHK Krull, dem der Angeklagte bekannt und der zu dessen Identifizierung in der Lage sei, genügt die Rüge nicht den an eine Verfahrensrüge zu stellenden Anforderungen gem. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2008, 87). Diese verhält sich insbesondere nicht dazu, ob KHK Krull in der Hauptverhandlung anwesend war und dass so innerhalb angemessener Zeit Klarheit über die Identität der anwesenden Person hätte gewonnen werden können. Zu aufwändigen und zeitraubenden, den Zweck des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO zuwiderlaufenden Ermittlungen zur Identität der anwesenden Person war die Kammer nicht verpflichtet.

3. Hat es sich bei der anwesenden Person um den Angeklagten gehandelt, ist seine Berufung gem. § 329 Abs. 1 S. 1 StPO zu Recht verworfen worden. Der Angeklagte hat – entgegen § 111 Abs. 1 OWiG – Angaben zu seiner Identität verweigert und hat sich gegenüber dem Gericht nicht als solcher zu erkennen gegeben. Demzufolge war er i.S.d. § 329 Abs. 1 S. 1 StPO als “bei Beginn der Hauptverhandlung nicht erschienen” zu behandeln. Für ein Erscheinen genügt nicht schon die körperliche Anwesenheit des Angeklagten (vgl. BGH NJW 1970, 2253), sondern erfordert nach dem Zweck des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO, eine Sachentscheidung über seine Berufung nicht dadurch zu verzögern, dass er sich der Verhandlung entzieht (BGHSt 17, 188; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. § 329 Rn. 2), auch, sich als Angeklagter zu erkennen zu geben, auf Frage des Gerichts gem. § 111 Abs. 1 OWiG Angaben zu seiner Identität zu machen und sich so als Angeklagter und Berufungsführer auszuweisen (LG Berlin NStZ-RR 1997, 338; Löwe-Rosenberg/Gössel, StPO, 27. Aufl. 2019 § 329 Rn. 7). Hierdurch wird sein Recht, sich zur Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (§ 243 Abs. 5 StPO), nicht berührt. Andernfalls ist er nicht zum Zwecke der Durchführung der Berufungshauptverhandlung erschienen und hat die Folge, dass seine Berufung ohne Sachverhandlung verworfen wird, hinzunehmen.“

Was micht erstaunt ist der Umstand, dass auch der Verteidiger nicht bestätigen konnte, dass es sich bei der erschienenen Person um den Angeklagten gehandelt hat.Eigenartig 🙂 .

Spätfolgen des G20-Gipfel in HH, oder: Belehrung vor Identitätsfeststellung

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Und von ganz oben – dem BVerfG – nach ganz unten 🙂 , nämlich zu einer AG-Entscheidung. Das AG Hamburg hat im AG Hamburg, Beschl. v. 28.05.2019 -1171 Gs 436/18 jug. – zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Identiätsfeststellung Stellung genommen.

In der Sache geht es um die Rechtmäßigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung und die damit verbundene Freiheitsentziehung des Betroffenen. Hintergrund ist ein Verfahren wegen Landfriedensbruchs im Zusammenhang mit Ausschreitungen während des G20-Gipfels Anfang Juli 2017. Der POK pp. hatte am 25.10.2017 gegen 08.00 Uhr vor dem AG Hamburg-Altona innerhalb einen 14-köpfigen Gruppe, in der sich auch der Betroffene befand, jemanden erkannt, der dem bereits verurteilten pp. ähnelte. Es werden dann Maßnahmen der Identitäötsfeststellung durchgeführt. Dagegen der Antrag nach 3 98 Abs. 2 StPO analog.

Das AG sagt: Anfangsverdacht ja, aber:

„2. Die Maßnahme wurde jedoch unter Verstoß gegen § 163b Abs.1 2.Hs StPO i.V.m. § 163a Abs.4 S.1 StPO durchgeführt. Danach ist der Betroffene bei Beginn der ersten Maßnahme darüber zu belehren, welcher Straftat er anfangsverdächtig sein soll.

Aus dem polizeilichen Einsatzbericht vom 25.10.2017 ergibt sich lediglich folgender Hinweis (BI. 5 in Soko-SB/5K/0686869/2017): „Nach Zusprache durch den Beamten pp. konnten in dem Lokal pp. insgesamt 14 Personen unter Darlegung des Grundes angehalten und überprüft werden.“ Weitere Hinweise auf eine Belehrung ergeben sich auch nicht aus den Einzelprotokollen zu den jeweiligen Identitätsfeststellungen. In der Anhaltemeldung bezüglich des Betroffenen (BI. 8 In Soko-SB/5K/0686869/2017) sind lediglich Anhalteort und Sachdaten nebst kurzer Personenbeschreibung aufgeführt. Die Stellungnahme vom 11.12.2018 enthält insofern auch keinen vom Beschwerdevorbringen abweichenden Sachvortrag. Die Formulierung „unter Darlegung des Grundes“ lässt allenfalls erkennen, dass die Zielrichtung der Maßnahme, nämlich das Fertigen von Fotos mitgeteilt wurde, nicht aber, dass es zu einer weitergehenden Belehrung über die zur Last gelegten Straftaten gekommen ist.

In rechtlicher Hinsicht führt eine zu Beginn unterlassene vorschriftsmäßige Belehrung dazu, dass die Maßnahme insgesamt nicht rechtmäßig ist (vgl. dazu OLG Hamm, Beschluss vom 10.05.2012, III-3 RVs 33/12, 3 RVs 33/12, Leitsatz 2, Rn. 9 – zitiert nach juris). Diese Belehrungspflicht soll nach obergerichtlicher Rechtsprechung sogar eine wesentliche Förmlichkeit darstellen, deren Nichtbeachtung die Diensthandlung sogar unter dem restriktiveren Rechtmäßigkeitsbegriffs des § 113 Abs. 3 Satz 1 StGB unrechtmäßig erscheinen lässt (a.a.O.).

Ausnahmen sollen dann bestehen, wenn der Grund der Personalienfeststellung für den Betroffenen offensichtlich ist oder die Belehrung den Vollstreckungszweck gefährden würde (a.a.O., Rn. 10-11). Davon wird man im vorliegenden Falle jedoch nicht ausgehen können. Allein aus dem Umstand, dass sich in der Gruppe um den Betroffenen auch der strafrechtlich in Erscheinung getretene pp. befand, musste es für den Betroffenen nicht „offensichtlich“ sein, dass auch gegen ihn ein Anfangsverdacht einer Straftat bejaht wurde. Gleichfalls lässt sich nicht erkennen, warum die Mitteilung eines konkreten Anfangsverdachts die weiteren Ermittlungsmaßnahmen gefährdet haben sollte. Denn diese dienten ersichtlich zur Gewinnung von Bildmaterial, das mit dem bereits gesicherten Videobildmaterial abgeglichen werden sollte. Letzteres war aber bereits vorhanden und der Einflussmöglichkeit des Betroffenen entzogen, sodass dieser eine Bestätigung des Anfangsverdachts nicht weiter hätte verhindern können. Im Übrigen ist aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 163a Abs.4 S.1 StPO von etwaigen Ausnahmen nur höchst zurückhaltend auszugehen.

3. Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass § 163b Abs.1 S.2 StPO keine Rechtsgrundlage dafür ist, den Betroffenen – nur weil er sich in einer Personengruppe aufgehalten hat – so lange festzuhalten, bis die Maßnahme gegenüber allen Gruppenmitgliedern abgeschlossen ist. Gegen das Vorbringen des Betroffenen, dass die Maßnahme gegen ihn persönlich bereits um ca. 10.20 Uhr abgeschlossen gewesen sei, hat die Antragsgegnerin inhaltlich keine Einwendungen erhoben. Da Akten regelmäßig chronologisch geordnet sind und sich die Anhaltemeldung des Betroffenen bereits auf BI. 8 (Soko-SB/5K/0686869/2017) befindet und er somit an Position 2 von 14 bearbeitet wurde, findet das Vorbringen des Betroffenen auch einen Anknüpfungspunkt in der Aktenlage. § 163c Abs.1 S.1 StPO enthält dazu die ausdrückliche Regelung, dass die betroffene Person in keinem Fall länger festgehalten werden darf, als zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.2006, 2 BvR 1255/04, Rn. 21-23 – zitiert nach juris). Zur Identitätsfeststellung des Betroffenen war es aber nicht unerlässlich, ihn in einem separaten Raum festzuhalten, bis auch die übrigen Gruppenmitglieder bearbeitet waren. Wenn sich für die Polizei aus präventiv-polizeilichen Gesichtspunkten Gründe dafür ergeben, den Betroffenen von einer bestimmten Örtlichkeit fernzuhalten, so muss ggf. auf polizeirechtlicher Grundlage nach Gefahrenabwehrrecht eine gesonderte Entscheidung getroffen werden.“

Videofotografie vom Fußballfan für das „Polizeialbum“ – so einfach geht das nicht…..

FootballMaßnahmen gegen Fußballfans sind in der Rechtsprechung angekommen. Nach dem OLG Bamberg, Beschl. v. 24. 11. 2015 – 3 Ss OWi 1176/15 betreffend das Vermummungsverbot (vgl. dazu Für Fußballfans: Vermummungsverbot auch im überdachten Tribünenbereich eines Fußballstadions?) bin ich vor einigen Tagen dann noch auf das VG Köln, Urt. v. 05.11.2015 – 20 K 3466/13 – gestoßen. Das betrifft die erkennungsdienstliche Behandlung eines Fußballfans, die vom VG Köln als teilweise rechtswidrig angesehen worden ist. Es ging um Vorfälle in Zusammenhang mit dem Bundesligaspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Eintracht Frankfurt am Abend des 30.11.2012 in Düsseldorf. Bereits im Vorfeld des Spiels war es im Rahmen der Fananreise zu Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen sog. Problemfans aus Frankfurt u.a. in Zügen der DB gekommen. Die Landespolizei Düsseldorf setzte nach Spielende Shuttle-Busse ein, die die Frankfurter Fans zum Düsseldorfer Hauptbahnhof brachten und führte die Fans zum Eingang des Bahnhofsgebäudes. Im Hauptbahnhof wurden die Fans durch die Bundespolizei aufgefordert, einzeln ihren Ausweis so hochzuhalten, dass das Gesicht eines jeden einzelnen Fans zusammen mit seinem Ausweis videofotografiert werden konnte. Diese Maßnahme wurde auch beim späteren Kläger durchgeführt. Die Bundespolizei begründete die Anordnung mit zu erwartenden Ausschreitungen im Bereich der Bahnanlagen durch abreisende Frankfurter Fans. Der betroffene Fan hatte gegen diese Maßnahme der Bundespolizei Klage erhoben und wollte festgestellt wissen, dass es sich um eine rechtswidrige Identitätsfeststellung und um eine rechtswidrige erkennungsdienstliche Behandlung gehandelt habe. Denn er selbst habe sich noch nie an Ausschreitungen beteiligt und den Bahnhof an diesem Abend auch gar nicht aufsuchen wollen.

Das Ergebnis: Soweit der Fan die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung beantragt hatte, hat das VG die Klage abgewiesen, weil keine Identitätsfeststellung erfolgt sei. Denn im Zeitpunkt ihrer Durchführung habe die Maßnahme nicht der Identifizierung der jeweiligen Person gedient, was aber eine Identitätsfeststellung charakterisiere. Vielmehr sei es von der Zielsetzung her um eine erkennungsdienstliche Maßnahme gegangen. Deren Voraussetzungen hätten jedoch nicht vorgelegen, weil der Kläger einer Straftat nicht verdächtig gewesen sei. Insoweit hatte die Klage daher Erfolg:

„Die von den Beamten der Beklagten im Hauptbahnhof Düsseldorf durchgeführte Maßnahme, von der der Kläger betroffen war, stellt der Sache nach ausschließlich eine erkennungsdienstliche Behandlung gegen eine Einzelperson dar.

Als Rechtsgrundlage kommt daher allein § 24 Abs. 1 BPolG in Betracht. Die Maßnahme ist jedoch im vorliegenden Fall von § 24 BPolG nicht gedeckt.

Nach § 24 Abs. 1 BPolG kann die Bundespolizei zu präventivpolizeilichen Zwecken erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn 1.) eine nach § 23 Abs. 1 oder 2 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist oder 2.) dies zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine solche Straftat begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat die Gefahr einer Wiederholung besteht.

Erkennungsdienstliche Maßnahmen zielen auf die Erfassung äußerer körperlicher Merkmale einer Person.

Die Beamten der Beklagten haben – was zwischen den Beteiligten von Anfang an unstreitig war und ist – das Gesicht des Klägers zusammen mit seinem Ausweis videofotografiert. Sie haben dadurch eine erkennungsdienstliche Maßnahme im Sinne von § 24 Abs. 3 Nr. 2 BPolG (Aufnahme von Lichtbildern einschließlich Bildaufzeichnungen) beim Kläger vorgenommen.

Die Voraussetzungen für eine erkennungsdienstliche Behandlung lagen im vorliegenden Fall jedoch weder nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 2 BPolG vor.

Erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BPolG müssen einer Identitätsfeststellungen nach § 23 Abs. 1 oder 2 BPolG dienen, solche nach Abs. 2 verschaffen der Polizei Unterlagen, um den Betroffenen bei späteren Anlässen wiederzuerkennen. Sie dienen folglich dazu, der Polizei vorsorglich – und zwar unabhängig vom bestehenden strafprozessualen Status einer Person – ein Hilfsmittel zur Verhütung von Straftaten zu Verfügung zu stellen.

Die erkennungsdienstliche Maßnahme der Beklagten diente im vorliegenden Fall nicht einer Identitätsfeststellung.

Unter einer Identitätsfeststellung wird die Erhebung und Überprüfung derjenigen Personalien einer Person verstanden, aus denen sich die Identität des Betroffenen ergibt. Die Identität einer Person ist vollständig und umfassend festgestellt, wenn Familienname, Vorname, Geburtsort, Geburtsdatum, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Familienstand und ggf. Beruf aufgrund der durchgeführten Maßnahmen so feststehen, dass nennenswerte Zweifel ausgeschlossen erscheinen. Vgl. dazu Drewes, Malmberg, Walter, Kommentar zum BPolG, 5. Auflage 2015, § 23 Rn. 9

Eine solche unmittelbare und sofortige Feststellung der Identität des Betroffenen wurde nach Angaben der für den Einsatz verantwortlichen Polizeiführerin, der Zeugin POR L2., entsprechend ihrer Anordnung jedoch insgesamt nicht vorgenommen und auch nicht bezweckt. Die Zeugin POR L2. gab dazu auf Befragen unmissverständlich an, dass der konkrete Name des Ausweisinhabers im Zeitpunkt der Maßnahme keine Rolle gespielt habe und auch nicht festgestellt worden sei. Das betrifft auch das Herausfiltern von Problemfans; auch insoweit waren die Namen der Personen nicht relevant. Ziel der Maßnahme war danach hier vielmehr eine vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten für den Fall der Begehung von Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die aufgrund der von der Beklagten dargestellten Gesamtsituation – der Gegebenheiten bei der Anreise der Fans, insbesondere der sogenannten Problemfans, deren Verhalten in Düsseldorf sowie am und im Stadion – aus den Reihen der Frankfurter Fans erwartet wurden.“

Stundenlanges Festhalten für einfache Fotos geht so einfach nicht…

Gerade läuft die PM 26/11 des BVerfG über den Ticker, die die Beschlüsse des BverfG vom 08.03.2011 in 1 BvR 47/05 und 1 BvR 142/05 betrifft. Zwei erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen eine polizeilichen Ingewahrsamnahme eines Beschuldigten zwecks Feststellung seiner Identität und Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen. Die Beschuldigten waren stundenlang festgehalten worden, dann hatte man „einfache Fotos“ gemacht.

Das BVerfG sagt dazu: Das Festhalten der Beschwerdeführer auf der Grundlage von § 81b Alt. 2 StPO sei unverhältnismäßig gewesen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass trotz eindeutig festgestellter Identität der Beschwerdeführer die Erinnerung der einzelnen Polizisten als Zeugen vor Gericht aufgrund der Vielzahl an Personen ohne weitere Fotos nicht hinreichend gewährleistet gewesen wäre und es als Erinnerungsstütze noch ein Bedürfnis nach weiteren Beweismitteln gab, rechtfertige dies nicht ein stundenlanges Festhalten und Einsperren. Zwar könne die Masse der zu bearbeitenden Fälle eine organisatorisch nicht vermeidbare und mäßige Wartezeit sowie ein Verbringen an andere Polizeidienststellen zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen jedenfalls bei hinreichend gewichtigen Straftaten rechtfertigen. Hier seien die Beschwerdeführer jedoch erst nach mehreren Stunden im Polizeipräsidium lediglich insoweit erkennungsdienstlich erfasst worden, dass von ihnen wenige einfache Fotoaufnahmen angefertigt wurden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitserwägungen hätte es daher zur Annahme der Erforderlichkeit der mehrstündigen Ingewahrsamnahme einer genaueren Auseinandersetzung mit anderen weniger einschneidenden, aber gleich erfolgversprechenden Maßnahmen bedurft, wie etwa der Fertigung entsprechender Aufnahmen vor Ort, als die Personen einzeln zur Identitätsfeststellung herausgeführt wurden.

Also: Stundenlanges Festhalten für einfache Fotos geht so nicht…

Verstoß gegen das Asylverfahrensgesetz und DNA-Untersuchung

„“Verstoß gegen das Asylverfahrensgesetz und DNA-Untersuchung“, was hat das denn miteinander zu tun? Nun, an sich nicht viel, aber es kann eine Verbindung geben, und zwar dann, wenn es die Anordnung der Entnahme einer Speichelprobe und die Anordnung der molekulargenetischen Untersuchung der durch eine körperliche Untersuchung erlangten Körperzellen zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren (§ 81g StPO) geht. Dann kann sich die Frage stellen, ob Verstöße gegen das AsylverfahrensG ausreichen, um die Entnahme der Speichelprobe anzuordnen. Das LG Amberg sagt in seinem Beschl. v. 15. 11. 2010 – 11 Qs 87/10: Nein. Solche Taten reichen nicht.

Der Beschluss ist im Übrigen auch wegen der Ausführungen des Landgerichts zur Frage, inwieweit eine ganze Reihe von kleineren Diebstahlstaten ausreichen, lesenswert.