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Hausumbau zum Betrieb einer Cannabis-Inhouse-Plantage

Ein kurioser, zumindest aber ein nicht alltäglicher Sachverhalt hat dem BGH, Beschl. v. 03.08.2011 – 2 StR 228/11 – zugrunde gelegen. Das LG hatte den Angeklagten wegen versuchten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und war von folgenden Feststellungen ausgegangen:

Nach den Feststellungen erklärte sich der Angeklagte gegenüber zwei unbekannt gebliebenen Männern bereit, zwei Zimmer seines Hauses zum Betrieb einer Cannabis-Plantage zu vermieten. Für die Überlassung der Räume wurde ein fester monatlicher Betrag von 1.000 € sowie je nach Ernteerträgen ein zusätzlicher Betrag vereinbart. Mitte Mai 2010 brachte der Angeklagte das Plantagenzubehör, das ihm von seinen Komplizen geliefert worden war, zu seinem Haus. Dort begannen die beiden unbekannt gebliebenen Männer am nächsten Tag mit der Ausgestaltung der Räume für den Aufbau der Plantage. Hierzu wurden u.a. Durchbrüche zum Dachboden für Lüftungsrohre geschaffen und Reflektorlampen montiert. Auch wurden bereits 300 Pflanztöpfe und 340 Säcke mit Erde in die Räume gebracht. Die Aufbauarbeiten sollten noch in derselben Woche abgeschlossen werden, so dass spätestens in der folgenden Woche die ersten Cannabissetzlinge hätten angepflanzt werden können. Zu einer Fertigstellung der Plantage kam es aufgrund einer Durchsuchung am 20. Mai 2010 nicht mehr.

Dagegen hatte sich der Angeklagte mit seiner Revision gewandt, die beim BGH Erfolg hatte.Der BGH hat den Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte (nur) der Verabredung eines Verbrechens des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist (§§ 30 Abs. 2 StGB, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtmG) und das Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Zur Begründung führt der BGH aus:

Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Hier-von sind solche Handlungen abzugrenzen, die lediglich typische Vorbereitungen darstellen, weil sie weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes lie-gen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 265 f.). Dabei ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die Aufzucht von Cannabispflanzen den Tatbestand des Handeltreibens erfüllen, wenn der Anbau auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (vgl. Senat, Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 491/10, NJW 2011, 1461 mwN). Der Straftatbestand des unerlaubten Anbauens von Betäubungsmitteln entfaltet jedoch insoweit eine Begrenzungsfunktion für den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens, als er als Anfangsstadium den Versuch erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Aussaat oder zum An-pflanzen beginnen lässt. Hierzu kommt es regelmäßig erst mit dem Heran-schaffen des Saatguts oder der Setzlinge an die vorbereitete Fläche oder zu den vorbereiteten Pflanzgefäßen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 491/10 aaO; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 60; Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 7; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 82; MünchKomm StGB/ Rahlf, 1. Aufl., § 29 BtmG Rn. 80).

Die Herbeischaffung und die begonnene Installation der für die Plantage erforderlichen Gerätschaften stellten hier für den Anbau von Cannabis lediglich typische Vorbereitungshandlungen dar, denen nach dem Tatplan zur Errichtung der Plantage ohnehin weitere vorbereitende Tätigkeiten erst noch folgen soll-ten. Die bisherigen Aufbauarbeiten lagen danach weit im Vorfeld des beabsich-tigten Güterumsatzes. Der Angeklagte ist daher nur der Verabredung eines Verbrechens des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig (§§ 30 Abs. 2 StGB, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtmG).“

 

Nebenerwerbsstelle: Cannabisplantage im Haus

Wer einen Nebenerwerb sucht, kann ganz beruhigt sein: Die bloße Anmietung eines Hauses, in dem eine Cannabisplantage eingerichtet werden soll, stellt noch keine Beihilfe zum Handeltreiben dar.

Die Anmietung eines Hauses, in dem zu einem späteren Zeitpunkt eine Cannabisplantage eingerichtet werden soll, stellt keine Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln dar – so BGH, Beschl. v 15.02.2011 – 3 StR 491/10 sondern lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung. Auch die weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Handeltreibens bedinge noch nicht, dass das Anmieten des Hauses für die Haupttäter allein deswegen bereits vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge darstellt, weil geplant war, in dem Haus Cannabis anzubauen, das gewinnbringend weiterveräußert werden sollte.

Die Krux mit dem Doppelverwertungsverbot – immer wieder Strafzumessung

Der BGH hat in seinem Beschl. v. 09.11.2010 – 4 StR 532/10 mal wieder eine tatrichterliche Strafzumessung beanstandet, in der es – schon ein wenig überraschend für ein LG 🙂 – hieß, dass zu Lasten des Angeklagten gewertet wurde, „dass ihm der Ausstieg aus den illegalen Ge-schäften jederzeit möglich war, denn er war weder in finanzieller Not noch selbst drogenabhängig. Ein daraus abzuleitendes Motiv ist nicht ersichtlich. Er wollte mit den Geschäften Gewinne erzielen bzw. eigene Aufwendungen ersparen“ .

Überraschend deshalb, weil das LG an sich selbst auf die Bedenken gegen diese Erwägungen hätte kommen können. Der BGH führt dazu aus:

Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit der Gewinnerzielungsabsicht hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, dessen Berücksichtigung gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt, denn das Handeltreiben im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG setzt stets voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht (vgl. BGH – Großer Senat -, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05 -, BGHSt 50, 252, 256; BGH, Beschlüsse vom 23. November 1988 – 3 StR 503/88, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 15 m.w.N., und vom 24. September 2009 – 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25). Auch die strafschärfende Erwägung, dass der Angeklagte von der Möglichkeit, von der Begehung der Taten Abstand zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht hat, stellt einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 2 StR 332/03 m.w.N.). Schließlich begegnet es auch rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht das Fehlen möglicher Strafmilderungsgründe (Suchtmittelabhängigkeit, finanzielle Notlage) zu Lasten des An-geklagten berücksichtigt hat (vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 46 Rn. 57d m.w.N.).

Auch das gibt es: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch eine JVA-Bedienstete unter Einsatz ihrer weiblichen Reize

Ein interessanter Sachverhalt lag der hier nachlesbaren Entscheidung des OLG München v. 28.6.2010 – 5 St RR (I) 34/10 zugrunde.: Versuchter BtM-Handel in einer JVA und/unter Einsatz weiblicher Reize der JVA-Angestellten.

Die Entscheidung führt dann zu etwa folgenden Leitsätzen:

  1. Wer den Vertrieb von Betäubungsmitteln in einer Justizvollzugsanstalt in der Weise plant, dass er als dort Beschäftigter einem Strafgefangenen von ihm eingeschmuggelte Betäubungsmittel in beliebiger Menge sowie ein Mobiltelefon zur Verfügung stellen und an dem von dem Gefangenen erzielten Verkaufsgewinn hälftig partizipieren will, hat – wenn dies alles nur noch von der Zustimmung des Gefangenen abhängt – nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unmittelbar angesetzt, da er Handlungen vorgenommen hat, die nach seiner Vorstellung im Falle des ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestandserfüllung hätten einmünden können.
  2. Ein Strafgefangener in einer Justizvollzugsanstalt steht zu einer dort beschäftigten Sozialarbeiterin mit „Schlüsselgewalt“, die u.a. auch Deutschkurse und andere Werkprojekte leitet, in einem Unterordnungsverhältnis und ist ihr i.S. von § 174a Abs. 1 StGB „anvertraut“.
  3. Ergibt eine Gesamtschau, dass intime Kontakte bis zum Geschlechtsverkehr nicht auf einer Liebesbeziehung beruhen, sondern Teil der geplanten Vertriebskonzeption von Betäubungsmitteln sind, stellen sie einen sexuellen Missbrauch von Gefangenen dar.
  4. War der Gefangene mit den sexuellen Handlungen einverstanden, bedarf die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen für die Fälle des sexuellen Missbrauchs einer besonderen Begründung.

Ne bis in idem?, oder: Bei Betäubungsmitteln muss man vorsichtig sein…

Wenn ein wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtskräftig Verurteilter später einen nicht entdeckten Rest aus einem Vorrat noch gewinnbringend veräußert, liegt kein Strafklageverbrauch vor. Er kann dann also (noch einmal) wegen Handeltreibens verurteilt werden (OLG Hamm, Beschl. v. 22.06.2010 2 RVs 31/10). Also: Von Anfang an die Ecken sauber machen 🙂