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Urteilsgründe: Handel mit Betäubungsmitteln, oder: Allein Besitz von Feinwaage u.a. reicht nicht

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Und dann als letzte Entscheidung noch etwas aus dem BtM-Bereich, und zwar das AG München, Urt. v. 10.4.2024 – 1015 Ds 373 Js 146518/23 jug. Vorgeworfen worden ist der m Angeklagten ein Verstoß gegem das BtMG/KCanG. Das AG hat ihn frei gesprochen:

„Der Angeklagte wurde von der Staatsanwaltschaft mit unveränderter zugelassener Anklageschrift vom 30.11.23 folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1.Am 15.03.2023 gegen 18:51 Uhr bewahrte der Angeklagte in der pp-, München, 2,87 Gramm Marihuana und 2,22 Gramm Tabak-Marihuana-Gemisch zusammen mit einer Feinwaage und diversen Druckverschlusstüten wissentlich und willentlich auf. Dabei plante der Angeklagte, durch einen späteren Verkauf Gewinn zu erzielen.

Das Betäubungsmittel hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 5 % THC.

Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.

Bei Tatbegehung besaß der Angeklagte die gemäß § 3 JGG erforderliche Reife, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.“

Dem Angeklagten wurde deshalb vorgeworfen, sich eines vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß §§ 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, Fassung vor dem 01.04.24 bzw. §§ 1 Nr. 8, 2 I Nr. 1, 34 I Nr. 1, 2 u. 12 KCanG, ab dem 01.04.24 strafbar gemacht zu haben.

Dem gegenüber hat das Gericht folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte hatte in seinem Zimmer die unter Nr. 1 angegebenen Mengen an Marihuana und Tabak-Marihuana-Gemisch sowie die Druckverschlusstüten und die Feinwaage. Der Angeklagte hat angegeben, die Druckverschlusstüten hätten sich dort befunden, weil er wisse, dass beim Transport von Marihuana der Geruch verräterisch sei. Deshalb würde er, wenn er Marihuana in der Hosen- oder Jackentasche mitnehme, dieses in Druckverschlusstüten verpacken.

Diese seien nicht einzeln zu erwerben deswegen habe sich eine solche Menge dort befunden. Weiter hat er angegeben, dass er die Feinwaage in seinem Besitz gehabt habe, weil er zum Teil geringere Mengen habe abwiegen wollen. Diese beiden Angaben sind nicht zu widerlegen. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte eine Feinwaage und diverse Druck-verschlusstüten bei sich zuhause aufbewahrt, reicht nicht aus, um davon auszugehen, dass er auch mit Marihuana Handel getrieben habe.

Der Angeklagte konnte daher nicht mit der zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit des vorsätzlichen unerlaubten Handelns mit Cannabis in Form von Marihuana nach dem Konsumcannabisgesetz überführt werden. Er war daher freizusprechen. Der Freispruch erfolgte aus tatsächlichen Gründen.“

BtM III: Unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln, oder: Positiver Schnelltest reicht nicht für Nachweis

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Und zum Tagesausklang dann noch der schon etwas ältere OLG Naumburg, Beschl. v. 26.10.2023 – 1 ORs 144/23.

Das AG verurteilt den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe. Dagegen die Revision, die Erfolg hat:

„Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß §§ 1, 3, 29 Abs. 1 Nr. 3, 33 BtMG nicht.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts führte der Angeklagte am 30. September 2021 eine Klemmtüte mit 1,6 g netto Heroin mit sich, als er gegen 14.15 Uhr im Hauptbahnhof Halle von den Zeugen PHM pp. und PMin pp. einer Personenkontrolle unterzogen wurde.

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zu dem Tatvorwurf eingelassen.

Das Amtsgericht hat seine Feststellung, der Angeklagte habe zur Tatzeit Heroin besessen, auf die glaubhaften Aussagen des Zeugen W., die Inaugenscheinnahme des Bildberichts, BI. 9/10 d.A., sowie auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Vermerk zum Schnelltest von BtM-verdächtigen Substanzen vom 13. Oktober 2021, BI. 13/14 d. A., gestützt.

Diese Feststellungen sind indes nicht ausreichend, um mit einer für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Angeklagte zur Tatzeit tatsächlich Heroin besessen hat.

Die allein aufgrund des positiven Ergebnisses eines Schnelltests gestützte Annahme, bei dem sichergestellten Stoff handele es sich um Betäubungsmittel, ist rechtsfehlerhaft, wenn nicht in den Urteilsgründen dargelegt wird, dass es sich bei beim angewendeten Schnelltest um ein wissenschaftlich abgesichertes und zuverlässiges Standardtestverfahren handelt (OLG Hamm, Beschluss vom 4. März 1999, 5 Ss 136/99; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2013, 32 Ss 94/14; OLG Gelle, Beschluss vom 25. Juni 2014, 32 Ss 94/14; zitiert nach juris). Im angefochtenen Urteil fehlen aber bereits Angaben zu der Qualität des ausweislich des Vermerks vom 13. Oktober 2021 zur Feststellung des Heroins verwendeten Schnelltests M.M.C. Heroin. Auch fehlen Feststellungen zu der Methode, die zur Feststellung des Heroins angewendet worden ist. Ob es sich bei dem verwendeten Test um ein wissenschaftlich abgesichertes und auch in der Praxis als zuverlässig anerkannten Standartverfahren zum sicheren Nachweis von Heroin handelt, hat das Amtsgericht im angefochtenen Urteil nicht dargelegt. Anhand der Urteilsgründe ist dem Senat demnach die gebotene Prüfung nicht möglich.

Insofern kann – unabhängig davon, dass es auch an Angaben zum Wirkstoffgehalt mangelt -, nicht zuverlässig festgestellt werden, ob das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es sich bei der bei dem Angeklagten sichergestellten Substanz um Heroin gehandelt hat.

Aufgrund dieser unzureichenden Feststellungen und unzureichenden Beweiswürdigung war das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben.“

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen (§§ 353, 354 Abs. 2 StPO).“

StPO I: Sind das Verdachtsgründe für Handel mit BtM?, oder: Zettel mit Namen und Geldbeträgen

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Heute, am letzten Donnerstag im Jahr 2022 dann noch einmal ein paar StPO-Entscheidungen.

Zunächst ein „kleiner“ LG-Beschluss zur Frage hinreichender Verdachtsgründe für die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Das LG Rostock äußert sich dazu in einer Beschwerdeentscheidung, und zwar im LG Rostock, Beschl. v. 28.10.2022 – 11 Qs 137/22 (2):

„Die Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung vom 7.2.2022 ist wegen des mit der Durchsuchung verbundenen Grundrechtseingriffs und der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG auch nach der am 2.3.2022 erfolgten Durchsuchung mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der prozessualen Maßnahme zulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 65. Auflage, Vor § 296 Rdnr. 18 a mwN).

Gegen den Durchsuchungsbeschluss ist nichts zu erinnern. Es bestanden bei Erlass der Durchsuchungsanordnung auch hinreichende Verdachtsgründe: Der bei der Wohnungsdurchsuchung des gesondert verfolgten pp. aufgefundene Zettel, auf dem handschriftlich Geldbeträgen Namen zugewiesen worden sind, bezüglich „    sogar ein Betrag von 2.100 €“, legt unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Umstandes, dass in der Wohnung des pp. auch Betäubungsmittel sichergestellt worden sind, die Annahme nahe, dass es sich hierbei um Dealeraufzeichnungen handelte. Es erscheint auch nicht fernliegend, dass ,,pp“ auf dem Notizzettel mit dem Handykontakt „pp“ identisch ist, so dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, der Beschwerdeführer, der als Anschlussinhaber des Kontaktes „pp.“ ermittelt werden konnte, treibe mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel.“

Handel mit Amphetamin und MDMA aus den Niederlanden, oder: Wer hat bestellt?

entnommen wikimedia.org Quelle Scan by Raimond Spekking

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Und nach BGH und KG dann ans andere Ende der Instanzenleiter, nämlich zum AG und dort zum AG Köln mit dem AG Köln, Beschl. v. 19.12.2016 – 543 Ds 437/16, der sich kurz und knapp zum hinreichenden Tatverdacht betreffend Handel mit BtM verhält. Die Anklage hatte dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe sich in den Niederlanden Amphetamin und MDMA an seine Wohnanschrift bestellt. Nach dem Ermittlungsergebnis beruhte der Tatverdacht (nur) auf der Tatsache, dass durch den Zoll eine entsprechende Sendung am 07.07.2016 sichergestellt wurde. Auf dieser Sendung befand sich als Empfänger Name und Anschrift des Angeschuldigten. Dem AG reicht das nicht und es lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens ab (§§ 203 ff. StPO):

„Der Angeschuldigte bestreitet, eine entsprechende Bestellung aufgegeben zu haben. Da weitere konkrete Anhaltspunkte für die Bestellung durch den Angeklagten selbst nicht gegeben sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Person – möglicherweise auch mit Wissen des Angeklagten – Bestellungen unter Verwendung der Anschrift des Angeklagten aufgegeben hat, um die Sendung dort in Empfang zu nehmen.

M.E. richtig. Da hatte man ja auch nun wirklich gar nichts außer eine Sendung, die an den Angeklagten gerichtet war. Das AG hat dann lieber zutreffend vor der Hauptverhandlung die Rettungsleine gezogen.

Eigennutz, oder: Das sollte man wissen

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Nur mal so zur Erinnerung bringe ich dann jetzt den BGH, Beschl. v. 17.08.2016 – 2 StR 163/16. Er behandelt eine Frage, die m.E. die in der Tatsacheninstanz entscheidende Strafkammer des LG Schwerin schon hätte wissen müssen. Die Problematik gehört zu den Basics, wenn es um Betäbungsmittelstrafrecht geht. Nämlich der Umstand, dass zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln der Eigennutz gehört. Das war dem LG dann aber wohl nicht bekannt – wirklich? – und hat zur Aufhebung beim BGH geführt:

Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Annahme von Mittäterschaft auf die Erwägung gestützt, die Rolle des Angeklagten beim Drogenhandel gehe über ein bloßes Hilfeleisten und Unterstützen des Haupttäters J. deutlich hinaus; aufgrund der von ihm selbst ausgeführten Handlungen und deren Bedeutung für das Gelingen der Geschäfte sei er als Täter anzusehen. Dabei hat das Landgericht keine Feststellungen treffen können, welche Einnahmen der Angeklagte erzielt hat. Dies steht jedoch nach Ansicht der Strafkammer der Annahme einer Täterschaft nicht entgegen, wenn – wie hier – die tatsächlich eingenommene Rolle so bedeutend sei, dass Tatherrschaft zu bejahen sei.

Diese Erwägungen tragen eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht. Eine solche Verurteilung setzt in jedem Fall die Feststellung voraus, dass der Handelnde selbst eigennützige Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unter-stützen will (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2013, 282; NStZ-RR 2014, 213, 275). Das Fehlen von Eigennützigkeit kann nicht durch den Hinweis auf Tatherrschaft er-setzt werden. Aus diesem Grund waren Feststellungen zu einem eigennützigen Handeln des Angeklagten nicht entbehrlich. Da auch weder dem Hinweis der Strafkammer, Feststellungen dazu, welche Einnahmen der Angeklagte erzielt habe, hätten nicht getroffen werden können, noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen ist, ob der Angeklagte in Ge-winnerzielungsabsicht (auch) ein eigenes Betäubungsmittelgeschäft durchführen wollte und welche Vorteile er sich davon versprochen hat, bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.“

Im zweiten Durchlauf wird es nach der Belehrung dann sicherlich klappen.