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Und als dritte OWi-Entscheidung des heutigen Tages(vgl. schon den OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2016 – 4 Ss 212/16 und dazu Aufweichung beim Handyverbot, wirklich?, oder: Neue „Verteidigungsansätze“? und den OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.04.2016 – 2 Ss (OWi) 57/16 und dazu Eine „Zähne und Klauen-Entscheidung aus Oldenburg, oder: Die PTB, die PTB, die PTB hat immer Recht) eine weitere Entscheidung des OLG Frankfurt. Ja, das sind die, die die Geschichte mit dem „antizipierten Sachverständigengutachten“ angefangen haben.
Und das OLG macht im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 27.01.2016 – 2 Ss-OWi 893/15 – erneut ohne Not das Faß an einer Stelle auf, die bisher in der OLG-Rechtsprechung unbestritten war, meine ich jedenfalls und ich habe – glaube ich – einen ganz guten Überblick.
In dem Beschluss geht es um die Folgen eines Verstoßes gegen Richtlinien zur Verkehrsüberwachung auf ein drohendes Fahrverbot. Auf den ersten Blick scheint in der Entscheidung des OLG nichts Neues zur Auswirkung einer Unterschreitung des in den Verwaltungsrichtlinien vorgeschriebenen Messabstands auf die Anordnung des Fahrverbots zu stecken (vgl. dazu näher Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn. 1661 ff.). Die Leitsätze des OLG.
1. Die Richtlinien zur Verkehrsüberwachung sind sog. Verwaltungsinnenrecht und entfalten keine unmittelbare Außenwirkung.
2. Für Verkehrsteilnehmer ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (Verkehrsschild) wirksam und zu beachten.
3. Erfolgt die Messung unter einem nicht begründeten Verstoß gegen die Richtlinien zur Verkehrsüberwachung – hier in einem zu geringen Abstand zum Verkehrsschild – ist das für den festgestellten Geschwindigkeitsverstoß und damit für das festzusetzende Bußgeld grundsätzlich unbeachtlich.
4. Nur dann, wenn bei Einhaltung der Richtlinie die Indizwirkung des Fahrverbots entfallen würde, kann das Tatgericht bei entsprechender Begründung, aus Gründen der Gleichheit von der Verhängung eines Fahrverbotes absehen (sog. Wegfall des Handlungsunwerts).
So weit so gut, oder nicht? Nun, wohl nicht, denn das OLG führt (auch) aus:
„Ist die Unterschreitung des Abstandes nach den Richtlinien nicht gerechtfertigt, muss das Amtsgericht darlegen, mit welcher Geschwindigkeit der Betroffene bei einer richtlinienkonform durchgeführten Messung – also in entsprechender Entfernung von dem die Geschwindigkeitsregelung ändernden Schild – gemessen worden wäre und ob eine ggfls. festzustellende Geschwindigkeitsüberschreitung den Tatbestand eines Regelfalles erfüllt hätte, der die Erforderlichkeit eines Fahrverbots indiziert.“
Das ist m.E. neu. Denn bisher hat noch kein OLG auf die hier geforderte hypothetische Überlegung zurückgegriffen, mit welcher Geschwindigkeit an derjenigen Stelle gefahren wurde, die dem vorgegebenen Messabstand entsprochen hätte. Danach müsste es – so das OLG – beim Fahrverbot bleiben, wenn die Geschwindigkeit an der hypothetischen Messstelle ihrerseits den Grenzwert für die Anordnung des Fahrverbots überschreitet.
Was soll das denn nun? Und ist das richtig bzw. kann man so vorgehen? M.E. nein, denn:
1. Der Verurteilung zugrunde gelegt werden kann als Tatsache auch bei dieser Überlegung nur der Messwert der vorgabenwidrig durchgeführten Messung vor. Für die „Feststellung“ der im Bereich davor gefahrenen Geschwindigkeit gibt es hingegen keine Beweismittel. Dies bleibt selbst bei nicht nur geringfügiger Überschreitung des Fahrverbotsgrenzwerts reine Spekulation.
2. Zweitens kann es angesichts der erheblichen Eingriffswirkung eines Fahrverbots rechtlich nur auf die tatsächlich durchgeführte Messung und deren Bewertung ankommen, nicht auf eine an einer anderen Stelle möglicherweise gefahrenen Geschwindigkeit.
Fazit: M.E. falsch, da in diesen Fällen eine Verurteilung wegen einer höheren als der gemessenen Geschwindigkeit aufgrund einer „hypothetischen Überlegung“ erfolgt.