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Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht, oder: Unverhältnismäßige Weisungen

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Heute dann – seit längerem mal wieder – drei vollzugs- bzw. vollstreckungsrechtliche Entscheidungen.

Den Reigen eröffne ich mit dem OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.01.2019 – 1 OLG 2 Ss 76/18, den mir der Kollege S. Allgeier, Mannheim, übersandt hat. Er hat zumindest mittelbar mit der Tagesthematik zu tun, denn es geht um einen Verstoß gegen § 145a StGB, also einen Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht u.a.

Das AG hatte insoweit verurteilt, allerdings Bewährung gewährt, dagegen hat die StA Berufung eingelegt, die sie auf das Strafmaß beschränkt hat. Das LG hat die Berufung entfallen lassen. Dagegen dann die erfolgreiche Revision des Angeklagten.

Das OLG hat die Berufungsbeschränkung als nicht wirksam angesehen:

„Im Hinblick auf die als wirksam erachtete Beschränkung hat das Landgericht die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Verstöße gegen Weisungen der Führungsaufsicht hat das Amtsgericht Folgendes festgestellt:

„Der Angeklagte steht aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Freiburg vom 14.01.2016, Az. 12 StVK 282/15, unter Führungsaufsicht. Hierbei wurde ihm unter anderem zur Auflage gemacht, keine alkoholischen Getränke zu sich zu nehmen. Entgegen dieser Auflage trank der Angeklagte am 08.09.2016 mehrere Gläser Bier, was zu einer Atemalkoholkonzentration von 0,87 Promille führte.

Zudem wurde der Angeklagte im Führungsaufsichtsbeschluss sowie im Ergänzungsbeschluss vom 27.07.2016 angewiesen, mindestens zweimal im Monat psychotherapeutische bzw. psychologische Gespräche bei der Psychotherapeutischen Ambulanz in Ludwigshafen wahrzunehmen. Entgegen dieser Auflage nahm er weder im August noch im Oktober 2016 diese Gespräche wahr.“

Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und das Rechtsmittel mit der Sachrüge begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken hat beantragt, die Revision als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.

1. Die zulässige Revision ist begründet.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben, da die von der Staatsanwaltschaft erklärte Berufungsbeschränkung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung unwirksam ist und das Landgericht nicht über alle von der Anfechtung erfassten Entscheidungsteile des amtsgerichtlichen Urteils befunden hat.

Grundsätzlich kann ein Rechtsmittel wirksam auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt werden (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18. Januar 2013, Az. 3 Ss 383/12, juris Rn. 2; OLG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2005, Az. 1 Ss 5/05; juris Rn. 12; BayObLG, Urteil vom 12. Dezember 2002, Az. 5 St RR 299/2002, juris Rn. 5). Die materielle Wirksamkeit der Beschränkung setzt voraus, dass die erstinstanzlichen Feststellungen derart vollständig und widerspruchsfrei sind, dass sie eine ausreichende Grundlage für die Legalprognose nach § 56 Abs. 1 StGB und gegebenenfalls die Bewertung besonderer Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB bilden. Einer wirksamen Beschränkung steht insbesondere entgegen, wenn auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (OLG Hamburg, a.a.O., juris Rn. 24; OLG Frankfurt, a.a.O., juris Rn. 2; BayObLG, a.a.O., juris Rn. 5; zur Beschränkung des Rechtsmittels auf die Kompensationsentscheidung BGH, Urteil vom 6. August 2014, Az. 2 StR 60/14, juris Rn. 7; zur Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch vgl. Senat, Beschluss vom 9. April 2014, Az. 1 OLG 1 Ss 26/15; BGH, Urteil vom 22. Februar 1996, Az. 1 StR 721/95, juris Rn. 9; OLG Dresden, Beschluss vom 10. September 2014, Az. 2 OLG 23 Ss 557/14; juris Rn. 5)

So verhält es sich hier. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Verurteilung wegen Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht sind lückenhaft und deshalb nicht geeignet, Grundlage für den Rechtsfolgenausspruch zu sein. Bei § 145a StGB handelt es sich um eine Blankettvorschrift, deren Tatbestand erst durch die genaue Bestimmung der Führungsaufsichtsweisung seinen Inhalt erhält. Die Vorschrift enthält das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass die Weisung, gegen die der Angeklagte verstoßen hat, rechtsfehlerfrei ist. Rechtsfehlerhafte, insbesondere unverhältnismäßige oder gem. § 68 b Abs. 3 StGB für den Verurteilten unzumutbare Weisungen können die Strafbarkeit nach § 145a StGB nicht begründen (BGH, Beschluss vom 19. August 2015, Az. 5 StR 275/15, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 19. Juni 2018, Az. 4 StR 25/18, juris Rn. 7; OLG Dresden, a.a.O., juris Rn. 14). Darüber hinaus muss sich aus dem Führungsaufsichtsbeschluss unmissverständlich ergeben, dass die Weisung strafbewehrt ist (BGH, a.a.O., juris Rn. 6; OLG Dresden, a.a.O., juris, Rn. 14). Diesen Anforderungen werden die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils nicht gerecht. Das Landgericht hat zwar ergänzend Feststellungen zur Gefährdung des Maßregelzweckes getroffen. Aus den Feststellungen des Amts- und Landgerichts ergibt sich aber weder, dass dem Angeklagten die Beschlüsse, in denen die Weisungen erteilt und abgeändert wurden, bekannt gegeben wurden, noch, dass in dem Beschluss, mit dem die Weisungen erteilt wurden, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Abstinenzweisung und die Weisung, regelmäßig Gespräche bei der Psychotherapeutischen Ambulanz in Ludwigshafen wahrzunehmen, strafbewehrt sind. Darüber hinaus ist nicht festgestellt, ob die Weisungen zumutbar waren.

Wegen der aufgezeigten Lücken kann der Schuldspruch keine Grundlage für die Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch bieten, soweit der Angeklagte wegen Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht in 3 Fällen verurteilt wurde. Wegen der Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung insoweit unterliegt das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen insgesamt der Aufhebung.

2. Für die erneut durchzuführende Hauptverhandlung wird die Berufungskammer Folgendes zu beachten haben:

Die Berufungsbeschränkung ist nur im Hinblick auf die Verurteilung wegen Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht gern. § 145a StGB unwirksam. Soweit der Angeklagte wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in fünf Fällen und Be-drohung verurteilt und im Übrigen freigesprochen wurde, ist die Berufung wirksam beschränkt worden, sodass insoweit sowohl der Schuldspruch als auch der Ausspruch über die Einzelstrafen rechtskräftig ist.

Führungsaufsicht II, oder: Wenn das Tätigkeitsverbot zu einem Berufsverbot wird

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Und dann noch einmal zu Weisungen für die Dauer der Führungsaufsicht, und zwar der KG, Beschl. v. 06.12.2016 – 2 Ws 248/16. Es geht um ein sog. Tätigkeitsverbot gegen einen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern Verurteilten. Dem ist u.a. die Weisung erteilt worden:

„a) keinerlei berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben, bei denen er mit Kindern und Jugendlichen Kontakt hat, wie Dozent im Bildungseinrichtungen oder Schulen, Erzieher, Jugendtrainer, Jugendbetreuer pp. sowie ohne jegliche Altersbeschränkung keinerlei berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Flüchtlingen auszuüben (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB); (…)

Das KG sieht das als rechtmäßig an:

aa) Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Weisung wendet, keinerlei berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Flüchtlingen auszuüben, gilt das Folgende:

(1) Die Weisung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 68b Abs. 1 Nr. 4 StGB. Zu der Überprüfung, ob eine Weisung im Einzelfall gesetzeswidrig ist, gehört neben der Prüfung, ob die angefochtene Entscheidung in der angewendeten Vorschrift eine ausreichende Rechtsgrundlage hat, auch in jedem Fall die Prüfung, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juni 2008 – 2 Ws 239/08 – [juris] = StraFo 2008, 408). Das folgt bereits aus § 68b Abs. 3 StGB, wonach „keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung der verurteilten Person gestellt werden“ dürfen.

Dabei ist zunächst der Zweck der Maßregel zugrunde zu legen. Die Führungsaufsicht (nach § 68f StGB) hat die Aufgabe, auch nach Haftentlassung noch gefährliche oder mindestens gefährdete Täter in ihrer Lebensführung in Freiheit über einen kritischen Zeitraum hinweg zu unterstützen und zu überwachen, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten (vgl. BVerfGE 55, 28, 29 = NStZ 1981, 21). Um die notwendige Hilfe und Kontrolle zu gewährleisten, sind regelmäßig Weisungen sinnvoll und erforderlich, die auf die von dem Verurteilten ausgehende Gefährlichkeit möglichst genau abzustimmen sind. Bei der Auswahl und Anordnung solcher Weisungen hat die Strafvollstreckungskammer einen Ermessensspielraum (vgl. zu diesen Grundsätzen insgesamt: ThürOLG, Beschluss vom 2. März 2006 – 1 Ws 66/06 – [juris]). Bei dieser Ermessensentscheidung sind unter anderem die Taten des Verurteilten, seine Entwicklung im Vollzug, seine Persönlichkeit und sein Umfeld zu berücksichtigen.

Die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Untersagung einer Tätigkeit im Zusammenhang mit Flüchtlingen auszuüben, stellt für den Verurteilten ein sein durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Grundrecht auf freie Berufswahl einschränkendes (und dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG unterliegendes) Verbot dar. Das Grundrecht gewährleistet, jede erlaubte Tätigkeit zu ergreifen; das gilt unabhängig davon, ob sie einem traditionell oder rechtlich fixierten Berufsbild entspricht (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 4. März 2008 – 2 Ws 205/07 – [juris]).

Eine weitgehende Beschränkung ist indessen grundsätzlich zulässig und hier auch im Einzelfall rechtmäßig. Der Senat hat sich der letztlich überzeugend begründeten Auffassung der Oberlandesgerichte Hamburg und Hamm angeschlossen (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 4. März 2008 – 2 Ws 205/07 – [juris]; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 90 mit weit. Nachweisen auch zur Gegenauffassung; vgl. Senat, Beschluss vom 2. September 2015 – 2 Ws 198/15 – [juris]). Danach ist es im Rahmen der Führungsaufsicht auf der Grundlage von § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB grundsätzlich möglich, auch Tätigkeitsverbote auszusprechen, die in ihrer Wirkung einem Berufsverbot gleichkommen. Dem Wortlaut des § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB ist eine Beschränkung der Weisungsbefugnis auf Tätigkeitsverbote, die die Wirkung eines Berufsverbotes nicht erreichen, nicht zu entnehmen. Auch der Regelungszusammenhang und der Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine derartige einschränkende Auslegung nicht. Die Vorschrift konkurriert –  jedenfalls in den hier interessierenden Fällen der nachträglichen Weisung – in Wahrheit auch nicht mit den §§ 70 ff. StGB, weil sie vor allem auf den (erfolglosen) Vollzugsverlauf bezogen ist, während die §§ 70 ff. StGB an die Tat(en) und die Persönlichkeit des Täters vor der Einwirkung des Strafvollzuges anknüpfen. Damit liegt der tatrichterlichen Gefahrenabwehrprognose (in Bezug auf § 70 StGB) und der vollstreckungsgerichtlichen (in Bezug auf § 68b StGB) praktisch nie eine völlig identische Tatsachenbasis zu Grunde (vgl. auch Peglau in: jurisPR-StrafR 11/2008 Anm. 1) und die Gefahr einer Urteilskorrektur im Vollstreckungsverfahren – wie sie von der Gegenansicht befürchtet wird (vgl. Groß, jurisPR-StrafR 1/2016 Anm. 5; Schneider in: Leipziger Kommentar, StGB 12. Aufl., § 68b Rdn. 25, 26) – besteht somit regelmäßig nicht. So ist es auch hier. Im Erkenntnisverfahren hatte das verurteilende Gericht (ausweislich der Urteilsgründe) ein – wie auch immer geartetes – Berufsverbot nicht geprüft.

(2) Es bleibt im Einzelfall zu erwägen, ob eine derartige Weisung verhältnismäßig ist, wobei diese Prüfung auch zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichtes nach §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO gehört (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14. November 2013 – III-3 Ws 279/13 – [juris]). Die Strafvollstreckungskammer hat in ihrer Entscheidung die Weisung damit begründet, dass der Verurteilte ausweislich der Gründe der Urteile des Landgerichte Landshut und Berlin eine sexuelle Präferenzstörung in Bezug auf pubertierende und postpubertierende männliche Jugendliche aufweise. Zudem bestehe eine Affinität zu Kindern und Jugendlichen aus anderen Kulturkreisen….

Das Urteil des Landgerichts Landshut enthält dazu u.a. folgende Feststellungen: Der Verurteilte X habe auf einer seiner Reisen nach Haiti im März 2010 … einen … Straßenjungen kennengelernt und das Kind auf seine Kosten privat zunächst in Haiti und später in der Dominikanischen Republik untergebracht. Bereits unmittelbar nach dem Kennenlernen als auch bei zwei weiteren Aufenthalten des Verurteilten in Haiti und in der Dominikanischen Republik im Jahre 2010 sei es in vier Fällen zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf das noch nicht 14 Jahre alte Kind gekommen.

Das Urteil des Landgerichts Berlin enthält folgende Feststellungen: Während einer Reise in die Dominikanische Republik habe der Verurteilte an zwei Tagen zwischen dem 27. Januar 2011 und dem 11. Februar 2011 in einem Hotelzimmer … an zwei ihm bereits seit längerem bekannten Kindern den Oralverkehr durchgeführt. Dabei sei ihm aufgrund des knabenhaften Äußeren der beiden Geschädigten bewusst gewesen, dass sie sich noch im Kindesalter befanden.

Das Landgericht Landshut stellte weiter fest, dass der Verurteilte zusammen mit einem weiteren Täter einen Jungen (mit dessen Einverständnis) am 12. Februar 2011 nach München gebracht habe. Wie vorab mit dem Verurteilten X und dem Jungen vereinbart, sei der Mittäter bei der Grenzkontrolle als Vater des Jungen aufgetreten und habe für seinen angeblichen Sohn einen echten, aber auf falsche Personalien lautenden, brasilianischen Reisepass vorgelegt, um den Jungen nach Deutschland einzuschleusen. Dadurch habe der Mittäter, der selbst aufgrund der Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland gewesen sei, in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Verurteilten X auch den Aufenthalt des Jungen in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen wollen, obwohl beide Mittäter wussten, dass das Kind weder im Besitz eines gültigen Reisepasses noch eines Aufenthaltstitels war. … Bereits bei der Einreise am Flughafen München seien der Beschwerdeführer und der zwischenzeitlich ebenfalls abgeurteilte Mittäter festgenommen worden.

Das Verbot jedweder Tätigkeit im Rahmen der Flüchtlingshilfe hat die Strafvollstreckungskammer damit begründet, dass eine Trennung zwischen erwachsenen Flüchtlingen und den mit ihnen familiär oder auch nur (z.B. durch die Unterbringung) sozial verbundenen Kindern, nicht möglich sei. Die Weisung solle das Abgleiten des Verurteilten in „pädosexuelle Aktivitäten“ frühzeitig verhindern helfen.

Der Beschluss weist aus, dass die Strafvollstreckungskammer, das ihr eingeräumte Ermessen nicht nur erkannt, sondern auch ausgeübt hat. Eine Korrektur dieser Entscheidung käme nur in Betracht, wenn sie die Grenzen ihres Ermessens verkannt oder im engeren Sinne unverhältnismäßig entschieden hätte.

Es kann im Hinblick auf die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung seiner Vorstrafen, die seit 1996 wiederholt Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern betrafen, jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass der Verurteilte versucht sein könnte, wenn er im Rahmen einer sozialen Tätigkeit für Familien tätig würde, vergleichbare Straftaten zu begehen. Die Weisung hält sich damit nicht nur im Rahmen des Gesetzes, sondern ist auch im Einzelfall nicht unverhältnismäßig, denn die Verhinderung von Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern ist ein Schutzziel, das den Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG rechtfertigt.“

Führungsaufsicht I: Voraussetzungen für eine sog. Abstinenzweisung

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Im Recht der Führungsaufsicht spielt die Frage der Zulässigkeit einer Abstinenzweisung und die an sie zu stellenden Anforderungen eine große Rolle. Zu den Fragen verhält sich noch einmal der OLG Hamm, Beschl v. 23.03.2017 – 5 Ws 119/17:

Grundsätzlich ist eine Abstinenzweisung nach § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB zulässig, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, der Alkohol- bzw. Rauschmittelkonsum könne zur Gefahr weiterer Straftaten beitragen. Maßgeblich ist nicht das Rückfallrisiko an sich, sondern die Wahrscheinlichkeit eines „Beitrags“ zu strafbaren Handlungen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 68 b Rdnr. 12 a). Mit einer entsprechenden Abstinenzweisung dürfen jedoch nach § 68 b Abs. 3 StGB keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten gestellt werden.

Nach Ansicht des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2013 in III-5 Ws 358 und 359/12, a. a. O.) kommt die in § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB vorgesehene Weisungsmöglichkeit vor allem für im Vollzug erfolgreich behandelte rauschmittelabhängige Probanden in Betracht. Allein der Umstand, dass es sich bei einem Probanden um einen langjährigen, nicht erfolgreich behandelten Suchtkranken handelt, macht eine Abstinenzweisung jedoch nicht von vornherein unzulässig. Entscheidend sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere kommt es für die Zulässigkeit einer solchen Weisung darauf an, ob die begründete Aussicht besteht, der mit der Weisung verfolgte Zweck – die Wahrscheinlichkeit eines Beitrags zu strafbaren Handlungen zu verringern – könne erreicht werden. Ist das nicht der Fall, weil das Gericht auf der Grundlage einer fachkundigen Einschätzung, z. B. durch einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen oder durch die Fachabteilung der Justizvollzugsanstalt, einen dann strafbewehrten Weisungsverstoß nach § 145 a StGB aufgrund fortbestehender (körperlicher) Suchtmittelabhängigkeit als überwiegend wahrscheinlich erachtet, sollte von der Abstinenzweisung abgesehen werden. Keine Bedenken bestehen aber gegen eine derartige Weisung, wenn lediglich mangelnde Willensstärke oder auch charakterliche Labilität einen Weisungsverstoß befürchten lassen (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 9. Juli 2010 in 2 Ws 571/10; Fischer, a. a. O., § 68 b Rdnr. 12, 12 a, 12 b; BVerfG NJW 2016, 2170).

Angesichts des Vortrags des Verurteilten in seiner Beschwerdebegründung sowie des Berichtes der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Schwerte vom 21. Dezember 2016 dürfte die Erteilung einer Abstinenzweisung i. S. d. § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB vorliegend problematisch sein. So ist zu beachten, dass beim Verurteilten eine langjährige Alkohol- und Betäubungsmittelproblematik besteht. An irgendwelchen suchttherapeutischen Maßnahmen hat der Verurteilte bisher offenbar noch nie teilgenommen. Während seiner Inhaftierung wurde er durchgehend substituiert. Auch nach seiner Haftentlassung soll weiterhin eine Substitution erfolgen. Der Verurteilte selbst gibt an, dass er sich aufgrund der bei ihm bestehenden Sucht für rückfallgefährdet hält.

Für den Fall der Erteilung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht ist zudem zu beachten, dass sich für den Verurteilten aus dem Führungsaufsichtsbeschluss selbst unmissverständlich ergeben muss, ob es sich bei der jeweiligen Weisung um eine solche nach § 68 b Abs. 1 StGB handelt, die nach § 145 a S. 1 StGB strafbewehrt ist, oder eine solche nach § 68 b Abs. 2 StGB, die nicht strafbewehrt ist. Für diese unmissverständliche Klarstellung der Strafbewehrung einer Weisung ist eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 68 b Abs. 1 StGB weder erforderlich, noch ist sie in der Regel ohne weitere Erläuterungen ausreichend. Im Beschluss zur Führungsaufsicht ist dem Verurteilten vielmehr klar und deutlich darzulegen, welcher Weisungs-verstoß eine Strafverfolgung nach § 145 a S. 1 StGB nach sich ziehen kann (vgl. BGH StraFo 2015, 471; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2016, 243; Fischer, a. a. O., § 145 a Rdnr. 7).“

 

Pflichti III: Strafvollstreckungsverfahren, oder: „Rechtlich einfach“, wenn das KG sieben Seiten schreibt?

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Bei der dritten Entscheidung zum Pflichtverteidiger handelt es sich ebenfalls um einen KG, Beschluss, nämlich den KG, Beschl. v. 06.12.2016 – 2 Ws 248/16, also auch schon etwas älter. Es geht um die Beiordnung eines Verteidigers im Vollstreckungsverfahren, wenn bei einer Führungsaufsicht allein über den Bestand und die Ausgestaltung von Weisungen zu entscheiden ist. Das KG hat dem Verurteilten kein „Nikolausgeschenk“ gemacht, sondern die Beiordnung abgelehnt:

Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens einen Pflichtverteidiger beizuordnen, hat keinen Erfolg.

„Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers liegen nicht vor. Im Vollstreckungsverfahren ist in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO dem Verurteilten nur dann ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder sonst ersichtlich ist, dass sich der Betroffene nicht selbst verteidigen kann (vgl. BVerfGE 70, 297 – 323 = NJW 1986, 767, 771) oder wenn die Entscheidung von besonders hohem Gewicht ist (vgl. BVerfGE 86, 288 – 369 = NJW 1992, 2947 – 2960 für die Aussetzung einer lebenslangen Strafe; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 1 Ws 115/93 – [juris] = StV 1994, 552 – zehn Jahre Freiheitsstrafe). Diese genannten Voraussetzungen liegen indes in Vollstreckungsverfahren nur ausnahmsweise vor. Denn diese sind anders als Erkenntnisverfahren nicht kontradiktorisch ausgestaltet. So muss sich der Verurteilte hier nicht gegen einen Tatvorwurf verteidigen. Vielmehr ist das Vollstreckungsgericht an die rechtskräftigen Feststellungen des Tatrichters in dem Urteil gebunden. Soweit zusätzliche Feststellungen überhaupt zu treffen sind, gilt das Freibeweisverfahren. Schließlich ergehen im Vollstreckungsverfahren gerichtliche Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung (vgl. zu alledem Senat, NJW 2015, 1897 und Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 Ws 386/14 – [juris]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Aufl., § 140 Rdn. 33 mit weit. Nachweisen). Im Vollstreckungsverfahren ist daher maßgebend, ob die vollstreckungsrechtliche Lage schwierig ist.

Das Beschwerdevorbringen wirft vorliegend weder in tatsächlicher, noch in rechtlicher Hinsicht Fragen auf, die über die Probleme hinausgehen, die das Gericht in der Regel bei seiner Entscheidung über Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht zu prüfen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verurteilte seine Interessen nicht auch ohne den Beistand eines Verteidigers ausreichend vertreten könnte.“

Na ja, ist immer so eine Sache mit den Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Immerhin schreibt das KG dazu dann gut sieben Seiten.

Entziehung der Fahrerlaubnis – durch die Hintertür?

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Ich hatte vorhin ja schon über die Führungsaufsicht und ihre Folgen berichtet (vgl. den KG, Beschl. v. 11.06.2015 – 2 Ws 124/15 und dazu Der Fernfahrer, der Berlin nicht verlassen darf – Berufsverbot?). In den Kontext passt dann auch der KG, Beschl. v. 22.06.2015 – 2 Ws 172/15, in dem es auch um Führungsaufsicht und die Weisung, Kfz. nicht zu führen, und die Folgen dieser Weisung geht. Ein Verurteilter hatte gegen eine solche Weisung geltend gemacht, dass sie einer (weiteren) Entziehung  der Fahrerlaubnis auf Umwegen gleich komme. Anders hat das das KG gesehen:

„Die Weisung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 68b Abs. 1 Nr. 6 StGB. Es kann im Hinblick auf die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der Vorstrafen des Verurteilten, die immer wieder auch Straßenverkehrsdelikte betrafen, kein Zweifel daran bestehen, dass der Verurteilte versucht sein könnte, Kraftfahrzeuge auch künftig zur Begehung von Straftaten zu verwenden. Die Weisung, dass der Beschwerdeführer keine Kraftfahrzeuge halten darf, hält sich nicht nur im Rahmen des Gesetzes, sie ist auch sachgerecht und verhältnismäßig, denn das Halten eines Kraftfahrzeuges erhöht die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer – verführt durch die sofortige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs – dazu hinreißen lässt, erneut alkoholisiert mit einem Auto zu fahren.

Allerdings ist umstritten, ob darüber hinaus ein allgemeines Verbot Kraftfahrzeuge zu führen im Wege der Führungsaufsicht angeordnet werden kann. Auch das Kammergericht hat diesbezüglich in der Vergangenheit besorgt, eine solche allgemeine Weisung komme der Entziehung der Fahrerlaubnis gleich und unterlaufe damit die Regelung des § 69 StGB (vgl. u.a. KG, Beschluss vom 8. Oktober 1998 – 5 Ws 572/98 – [juris]). Entgegen der von Teilen des Schrifttums und der früher vom Kammergericht vertretenen Ansicht hat u.a. das OLG Frankfurt/M. die Auffassung vertreten, dass es weder verfassungs- noch einfachrechtlich ausgeschlossen sei, auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB auch solche Verbote zu stützen, die einer Entziehung der Fahrerlaubnis gleichkommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. August 2010 – 3 Ws 423/10 – Rdn. 9 [juris]; Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl. § 68b Rdn. 11). Auf Wortlaut und -sinn der Vorschrift lasse sich eine eingrenzende Auslegung nicht stützen. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB erlaubt es gerade zu verbieten, Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen zu halten oder zu führen. Daraus ergebe sich, dass neben einem begrenzten Verbot im Sinne von „Arten von Kraftfahrzeugen“ auch ein umfassendes Verbot im Sinne von alle „Kraftfahrzeuge“ möglich sei. Mithin lasse sich im Wortlaut des Gesetzes gerade keine Stütze für eine nur eingeschränkte Zulässigkeit der Anordnung von Fahrverboten finden (vgl. OLG Frankfurt/M. a.a.O.).

Der Senat stimmt dieser Auffassung zu. Er teilt ferner die Ansicht, dass sich aus dem Gesetzeszweck kein Gebot zur einengenden Auslegung der Vorschrift ableiten lässt (vgl. OLG Frankfurt/M. a.a.O., mit ausführlicher und überzeugender Darstellung)…….

Auch im Einzelfall ist die Anordnung des umfassenden Verbots zum Führen und Halten von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass der Verurteilte, der sich seit dem 19. September 2011 durchgehend in Haft befindet, zurzeit schon deshalb keine Kraftfahrzeuge führen darf, weil er keine Fahrerlaubnis besitzt, ist das weiterführende Verbot, während der Führungsaufsicht Kraftfahrzeuge zu führen auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn man berücksichtigt, dass die erteilte Weisung grundsätzlich zu einer faktischen Ausweitung der Sperre für die Erlangung einer Fahrerlaubnis bis zum Ende der Führungsaufsicht führt. Denn: Anders als bei der Maßregel nach § 69a StGB liegt der Sinn der Anordnung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB nicht bloß darin, einen ungeeigneten Verkehrsteilnehmer vom Führen eines Kraftfahrzeugs abzuhalten, sondern darin, zusätzlich weitere erhebliche Straftaten des Verurteilten unter Verwendung von Kraftfahrzeugen zu erschweren (wie z.B. gewerbsmäßige Kraftfahrzeugdiebstähle und Tankbetrügereien).

Die fragliche Weisung ist auch im Einzelfall nicht unverhältnismäßig……“