Am 22.09.2009 hatte ich gepostet: „Bestimmt der Rechtspfleger über das Wann und Wie der anwaltlichen Tätigkeit?“ Dabei ging es um die Frage der Erstattung von Fotokopiekosten im Rahmen der Beratungshilfe. Jetzt hat das AG Halle zu der Frage Stellung genommen. Es führt in seinem Beschluss vom 08.02.2010 – 102 II 3103/09 aus:
“ Dass ein Rechtsanwalt, der einen Mandanten, berät, der angibt, Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung geworden sein, Ablichtungen aus der Ermittlungsakte benötigt, um die Angelegenheit sachgerecht zu bearbeiten, versteht sich von selbst. Es kann nicht Sache des Gerichts sein, dem Rechtsanwalt nachträglich seine Arbeitsweise zu bewerten und zu kritisieren, indem ihm die Fertigung von Ablichtungen untersagt oder unzumutbar erschwert wird. Hierdurch würde die Rechtswahrnehmungsgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten im außergerichtlichen Bereich (siehe hierzu die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008, Az. 1 ByR 2310/06, und vom 11. Mai 2009, Az. 1 BvR 1517/09, beide zitiert nach juris) entgegen Art 3 Abs. 1 GG nicht mehr gewährleistet. Außerdem ist es unter Umständen nicht möglich, den Mandanten kurzfristig zu einem Termin zu „laden“ (wobei ein hoheitliches Verhältnis, in welchem eine Ladung ergehen kann, zwischen Rechtsanwalt und Mandant ohnehin nicht besteht) oder einen solchen Termin kurzfristig durchzuführen. Weiter braucht der Rechtsanwalt die (jedenfalls auszugsweise kopierte) Akte möglicherweise für weitere Besprechungstermin, für die Fertigung von Schriftsätzen im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung sowie um seine Pflicht, gemäß § 50 Abs. 1 BRAO durch Handakten ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben zu können, erfüllen zu können.
Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsanwalt gemäß § 1 BRAO ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, kann es nicht Sache des Gerichts sein, dem Rechtsanwalt eine „geringfügige Änderung der anwaltlichen Praxis“ vorzuschreiben.
Es erscheint daher zweifelhaft, ob das Gericht an der von dem Rechtspfleger im Schreiben vom 27. August 2009 und der vom Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme vom 26. Januar 2010 zitierten Rechtsprechung uneingeschränkt festhalten wird.“
Stimmt. Dem ist m.E. nichts hizuzufügen: Der Rechtspfleger bestimmt eben doch nicht über das Wann und Wie der anwaltlichen Tätigkeit.