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Manchmal können OLGs auch „prozessökonomisch“ denken….

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Ja, manchmal können (sogar) OLGs prozessökonomisch denken. Und man ist erstaunt. So wird es sicherlich dem ein oder anderen Leser mit dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.04.2016 – (2 B) 53 Ss-OWi 62/16 (71/16) – gehen. Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Das AG verurteilt zu einer Geldbuße und verhängt ein Fahrverbot von einem Monat. Festgesetzt wird aber nicht die Regelgeldbuße von 160 €, sondern wegen zwei Voreintragungen eine erhöhte Geldbuße von 220 €. Und das passt mit den Feststellungen so nicht, führt aber aus „verfahrensökonomischen Gründen“ nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung:

„Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig, führt aber lediglich zu einer Herabsetzung der verhängten Geldbuße. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2016 das Folgende ausgeführt:

„Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht angebracht worden. Sie hat mit der allein erhobenen allgemeinen Sachrüge lediglich im Rechtsfolgenausspruch teilweise Erfolg.

Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

Der Rechtsfolgenausspruch hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Tatrichter hat wegen zweier Voreintragungen des Betroffenen die Regelgeldbuße auf 220,00 Euro erhöht (UA S. 3). Will das Tatgericht rechtskräftige Vorahndungen zulasten des Betroffenen verwerten, müssen diese hinsichtlich Eintritt der Rechtskraft, Tatzeit, Umfang des Verstoßes und Ahndung festgestellt und im Urteil dargelegt werden, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Voreintragungen noch nicht tilgungsreif waren oder die Wertung des Amtsgerichts rechtsfehlerfrei war (Senatsbeschluss vom 8. März 2011 – 2 B Ss-OWi 16/11; KG Berlin, Beschluss vom 20. November 2010 – 2 Ss 319/10). Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht, da weder das Datum der Entscheidung, des Eintritts der Rechtskraft noch die festgesetzte Rechtsfolge mitgeteilt werden.

Aus verfahrensökonomischen Gründen erscheint es angemessen, die festgesetzte Geldbuße auf 160,00 Euro herabzusetzen. Dies entspricht der Regelgeldbuße nach der BKatV (Nr. 11.3.7 BKat), von der abzuweichen kein Anlass besteht.

Schließlich ist die Anordnung des Fahrverbots nicht zu beanstanden.“

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei. Er setzt die verhängte Geldbuße entsprechend herab.“

Wenn die BAK nur dünne 0,6 o/oo beträgt, muss das Urteil dicker sein….

© benjaminnolte - Fotolia.com

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Wer bei mir im FA-Kurs war, der weiß (oder sollte wissen). Desto geringer die BAK, desto gewichtiger müssen die Anzeichen sein, die bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 316 StGB für die Annahme der Fahruntüchtigkeit angeführt werden und desto mehr muss dazu auch im Urteil ausgeführt werden. Daran hat sich offenbar der Kollege, der mir den von ihm erstrittenen OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.04.2016 – 1 Ss 53/16 – übersandt hat, erinnert und war deshalb gegen eine Entscheidung des AG Lingen in die (Sprung)Revision gegangen. Das OLG macht es sich einfach und rückt die Stellungnahme der GStA ein, die ausgeführt hatte:

„Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach § 316 StGB macht sich strafbar, wer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr sicher zu führen. Dies ist – unabhän­gig von der Fahrweise – stets der Fall, wenn auf den Fahrer zum Zeitpunkt der Fahrt ein Blutalkoholgehalt von 1,1%o oder mehr einwirkt. Liegt die alkoholi­sche Beeinflussung unter diesem Wert, müssen weitere Tatsachen hinzutre­ten, aus denen sich ergibt, dass die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugführers infolge Enthemmung sowie geistig-seelischer und körperlicher Leistungsaus­fälle so erheblich herabgesetzt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr über eine längere Strecke, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, sicher zu führen (vgl. BGHSt 13, 83; BGHSt 31, 42 ff. = NJW 1982, 2612; KG NZV 1995, 454; KG VRS 89, 446). Von Bedeutung sind dabei zunächst in der Person des Angeklagten lie­gende Gegebenheiten wie Krankheit oder Ermüdung, sodann äußere Bedin­gungen der Fahrt wie Straßen- und Witterungsverhältnisse und schließlich das konkrete äußere Verhalten des Angeklagten, das durch die Aufnahme alkoho­lischer Getränke oder anderer berauschender Mittel mindestens mitverursacht sein muss (sogenannte Ausfallerscheinungen). Als Ausfallerscheinungen kommen insbesondere in Betracht: eine auffällige, sei es regelwidrige, sei es besonders sorglose oder leichtsinnige Fahrweise, ein unbesonnenes Beneh­men bei Polizeikontrollen, aber auch sonstiges Verhalten, das alkoholbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit erkennen lässt (BGH a.a.O.). Insbesondere ungewöhnliche Fahrfehler lassen den Schluss auf Fahruntüchtigkeit zu (KG NZV 1995, 454; vgl. Cramer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 316 Rn. 12 m. w. N.). Beachtlich ist ein Fahrfehler allerdings nur, wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, dass er dem Angeklagten ohne alkoholische Beein­trächtigung nicht unterlaufen wäre. Es kommt dabei nicht darauf an, wie sich irgendein nüchterner Kraftfahrer oder der durchschnittliche Kraftfahrer ohne Alkoholeinfluss verhalten hätte, sondern es ist festzustellen, dass der Ange­klagte sich ohne Alkohol anders verhalten hätte (BayObLG NZV 1988, 110; KG v. 26.11.1999 – Ss 525/99 – m.w.N.; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 316 StGB Rn. 26 m. w. N.). Das Verhalten eines durchschnittlichen nüchternen Kraftfahrers ist nur mittelbar von Bedeutung: Je seltener ein bestimmter Fahrfehler bei nüchternen Fahrern vorkommt und je häufiger er erfahrungsgemäß von alkoholisierten Fahrern begangen wird, des­to eher wird der Schluss gerechtfertigt sein, der Fehler wäre auch dem Ange­klagten in nüchternem Zustand nicht unterlaufen (KG NZV 1995, 454). Andererseits haben Fehlleistungen, die erfahrungsgemäß auch nüchternen Fahrern bisweilen unterlaufen, geringeren Indizwert (vgl. für überhöhte Geschwindigkeit: BGH DAR 1968, 123; BGH NZV 1995, 80; BayObLG VRS 60, 384).

Die Entscheidung darüber, ob bestimmte Beweisanzeichen den Schluss auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zulassen, ist Sache des Tatrichters und unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur im Hinblick auf Rechtsfehler (KG NZV 1995, 454). Rechtsfehlerhaft ist es, wenn die vorstehend dargestellten Grundsätze verkannt worden sind oder die tatrichterlichen Erwägungen zur Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstoßen.

Das Amtsgericht hat vorliegend festgestellt, dass der Angeklagte am 31.05.2015 gegen 2.14 Uhr mit seinem Pkw Golf zunächst die B 213 in Wietmarschen/Lohne in Richtung Lingen befahren habe, die er in Höhe der Ausfahrt Lingen/Schepsdorf verlassen habe. Sodann sei er weiter auf der Nordhorner Straße in Richtung Lingen gefahren, obgleich er bei einer Blutalkohol­konzentration von 0,6 %o, wie er hätte erkennen können, alkoholbedingt fahr­untüchtig gewesen sei. Der Angeklagte, der zufällig der anwesenden Polizeistreife V./P. wegen seiner rasanten Fahrweise aufgefallen sei, sei von der Polizeistreife bis nach Lingen hinein verfolgt worden. In Lingen habe der Angeklagte die Lindenstraße mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h befahren und habe dort trotz Sichtbehinderung vor der Emsbrücke zum Überholen eines vor ihm fahrenden Taxis angesetzt. Dabei sei er links an einer Verkehrsinsel vorbeigefahren und habe sodann aufgrund Gegenverkehrs zwischen dem Taxi, das er überholt habe, sowie einem weiterhin davor fahrenden Taxi unvermittelt einscheren müssen.

Den Feststellungen des Gerichts ist weiterhin zu entnehmen, dass der Verkehrszentralregisterauszug für den Angeklagten von 04.06.2015 elf Eintragungen aufweise und gegen den Angeklagten zuletzt am 14.04.2014 und am 23.05.2014 Bußgeldbescheide wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergangen seien.

Schließlich hat das Amtsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt, dass bei dem Angeklagten alkoholbedingt Ausfallerscheinungen vorgelegen hätten. Der Angeklagte sei über eine nicht geringe Wegstrecke selbst innerorts mit einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit gefahren und habe unter Umfahren einer Verkehrsinsel zu einem grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Überhol­manöver angesetzt, was eben für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit und entsprechende Ausfallerscheinungen spreche.

Da die Blutalkoholkonzentration mit 0,6 %o noch nicht nahe an den Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 %o) heranreichte, waren unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze hinsichtlich der konkreten Fahruntüchtigkeit jedoch umfassende Feststellungen zu treffen.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zum einen hat das Amtsgericht sich nicht ausreichend mit den äußeren Umständen der Fahrt (Straßen- und Witterungsverhältnisse) auseinandergesetzt. Zum anderen haben sich angesichts der Voreintragungen im Verkehrszentralregister Erörterungen dazu aufgedrängt, ob der Angeklagte nicht generell zum Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit neigt und ob hier allein das riskante und zu schnelle Fahren ausreichend sein kann, um alkoholbedingte Ausfallerschei­nungen anzunehmen. Es fehlt jedoch insofern zumindest an den den Bußgeldbescheiden vom 14.04.2014 und 23.05.2014 zugrunde liegenden tatsäch­lichen Feststellungen.“

Dem konnte sich das OLG „nicht verschließen“ und hat aufgehoben. Richtig übrigens auch der Weg des Kollegen, denn in solchen Fällen muss man die Sprungrevision wählen und nicht in die Berufung gehen. Das bringt nichts, wenn man richtig Zeit gewinnen will.

Knapp darf es sein beim Rotlichtverstoß innerorts…..

© massimhokuto - Fotolia.com

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Ständige Rechtsprechung der OLG bzw. kleines 1 x 1 der Tatgerichte ist die Frage nach dem Umfang der Urteilsfeststellungen bei einem innerörtlichem Rotlichtverstoß. Daher gibt es dazu aus dem KG, Beschl. v. 24.02.2016 – 3 Ws (B) 649/15 – auch nur den Leitsatz, der wie folgt lautet:

„Unter den Bedingungen eines im innerstädtischen Verkehr angewandten standardisierten Messverfahrens bedarf es im Urteil im Regelfall keiner Feststellungen dazu, wo genau sich der Betroffene beim Umspringen der Ampel auf rotes Wechsellicht befand. Denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase und mithin von der Möglichkeit gefahrlosen Anhaltens auszugehen.“

Und: Das AG hatte im Urteil den (Verkehrs)Registerauszug in faksimilierter Form wiedergegeben. Das freutz den Senat nicht, da dadurch „Lesbarkeit und Verständnis der Urteilsgründe“ erschwert werden, zur Aufhebung hat das aber nicht geführt. Mich freut in dem Zusammenhang als Herausgeber des StRR das Zitat „Anschluss an BGH StRR 2013, 297“.

Strafzumessung III: Die Berücksichtigung ausländischer Verurteilung?, oder: Ja, aber…

entnommen wikidmedi.org CC BY-SA 3.0

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Und dann noch Strafzumessung, die Dritte (vgl. vorher Strafzumessung I: Die vergessenen anwaltlichen Sanktionen…. und Strafzumessung II: Kleiner Grundkurs, oder: Strafschärfung für „einstigen Polizeischüler, der sich über Strafen informiert?). Zur Abwechselung aber mal keinen BGH, Beschluss, sondern den OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2015 – 1 RVs 205/15. Es geht um die Berücksichtigung ausländischer Verurteilungen bei einem Angeklagten, der wegen Diebstahls verurteilt worden ist. Dazu hatte das LG ausgeführt:

„Zu Lasten des Angeklagten ist festzuhalten, dass er gleich drei Taten begangen hat, dass die Begehungsweise – das serielle Aufbohren von Terrassentüren mit dafür geeignetem Werkzeug, wobei gleich mehrere Tatobjekte in engem örtlichen Zusammenhang und kurzer zeitlicher Folge angegangen wurden – auf ein überdurchschnittliches Maß an Professionalität schließen lässt und dass der Angeklagte, wenn auch nicht in der Bundesrepublik, bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, unter anderem einschlägig in Belgien, wo er wegen eines im Jahr 2012 begangenen Diebstahls (wenn auch nach der Begehung der hier abzuurteilenden Tat, nämlich im Jahr 2014) immerhin zu einer kurzen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde, darüber hinaus wurde im Jahr 2005 in seinem Heimatland Lettland (scil.: wegen „Illegal Activities with Financial Instruments and Means of Payment“) eine hohe mehrjährige Haftstrafe (scil.: fünf Jahre und 1 Monat, die bis zum 19. Juni 2009 größtenteils vollstreckt wurden) gegen ihn verhängt. Der Kammer war es nicht möglich, die den Verurteilungen zu Grunde liegenden Sachverhalte genauer zu eruieren. Zu Gunsten des Angeklagten ist deshalb davon ausgegangen worden, dass die Tat(en), die der Verurteilung in Lettland zu Grunde lagen, in Deutschland wesentlich milder bestraft würden. (…)“

Und dazu dann das OLG:

Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit zum Nachteil des Angeklagte ausländische Verurteilungen verwertet worden sind.

a) Zwar dürfen bei der Strafzumessung auch rechtskräftige ausländische Vorstrafen berücksichtigt werden, selbst wenn sie nicht in das Bundeszentralregister eingetragen worden sind (vgl. 54 BZRG). Sie sind zur Bewertung des Vorlebens des Täters i. S. d. § 46 Abs. 2 StGB relevant (BGH NStZ-RR 2012, 305 = StV 2012, 149; BGH NStZ-RR 2007, 368 = StV 2007, 632 = StraFo 2007, 422; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 46 Rz. 32; LK-StGB-Theune, 12. Auflage 2006, § 46 Rz. 174). In einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ergangene Verurteilungen müssen grundsätzlich sogar „mit gleichwertigen tatsächlichen bzw. verfahrens- und materiellrechtlichen Wirkungen versehen werden … wie denjenigen, die das innerstaatliche Recht den im Inland ergangenen Verurteilungen zuerkennt“ (vgl. Art. 3 I i.V.m.Nr. 5 der Erwägungsgründe des Rahmenbeschlusses 2008/675/JI des Rates der Europäischen Union vom 24. 7. 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren und hierzu BGH NStZ 2012, 305; Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 46 Rz. 38a). Voraussetzung der Verwertung ist allerdings, dass die Tat nach deutschem Recht strafbar und, würde es sich um eine Verurteilung nach deutschem Recht handeln, nicht tilgungsreif wäre. Die bloße Tatbezeichnung der lettischen Verurteilung in englischer Sprache mit „Illegal Activities with Financial Instruments and Means of Payment“ erlaubt mangels näherer Feststellungen zum abgeurteilten Tatgeschehen nicht die sichere Beurteilung, dass die Tat auch nach deutschem Strafrecht strafbar wäre.

Es tritt hinzu, dass das Tatgericht auch die der lettischen Verurteilung zugrunde liegende Tat als „erheblich“ bewertet. Das mag zwar mit Blick auf die empfindliche Bestrafung nicht ganz fernliegen, wenn auch nicht selten ausländische Verurteilungen deutlich härter ausfallen, als dies für vergleichbare Taten in Deutschland der Fall wäre. Die Bewertung der Berufungsstrafkammer entzieht sich aber einer Überprüfung durch den Senat, weil der der Verurteilung zugrunde liegende Sachverhalt nicht mitgeteilt wird. Soweit im Rahmen einer ordnungsgemäßen Strafzumessung Vorbelastungen eines Angeklagten mitberücksichtigt werden sollen, setzt dies aber voraus, dass der Tatrichter diese im Urteil so genau mitteilt, dass dem Revisionsgericht die Nachprüfung ermöglicht wird, ob sie im Hinblick auf ihre Bedeutung und Schwere für die Strafzumessung richtig bewertet worden sind. Neben dem Zeitpunkt der Verurteilung und der Art und der Höhe der Strafen sind daher in der Regel die den als belastend eingestuften Vorverurteilungen zugrundeliegenden Sachverhalte zwar knapp, aber doch in einer aussagekräftigen Form zu umreißen (st. Senatsrechtsprechung,SenE v. 25.02.2011 – III-1 RVs 30/11 -; SenE v. 07.08.2012 – III-1 RVs 136/12 -; SenE v. 02.04.2013 – III-1 RVs 57/13; SenE v. 03.06.2015 – III-1 RVs 81/15 -; SenE v. 25.09.2015 – III-1 RVs 192/15 -). Für eine ausländische Verurteilung kann nichts anderes gelten.

b) Die Einschlägigkeit der belgischen Verurteilung wird von der Berufungsstrafkammer mangels Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts gleichfalls nicht belegt. Hinzu kommt, dass eine nach den verfahrensgegenständlichen Taten ergangene Verurteilung grundsätzlich nur dann strafschärfend berücksichtigt werden darf, wenn die dieser Verurteilung zugrunde liegende Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters auf Rechtsfeindschaft, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt (BGH NStZ 2007, 150). Auch hierzu fehlen Feststellungen im Urteil…..“

Zweimal Strafzumessungsfehler: Feststellungen fehlen und Doppelverwertungsverbot übersehen

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Da der vorhin veröffentliche Beitrag „Verdachtsstrafzumessung“? Nein, oder: Strafzumessungsgesichtspunkt „Bezüge zu den Übergriffen an Silvester“ in Köln? ja etwas mit Strafzumessung zu tun hatte, will ich dann jetzt auf zwei neuere Entscheidungen des BGH hinweisen. Leider habe ich nichts zur (unzulässigen) „Verdachtsstrafzumessung“ gefunden, aber immerhin zeigt der BGH, Beschl. v. 18.11.2015 – 2 StR 359/15, dass Strafzumessung nur auf der Grundlagevon festgestellten Tatsachen/Umständen erfolgen darf. Also:

„Soweit das Landgericht im Rahmen der Gesamtstrafenbildung u.a. die „psychischen Folgen für die Geschädigten“ berücksichtigt hat, fehlt es an entsprechenden Feststellungen im Urteil, wenngleich nicht unerhebliche Tatfolgen angesichts der Vielzahl und des Gewichts der Taten auf der Hand liegen. Die (noch) im Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 29. Mai 2013 getroffenen Feststellungen zu den psychischen Tatfolgen für die Geschädigten sind durch Urteil des Senats vom 9. Juli 2014 aufgehoben und wären deshalb erneut festzustellen gewesen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 4 StR 190/06, StV 2007, 23; Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183 mwN). Die Gesamtstrafenbildung erweist sich insoweit als fehlerhaft.

Der Senat kann aber ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler bei der Gesamtstrafenbildung angesichts von 31 verhängten Einzelfreiheitsstrafen …… zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.“

  • Und im BGH, Beschl. v. 05.11.2015 – 2 StR 296/15 – geht es bei einer landgerichtlichen Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das BtMG mal wieder um einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot. Der BGH führt dazu aus:

„Sowohl die im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten dargestellte Erwägung, der Angeklagte habe sich aufgrund eigener Überlegung entschieden, als Drogenkurier tätig zu werden, als auch die Feststellung, er habe die Alternative, mit einem zu erwartenden Verdienst von 4.000 bis 5.000 Schweizer Franken seine finanziellen Probleme über einen längeren Zeitraum zu lösen, letztlich nicht ernstlich in Erwägung gezogen, habe sich vielmehr über den schnellen und ihm lukrativer erscheinenden Einkommenserwerb als Drogenkurier entschieden, erweisen sich als rechtlich nicht unbedenklich. Denn damit wird dem Angeklagten unter Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB die bloße Tatbegehung vorgeworfen. Der Senat kann jedoch angesichts der milden Strafe ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht.“

Also in beiden Fällen Strafzumessungsfehler, aber dann auch mal wieder in beiden Fällen: Außer Spesen nichts gewesen.