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Heute ist Freitag und damit an sich der Tag und die Zeit für ein Gebührenrätsel. Aber da heute Karfreitag und damit Feiertag ist, verzichte ich auf die Gebührenfrage – wer mag schon am Feiertag arbeiten? -; es gibt also am Montag auch keine Auflösung. Ich nehme den freien Platz allerdings zum Anlass, eine andere Frage zu stellen, die zumindest gebührenrechtlichen Einschlag hat.
Auslöser dafür ist der AG Heidelberg, Beschl. v. 22.03.2015 – 15 OWi 26/16. Der ist nach Einstellung eines Bußgeldverfahrens im Kostenfestsetzungsverfahren ergangen. Der Verteidiger hatte die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG geltend gemacht. Die ist auch festgesetzt worden. Allerdings nur in Höhe der Mindestgebühr von 30 € und nicht – was richtig gewesen wäre – in Höhe der Rahmenmitte, also in Höhe von 160 €. Das AG meint – gegen die überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die zusätzliche Gebühr Nr. 5115 VV RVG (was dann auch für die Nr. 4141 VV RVG gilt) keine Festgebühr sei, sondern sich auch nach den Kriterien des § 14 RVG richte. Es sieht in Anm. 3 Satz 2 zu Nr. 5115 VV RVG eine „verstärkte Bemessungsgrundlage“. Das ist in meinen Augen falsch. Dafür ergibt sich nichts aus dem Gesetz. Und die Anm. 3 Satz 2 wäre überflüssig, wenn die Kriterien des § 14 RVG zur Anwendung kommen sollten. Denn die „Rahmenmitte“ ist, wenn man § 14 Abs. 1 RVG richtig anwendet, immer Ausgangspunkt der Bemessungsgrundlage.
So weit, so gut. Allein deshalb wäre der (falsche) AG-Beschluss allerdings kein Posting wert. Seine „Bedeutung“ bekommt er für mich erst durch folgende Passage: „Die Kommentarliteratur ist zu der Rechtsfrage uneinheitlich. Das Gericht schließt sich der Meinung von Hartmann, Kommentar zum Kostengesetz. 38. Aufl. 2008, Rn. 11 mit 13 zu VV 5115 an.“ Ja, richtig gelesen. „Hartmann, Kostengesetze [so lautet der Titel richtig], 38. Aufl., 2008“. Das ist also der Maßstab, den das AG zugrunde legt. Einen acht Jahre alten Kommentar – und nur den und nicht andere Kommentare, die die Frage alle anders sehen und auch nicht die weit gehend anders lautende Rechtsprechung; zitiert wird insoweit nur eine Entscheidung des LG Deggendorf aus dem Jahr 2005 (!).
Man fragt sich, warum und das führt für mich zu der Frage, warum die Justiz(verwaltung) eigentlich nicht mal ein paar Euro mehr locker macht und die Gerichte mit aktueller Literatur ausstattet? Man kann nun sicherlich darüber streiten, ob die Literatur jedes Jahr bzw. bei jeder Neuerscheinung ausgetauscht werden muss (das würde die Verlage und Autoren freuen) oder, ob man auch mal eine Auflage überspringen kann. Aber die Frage stellt sich bei einem acht Jahre alten Kommentar m.E. nicht mehr? Denn in der Zeit sollte dann doch mal Geld für eine Neuanschaffung bereit gestellt worden sein. Und wenn man es getan hätte, dann hätte der entscheidende Amtsrichter (vielleicht) die aktuelle 46. Auflage (!!!) des Hartmann zur Verfügung gehabt und feststellen können, dass Hartmann seine vom AG zitierte/vertretene Auffassung schon in der 45. Auflage aufgegeben hat. Das AG hat sich also einer nicht (mehr) existierenden Auffassung/Meinung angeschlossen.
Also: Eine Pseudo-Begründung? Nun, ich habe dem Kollegen, der mir die Entscheidung geschickt hat, geraten, noch einmal Gegenvorstellung einzulegen. Was tut man nicht alles für 30 €? Vielleicht ändert das AG ja seine Meinung, wenn es sieht, dass der für das AG wohl maßgebliche Stützpfeiler nicht mehr steht. Er/ich werde berichten.