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Fahranfänger – Rotlichverstoß mit Fahrrad —> Aufbauseminar?

entnommen wikimedia.org Urheber Sir James

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Was ist, wenn ein sog. Fahranfänger (§ 2a FeV) während der Probezeit mit einem Fahrrad einen Rotlichtverstoß begeht? Reicht das für die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar? Das VG Aachen sagt dazu im VG Aachen, Beschl. v. 28.11.2013 – 3 L 571/13 – Ja, das reicht. Das VG geht davon aus, dass auch eine solche Ordnungswidrigkeit eine schwerwiegende straßenverkehrsrechtliche Zuwiderhandlung nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG darstellt. Dabei sei die Behörde gemäß Satz 2 dieser Vorschrift an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden. Wie Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften zu bewerten seien, werde gemäß § 34 Abs. 1 FeV zwingend nach dem Katalog der zugehörigen Anlage 12 bestimmt. Danach sei ein Rotlichtverstoß gemäß Nr. 2.1 als schwerwiegend zu bewerten.

Und: Die Fahrerlaubnisbehörde ist bei der Entscheidung über Maßnahmen, die gegen den Fahrerlaubnisinhaber zu verhängen sind, zudem gem. § 2 a Abs. 2 Satz 2 StVG an die Feststellungen im rechtskräftigen Bußgeldbescheid gebunden. Dies hat zur Folge, dass die Fahrerlaubnisbehörde – ebenso wie das VG – nicht zu prüfen hat, ob der Fahrerlaubnisinhaber die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen hat oder ob Rechtfertigungsgründe bestehen. Vielmehr müssen die Feststellungen zum Sachverhalt im Bußgeldbescheid zugrunde gelegt werden.  Im Verwaltungsverfahren hat also eine Behauptung, der Fahranfänger habe keinen Rotlichtverstoß als Fahrradfahrer begangen keinen Erfolg.

Absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger/Innen- Verstoß bei 0,2 oder bei 0,15 Promille?

Vor fast sechs Jahren, nämlich am 01.08.2007, ist § 24c StVG – das absolute Alkoholverbot – für Fahranfänger und Fahranfängerinnen in Kraft getreten (vgl. dazu meinen Beitrag aus VRR 10/2007: Der neue § 24 c StVG – Alkoholverbot für Fahranfänger und Fahranfängerinnen). Die Neuregelung hat seitdem die Rechtsprechung kaum beschäftigt. Woran das liegt, ist mir nicht ganz klar. M.E. ist einer der Gründe möglicherweise, dass die Neuregelung keine Privilegierung von Fahranfängern und Fahranfängerinnen ist, sondern, diese, wenn sie die „Grenzwerte“ überschreiten, gleich über § 24a Abs. 1 StVG in Anspruch genommen werden (vgl. dazu OLG Bamberg, Beschl. v. v. 06.05.2013 – 3 Ss OWi 406/13).

Und da haben wir  die Krux „Grenzwert“? Nun, wo steht im Gesetz ein „Grenzwert“? Das ist richtig. Aber: Die Vorschrift wird im Licht der Entscheidung des BVerfG v. 21.12.2004 zu den „Grenzwerten“ bei der Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG ausgelegt, weil sie ebenfalls ein Gefährdungsdelikt ist. Und daher setzt die Anwendung des § 24c StVG in der 2. Alternative – Antreten einer Fahrt – voraus, dass der Betroffene unter der Wirkung alkoholischer Getränke steht, was der Fall ist, „wenn der aufgenommene Alkohol zu einer Veränderung physischer oder psychischer Funktionen führen kann und in einer nicht nur völlig unerheblichen Konzentration im Körper vorhanden ist“ (BT-DR. 16/5047, S. 9). Da es sich bei § 24c StVG (ebenfalls) um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, muss eine Wirkstoffkonzentration des Alkohols aber zumindest in einer Höhe festgestellt sein, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit als möglich erscheinen lässt.

Und wann das der Fall ist, da scheiden sich die Geister. Wenn man die BT-Drucksache 16/5047 liest, dann geht der Gesetzgeber wohl von 0,2 Promille aus. Anders jetzt das OLG Stuttgart im OLG Stuttgart, Beschl. v. v. 18.o3.2013 – 1 Ss 661/12, das einen Verstoß gegen das Alkoholverbot für Fahranfänger regelmäßig schon ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,15 Promille annehmen will, und zwar wie folgt berechnet: 0,1 Promille Grenzwert zuzüglich – gem. BGH-Rechtsprechung – 0,05 Promille Sicherheitszuschlag.

Für mich ist nicht so recht nachvollziehbar, warum das OLG einen anderen = niedrigeren Grenzwert annimmt als die 0,2 Promille, die im Übrigen auch von einigen AG in der Vergangenheit schon zugrunde gelegt worden sind. Aber: Das nutzt alles nichts, muss man sich darauf einstellen bzw. versuchen, einen anderen Grenzwert „durchzusetzen“. Und das wird letztlich, wenn er verbindlich sein soll, nur über den Weg gehen, dass BGH, der ggf. über die Vorlage eines anderen OLG mal mit der Frage befasst sein sollte, ein „Machtwort spricht.

Absolutes Alkoholverbot (?), Verstoß aber erst bei mindestens 0,2 ‰

Seit einiger Zeit gibt es ja das sog. absolute Alkoholverbot für Fahranfänger und Fahranfängerinnen (§ 24c StVG), das das Zusichnehmen alkoholischer Getränke während der Fahrt verbietet und auch den Antritt der Fahrt „unter der Wirkung alkoholischer Getränke“. Zu letzterem ist man sich einig, dass dieses Tatbestandsmerkmal nur erfüllt ist bei Vorliegen einer Atemalkoholkonzentration von mindestens 1 mg/l bzw. einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,2 Promille.

So jetzt auch das AG Langenfeld/Rhld., Urt. v. 20. 4. 11 – 20 OWi 30 Js 1563/11(42/11). Ähnlich hatte in der Vergangenheit schon das AG Herne entschieden (vgl. VRR 2009, 114 = StRR 2009, 270 = VA 2009, 65). Verwiesen wird dazu auf die BT-Drucks. 16/5047, S. 9.

Ist ja schon eigenartig: Absolutes Alkoholverbot, aber es wird erst wirksam/sanktioniert ab mindestens 0,20 Promille.

Absehen vom Fahrverbot beim Fahranfänger, geht das?

Das AG hatte in dem der Entscheidung des OLG Bamberg vom 29. 11. 2010 – 3 Ss OWi 1756/10 zugrundeliegenden Urteil von einem Fahrverbot beim Betroffenen, der noch Fahranfänger war, abgesehen und das damit begründet, dass auf den Betroffenen ja Maßnahmen im Rahmen des § 2a StVG zukommen,  er insbe­son­dere mit der Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar und mit der Verlänge­rung der Probezeit, zu rechnen habe. Die StA hat diese amtsgerichtliche Auffassung vom OLG überprüfen lassen. Das OLG sagt: Geht nicht und ist unzulässig, das Fahrverbot nach § 25 StVG und Maßnahmen nach § 2a StVG eine unterschiedliche Zielrichtung haben. Liegt auf der Linie der obergerichtlichen Rechtsprechung, insbesondere der des OLG Bamberg.

Teilnahme an einem Aufbauseminar hilft nur Fahranfängern, sie bringt nichts im Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren

Der Betroffene war wegen Fahrens unter Drogeneinfluss auffällig geworden. Es stand die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Um dagegen argumentieren zu können, nahm der Betroffene an einem sog. Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger teil.

Das OVG Bremen meint aber in seinem Beschluss v. 20.04.2010 – 1 B 23/10: Bringt nichts. Denn fehlt einem Verkehrsteilnehmer wegen gelegentlichen Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, Konsum und Fahren zu trennen, die Kraftfahreignung, ist die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger für sich genommen nicht geeignet, die negative Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Die verpflichtende Teilnahme an einem Aufbauseminar stellt eine zusätzliche Maßnahme für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe dar, die der spezifischen Anfängersituation Rechnung trägt, verdrängt aber nicht die allgemeinen Regelungen über die Fahrerlaubnisentziehung bei fehlender Kraftfahreignung. Eine positive Feststellung eines Einstellungswandels kann allein durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten getroffen werden.