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Gebührenproblem: Was verdiene ich nach Abtrennung zur Einstellung? – Ggf. eine Menge :-)

Ich stelle ja hier immer wieder auch Gebührenprobleme/-fragen vor, die an mich von Kollegen herangetragen werden und die ich – hoffentlich richtig – beantwortet habe. Viele haben mit der Verbindung von Verfahren und der Abrechnung der hinzuverbundenen Verfahren bzw. der Abrechnung nach (Ab)Trennung von Verfahren zu tun. So auch die nachfolgende Frage/Konstellation:

Frage:

Es geht um ein Jugendstrafverfahren. Zum Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung im gerichtlichen Verfahren besteht das Verfahren aus bereits vorher verbundenen bzw. gleichzeitig mit Pflichtverteidigerbestellung verbundenen 7 Einzelverfahren.

Nach der Pflichtverteidigerbestellung werden zu dem führenden Verfahren weitere 10 Verfahren hinzuverbunden. Eine Erstreckung der Beiordnung ist nicht bzw. erst mit dem Antrag auf Vergütungsfestsetzung gestellt worden. Im Vorverfahren war ich nicht tätig.

In der Hauptverhandlung werden 4 Verfahren abgetrennt und nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

Das Gericht bewilligt: 1 x Grundgebühr, 1 x Verfahrensgebühr 4106 und Terminsgebühren.

Kann ich lediglich über einen Pauschantrag den zusätzlichen Aufwand für insgesamt 16 (oder nur 10?) verbundene Verfahren geltend machen?. Bekomme ich für die abgetrennten Einzelverfahren GG, VG und TG zusätzlich?

Meine Antwort:

……..wenn ich den Sachverhalt richtig verstehe, sind Sie in keinem der hinzu verbundenen Verfahren vor der Verbindung als Wahlanwalt tätig gewesen. Dann entstehen dort keine gesetzlichen Gebühren. Auf die Frage der Erstreckung kommt es nicht an .

Allerdings: In den vier abgetrennten und eingestellten Verfahren sind m.E. jeweils die Nr. 4108 und die Nr. 4106 VV RVG entstanden, wenn die vier Verfahren wieder jeweils eigenständig geworden sind. Schauen Sie sich die vergleichbare Konstellation hier an: LG Bremen, Beschl. v. 13.06.2012 – 5 Qs 146/12. Grundgebühren entstehen nicht mehr. Die Einarbeitung in die Rechtsfälle hat ja bereits vor der Trennung stattgefunden. Sind die Verfahren nicht eigenständig, so ist aber mindestens einmal die Nr. 4108  und die Nr. 4106 VV RVG entstanden.

Da kann also eine Menge Geld drin stecken.  Zur Erstreckung vgl. hier: „Neues zur Erstreckung der Beiordnung und Bestellung nach § 48 Abs. 5 RVG„, aus RVGreport 2009, 129, und „Umfang der Beiordnung des Pflichtverteidigers im Strafverfahren – Erstreckung nach § 48 Abs. 5 RVG“ aus RVGreport 2004, 441.

 

 

 

Im Gebührenrecht – immer wieder Erstreckung – richtig macht man es in Cottbus

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Ein gebührenrechtlicher Dauerbrenner sind die im Fall der Verbindung von Verfahren mit der Erstreckung nach § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG zusammenhängenden Fragen, die die gebührenrechtliche Rechtsprechung immer wieder beschäftigen. So auch den zutreffenden LG Cottbus, Beschl. v. 13.11.2012 – 24 Qs 399/11, der zwei Fragen zutreffend entscheidet:

Zunächst:

Die Kammer teilt insoweit nicht die vom LG Berlin (JurBüro 2006, 29) und LG Bielefeld (RVG professionell 2008, 154) vertretene gegenteilige Ansicht. Abgesehen davon, dass mit der Hervorhebung „insbesondere“ in den Gesetzesmaterialien die dort beschriebene Fallkonstellation nur beispielhaft aufgeführt wird, lässt sich dem nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Anwendung des § 48 Abs. 5 S. 3 RVG von einem Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung in dem hinzuverbundenen Verfahren abhängig machen wollte. Dafür gibt es auch keinen vernünftigen Grund. Vielmehr reicht es nach dem Zweck der Vorschrift aus, dass bei einem getrennten Fortgang des Verfahrens nach den Umständen des Einzelfalls die Bestellung zu erwarten gewesen wäre und sie lediglich durch die Verbindung der Sache zu einem anderen (führenden) Verfahren prozessual entbehrlich geworden ist. Insoweit ist auch zu beachten, dass die Pflichtverteidigerbestellung nicht von der Antragstellung abhängt, sondern vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 140 StPO.

Und dann:

Der Verteidiger war auch nicht gehindert, den Erstreckungsantrag noch nach der erstinstanzlichen Verurteilung zu stellen.

Insoweit folgt die Kammer der herrschenden Ansicht, wonach die Antragstellung auch nachträglich möglich ist (vgl. KG a.a.O. m.w.N.; OLG Düsseldorf a.a.O.; LG Dresden a.a.O.; LG Düsseldorf StraFo 2012, 117; LG Freiburg, Beschluss vom 13.03.2006, Az. 2 Qs 3/06 – juris -; Burhoff a.a.O., Rdnr.: 29 m.w.N.). Die Vorschrift des § 48 Abs.5 S. 3 RVG enthält nach ihrem Wortlaut und Zweck keine zeitliche Beschränkung. Im Gegensatz zur Pflichtverteidigerbestellung, die — wie das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss zurecht angenommen hat, um die es hier aber nicht geht — eine ordnungsgemäße Verteidigung gewährleisten soll und deshalb nach ganz herrschender Meinung rückwirkend nicht in Betracht kommt, ist der Erstreckungsantrag rein vergütungsrechtlicher Natur und für das Erkenntnisverfahren ohne Bedeutung. Im Übrigen spricht für die Zulässigkeit eines gegebenenfalls sogar auch noch im Festsetzungsverfahren möglichen Antrages und einer Entscheidung über die Erstreckung gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG der strafprozessuale Beschleunigungsgrundsatz, weil dadurch das eigentliche Erkenntnisverfahren in Zweifelsfällen nicht durch den rein kostenrechtlich relevanten Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 5 S. 3 RVG belastet werden muss.

Schöner Beschluss.

 

Der Wortlaut gab es nicht her, aber richtig dürfte es sein….

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Beim LG Hamburg läuft ein Verfahren beim Jugendschwurgericht. Dort ist ein Kollege, nennen wir ihn A.,  als Wahlverteidiger des Beschuldigten im Ermittlungs-, Zwischen- und auch im Hauptverfahren neben einem auf ausdrücklich erklärten Wunsch des Angeklagten bereits im Ermittlungsverfahren beigeordneten anderen Rechtsanwalt, nennen wir ihn B, tätig. Im Laufe der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte die Beiordnung des Rechtsanwalts A als „zweiten Pflichtverteidiger“ nach „§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 StPO“. Zur Begründung führte er aus, dass sich der bestellte Pflichtverteidiger B durch einen Unfall das rechte Handgelenk gebrochen habe. Eine „ordnungsgemäße Verteidigertätigkeit in der Hauptverhandlung“ sei daher nicht mehr vollständig gewährleistet, namentlich bei der Erstellung von Mitschriften oder dem schnellen Zugriff auf die Verfahrensakten werde dieser durch die Verletzung spürbar beeinträchtigt. Aufgrund „bereits ausgeschöpfter finanzieller Möglichkeiten“ seiner für die Vergütung aufkommenden Familie könne die Teilnahme des Wahlverteidigers an der Hauptverhandlung nur durch dessen Beiordnung gewährleistet werden. Diesem Antrag entsprach der Vorsitzende und ordnete noch am selben Hauptverhandlungstag an, dass der A „für die Dauer der Erkrankung“ des bestellten Verteidigers als „weiterer Verteidiger beigeordnet wird“. Später wurde die die Beiordnung des A wieder aufgehoben, nachdem der zuvor an sämtlichen Terminen anwesende Pflichtverteidiger B mitgeteilt hatte, dass er wieder ohne Einschränkungen in der Lage sei, die Verteidigung zu.

Zu Recht fragt man sich? Nun auf den ersten Blick denkt man: Ja sicher. Das läuft über § 48 Abs. 5 RVG, also Erstreckung, und keine Ende? Ja, hier dann aber mal nicht der Normalfall der Regelungen in § 48 Abs. 5 RVG, sondern sicherlich ein Sonderfall. Und, das vorab: Sicherlich ein Fall, bei dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 5 RVG dem entgegenstanden, was der Rechtsanwalt hier mit seinem Rechtsmittel erstrebte: Festsetzung von weiteren rund 13.000,00 € an gesetzlichen Gebühren. Denn so viel war noch offen aus dem Zeitraum vor der Bestellung. Rund 3.000,00 € waren für den Zeitraum festgesetzt worden.

Die Frage hat dann das OLG Hamburg beschäftigt. Das hat im OLG Hamburg, Beschl. v. 17. 9. 2012 – 3 Ws 93/12 – den § 48 Abs. 5 RVG einschränkend ausgelegt. Danach wird vom Regelungsbereich des § 48 Abs. 5 RVG nicht erfasst der Vergütungsanspruch eines während laufender Hauptverhandlung zum zweiten Pflichtverteidiger bestellten früheren Wahlverteidigers, sofern damit allein in der Person eines bereits bestellten, in der Hauptverhandlung ebenfalls durchgehend anwesenden Pflichtverteidigers liegende vorübergehende körperliche Einschränkungen, namentlich mangelnde Schreib- und Nachschlagefähigkeiten, kompensiert werden sollen.

Der Wortlaut gibt diese Einschränkung nicht her. M.E. hat das OLG Hamburg aber Recht, wenn es in der vorliegenden Konstellation eine Ausnahme von der in § 48 Abs. 5 RVG geregelten Ausnahme vom Grundsatz § 48 Abs. 1 RVG sieht. Danach stehen den Pflichtverteidiger Gebühren nur zu, soweit sie in dem Zeitraum entstanden sind, auf den sich die Bestellung des Pflichtverteidigers erstreckt. Davon macht § 48 Abs. 5 RVG eine Ausnahme, wenn es erst später im Verfahren zur Bestellung kommt, der Rechtsanwalt aber schon vorher Tätigkeiten als Wahlanwalt für den Beschuldigten erbracht hat. Um solche Tätigkeiten, die für den neu bestellten Pflichtverteidiger durch § 48 Abs. 5 RVG gebührenmäßig abgesichert werden sollen, ging es hier aber nicht. Daher ist die Beschränkung der Erstreckung durch das OLG m.E. hier gerechtfertigt.

Man hätte ggf. auch über die Einschränkung „für die Dauer der Erkrankung“  zu dem Ergebnis kommen können. Aber dann hätte sich die auch nicht unbestrittene Frage gestellt, inwieweit eine Plfichtverteidigerbestellung ein- bzw. beschränkt erfolgen kann. Das wäre hier m.E. möglich gewesen.

 

Pflichtverteidiger: Immer an den Erstreckungsantrag denken…

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Ich hatte im Juli 2012 über den OLG Koblenz, Beschl. v. 30.05.2012 – 2 Ws 242/12 – berichtet, der – m.E. unzutreffend – davon ausgeht, dass im Fall der Verbindung von Verfahren immer ein Erstreckungsantrag erforderlich ist und nicht nur, wenn die Verbindung der Verfahren nach der Beiordnung erfolgt. Wird nicht erstreckt, kann der Pflichtverteidiger danach keine gesetzlichen Gebühren für seine Tätigkeiten in den hinzuverbundenen Verfahren geltend machen.

In dieser umstrittenen Frage liegt nun der OLG Bremen, Beschl. v. 07.08.2012 – Ws 137/11 – vor. Der geht zutreffend davon aus, dass die kostenrechtliche Rückwirkung gemäß § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG die Tätigkeit als Wahlverteidiger in allen Verfahren erfasst , die vor der Beiordnung verbunden worden sind. Einer zusätzlichen Anordnung der Erstreckung auf verbundene Verfahren gem. § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG bedürfe es in diesen Fällen nicht. Eine Erstreckungsanordnung gem. § 48 Abs. 5 S. 3 RVG sei nur veranlasst, wenn die Verbindung der Verfahren nach der Beiordnung des Verteidigers erfolgt.

Freut einen Kommentator natürlich, wenn sich ein OLG der von ihm vertretenen Auffassung anschließt. Nur: Entwarnung bringt der Beschluss nicht. Denn die Frage bleibt umstritten. Und deshalb bleibt es bei meinem Rat: Vorsorglich bei Verbindung als Pflichtverteidiger immer die Erstreckung beantragen.

Liegt in der Beiordnung als Pflichtverteidiger zugleich auch die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren?

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Die Frage: „Liegt in der Beiordnung als Pflichtverteidiger zugleich auch die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren?“ beschäftigt die (gebührenrechtliche) Rechtsprechung immer wieder. Denn nur, wenn man sie bejaht, kann der Pflichtverteidiger ohne weitere Bestellung auch die gesetzlichen Gebühren für die von ihm im Adhäsionsverfahren erbrachten Tätigkeiten (nrn. 4143 f. VV RVG) geltend machen. Die Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten, wobei nicht zu verkennen ist, dass die wohl h.M. sie verneint. So (jetzt) auch der OLG Düsseldorf, Beschl. v.11.04.2012 – III 1 Ws 84/12, der keine wesentlich neuen Argumente bringt, sondern nur die bekannten Argumente wiederholt bzw. auf die Argumentation anderer OLG verweist.

Ich bleibe dabei, dass die h.M. nicht zutreffend ist. Denn, wenn man nach PKH-Grundsätzen vorgehen will, dann muss man immer auch die Erfolgsaussichten der Verteidigung gegen den Adhäsionsanspruch beurteilen. Die sind aber m.E. untrennbar mit der Verteidigung im Strafverfahren verbunden. d.h., man prüft also schon bei der Bewilligung von PKH die Verteidigungsaussichten. Das kann aber m.E. nicht richtig sein.

Für den Pflichtverteidiger kann man nur den Rat geben: Wenn ein Adhäsionsantrag gestellt wird, muss die Erstreckung einer bestehenden Pflichtverteidigung beantragt werden. Sonst gehen die gesetzlichen Gebühren verloren.