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Strafzumessung II: Nochmals Urteil wegen BtM-Delikte, oder: Einlassungsverhalten und Gewerbsmäßigkeit

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Und als zweite Entscheidung  heute dann das BGH, Urt. v. 20.07.2022 – 5 StR 29/22. Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die keinen Erfolg hat:

„1. Die Strafzumessung ist Sache des Tatgerichts. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit entfernt, dass sie sich nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht zustehenden Spielraums bewegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht ist daher ausgeschlossen. Das Revisionsgericht muss die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2021 – 5 StR 545/20 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die Bildung der Gesamtstrafe (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2022 – 5 StR 369/21).

2. Daran gemessen weist die Strafzumessung weder zugunsten noch zulasten (§ 301 StPO) des Angeklagten Rechtsfehler auf.

a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist dem Landgericht bei der „Bewertung des Einlassungsverhaltens“ kein Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten unterlaufen.

Das Landgericht hat strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte bereits vor Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis abgelegt und dieses in der Hauptverhandlung wiederholt hat. Angesichts der damals noch nicht geklärten Rechtsfrage der Verwertbarkeit von Encrochat-Daten hat es die geständigen Angaben als nicht „nur taktisch motiviert“ bewertet, sondern als „besonders werthaltig“ und von aufrichtiger Reue getragen. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Denn das Landgericht hat mit diesen Erwägungen lediglich begründet, weshalb es dem (frühzeitigen) Geständnis trotz gewichtiger belastender Beweismittel ein ungemindertes strafmilderndes Gewicht beigemessen hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106). Weil das Landgericht rechtsfehlerfrei von einer auf einem echten Reue- und Schuldgefühl beruhenden Einlassung ausgegangen ist, hindert auch der Umstand, dass der Angeklagte die Qualität des gehandelten LSD relativiert hat, nicht, das Geständnis als „werthaltig“ zu bewerten und ihm daher eine erhebliche strafmildernde Bedeutung beizumessen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2019 – 2 StR 589/18).

Die vom Landgericht vorgenommene Gewichtung des strafmildernden Gehalts des Geständnisses hält sich im Rahmen des tatgerichtlichen Ermessens und weist daher keinen Rechtsfehler auf.

b) Anders als der Generalbundesanwalt meint, stellt es keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht die festgestellte gewerbsmäßige Tatbegehung nicht als bestimmenden Strafzumessungsumstand im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zulasten des Angeklagten berücksichtigt hat.

Zwar kann die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) im Rahmen der Strafzumessung innerhalb des Qualifikationstatbestandes des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafschärfend verwertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2020 – 3 StR 319/20; Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 433/20). Zwingend ist dies aber nicht. Vielmehr gilt auch insofern: Das Tatgericht ist lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, entscheidet das Tatgericht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2021 – 6 StR 127/21). Eine strafzumessungsrechtlich beachtliche Lücke deckt die Revision nicht auf (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 2. Juni 2021 – 3 StR 21/21 Rn. 55 [in NJW 2021, 2813 nicht abgedruckt]; vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337).

c) Im Übrigen setzt die Beschwerdeführerin lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts; dies ist revisionsrechtlich unbehelflich. Entgegen der Revision sind weder die Einzelstrafen noch die Gesamtfreiheitsstrafe unvertretbar niedrig.“

Strafzumessung I: Urteil wegen BtM-Delikten, oder: „nicht vorbestraft“ und „Verschlüsselungssoftware“

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Heute dann mal wieder einStrafzumessungstag.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 30.06.2022 – 1 StR 185/22. Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer BtM-Delikte, u.a. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision hatte hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg:

„a) Der Strafausspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten Nachprüfung nicht stand.

Die Strafzumessung erweist sich als lückenhaft, weil das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht erkennbar berücksichtigt hat, dass der zur Tatzeit etwa 60jährige Angeklagte nicht vorbestraft ist. Dies ist indes ein gewichtiger Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), dessen Berücksichtigung es regelmäßig bedarf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 23. März 2022 – 6 StR 61/22 Rn. 2; vom 27. Oktober 2020 – 1 StR 148/20 Rn. 9 und vom 29. September 2016 – 2 StR 63/16 Rn. 15). Der Umstand, dass beim ebenfalls nicht mehr ganz jungen Mitangeklagten ausdrücklich in der ihn betreffenden Strafzumessung genannt wurde, nicht vorbestraft zu sein, beim Angeklagten aber nicht, gibt besonderen Anlass zur Besorgnis, dass dem Landgericht dieser Strafzumessungsgesichtspunkt bei der Bemessung der Einzelstrafen aus dem Blick geraten ist.

Nicht gänzlich bedenkenfrei ist daneben auch, dass es an ausdrücklichen Feststellungen und einer konkreten Beweiswürdigung hinsichtlich der vom Landgericht in die Strafzumessung eingestellten Verwendung einer besonderen Verschlüsselungssoftware für das Mobiltelefon durch den Angeklagten fehlt und das Landgericht zudem ohne diesbezügliche Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er in der Untersuchungshaft unter Verstoß gegen die geltenden Regeln ein Mobiltelefon besaß und für Telefonate mit Familienangehörigen nutzte.“