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Strafzumessung I: Urteil wegen BtM-Delikten, oder: „nicht vorbestraft“ und „Verschlüsselungssoftware“

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Heute dann mal wieder einStrafzumessungstag.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 30.06.2022 – 1 StR 185/22. Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer BtM-Delikte, u.a. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision hatte hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg:

„a) Der Strafausspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten Nachprüfung nicht stand.

Die Strafzumessung erweist sich als lückenhaft, weil das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht erkennbar berücksichtigt hat, dass der zur Tatzeit etwa 60jährige Angeklagte nicht vorbestraft ist. Dies ist indes ein gewichtiger Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), dessen Berücksichtigung es regelmäßig bedarf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 23. März 2022 – 6 StR 61/22 Rn. 2; vom 27. Oktober 2020 – 1 StR 148/20 Rn. 9 und vom 29. September 2016 – 2 StR 63/16 Rn. 15). Der Umstand, dass beim ebenfalls nicht mehr ganz jungen Mitangeklagten ausdrücklich in der ihn betreffenden Strafzumessung genannt wurde, nicht vorbestraft zu sein, beim Angeklagten aber nicht, gibt besonderen Anlass zur Besorgnis, dass dem Landgericht dieser Strafzumessungsgesichtspunkt bei der Bemessung der Einzelstrafen aus dem Blick geraten ist.

Nicht gänzlich bedenkenfrei ist daneben auch, dass es an ausdrücklichen Feststellungen und einer konkreten Beweiswürdigung hinsichtlich der vom Landgericht in die Strafzumessung eingestellten Verwendung einer besonderen Verschlüsselungssoftware für das Mobiltelefon durch den Angeklagten fehlt und das Landgericht zudem ohne diesbezügliche Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er in der Untersuchungshaft unter Verstoß gegen die geltenden Regeln ein Mobiltelefon besaß und für Telefonate mit Familienangehörigen nutzte.“