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AG Eilenburg: § 100h StPO ist keine Ermächtigungsgrundlage; eigene Auslagen bleiben aber beim Betroffenen

Videomessung bzw. Messverfahren, immer wieder und immer wieder neu und anders. Das AG Eilenburg hat in dem Rechtsprechungsmarathon, der auf die Entscheidung des BVerfG v. 11.08.2009 zurückgeht, jetzt seine Rechtsprechung bestätigt und sich der Auffassung des OLG Düsseldorf, das in diesen Fällen § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage abgelehnt hatte, angeschlossen. Für eine Messung nach dem Verfahren ES 1.0 sei § 100h StPO nicht heranzuziehen. Durchgeführte Messungen seien unverwertbar. Was allerdings an dem Einstellungsbeschluss überrascht: Der Betroffene muss seine notwendigen Auslagen selbst tragen. Ei, warum denn das? Wenn ein BVV besteht, hätte er frei gesprochen werden müssen mit der Kostenfolge aus § 467 StPO. Und warum muss er dann bei der Einstellung seine Kosten tragen? Beschl. v. 16.03.2010 – 5 OWi 253 Js 1794/10.

OLG Koblenz: In Rheinland-Pfalz geht es wie in Bayern, zumindest bei der Videomessung

Auch das OLG Koblenz hat sich zur Videomessung Gedanken gemacht. Danach soll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 (2 BvR 941/08) der Verwertung von Ergebnissen der Videoabstandsmessung in Rheinland-Pfalz nicht entgegenstehen; das OLG bezieht sich auf die Entscheidung des OLG Bamberg zum bayerischen Brückenabstandsmessverfahren. Da jedenfalls auf Autobahnen Anhaltekontrollen mit einem viel zu hohen Risiko für alle Beteiligten verbunden wären, seien auch Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit  der Identifizierungsaufnahme gegeben. Na ja: OLG Düsseldorf ist m.E. überzeugender.

Beweisverwertungsverbot nach Missachtung des Richtervorbehalts in Bayern angekommen

Wir diskutieren die Fragen des Richtervorbehalts und ein sich bei seiner Missachtung ggf. ergebendes Beweisverwertungsverbot ja nun schon gut drei Jahre. Nun ist endlich das Beweisverwertungsverbot auch in Bayern angekommen, jedenfalls war mir bislang eine Entscheidung aus dem Freistaat, in der ein BVV angenommen worden ist, nicht bekannt. Das OLG Nürnberg hat – wie ich jetzt erst durch die Übersendung der Entscheidung des in der Revision erfolgreichen Kollegen erfahren habe – diesen Schritt schon am 07.12.2009 getan (vgl. Beschl. in  1 St OLG Ss 232/2009). Allerdings ging auch wohl kein Weg daran vorbei. Denn wie soll man anders entscheiden, wenn der einschreitende Polizeibeamte selbst davon ausgeht, dass „Gefahr im Verzug“ nicht vorliegt, er aber dennoch wegen einer „damaligen Übung seiner Dienststelle“ keine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung einholt. Das ist nichts anderes als: Das haben wir immer schon so gemacht.

Videomessung und kein Ende… OLG Bamberg zu Multanova VR 6F und Es 1.0

Nach Auffassung des OLG Bamberg (vgl. Beschl. v. 25.02.2010 – 3 Ss OWi 206/10) ist § 100h I 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 I OWiG (auch) für den Einsatz des zur polizeilichen Geschwindigkeitsüberwachung in Bayern verwendeten Radarmessgeräts „Multanova VR 6F“ sowie den zum gleichen Zweck eingesetzten sog. Einseitensensor des Typs „ES1.0“ und für die hierbei jeweils nur bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes ausgelöste fotografische Erfassung Betroffener eine hinreichende gesetzliche Rechtsgrundlage für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot besteht nicht. Der 3. Senat für Bußgeldsachen hat sich damit an OLG Bamberg NJW 2010, 100 f. = DAR 2010, 26 ff. = VRR 2009, 468 ff. = StRR 2009, 475 ff. = zfs 2010, 50 ff. angeschlossen. Zu der Frage, ob es richtig ist, § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage anzusehen, ist schon einiges geschrieben. Ich finde das OLG Düsseldorf überzeugender.

Auch das OLG Düsseldorf kommt zum Beweisverwertungsverbot bei der Videomessung – Luft für die Verwaltungsbehörden wird dünner

Ich hatte ja heute Nachmittag schon über den Beschluss des OLG Düsseldorf v. 09.02.2010 – IV-3 RBs 8/10 2 Ss-OWi 4/10 berichtet, und zwar hier. Ich habe gesucht und ihn gefunden. Hier also der Volltext. Die Leitsätze lassen sich m.E. wie folgt formulieren:

  1. Die Vorschriften der §§ 81b, 100h Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 163b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG scheiden als Er­mächtigungsgrundlage für eine Videomessung des (Sicherheits)Abstandes nach dem Messverfahren ViBram aus.
  2. Das Ergebnis einer dennoch durchgeführten Messung unterliegt einem Beweisverwertungsverbot.

Damit hat nach dem OLG Oldenburg jetzt das zweite OLG ein Beweisverwertungsverbot angenommen. Allmählich wird sich der Gesetzgeber was überlegen müssen.