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StPO II: Beweis- oder Beweisermittlungsantrag?, oder: Beweisziel als Beweisthema

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Im zweiten Posting gibt es dann zwei Entscheidungen zum Beweisantrag, und zwar zur Abgrenzung zum Beweisermittlungsantrag. Von beiden Entscheidungen stelle ich aber nur die Leitsätze vor. Die Einzelheiten bitte aus den verlinkten Volltexten entnehmen.

Es handelt sich um folgende Entscheidungen:

Soll die beantragte Beweiserhebung erst die Benennung der Wahrnehmungszeugen zum eigentlichen Beweisthema ermöglichen, handelt es sich nicht um einen Beweisantrag, sondern lediglich um einen Beweisermittlungsantrag, über den nach den Maßstäben der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zu befinden ist.

Wird in einem Antrag kein bestimmtes Beweismittel (bestimmte Lichtbilder) benannt, sondern lediglich das Ziel des Antrages, nämlich aus einer Vielzahl gleichartiger Beweismittel (hier: Lichtbilder und Videos) erst diejenigen zu ermitteln, die die Beweisbehauptungen bestätigen können, handelt es sich nicht um einen Beweisantrag, sondern nur um einen Beweisermittlungsantrag.

StPO I: Rechtswidrig erlangtes Beweismittel und BVV, oder: Filmen des Eingangsbereichs eines Bürogebäudes

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Heute dann hier noch einmal Entscheidungen zur StPO, und zwar zwei landgerichtliche zu Beweisvervwertungsverboten und eine amtsgerichtliche zu einer Vollstreckungsfrage.

Und, nein. Es wird um 11.11 Uhr nichts zum Karneval geben. Mir ist angesichts der Lage – Ukraine und Corona – nun wirklich nicht nach (Straßen)Karneval. Wer meint, er müsse das „feiern“: Bitte schön, aber in diesem Jahr nicht mit mir.

Und dann hier zunächst der LG Kiel, Beschl. v. 10.01.2022 – I Qs 29/21. Es geht um die Frage der Verwertbarkeit eines Beweismittels, das (ggf.) rechtswidrig erlangt ist, und zwar um Videoaufnahmen aus dem Eingangsbereich eines Bürogebäudes, in dem die Staatsanwaltschaft ihre Büroräume hat. So verstehe ich jedenfalls den etwas knappen Sachcverhalt. Das LG hat keine Bedenken gegen die Verwertung:

„Dabei kann dahinstehen, ob Anfertigung und Speicherung der Aufnahmen durch die Staatsanwaltschaft Kiel vorliegend zulässig waren — denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, stünde dies einer Beschlagnahme im Sinne des § 94 Abs. 2 StPO und damit auch einer Verpflichtung zur Herausgabe im Sinne des § 95 StPO nicht entgegen.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass diese Aufnahmen selbst dann im Strafverfahren verwertbar wären, wenn die Staatsanwaltschaft Kiel sie rechtswidrig erstellt hätte (BGH, Beschluss vom 18.08.2021, 5 StR 217/21, zitiert nach juris), da aus der rechtswidrigen Erlangung eines Beweis-mittels durch einen Dritten nicht ohne weiteres die Unverwertbarkeit dieses Beweismittels im Strafverfahren folgt (BGH, Urteil vom 12.04.1989, 3 StR 453/88, zitiert nach juris).

Ob ein auf rechtswidrige Weise erlangtes Beweismittel zulasten eines Beschuldigten verwertet werden darf, ist vielmehr jeweils im Einzelfall insbesondere nach der Art des Verbots, dem Gewicht des Verfahrensverstoßes, der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter und dem Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafverfolgung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Denn auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf die Wahrheitserforschung um „jeden Preis“ gerichtet ist, schränkt die Annahme eines Verwertungsverbots ein wesentliches Prinzip des Strafrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Ein Beweisverwertungsverbot ist ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung deshalb nur ausnahmsweise aus übergeordneten wichtigen Gesichtspunkten im Einzelfall anzunehmen, wenn einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig geschädigt wird (vgl. m.w.N.: OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2016, 4 Ss 543/15, zitiert nach juris). Dabei kommt es auch darauf an, ob die verletzte Vorschrift die verfahrensrechtliche Stellung eines Angeklagten sichern soll oder ob sich der Verstoß für ihn als unerheblich darstellt (OLG Hamburg, Beschluss vom 27.06.2017, 1 Rev 12/17, zitiert nach juris).

Gemessen an diesen Maßstäben würden die gegenständlichen Aufnahmen vorliegend keinem Verwertungsverbot unterliegen.

Bei dem Eingangsbereich zu einem Bürogebäude handelt es sich grundsätzlich um öffentlich zugängliche Räume (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.09.2014, 11 LC 114/13, zitiert nach juris). Vorliegend ist aus der Akte nicht ersichtlich, ob die Kamera, deren Aufnahmen hier gegenständlich sind, ausschließlich den Personaleingang erfasst, oder ob sie darüber hinaus auch den Parkplatz und die dahinter verlaufende Straße erfasst.

Würde die Videoüberwachung ausschließlich den Personaleingang erfassen, würde es sich dabei um keinen Bereich handeln, der von einem unbestimmten und nur nach allgemeinen Merkmalen abgrenzbaren Personenkreis betreten und genutzt werden kann, und der seinem Zweck nach auch dazu bestimmt ist (Erfurter Kommentar/Franzen, 22. Auflage, BDSG, § 4, Rn. 3, zitiert nach beck-online), so dass es sich nicht um einen öffentlich zugänglichen Raum handeln würde und, jedenfalls § 4 BDSG keine Anwendung finden dürfte — stattdessen würde sich die Zulässigkeit der Videoüberwachung danach beurteilen, ob die Voraussetzungen des Art. 6 DSGVO vorliegen, in Betracht käme hier Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO.

Würde sich die Videoüberwachung nicht auf den Personaleingang beschränken oder würde dieser Personaleingang auch von Dritten genutzt werden, würde sich die Zulässigkeit der Videoüberwachung hingegen nach § 4 BDSG beurteilen.

Letztlich spielt dies für die Entscheidung keine Rolle. Denn selbst wenn durch die Anfertigung und die anschließende Speicherung der Aufnahmen — wie von der Verteidigung vertreten — gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen worden sein sollte, würden diese datenschutz-rechtlichen Bestimmungen nicht der Sicherung der Stellung des Beschuldigten im Strafverfahren dienen, so dass sie nur mit einem begrenzten Gewicht in die Abwägung einzustellen wären (OLG Hamburg a.a.O.).

Soweit die Mitarbeiter der Außenstelle der Staatsanwaltschaft Kiel durch die Überwachung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen sind, sind diese nur in ihrer lndividualsphäre berührt. Die Privatsphäre ist hier nicht betroffen. Bei der Privatsphäre handelt es sich um den Teil der Persönlichkeit, der das private Leben im häuslichen Bereich oder im Familienkreis und das sonstige Privatleben umfasst — diese Bereiche sind hier nicht tangiert. Betroffen ist lediglich die lndividualsphäre, für die regelmäßig das schwächste Schutzbedürfnis angenommen wird (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.12.2001, 1 Sa 392 b/01, zitiert nach juris).

Gemessen daran überwiegt vorliegend das Interesse an der Strafverfolgung.

Einen möglichen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen müssten sich die Strafverfolgungsbehörden im Übrigen auch nicht zurechnen lassen. Zwar sind die Aufnahmen von der Staatsanwaltschaft Kiel angefertigt worden, diese tritt in dem gegen den Beschuldigten geführten Verfahren jedoch nicht in ihrer Funktion als Ermittlungsbehörde auf. Vielmehr ist die Staatsanwaltschaft Flensburg mit den Ermittlungen beauftragt worden (BI. 6).

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen scheidet ein Beweisverwertungsverbot vorliegend aus, so dass die gegenständlichen Aufnahmen als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können.“

StPO I: Hilfsbeweisantrag der StA, oder: Wenn die StA kein bestimmtes Beweismittel nennt

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Der heutige Donnerstag bringt hier dann mal wieder Entscheidungen zur StPO.

Ich eröffne mit dem BGH, Urt. v. 14.10.2020 – 5 StR 279/20. Verurteilt worden ist der Angeklagten K. wegen Beihilfe zur versuchten unerlaubten Durchfuhr von Kriegswaffen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, der Angeklagten Z. ist freigesprochen worden. Die gegen dieses Urteil gerichteten und zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft waren beim BGH hinsichtlich des Freispruchs des Angeklagten Z. erfolgreich, während die Revision des Angeklagten K. mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs führt.

Hier will ich aus der etwas verwickelten Revisionsentscheidung nur die Ausführungen des BGH zur Revision der StA betreffend den K vorstellen. Gerügt worden waren von der StA u.a. Verfahrensfehler. Die sieht der BGH nicht:

„a) Verfahrensrechtliche Mängel deckt die Revision nicht auf.

aa) Die Rüge unzutreffender Bescheidung eines Hilfsbeweisantrags ist bereits unzulässig, denn entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO trägt die Beschwerdeführerin den Inhalt zahlreicher in dem Antrag und im Revisionsvorbringen in Bezug genommener Unterlagen nicht vor.

Die Rüge wäre auch unbegründet. Bei dem Antrag handelt es sich nicht um einen Beweisantrag im Rechtssinne (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Zu Ziffer 1 ihres Antrags hat die Staatsanwaltschaft die Verlesung eines Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Bosnien-Herzegowina zum Beweis verschiedener Tatsachen beantragt. Aus dem Antrag wird schon nicht klar, weshalb die Verlesung eines derartigen Schriftstücks überhaupt die behaupteten Beweisergebnisse belegen können soll, so dass es an der erforderlichen Konnexität mangelt (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Soweit die Staatsanwaltschaft bezüglich Ziffer 2 bis 4 ihres Antrags entweder die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls oder die Vernehmung des vernommenen Zeugen beantragt hat, stellt dies keinen zulässigen Beweisantrag dar, weil der Antragsteller ein bestimmtes Beweismittel zu benennen hat, mit dem Beweis erhoben werden soll, und nicht mehrere alternativ (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. dagegen zur – zulässigen – kumulativen Beweismittelbenennung Dallmeyer, in Alsberg, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., Rn. 118 f. mwN). Bezüglich Ziffer 5 des Antrags wird nicht bestimmt behauptet, welche konkreten Beweistatsachen der Zeuge Sa. bekunden soll, sondern lediglich geschildert, was ein in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommener Polizeibeamter ausgesagt hat. Auch dies entspricht nicht den Anforderungen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO. Zulässige Aufklärungsrügen sind insoweit nicht erhoben.

bb) Ob die Staatsanwaltschaft mit ihrer weiteren Revisionsbegründung vom 5. Mai 2020 angesichts der Schilderung zahlreicher Verfahrensvorgänge konkrete weitere Verfahrensrügen erheben wollte (und gegebenenfalls welche), erschließt sich dem Senat aus dem Revisionsvorbringen nicht.“

 

Durchsuchung I: Nochmals Anfangsverdacht pp. bei der Durchsuchung, oder: Warum dauert das 5 Jahre?

Smiley

Und ich starte dann in die 45. KW., am ersten Tag des Lockdown 2, mit zwei obergerichtlichen Entscheidungen zur Durchsuchung.

Der Opener ist der BVerfG, Beschl. v. 29.07.2020 – 2 BvR 1324/15 -, etwas älter, aber ich bin erst jetzt auf die Entscheidung gestoßen.

Der Entscheidung liegt folgender (verkürzter) Sachverhalt zugrunde: Der Beschuldigte ist Rechtsanwalt, was aber für die Entscheidung keine Rolle spielt. Er wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung der Durchsuchung seiner Kanzleiräume auf der Grundlage von § 102 StPO wegen des gegen ihn gerichteten Verdachts des versuchten Betruges.

Dem Beschuldigten wird die seine Beteiligung an der systematischen betrügerischen Geltendmachung nicht bestehender oder überhöhter Forderungen im Wege des Inkassos, durch Anwaltsschreiben und gerichtliche Geltendmachung vorgeworfen. Die Durchsuchung ist vom AG am 24.03.2015 (!!) angeordnet worden. Die Durchsuchung sollte der Auffindung von Gegenstände und Unterlagen dienen, und zwar sollte sie insbesondere auf Verträge mit Auftraggebern, Schriftwechsel mit Kunden und angeblichen Schuldnern, anwaltliche Handakten, Abrechnungsunterlagen, Gerichtsschriftwechsel, Stellungnahmen bei Beschwerden gegenüber der Anwaltskammer, Kontoauszüge, Computer, sonstige elektronische Speichermedien und E-Mail-Verkehr gerichtet sein.

Die Durchsuchungsanordnung wurde am 15.04.2015 vollzogen. Es wurden umfangreiche Unterlagen sichergestellt. Der Beschuldigte hat gegen die Durchsuchungsanordnung am 08.05.2015 Beschwerde eingelegt. Die hatte keinen Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde des Beschuldigten hatte aber Erfolg.

Das BVerfG meint – wobei ich mir mal die allgemeinen Ausführungen weg lasse, das haben wir alles schon zig-mal gelesen. Leider. Zur konkreten Sache:

„b) Den vorgenannten Anforderungen genügt die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts im Hinblick auf die von ihr zu erfüllende Begrenzungsfunktion erkennbar nicht. Bereits die Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses ist nicht geeignet, sicherzustellen, dass die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Beschwerdeführers einzugreifen, messbar und kontrollierbar bleibt.

Es wird zwar noch deutlich, dass maßgebliche Täuschungshandlung hier die Geltendmachung von unberechtigten Forderungen im Auftrag des Inkassounternehmens F. durch anwaltliche Schreiben des Beschwerdeführers sein soll, nämlich neben den Forderungen der T. Ltd. für angeblich in Anspruch genommene Telekommunikationsdienste solche für angebliche Urheberrechtsverletzungen für verschiedene Forderungsinhaber aus dem Bereich Film. An einer ausreichenden zeitlichen Begrenzung fehlt es jedoch; ein Tatzeitraum wird in Bezug auf die angeblichen Forderungen der T. Ltd. nur unzureichend eingegrenzt – es kommen nach dem Inhalt der Durchsuchungsanordnung ohne weitere zeitliche Begrenzung Taten vor, aber auch nach Zugang des Bescheids der Bundesnetzagentur in Betracht – und in Bezug auf solche der Auftraggeber aus dem Bereich Film gar nicht eingegrenzt.

Der Durchsuchungsbeschluss gestattet darüber hinaus die Suche nach einer unbestimmten Vielzahl denkbarer Unterlagen, die im Zusammenhang mit der auftragsweisen Geltendmachung von Forderungen durch den Beschwerdeführer stehen. Aufgrund der Angabe „u. a.“ können dies neben den vom Beschwerdeführer geltend gemachten und im Durchsuchungsbeschluss genannten Forderungen der T. Ltd., M., G., T., F. und P. auch Forderungen anderer, nicht näher eingegrenzter Auftraggeber aus dem Bereich Film sein.

Es kommt hinzu, dass die einzelnen Taten nicht hinreichend konkretisiert werden. Die einzige ungenaue Angabe in der Durchsuchungsanordnung ist insoweit, dass „derzeit“ in Bezug auf die Forderungen der T. Ltd. „laut polizeilicher Auflistung Bl. 216 von weit über 100 Fällen auszugehen [sei], wobei die tatsächliche Anzahl deutlich höher sein dürfte“. Das Gleiche gilt für die Tatmodalitäten: Im Hinblick auf die vermeintlich betrügerischen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen werden weder einzelne Geschädigte namhaft gemacht noch wird deutlich, welche konkreten Urheberrechtsverletzungen – der Durchsuchungsbeschluss spricht hier nur von dem Konsum und dem Hochladen von nicht näher bezeichneten „Filmen“ – in Rede stehen.

Ungeachtet des Umstandes, dass die in der Durchsuchungsanordnung genannten polizeilichen Ermittlungsvermerke und die ausdrücklich erwähnte polizeiliche Auflistung einzelner Fälle auf Blatt 216 der Ermittlungsakte weitere tatsächliche Angaben über den Inhalt der Tatvorwürfe und die zu suchenden Beweismittel enthalten, führen die unbestimmten, den Anwendungsbereich der Durchsuchungsanordnung unkontrollierbar erweiternden Formulierungen des Beschlusses zu einer mangelnden Begrenzung derselben. Das Amtsgericht hat es versäumt, durch eine geeignete Formulierung im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren für eine zumindest annäherungsweise Beschreibung der Tatvorwürfe gegenüber dem Beschwerdeführer und der dafür zu suchenden Beweismittel zu sorgen und damit den äußeren Rahmen, innerhalb dessen die Durchsuchung durchzuführen ist, abzustecken. Letztlich lag es im Ermessen der beauftragten Beamten, nach weiteren, nicht ausreichend bestimmten Beweismitteln zu suchen. Dies ist angesichts der aus Art. 13 Abs. 2 GG folgenden Verpflichtung, die Durchführung der Maßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten, von Verfassungs wegen nicht mehr hinnehmbar.

c) Eine Entscheidung darüber, ob der Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses darüber hinaus den von Verfassungs wegen zu stellenden Anforderungen widerspricht, erübrigt sich, da die angegriffene Anordnung der Durchsuchung der Kanzleiräume und die diese bestätigende Entscheidung des Landgerichts schon mangels ausreichender Begrenzung des Durchsuchungsgegenstandes rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht genügen.

d) Da das Landgericht Mannheim durch seinen Beschluss vom 17. Juni 2015 auf die Beschwerde des Beschwerdeführers hin – trotz der oben dargelegten Rechts- und Verfassungswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Mannheim – die Rechtswidrigkeit der bereits vollzogenen Durchsuchungsanordnung insoweit nicht festgestellt hat, verletzt der Beschluss des Landgerichts den Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG.“

Das BVerfG hat die Verletzung der Grundrechte des Beschuldigten festgestellt und die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung aufgehoben. So weit, so schön. Aber: Kann man sich als Beschuldigter über eine solche Entscheidung noch freuen, wenn das BVerfG mehr als fünf Jahre braucht, um die Verfassungswidrigkeit einer Durchsuchungsmaßnahme festzustellen? Ich habe Verständnis für die Belastung des BVerfG. Aber Rechtsschutz bedeutet m.E. auch, dass zeitnah entschieden wird. Und fünf Jahre nach dem Vollzug einer Durchsuchungsmaßnahme ist nun wahrlich nicht mehr zeitnah. Ich frage mich, warum braucht man für eine so einfach Sache 5 Jahre?

Dashcam-Aufzeichung als Beweismittel, oder: Der widersprüchliche Widerspruch

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Und als dritte Entscheidung stelle ich den BGH, Beschl. v. 17.01.2019 – 4 StR 370/18 – vor. Den habe ich vor einigen Tagen auf der HP des BGH gefunden. Entschieden hat der BGH über eine Revision gegen ein Urteil des LG Frankfurt (Oder). Das LG hatte den Angeklagten wegen dreier Morde und weiterer Straftaten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Zudem hat es die besondere Schuldschwere festgestellt und eine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung vorbehalten (wegen weiterer Einzelh. hier).

Im Beschluss geht es u.a. auch um Beweise/Beweisaufnahme, zumindest in einem weiteren Sinn. Denn in der Revision waren mit Verfahrensrügen die Unverwertbarkeit sog. Dashcam-Aufzeichnungen geltend gemacht worden. Der BGH hat die Rügen bereits als unzulässig angesehen:
„Denn zum einen unterlässt es die Revision, im Rahmen dieser Verfahrensbeanstandungen vorzutragen, dass die Verteidigung nach anfänglichem Widerspruch gegen die Verwertung des Videos im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung in einem Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens auf Standbilder aus dem – von ihr mit graphischen Symbolen bearbeiteten – Video und dessen Inaugenscheinnahme Bezug genommen hat, woraufhin das Video – nunmehr ohne Widerspruch seitens der Verteidigung – in der Hauptverhandlung erneut in Augenschein genommen wurde; die Mitteilung dieses Prozessgeschehens wäre aber zur Prüfung der Verfahrensrügen, insbesondere im Hinblick auf eine etwaige konkludente Rücknahme des anfänglichen Verwertungswiderspruchs sowie mit Blick auf eine gegebenenfalls zu treffende Abwägungsentscheidung, erforderlich gewesen.
Die Unzulässigkeit der beiden Verfahrensbeanstandungen ergibt sich zudem unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Prozessverhaltens; denn die Geltendmachung eines Verwertungsverbotes ist unvereinbar damit, dass die Verteidigung – zur Entlastung des Angeklagten – selbst auf eine erneute Auswertung der Kameraaufzeichnungen in der Hauptverhandlung hingewirkt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2000 – 2 StR 514/99, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Missbrauch 1).“