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StPO II: Zulässigkeit des Besetzungseinwandes, oder: Keine Bezugnahmen/Verweisungen

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Im zweiten Posting dann mal wieder etwas zum Besetzungseinwand (§ 222b StPO), und zwar noch einmal zur ausreichenden Begründung. Dem KG war hier der vom Angeklagten erhobene Besetzungseinwand nicht ausreichend begründet, weshalb er ihn im KG, Beschl. v. 20.02.2024 – 2 Ws 21/24 – 161 GWs 2/24 – als unzulässig verworfen hat:

„b) Allerdings genügt der Einwand in formeller Hinsicht nicht den an ihn nach § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO zu stellenden Anforderungen, wonach die Tatsachen, aus denen sich die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung ergeben soll, anzugeben sind. Die durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2121) eingefügte Vorschrift des § 222b Abs. 3 StPO verlagert die bislang im Wege der Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 1 StPO zu erhebende Rüge der vorschriftswidrigen Gerichtsbesetzung aus dem Revisionsverfahren in ein Vorabentscheidungsverfahren (vgl. BT-Drs. 19/14747, Seite 29). Mit dieser Verlagerung hat sich aber nicht der in der Sache anzuwendende Prüfungsmaßstab verändert.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen das Vorabentscheidungsverfahren im Wesentlichen an das Revisionsverfahren angelehnt sein und die für die alte Rechtslage vorgeschriebenen Form- und Fristvoraussetzungen (vgl. insoweit BGHSt 44, 161) sowie die Begründungsanforderungen gemäß § 222b Abs. 2 Satz 2 und 3 erhalten bleiben (vgl. BT-Drs. aaO; Gmel in KK-StPO, 9. Aufl., § 222b Rn. 8).

c) Entsprechend einer Rüge der Gerichtsbesetzung im Revisionsverfahren gemäß § 344 Abs. 2 StPO erfordert die Rüge daher eine geschlossene und vollständige Darstellung der Verfahrenstatsachen; alle einen behaupteten Besetzungsfehler begründenden Tatsachen müssen aus sich heraus – das heißt, ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf andere Schriftstücke, insbesondere Anlagen, Aktenbestandteile oder Schriftsätze anderer Verfahrensbeteiligter – so konkret und vollständig innerhalb der Wochenfrist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO vorgebracht werden, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird (vgl. [zur alten Rechtslage] BGHSt aaO; [zur unveränderten neuen Rechtslage] Kammergericht, Beschlüsse vom 3. Mai 2023 – 4 Ws 44/23 – und vom 1. März 2021 – 4 Ws 14/21 –, jeweils mwN, OLG Celle StraFo 2020, 159; OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20, 2 Ws 139/20 –). Hierzu zählt auch, dass Umstände, die geeignet sein könnten, die vom Gericht beschlossene Besetzung zu begründen, nicht verschwiegen werden dürfen (vgl. OLG Celle aaO). Eine Bezugnahme auf Anlagen zur Antragsschrift ist unzulässig, denn es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, das Vorbringen an der passenden Stelle zu ergänzen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12. Mai 2022 – III-5 Ws 114/22 –).

2. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist der Besetzungseinwand unzulässig.

a) Den vorgenannten Anforderungen wird der Vortrag des Angeklagten schon deshalb nicht gerecht, weil nicht dargelegt wird, wann das Gericht dem Angeklagten die Besetzung der Strafkammer mitgeteilt hat, so dass dem Senat als Rechtsmittelgericht die Überprüfung der Rechtzeitigkeit des Besetzungseinwandes verwehrt bleibt (vgl. auch OLG München aaO). Das Datum des Eingangs beim Angeklagten bzw. seinem Verteidiger ergibt sich auch nicht aus der als Anlage beigefügten Besetzungsmitteilung. Insoweit wäre aber ohnehin eine Bezugnahme auf diese Anlage unzulässig.

b) Der Einwand ist aber auch im Übrigen unzulässig.

(1) Soweit sich der Angeklagte gegen die Zuständigkeit der 27. Strafkammer wendet, fehlen Darlegungen, woraus sich die Unzuständigkeit der 27. Strafkammer ergeben soll. Der Angeklagte teilt bereits nicht mit, wie die Regelung nach Rn. 107 des Geschäftsverteilungsplanes des Landgerichts Berlin lautet. Diese Regelung findet sich zwar in einer der beigefügten Anlagen, wobei diese Anlage bereits nicht nummeriert oder überschrieben ist. Diese Bezugnahme ist indes unzulässig; erforderlich wäre eine wörtliche oder zumindest sinngemäße Wiedergabe der vermeintlich fehlerhaft angewendeten Regelung des Geschäftsverteilungsplanes des Landgerichts Berlin. Es wird auch nicht mitgeteilt, woraus sich die Annahme des Angeklagten ergeben soll, dass die Zuteilung an die Strafkammer erfolgen solle, die nummerisch auf die Strafkammer folgt, deren Sache zurückverwiesen wurde.

Auch fehlen jegliche Ausführungen zu der von der Eingangsregistratur des Landgerichts Berlin vorgenommenen Zuteilung der Sache an die 27. Strafkammer. Woraus sich ergeben soll, dass die numerisch vorgehenden Strafkammern – so der Vortrag des Angeklagten – nicht überlastet gewesen seien, bleibt unklar.

(2) Soweit sich der Einwand des Angeklagten zudem gegen die Besetzung der 27. Strafkammer wendet, ist er ebenfalls unzulässig.

Eine „vorschriftswidrige Besetzung“ im Sinne des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO ist lediglich dann gegeben, wenn das erkennende Gericht mit einem oder mehreren Richtern besetzt war, bei denen es sich nicht um den bzw. die gesetzlichen Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG handelt. Wer gesetzlicher Richter ist, bestimmt sich nach dem Gerichtsverfassungsgesetz und der Umsetzung der dortigen Vorgaben durch den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts, dem der fragliche Spruchkörper angehört (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2016 – 1 StR 422/15 –).

Die vollständige Besetzung der 27. Strafkammer wird vom Angeklagten bereits nicht mitgeteilt. Der Geschäftsverteilungsplan des nunmehr zuständigen Landgerichts Berlin I für das Jahr 2024, aus dem sich die reguläre Besetzung der 27. Strafkammer ergeben würde, wird nicht vorgelegt.

Der Besetzungseinwand teilt insoweit nur mit, dass „nicht mehr Richter x Mitglied der Kammer wäre, sondern Richter am Landgericht x“. Aus dem Vorbringen des Angeklagten lässt sich zwar ansatzweise erkennen, dass er die Besetzung der Hauptverhandlung mit Richter x beanstandet, hingegen lässt sich daraus nicht erkennen, unter welchem konkreten rechtlichen Aspekt (vgl. § 222b Abs. 1 Satz 3 StPO) die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung geltend gemacht werden soll. Die angedeutete Verhinderung von Richter am Landgericht x würde nur dann zu einer „vorschriftswidrigen Besetzung“ des Gerichts führen, wenn Richter am Landgericht x gesetzlicher Richter gewesen wäre. Das hat der Angeklagte aber nicht ausreichend dargelegt. Aus der Besetzungsrüge ist auch nicht zu entnehmen, dass ein Verhinderungsgrund betreffend Richter am Landgericht x nicht vorgelegen habe. Ob beispielsweise eine förmlich festgestellte Verhinderung des Richters am Landgericht x vorliegt oder dieser beispielsweise wegen Urlaubs oder Krankheit an der Teilnahme an der Hauptverhandlung gehindert war, wird von dem Angeklagten in seinem Einwand nicht mitgeteilt (vgl. BGH NStZ 2020, 757 f.). Auch fehlt es an Darlegungen zur Bestimmung des zuständigen Vertreters nach den Regelungen des Geschäftsverteilungsplanes des Landgerichts Berlin I für das Jahr 2024, die eine Überprüfung der ggf. fehlerhaften Heranziehung von Richter x ermöglichen würden.

Zwar trifft die aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO folgende Vortragslast den Angeklagten bzw. seine Verteidiger nur in Bezug auf die Tatsachen, die ihm zugänglich sind, wobei die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen (vgl. Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, 65. Aufl., StPO, § 344 Rn. 22 mwN). Der Angeklagte bzw. sein Verteidiger hat – soweit ersichtlich – gar keine Anstrengungen unternommen, die Gründe für die Besetzung der Kammer zu ermitteln, so beispielsweise durch Nachfragen bei der Kammer oder der Gerichtsverwaltung. Dass Informationen erfragt, aber nicht mitgeteilt worden wären, trägt der Besetzungseinwand nicht vor.“

Nichts Neues, sondern nur noch einmal Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung. Die findet man dann (demnächst) auch bei <<Werbemodus an>> Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl. 2025, bzw. bei Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Aufl. 2025, die man einzelne, als Paket oder als sog. Trilogie hier vorbestellen kann. <<Werbemodus aus>>.

StPO I: Anforderungen an den Besetzungseinwand, oder: Wie die Revisionsbegründung

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Und dann heute noch einmal StPO – ja, schon wieder. Es hat sich eben einiges angesammelt.

Zunächst etwas zum Besetzungseinwand (§ 222a StPO(, und zwar der OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.05.2024 – 1 Ws 65/24 (S). Das OLG nimmt noch einmal zu den formellen Voraussetzungen des Besetzungseinwandes Stellung, die es als nicht erfüllt angesehen hat:

„Der Besetzungseinwand ist nicht in zulässiger Form erhoben worden und schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

1. Der Verteidiger ist berechtigt, den Besetzungseinwand im eigenen Namen zu erheben (vgl. Gmel in: KK-StPO, 9. Aufl., § 222b Rn. 2), was er vorliegend unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat. Der Senat ist zu einer Entscheidung berufen, da die Hauptverhandlung noch andauert.

2. Der Besetzungseinwand wird jedoch nicht den in formeller Hinsicht zu stellenden Anforderungen gerecht.

a) Die Begründungsanforderungen an den Besetzungseinwand sind streng und entsprechen weitgehend den Rügevoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 54; BGH StV 2016, 623; BGH NStZ 2007, 536); auch mit der Neufassung des Gesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I, 2121) hat sich im Hinblick auf das Vorabentscheidungsverfahren daran nichts geändert. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber das Vorabentscheidungsverfahren eingeführt, um frühestmöglich Klarheit über die zutreffende Gerichtsbesetzung zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 19/14747, S. 29 f.). Es ersetzt damit die nach altem Recht im Wege der Verfahrensrüge nach §338 Nr.1 StPO mit dem Rechtsmittel der Revision zu erhebende Rüge der ordnungswidrigen Gerichtsbesetzung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Vorabentscheidungsverfahren im Wesentlichen an das Revisionsverfahren angelehnt sein und sollen die für die alte Rechtslage vorgeschriebenen Form- und Fristvoraussetzungen sowie die Begründungsanforderungen in der bis zum 10. Dezember 2019 geltenden Fassung erhalten bleiben (vgl. BT-Drucks. a.a.O.). Dem Willen des Gesetzgebers ist zu entnehmen, dass das – nunmehr gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 4 GVG insoweit zur Entscheidung berufene – Oberlandesgericht die Frage der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung anstelle des Bundesgerichtshofes vorab verbindlich klärt und damit den erstinstanzlichen Verfahren vor den Landgerichten, insbesondere bei längeren Hauptverhandlungen, das „Damoklesschwert“ einer Urteilsaufhebung im Revisionsverfahren wegen falscher Gerichtsbesetzung nimmt (BT-Drucks. 129/14747, S. 29). Das hat zur Folge, dass auf die erhobene Besetzungsrüge hin von dem Rechtsmittelgericht im Sinne des § 222b Abs. 3 StPO diese Frage verbindlich zu klären ist. Adressat der Rüge ist also von vornherein nicht etwa nur das erstinstanzliche erkennende Gericht, sondern auch das Rechtsmittelgericht. Dessen Position entspricht der des Revisionsgerichts im Rahmen einer Revision, an dessen Stelle es bei der Bescheidung der Besetzungsrüge tritt. Es gibt demgemäß keinen Grund, für die Besetzungsrüge geringere Begründungsanforderungen anzunehmen als für die Besetzungsrüge im Rahmen der Revision gemäß § 338 Nr. 1 StPO (vgl. Senatsbeschluss vom 4. November 2020, 1 Ws 135/20, StV 2021, 815 ff.).

Das hat zur Folge, dass der Besetzungseinwand in der gleichen Form geltend zu machen ist wie die als Verfahrensrüge ausgestaltete Besetzungsrüge der Revision nach Maßgabe von § 344 Abs. 2 StPO (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16. Februar 2024, in: NJW-Spezial 2024, 216 f.; OLG Köln, Beschluss vom 8. August 2023, zit. n. juris, 2 Ws 464/23; OLG Köln, Beschluss vom 21. Juni 2021, 2 Ws 296/21; KG, Beschluss vom 1. März 2021, 4 Ws 14/21, in: StV 2021, 813; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 3. November 2021, 1 Ws 73/21, in: wistra 2022, 131 f.). Der Besetzungseinwand muss ohne Bezugnahmen und Verweisungen aus sich heraus Inhalt und Gang des bisherigen Verfahrens so konkret und vollständig wiedergeben, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird. Denn es ist nicht Aufgabe des Senats, im Vorabentscheidungsverfahren gemäß § 222b Abs. 3 StPO, das – wie ausgeführt – revisionsrechtlichen Grundsätzen folgt, den Revisionsvortrag aus anderen Unterlagen zusammenzufügen oder zu ergänzen (vgl. BGH, Urteil v. 04.09.2014, 1 StR 75/14, in: StraFo 2015, 70 f.). Dabei sind als erforderlicher Inhalt des Besetzungseinwands auch Angaben anzusehen, aus denen sich dessen Statthaftigkeit ergibt. Widrigenfalls bedürfte es des bei einer revisionsähnlichen Ausgestaltung des Vorabentscheidungsverfahrens nicht zulässigen Rückgriffs auf die Akten, um dem Rechtsmittelgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob der Besetzungseinwand in statthafter Weise in Bezug auf eine spätestens zu Beginn der Hauptverhandlung erfolgende Besetzungsmitteilung erhoben wurde (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16. Februar 2024, in: NJW-Spezial 2024, 216 f.; OLG Bremen, Beschluss vom 14. April 2020, NStZ 2020, 565 f.).

b) Demnach muss sich der Vortrag zum Besetzungseinwand auch auf die Förmlichkeiten des Rechtsbehelfs beziehen, woran es hier fehlt. Gemäß § 222a Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. StPO ist die vor der Hauptverhandlung avisierte Mitteilung der Besetzung des Gerichts seit der Gesetzesänderung 2019 förmlich zuzustellen, da sie die einwöchige Ausschlussfrist nach § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO auslöst (BT-Drucks. 19/14747, S. 30) und zur unverzüglichen Anbringung der Ablehnungsgründe zwingt (BT-Durcks. a.a.O., S. 17). Zur Frage, ob die Gerichtsmitteilung vor der Hauptverhandlung dem Verteidiger des Angeklagten („Name 01“) förmlich zugestellt worden ist, verhalten sich die Ausführungen zum Besetzungseinwand jedoch nicht. Nach den Ausführungen in der Begründungsschrift vom 6. März 2024 scheinen die Mitteilungen formlos erfolgt zu sein. Den Ausführungen zum Besetzungseinwand kann auch nicht entnommen werden, ob der Kammervorsitzende die förmliche Zustellung der Besetzungsmitteilung angeordnet hat (§ 36 Abs. 1 Satz 1 StPO). Letztlich kann der Senat aufgrund des Sachvortrags nicht überprüfen, ob die für den Besetzungseinwand erforderlich Mitteilung formgerecht, mithin wirksam erteilt worden ist. Bei nicht wirksamer Besetzungsmitteilung wäre zur Fristberechnung auf die Besetzungsbekanntgabe zu Beginn der Hauptverhandlung am 6. März 2024 abzustellen. In diesem Falle aber wäre der Besetzungseinwand schon vor deren wirksamer Bekanntgabe in der Hauptverhandlung erhoben worden und würde sich als nicht statthaft erweisen, da das Gesetz einen vorgreiflichen Besetzungseinwand nicht kennt.“

Und dazu – und noch zu viel mehr – kann man dann bald wieder << Werbemodus an>> Aktuelles lesen in den Neuauflagen der beiden Handbücher für das Ermittlungsverfahren – jetzt dann 10. Aufl. – und für die Hauptverhandlung – jetzt dann 11. Aufl., die man hier vorbestellen kann. <<Werbemodus aus>>

StPO II: Besetzungseinwand prozessual überholt, oder: Es bleibt dann das Revisionsverfahren

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Und im zweiten Beitrag stelle ich dann den KG, Beschl. v. 20.10.2023 – 3 Ws 50/23 – 161 AR 180/23 – vor. Es geht noch einmal um den Besetzungseinwand nach § 222b StPO.

Nach dem Sachverhalt hatte eine Strafkammer LG Berlin mit Beschluss vom 11.09.2023 unter Eröffnung des Hauptverfahrens die Anklage der StA vom 09.08.2023 zur Hauptverhandlung zugelassen. Gleichzeitig hat sie hinsichtlich ihrer Besetzung in der Hauptverhandlung entschieden, dass diese gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 GVG mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt sein wird. Mit Verfügung vom gleichen Tag hat der Vorsitzende die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses veranlasst, Termin zur Hauptverhandlung auf den 27.09.2023 anberaumt und die Ladung der Beteiligten sowie die Übersendung der Besetzungsmitteilung angeordnet. Mit Schriftsatz vom 14.09.2023 hat Rechtsanwalt A für den Nebenkläger B die Besetzung des Gerichts nach § 222b Abs. 1 StPO gerügt und bemängelt, dass die Kammer nach § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GVG keine Dreierbesetzung beschlossen hat. Im Rahmen der Begründung hat er ausgeführt, weshalb die Anberaumung der Verhandlung als Tagessache aufgrund des aus seiner Sicht erforderlichen Hauptverhandlungs­programms, das neben der Inaugen­scheinnahme eines einstündigen Tatvideos, der Hinzuziehung eines waffenkundigen Sachverständigen und weiterer Zeugen bestehen sollte, unzureichend sei. Ferner hat der Nebenkläger auf die in dem vor einer anderen großen Strafkammer geführten Parallelverfahren bereits durchgeführten über 20 Hauptverhandlungstage hin­gewiesen, in dem u.a. gegen fünf vermeintliche Mit­beteiligte an der vorliegend angeklagten Tat mit umfangreichem Prozessstoff und einem Aktenbestand von aktuell 21 Verfahrensbänden, 24 Sonderbänden und einer Beiakte verhandelt werde. Der Umfang der Akten, in die aufgrund der bislang lediglich gewährten Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle bis dato keine Einsicht genommen worden sei, sowie die erforderliche Hinzuziehung eines Dolmetschers und das aufgrund des (bislang) schweigenden Angeklagten gebotene Beweisprogramm gebiete die Besetzung der Kammer mit drei – statt nur zwei – Berufsrichtern.

In seiner Verfügung vom 18.09.2023 hat der Kammervorsitzende zunächst vermerkt, dass die Kammer nach Beratung den Besetzungseinwand für unbegründet halte. Eine Zweierbesetzung sei ausreichend, da die Hauptakten aus zwei Bänden bestünden und der Tatvorwurf gegen den einen Angeklagten überschaubar sei. Die Sache sei als Tagessache für den 27.09.2023 terminiert. Ferner sei nach dortiger Rechtsansicht im neuen Vorlageverfahren gemäß § 222b Abs. 3 StPO ein förmlicher Beschluss nicht erforderlich. Sodann hat der Kammervorsitzende die Vorlage des Besetzungseinwands – über die Staats­anwaltschaft Berlin – an das KG verfügt.

Der Beschwerdeband ging nebst Stellungnahme der GStA vom gleichen Tag am 26.09.2023 beim KG/Senat ein. Von dort aus wurde dem Verteidiger und Rechtsanwalt A Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Vermerk des Vorsitzenden und der Stellungnahme der GStA Berlin bis zum 28.09.2023, 12 Uhr gewährt.

In der Hauptverhandlung am 27.09.2023 hat die verurteilt. Das KG hat in dem Beschluss den Besetzungseinwand des Nebenklägers als durch das ergangene Urteil vom 27.09.2023 prozessual überholt angesehen.

Hier die Leitsätze der Entscheidung:

    1. Verkündet das Tatgericht vor der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts nach § 222b Abs. 3 StPO über die vorschriftsmäßige Besetzung ein Urteil, so ist das Vorab­entscheidungs­verfahren erledigt. Der Einwand vorschriftswidriger Besetzung kann sodann im Rahmen der Revision geltend gemacht werden.
    2. Die zulässige Begründung der Besetzungsrüge erfordert gemäß § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO eine geschlossene und vollständige Darstellung der Verfahrens­tatsachen, die den behaupteten Besetzungsfehler begründen. Wird der Besetzungseinwand auf den Umfang der Akten gestützt wird, dürften konkrete Angaben zu dem tatsächlich zu bewältigenden Aktenbestand erforderlich sein.
    3. Die in § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO vorgesehene Entscheidung des Tatgerichts über seine ordnungsgemäße Besetzung ist durch mit Gründen versehenen Beschluss zu treffen. Sie dient insbesondere im Falle der Zurückweisung des Besetzungseinwands der Selbst­überprüfung und soll die ihr zugrundeliegenden Erwägungen für die Verfahrens­beteiligten sowie das Rechtsmittelgericht nach­vollziehbar und überprüfbar machen.

Die Leitsätze zu 2. und 3. sind „nicht tragend“.

StPO III: Ein Besetzungseinwand ist keine Beschwerde, oder: Wenn (ahnungslose) „Künstler“ verteidigen

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Und zum Tagesschluss dann ein weiterer Beschluss des OLG Stuttgart, und zwar der OLG Stuttgart, Beschl. v. 01. Februar 2023 – 4 Ws 20/23 – zum Besetzungseinwand.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs der schweren räuberischen Erpressung gemäß §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1b) StGB Anklage zum LG erhoben. Eine (große) Strafkammer des LG hat diese Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen, gegen den Angeklagten das Hauptverfahren eröffnet und Haftfortdauer angeordnet. Im selben Beschluss hat das LG bestimmt, dass die Große Strafkammer in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt sein wird. Gegen diese Besetzungsentscheidung wendet sich der Angeklagte mit seiner mit Verteidigerschriftsatz eingelegten Beschwerde mit der Begründung, der Umfang des Verfahrens gebiete eine Besetzung mit drei Berufsrichtern.

Das „Rechtsmittel“ hatte keinen Erfolg:

„1. Die Beschwerde des Angeklagten ist unzulässig.

a) Die Entscheidung über die in der Hauptverhandlung reduzierte Besetzung ist nicht selbständig mit der Beschwerde anfechtbar (BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, juris Rn. 8; OLG Bremen, Beschluss vom 27. April 1993 – Ws 46 – 47/93, StV 1993, 350 – 351; Siolek in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 76 GVG Rn. 8; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 76 GVG Rn. 8a), wobei offen bleiben kann, ob sich die Unanfechtbarkeit im Wege der Beschwerde daraus ergibt, dass der Beschluss über die Gerichtsbesetzung Teil des Eröffnungsbeschlusses ist und an dessen Unanfechtbarkeit für den Angeklagten gemäß § 210 Abs. 1 StPO teilnimmt oder dass es sich bei der Entscheidung über die Gerichtsbesetzung um eine nicht der Beschwerde unterliegende der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung nach § 305 StPO handelt (vgl. zum Meinungsstand Siolek in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 76 GVG Rn. 8).

b) Eine Auslegung als Besetzungseinwand gemäß § 222b StPO, der für den Einwand gegen die Gerichtsbesetzung mit zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden entweder in direkter (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 – 4 StR 657/98, BGHSt 44, 361 – 368; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Januar 2014 – III-1 Ws 50/14, juris Rn. 21) oder entsprechender (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, juris Rn. 11; OLG Dresden, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 3 Ws 95/21, BeckRS 2021, 40826 Rn. 10) Anwendung des § 222b Abs. 1 StPO der statthafte Rechtsbehelf wäre, ist angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung des Rechtsmittels als „Beschwerde entsprechend § 304 StPO“ durch den Verteidiger des Angeklagten, der Fachanwalt für Strafrecht ist, nicht möglich. Der Schriftsatz würde außerdem in formeller Hinsicht nicht den an ihn nach § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO zu stellenden Anforderungen genügen, wonach die Tatsachen, aus denen sich die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung ergeben soll, anzugeben sind. Entsprechend einer Rüge der Gerichtsbesetzung im Revisionsverfahren gemäß § 344 Abs. 2 StPO erfordert der Besetzungseinwand eine geschlossene und vollständige Darstellung der Verfahrenstatsachen (Gmel in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Aufl., § 222b Rn. 8). Alle einen behaupteten Besetzungsfehler begründenden Tatsachen müssen aus sich heraus, also ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf andere Schriftstücke, insbesondere Anlagen, Aktenbestandteile oder Schriftsätze anderer Verfahrensbeteiligten, so konkret und vollständig innerhalb der Wochenfrist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO vorgebracht werden, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird (KG Berlin, Beschluss vom 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, juris Rn. 7; OLG Celle, Beschluss vom 27. Januar 2020 – 3 Ws 21/20, juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20, juris Rn. 15). Hierzu zählt auch, dass Umstände, die geeignet sein könnten, die vom Gericht beschlossene Besetzung zu begründen, nicht verschwiegen werden dürfen (OLG Celle aaO). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdeschreiben bereits deshalb nicht, weil es den für die Berechnung der Frist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO maßgeblichen Zustellungszeitpunkt des Beschlusses des Landgerichts Tübingen vom 5. Januar 2023 verschweigt.

2. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Einwand auch in der Sache nicht durchgreifen würde. Es liegt kein Fall des § 76 Abs. 2 Satz 3 GVG vor, insbesondere erscheint weder nach dem Umfang noch der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters erforderlich (§ 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GVG). Nach § 76 GVG ist die Besetzung einer großen Strafkammer mit zwei Berufsrichtern die Regel, diejenige mit drei Berufsrichtern die Ausnahme (BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, juris Rn. 7; Schuster in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl., GVG § 76 Rn. 4). Zwar steht der das Hauptverfahren eröffnenden Strafkammer nach § 76 Abs. 2 GVG bei der Entscheidung über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung kein Ermessen zu. Die Dreierbesetzung ist zu beschließen, wenn dies nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache notwendig erscheint. Bei der Auslegung dieser gesetzlichen Merkmale ist der Strafkammer indes ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt, bei dessen Ausfüllung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH, Beschluss vom 14. August 2003 – 3 StR 199/03, juris Rn. 8; Diemer in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Aufl., GVG § 76 Rn. 3). Bedeutsam für den Umfang der Sache sind etwa die Zahl der Angeklagten, Verteidiger und erforderlichen Dolmetscher, die Zahl der den Angeklagten vorgeworfenen Straftaten, die Zahl der Zeugen und anderen Beweismittel, die Notwendigkeit von Sachverständigengutachten, der Umfang der Akten sowie die zu erwartende Dauer der Hauptverhandlung. Die überdurchschnittliche Schwierigkeit der Sache kann sich aus der Erforderlichkeit umfangreicher Sachverständigengutachten, aus zu erwartenden Beweisschwierigkeiten oder aus der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen ergeben (BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, juris Rn. 15). Das ist hier nicht der Fall. Das Verfahren gegen einen Angeklagten wegen einer diesem zur Last gelegten Tat ist weder von besonderem Umfang noch von besonderer Schwierigkeit geprägt. Der Umfang der Ermittlungsakte liegt mit zwei Stehordnern und 646 Blatt für ein Verfahren vor einer großen Strafkammer eher im unteren durchschnittlichen Bereich. Seitens der Staatsanwaltschaft wurden insgesamt sieben Zeugen benannt, hiervon drei Polizeibeamte, und es wurden zwei Sachverständigengutachten eingeholt, ein DNA-Gutachten und ein anthropologische Gutachten, mithin regelmäßig in Strafverfahren erhobene und nicht besonders umfangreiche Sachverständigengutachten. Weiterhin enthält die Ermittlungsakte eine überschaubare Anzahl an Lichtbildern sowie die Videoaufzeichnungen der Tat. Auch besondere Schwierigkeiten in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht sind nicht ersichtlich. Insbesondere begründet die Tatsache, dass der Tatnachweis gegen den von seinem Schweigerecht Gebrauch machenden Angeklagten anhand dieser – in Anzahl und Komplexität überschaubaren – Beweismitteln zu führen sein wird, keine besondere Schwierigkeit, da der Tatnachweis anhand von Beweismitteln gerade das Wesen des Strafprozesses darstellt. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tat bereits mehr als zwei Jahre zurück liegt, zumal die Staatsanwaltschaft zum Tatnachweis insbesondere ein DNA-Gutachten und ein anthropologische Gutachten heranzieht, die mit Zeitablauf gerade nicht an Beweiskraft verlieren. Eine Verhandlung in Dreierbesetzung ist demnach offenkundig nicht angezeigt. Zudem wäre für eine durchgreifende Rüge der fehlerhaften Gerichtsbesetzung ohnehin erforderlich, dass die Strafkammer ihre Entscheidung auf sachfremde Erwägungen gestützt oder den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten hat, so dass ihre Entscheidung objektiv willkürlich erscheint (BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, juris Rn. 14; KG Berlin, Beschluss vom 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, juris Rn. 13).“

Der Verteidiger scheint ein Künstler gewesen zu sein 🙂

StPO III: Gründe nachschieben und Besetzungsrüge, oder: Auch Besetzungseinwand (nur) per beA?

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Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.09.2022 – III-2 Ws 181-183/22. In der Entscheidung geht es um einen Besetzungseinwand (§ 222b StPO).

Bei einer großen Strafkammer des LG Duisburg wird seit dem 01.08.2022 gegen sechs Angeklagte u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verhandelt. Das Verfahren gegen zwei Angeklagte war am 21.07.2022 hinzuverbunden worden. Besetzt ist die Strafkammer mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen .

Am ersten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte H. durch seinen Verteidiger die auf zwei statt drei Berufsrichter reduzierte Besetzung mit der Begründung beanstandet, dass, insbesondere nach Verbindung der beiden Verfahren, mit mehr als zehn Verhandlungstagen zu rechnen sei. Diesem Besetzungseinwand haben sich die Angeklagten D. und M. jeweils durch ihren Verteidiger angeschlossen.

Ferner hat der Angeklagte M. durch seinen Verteidiger die Besetzung mit den beiden anwesenden Schöffinnen beanstandet, weil diese nicht die tatsächlich zuständigen Schöffinnen seien. Diesem Besetzungseinwand haben sich die Angeklagten H. und D. jeweils durch ihren Verteidiger angeschlossen.

Der Verteidiger des Angeklagten M. hat der Strafkammer mit Telefax vom 08.08.2022, 23:14 Uhr, eine schriftsätzliche Begründung der Besetzungseinwände übermittelt. Ferner hat er noch am 08.08.2022 per Telefax jeweils einen Schriftsatz der Verteidiger der Angeklagten H. und D. an die Strafkammer weitergeleitet. Diese Schriftsätze beschränken sich jeweils auf die Erklärung, dass sich der Unterzeichner den Ausführungen des Kollegen aus dem Schriftsatz vom 08.08.2022 anschließt.

Die Strafkammer hat die Besetzungseinwände mit Beschluss vom 12.08.2022 als unzulässig verworfen. Die Akten sind dann dem OLG am 26.08.2022 zur Entscheidung über die Besetzungseinwände vorgelegt worden. Das hat sie zurückgewiesen:

„Die Besetzungseinwände haben keinen Erfolg. Sie sind bereits nicht in zulässiger Weise erhoben worden.

1. Bei einem Besetzungseinwand sind die Tatsachen, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung ergeben soll, anzugeben (§ 222b Abs. 1 Satz 2 StPO). Die an diesen Vortrag zu stellenden Anforderungen entsprechen den Rügeanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. OLG Celle StraFo 2020, 159; OLG Brandenburg StV 2021, 815; OLG Hamm BeckRS 2022, 12225). Die Verfahrenstatsachen sind mithin so vollständig und genau anzugeben, dass dem Senat allein auf Grundlage dieses Vortrags eine Entscheidung möglich ist.

Ferner sind alle Beanstandungen gleichzeitig vorzubringen (§ 222b Abs. 1 Satz 3 StPO). Das Nachschieben von Tatsachen ist auch dann unzulässig, wenn die Beanstandungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. BGH NStZ 1999, 367, 369; Gmel in: Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl. 2019, § 222b Rdn. 9). Die Regelung, dass alle Beanstandungen gleichzeitig vorzubringen sind, kann sich notwendigerweise nur auf die laufende Beanstandungsfrist beziehen. Denn nach deren Ablauf ist Vorbringen zu einer vorschriftswidrigen Besetzung ohnehin präkludiert.

Hiernach erweist sich das Vorbringen zu den Besetzungseinwänden als völlig unzureichend.

Am ersten Hauptverhandlungstag ist bei dem Einwand gegen die Besetzungsreduktion (§ 76 Abs. 2 GVG) lediglich vorgebracht worden, dass, insbesondere nach Verbindung der beiden Verfahren, mit mehr als zehn Verhandlungstagen zu rechnen sei. Die Besetzung mit den beiden anwesenden Schöffinnen wurde nur mit der allgemein gehaltenen Begründung beanstandet, dass diese nicht die tatsächlich zuständigen Schöffinnen seien.

Mangels Darlegung konkreter Verfahrenstatsachen ermöglicht dieses unsubstantiierte Vorbringen dem Senat eine Überprüfung der Besetzungseinwände in keiner Weise.

Das Vorbringen in dem Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten M. vom 8. August 2022 ist unbeachtlich, da es entgegen § 222b Abs. 1 Satz 3 StPO in unzulässiger Weise nachgeschoben worden ist. Dass die einwöchige Beanstandungsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war, ändert daran – wie dargelegt – nichts.

Es wäre angezeigt gewesen, sich innerhalb der Beanstandungsfrist zunächst vollständige Kenntnis von den maßgeblichen Verfahrenstatsachen zu verschaffen und die Besetzungseinwände sodann gleichzeitig mit konkreten Darlegungen zu erheben. Die Beanstandungsfrist soll den Verfahrensbeteiligten gerade die Überprüfung der Besetzung ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 19/14747 S. 31). Vorliegend ist der Besetzungseinwand gegen die beiden Schöffinnen am ersten Hauptverhandlungstag gleichsam ins Blaue hinein erhoben worden. Erst danach erfolgte seitens der Verteidigung die Einsichtnahme in die Unterlagen zur Heranziehung der beiden Schöffinnen.

Soweit sich die Verteidiger der Angeklagten H. und D. jeweils mit schriftlicher Erklärung vom 8. August 2022 den schriftsätzlichen Ausführungen ihres Kollegen angeschlossen haben, fehlt es entgegen §§ 222b Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2, 345 Abs. 2 StPO ohnehin bereits an einer eigenverantwortlichen Begründungsschrift. Eine Revisionsbegründung muss den für die Beurteilung der Beanstandung erforderlichen Sachverhalt eigenständig und vollständig vortragen. Eine Bezugnahme auf die Schriftsätze anderer Verfahrensbeteiligter reicht nicht (vgl. BGH NStZ 2007, 166; NStZ-RR 2018, 153; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 345 Rdn. 14). Nichts anderes gilt in entsprechender Anwendung von § 345 Abs. 2 StPO für Besetzungseinwände, die schriftsätzlich außerhalb der Hauptverhandlung vorgebracht werden.“

Dürfte den Regelungen in § 222b StPO entsprechen. Es muss also alles sofort auf den Tisch 🙂 .

Interessant ist der OLG-Beschluss m.E. auch noch aus einem weiteren Grund. Das OLG spricht nämlich eine mit § 32d StPO zusammenhängende Frage an: Stichwort: Elektronisches Dokument. Nämlich:

„2. Der Senat kann offen lassen. ob die Schriftsätze vom 8. August 2022 auch deshalb unbeachtlich sind, weil sie abweichend von § 32d Satz 2 StPO nicht als elektronisches Dokument, sondern per Telefax an die Strafkammer übermittelt worden sind.

Für Formunwirksamkeit spricht, dass § 345 Abs. 2 StPO für außerhalb der Hauptverhandlung vorgebrachte Besetzungseinwände entsprechend gilt (§ 222b Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 StPO). Dieser Verweis auf die für die Revisionsbegründung normierten Formvorschriften kann dahin als dynamisch und umfassend verstanden werden, dass der Verteidiger bei einem Besetzungseinwand außerhalb der Hauptverhandlung auch die seit dem 1. Januar 2022 für die Revisionsbegründung geltende Pflicht zur elektronischen Übermittlung zu beachten hat (§ 32d Satz 2 StPO). Für eine unterschiedliche Handhabung besteht jedenfalls kein plausibler Anlass, zumal ein Besetzungseinwand vormals gerade mit der Revision geltend zu machen war.“

Die Frage sollte man nach diesem „OLG-Hinweis“ im Blick haben und den Besetzungseinwand immer per beA erheben. Sicher ist sicher.

Und schließlich bekommt die Strafkammer aber auch noch „einen mit:

„3. Entgegen § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO sind die Besetzungseinwände dem Senat nach der Entscheidung der Strafkammer vom 12. August 2022 nicht spätestens vor Ablauf von drei Tagen, sondern deutlich verspätet erst am 26. August 2022 vorgelegt worden.

Die Drei-Tage-Frist dient der Beschleunigung des Vorabentscheidungsverfahrens. Aus einer Fristüberschreitung ergeben sich indes keine rechtlichen Folgen. Im Falle der Begründetheit eines Besetzungseinwands kann eine verspätete Aktenvorlage dazu führen, dass in der laufenden Hauptverhandlung zwischenzeitlich zusätzliche Ressourcen ohne Nutzen verbraucht werden. Wenn ein Besetzungseinwand keinen Erfolg hat, fehlt selbst eine solche faktische Auswirkung.“