Mit einer nicht alltäglichen Frage musst sich das OLG Hamburg in seinem Beschl. v. o1.11.2010 – 2 Ws 53/10 und 2 Ws 54/10 – befassen. Es ging um die Frage der Vollstreckungsverjährung bei Wertersatzverfall. Das OLG ist zu folgenden Leitsätzen gekommen:
„1. Nach §§ 79 Abs. 4 Nr. 2, 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB bemisst sich die Frist der Vollstreckungsverjährung des Verfalls auch von Wertersatz (§§ 73a Satz 1, 73 Abs. 1 StGB) auf zehn Jahre. Beginn der Vollstreckungsverjährung ist der Tag der Rechtskraft der Entscheidung (§ 79 Abs. 6 StGB).
2. Gem. § 79a Nr. 3 StGB ruht die Verjährung während der Untersuchungs- und Strafhaft bis zur bedingten Entlassung nach gewährter Reststrafenaussetzung.
3. § 79a Nr. 2 StGB betrifft in seinen Varianten – Vollstreckungsaufschub/-unterbrechung, Bewährungsaussetzung, Zahlungserleichterung – jeweils „nur Strafen und Maßnahmen, auf die sich die Vergünstigung bezieht“ und die Länge der später nach § 79 Abs. 5 StGB in den Abgleich einzustellenden Fristen sich „unter Berücksichtigung von Ruhen oder Verlängerung … im Einzelfall“ bestimmt.
4. a) Nach § 79 Abs. 5 Satz 1 StGB verjährt bei gleichzeitiger Erkennung auf Freiheitsstrafe und Verfall die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßnahme nicht früher als die der anderen.
b) Zwar berechnet sich die Frist der Vollstreckungsverjährung an sich „abstrakt“ – allerdings letzteres nur mit Rücksicht auf die Höhe der zu vollstreckenden Strafe. Mit dem ausdrücklichen Straferlass durch einen gerichtlichen Bescheid nach §§ 56g Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 5 Satz 1 StGB, der auf der Feststellung beruht, dass Widerrufsgründe nicht vorliegen, erlischt der staatliche Strafvollstreckungsanspruch: dieser rechtliche Befund kann sachlogisch auch auf die Frage der Vollstreckungsverjährung nicht ohne Auswirkung bleiben.
c) Ein Sinn für ein Offenhalten der Verjährung der Vollstreckung von Strafe ist nicht erkennbar, wenn nichts mehr zu vollstrecken ist, weil die Vollstreckung bereits erfolgt ist. Da der Straferlass an die Stelle der (vollständigen) Strafvollstreckung tritt, kann für den Erlass insoweit nichts anderes gelten als für die Vollstreckung.
d) Eine Verlängerung der Verjährungsfrist (vorstehend b) durch „Angleichung“ auf Grund des § 79 Abs. 5 Satz 1 StGB erfolgt nicht. Mit dem Wortlaut der Vorschrift – „verjährt die Vollstreckung“ (wenn sie zumindest in Teilen noch aussteht) „nicht früher“ als die der anderen Strafe oder Maßnahme – ist das vereinbar. Die im Fokus stehende Maßnahme ist nicht vor den „anderen Strafen“ verjährt. Bezüglich der beiden „anderen Strafen“ ihrerseits hingegen fehlt es an der in § 79 Abs. 5 StGB als Prämisse vorausgesetzten Vollstreckungsoffenheit. Sinngerecht verstanden folgt aus § 79 Abs. 5 StGB nicht, dass eine bereits erledigte Sanktion mit Rücksicht auf eine andere losgelöst von den jene bestimmenden gesetzlichen Parametern als bloße leere Hülle fortexistiert.“
Muss man nicht unbedingt jeden Tag parat haben, aber kann, wie man sieht, von Bedeutung sein.