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Das Sichtfahrgebot auf der BAB

© frogarts - Fotolia.com

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Nach einem Unfall auf eine BAB geht es um die Frage: Verstoß gegen das Sichtfahrgebot und unangepasste Geschwindigkeit?  Der Klägers hatte bei Dunkelheit und mit einer Fahrgeschwindigkeit von 80-100 km/h auf der Autobahn A 1 Reifen- und sonstige Fahrzeugteile, die zuvor von einem bulgarischen LKW aufgrund einer Reifepanne verloren bzw. abgerissen worden waren und die verstreut auf der Fahrbahn lagen, überfahren. Seine Versicherung „sperrte“ sich gegen die Unfallschadenregulierung. Das OLG sagt im OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2014 – 19 U 158/13  – in Übereinstimmung mit dem LG: Sie muss zahlen:

1. Eine Mithaftung des Klägers zu 30 % wegen eines Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot hat das Landgericht zu Recht verneint. Denn das Sichtfahrgebot gilt auch auf Autobahnen nicht für solche Hindernisse, die gemessen an den jeweils herrschenden Sichtbedingungen erst außergewöhnlich spät erkennbar sind (BGH, Urteil vom 15.05.1984, VI ZR 161/82; OLG Celle, Urteil vom 05.09.2007, 14 U 71/07 zitiert nach juris). Nach den unbestrittenen Ausführungen des Klägers überfuhr er bei Dunkelheit und mit einer Fahrgeschwindigkeit von 80-100 km/h auf der Autobahn A 1 Reifen- und sonstige Fahrzeugteile, die zuvor von einem bulgarischen LKW aufgrund einer Reifepanne verloren bzw. abgerissen worden waren und die verstreut auf der Fahrbahn lagen. Nach der vom Beklagten selbst vorgelegten polizeilichen Unfallmitteilung waren vor dem Kläger bereits mehrere Fahrzeuge über die Reifen- und Fahrzeugteile (Spanngurte/Ratschen) gefahren, wodurch diese sich über alle Fahrstreifen verteilt hatten. Bei dieser Situation handelt es sich bei den überfahrenen Gegenständen um relativ kleine (kleiner als ein ganzer Reifen), sich bei Dunkelheit kaum von der Fahrbahn abhebende Gegenstände, die besonders schwer erkennbar sind (vergleichbar mit Splitthaufen: BGH, VersR 1960, 636; Absperrstange eines Weidezauns: BGH, VersR 1972, 1057; Reifenprotektor von 20 cm Höhe: BayObLG VRS 22, 380; Reserverad: BGH, Urt. vom 15.05.1984, a.a.O. zitiert nach juris; Reifendecke: LG Bielefeld, Urteil vom 24.09.1990, 22 O 180/90; Reifenkarkasse: AG Sinzig, ZfSch 2011, 381). In dieser Konstellation spricht – anders als beim Auffahren auf ein größeres Hindernis, z.B. auf ein liegen gebliebenes Fahrzeug – nicht der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen das Sichtfahrgebot und damit eine unangepasste Geschwindigkeit des Klägers. Der Beklagte hat auch keine Umstände aufgezeigt, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise doch für eine Erkennbarkeit der Reifenteile für den Kläger sprechen. Insofern fehlen auch für das vom Beklagten beantragte Sachverständigengutachten geeignete Anknüpfungstatsachen. Auf die entsprechenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird verwiesen.“

Die beklagte Versicherung ist dem Hinweis des OLG nicht gefolgt und hat die Berufung nicht zurückgenommen. Mit OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2014 – 19 U 158/13 – ist die Berufung dann zurückgewiesen worden.

Der Gullydeckel kann aber teuer werden…. für die Länder

entnommen wikimedia.org Urheber User: Mattes

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Das OLG Hamm, Urt. v.  15.11.2013 – 11 U 52/12 – kann für das Land NRW aber teuer werden, oder: Da kann ein lockerer Gullydeckel aber richtiges Geld kosten. In dem Zivilverfahren hatte der Kläger das Land NRW unter dem Vorwurf der Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Ersatz von Schäden in Anspruch, die an seinem Fahrzeug Pkw Skoda am 19.05.2010 nachts gegen 01:30 Uhr bei Benutzung der BAB 52 im Bereich einer seinerzeit in Höhe der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Buer-West befindlichen Baustelle entstanden sind. Außerdem begehrte er die Zahlung einer allgemeinen Kostenpauschale sowie Ersatz ihm vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten. Das LG hatte nach Beweisaufnahme der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass das beklagte Land die von der bauausführenden Firma für den Standstreifen gefertigten provisorischen Gullyschachtabdeckungen nicht engmaschig genug darauf hin kontrolliert habe, ob sie den Belastungen des übergangsweise auf den Standstreifen umgelenkten Verkehrs standhalten.

Der 11. Zivilsenat hat die Berufung des Landes verworfen:

„aa) Allerdings ergibt sich Haftung des beklagten Landes entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht daraus, dass es die von der Fa. H2 hergestellten provisorischen Schachtabdeckungen nicht engmaschig genug darauf hin kontrolliert hat, ob diese den Belastungen des fließenden Verkehrs standhalten. Insoweit kann dahinstehen, ob das beklagte Land die provisorischen Schachtabdeckungen nach Umleitung des Verkehrs auf den Standstreifen öfter als nur einmal am Tag hätte kontrollieren müssen und es mit seinem erstmals in der Berufungsinstanz gehaltenen Sachvortrag, dass die Verkehrssicherungspflicht auf die Fa. I übertragen worden sei und diese die Baustelle zweimal täglich, zuletzt vor dem Unfall des Klägers noch am 19.05.2010 zwischen 0:19 Uhr und 0:29 Uhr kontrolliert habe, nicht bereits gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist. Denn selbst wenn man hiervon ausgehen wollte, könnte nicht festgestellt werden, dass die danach gegebene Verletzung der Kontrollpflicht auch für den Unfall kausal geworden wäre. Wie nämlich der Sachverständige Prof. Dr. Ing. T bei seiner Befragung durch den Senat am 15.11.2013 ausgeführt hat, können die von den Zeugen C und G geschilderten Schäden an der provisorischen Schachtabdeckung auch innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes von nur einer halben bis einer Stunde entstanden sein. Davor kann es zwar schon feine Risse in der auf der Eisenplatte aufgebrachten Asphaltschicht gegeben haben, die aber nach Einschätzung des Sachverständigen selbst aus einem sehr langsam fahrenden Fahrzeug heraus nicht zu erkennen gewesen sein müssen. Danach muss aber selbst im Fall einer noch am 19.05.2010 um 0:29 Uhr durchgeführten Kontrolle noch kein für die Mitarbeiter der Fa. I erkennbares Schadensbild vorgelegen haben.

bb) Dem beklagten Land fällt aber insoweit eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung zur Last, als es mit der von ihm für die provisorischen Schachtabdeckungen vorgegebenen Ausführungsweise in unnötiger Weise eine potentielle Gefahrenquelle für den fließenden Verkehr geschaffen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die Firma H2 die provisorischen Schachtabdeckungen entsprechend den ihr vom beklagten Land erteilten Vorgaben angefertigt hatte oder ihr insoweit Ausführungsfehler zur Last fielen und das beklagte Land sich diese zurechnen lassen muss.“

Bei den vielen Schlaglöchern, die wir inzwischen auf unseren Straßen haben, kann das teuer werden….

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…

Das kann teuer werden: Das Nickerchen auf der BAB

© Christian-P. Worring - Fotolia.com

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Au ha, das kann ggf. teuer werden, habe ich gedacht, als ich gerade eine Kurznachricht in den „Westfälischen Nachrichten“ gelesen habe, über die auch auf „Kreiszeitung.de“ berichtet wird. Da haben im Landkreis Cloppenburg zwei Volltrunkene einen Pkw auf der BAB 29 (Ahlhorner Dreieck-Oldenburg) auf einem Beschleunigungsstreifen abgestellt und sich schlafen gelegt. Die Beamte der Autobahnpolizei mussten „heftig anklopfen, um die beiden 26- und 27-Jährigen in dem auf einem Beschleunigungsstreifen geparkten Auto aufzuwecken.“ BAK dann 2,3 bzw. 2,8 Promille.

Nun, da droht ein Verfahren wegen § 316 StGB, vielleicht auch § 315c StGB – die OWi lassen wir mal außen vor. Allerdings so ganz einfach wird es nicht werden: Denn die beiden Schläfer beschuldigen sich gegenseitig, gefahren zu sein. Da wird der Tatnachweis kein Selbstläufer. Noch besser wäre es, sie würden den Mund halten oder hätten ihn gehalten. Dann wird der Nachweis – vorbehaltlich, dass es keine anderen Zeugen gibt, die etwas zu der Frage beitragen können, wer gefahren ist – nicht zu führen sein.