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Durchsuchung II: Vorbereitung auf Ermittlungen begründet keinen Anfangsverdacht

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Im zweiten Posting zur Durchsuchung – wir machen einen „Durchsuchungstag – geht es um den BVerfG, Beschl. v. 13.03.2014 – 2 BvR 974/12. Der war vom AG Stuttgart gegen einen Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens Heckler & Koch in einem Verfahren wegen Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz und wegen gemeinschaftlicher Bestechung ausländischer und inländischer Amtsträger erlassen worden. Betroffen von der Durchsuchung war der Leiter der Rechtsabteilung des Unternehmens, dessen private Wohnung durchsucht worden ist. Das BVerfG hat das für verfassungswidrig erklärt. Allein die Stellung des Mannes als Prokurist könne keinen Anfangsverdacht für die Durchsuchung begründen. In dem Ermittlungsverfahren prüft die Staatsanwaltschaft unter anderem Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.

Das AG hat den Anfangsverdacht auf mehrere E-Mails des Prokuristen gestützt. Darin habe er mitgeteilt, ermittlungsrelevante Daten einer Rechtsanwaltskanzlei zur Auswertung übergeben zu haben. Das AG Stuttgart meinte, es könne sich hierbei zwar um eine „normale rechtliche Vorbereitung“ auf eine zu erwartende Durchsuchung handeln. Möglich sei aber auch eine Beweismittelvernichtung, was eine Durchsuchung rechtfertige.

Sonstige Anhaltspunkte zur Begründung des Tatverdachts hat das BVerfG im Durchsuchungsbeschluss nicht entdeckt. Das hat es dann beanstandet. Allein die Stellung des Mitarbeiters als Prokurist könne keinen Anfangsverdacht begründen; das hatte allerdings auch schon das LG ausgeführt. Andere konkrete Tatsachen hatte das AG nach Auffassung des BVerfG nicht dargelegt. Es hat es vielmehr als sachgerecht angesehen, dass der Leiter der Rechtsabteilung sich auf zu erwartenden Ermittlungen vorbereite. Daraus dürfe man nicht schlussfolgern, es könnten Hinweise verschleiert werden.

Anfangsverdacht wohl gegeben: „Mit dem Kölschglas in die Polizeikontrolle“

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Die Tagespresse (vgl. u.a. hier aus der Welt) berichtet über einen Vorfall in Bonn. Dort wird in der Nacht von Freitag auf Samstag eine 24-jährige Autofahrerin kontrolliert. Und siehe da: Als sie von einer Polizeistreife angehalten wird, hat sie das/ein Kölsch-Glas am Steuer noch in der Hand. Es wird dann, was nahe liegt – „Anfangsverdacht“ 🙂 ein Alkoholtest angeordnet, der eine BAK von 2,5 Promille ergibt. In der Polizeimeldung heißt es, „die Frau sei offensichtlich fahruntüchtig gewesen„. Auch die Annahme liegt nahe.

Durchsuchung: nicht nur Vermutungen, sondern „Butter bei die Fische“…

Eine Durchsuchungsanordnung setzt einen Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 2 StPO voraus. Dieser muss aber – so die Rechtsprechung des BVerfG – über bloße Vermutungen hinausreichen und auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützt werden. Das wird häufig übersehen, wenn von AG ohne ausreichende konkrete Anhaltspunkte für einen Tatverdacht Durchsuchungen angeordnet werden. Wenn die dann im „Morgengrauen“ vor versammelter Nachbarschaft durchgeführt werden: Ein „schönes“ Erlebnis…

Auf die Notwendigkeit eines ausreichenden Tatverdachts weist dann jetzt auch das LG Oldenburg, Beschl. v. 11.01.2012 – am 11.01.2012 noch einmal hin. Vorgeworfen wurde der Beschuldigten – offenbar eine Wohnungsverwalterin – Untreue (§ 266 StGB) durch nicht Weiterleitung von Mieteinnahmen. Das LG führt aus:

„…Ein konkreter Tatverdacht lässt sich auch nicht aus dem Verhalten der Beschuldigten in den Zivilverfahren ersehen. Die Beschuldigte hat dort die Auskunftserteilung hinsichtlich der von ihr abgeschlossenen Vermietungen verweigert, nachdem sie über Jahre – von den Anzeigeerstattern unbeanstandet – die Abrechnungen ohne. konkrete Benennung und Nachweis der Mieterdaten erstellt hat. Erstinstanzlich hat ihr das Landgericht Oldenburg Recht gegeben und die gegen sie gerichteten Klagen abgewiesen, da der Anspruch der  Kläger auf Rechnungslegung durch Geheimhaltungsinteressen der Beschuldig eingeschränkt gewesen sei. Dieser sei die Offenbarung des von ihr erarbeiteten Kundenstammes unzumutbar. Erst in der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht zwar zugunsten der Kläger die Beschuldigte zur Auskunftserteilung verurteilt, zugleich aber z.T. die Revision zugelassen. Die Beschuldigte hat insoweit sodann Revision eingelegt. Dass die Beschuldigte die Auskunftsverteilung verweigert, solange eine Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes nicht vorliegt, kann schon keinen Tatverdacht begründen. Dass dies mit widersprüchlichem Vortrag geschehen sei, lässt ebenfalls nicht indiziell auf die Veruntreuung von Mieteinnahmen oder eine Betrugshandlung schließen, sondern kann ebenso gut durch die (begründete oder unbegründete) Zurückhaltung der von ihr erwirtschafteten Kundendaten motiviert sein, die die Beschuldigte den Anzeigeerstattern nach Beendigung des Vermittlungsvertrages nicht preisgeben möchte. Diese – vom Landgericht erstinstanzlich gestützte – Motivation ist auch plausibel, so dass sich der Schluss, die Beschuldigte wolle hierdurch nicht abgeführte Mieteinahmen vertuschen, auch nicht aufdrängt…“

Wochenspiegel für die 12. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten über:

  1. Über die Fahrerlaubnis mit Verfallsdatum.
  2. Über die bösen Angeklagten.
  3. Über die langsam mahlenden Mühlen des Gesetzes.
  4. Über das Schmierestehen.
  5. Über tödliche Gerichtsentscheidungen.
  6. Über einen besonderen Anfangsverdacht.
  7. Über das Abschleppen vom Supermarktparktplatz.
  8. Über Rechtsmittel im Jugendstrafrecht.
  9. Über die Parallelwertung in der Laiensphäre.
  10. Und über die Beschlagnahme von Interviewprotokollen.

Wochenspiegel für die 11. KW., oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten – noch immer beherrschte KT zu Guttenberg die Blogs – über:

  1. Die Nachvernehmung.
  2. Über Kachelmann.
  3. Zum Schweigen/Reden im Strafverfahren.
  4. Die Akten mit dem roten Deckel, man kennt sie…
  5. Zum Anfangsverdacht.
  6. Zum versuchten Betrug.
  7. Das naive Phishing.
  8. Der angekündigte Diebstahl.
  9. Zeitpunkt der Entscheidung über einen Beweisantrag.
  10. Und: Das Internet soll vergesslich werden. Schön wär’s.